Arbeitszeitbetrug im Homeoffice: Das ist strafbar

Mal schnell zehn Minuten zu früh ausstempeln, obwohl man noch gar nicht geht? Oder im Homeoffice lieber Netflix statt Excel? Was harmlos wirkt, kann ernste Folgen haben, denn Arbeitszeitbetrug ist strafbar. Immer mehr Unternehmen setzen auf digitale Zeiterfassung und striktes Monitoring, um Manipulationen zu entdecken. Wer erwischt wird, riskiert aber nicht nur den Job, sondern unter Umständen auch eine Strafanzeige. Erfahre mehr in diesem Artikel.

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Das Wichtigste in Kürze

Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn du absichtlich falsche Arbeitszeiten angibst, zum Beispiel durch zu frühes Einstempeln, private Erledigungen während der Arbeitszeit oder Manipulationen im Homeoffice. Entscheidend ist der Vorsatz, also das bewusste Täuschen.
Die Konsequenzen sind gravierend: Bei nachgewiesenem Arbeitszeitbetrug droht in vielen Fällen die fristlose Kündigung. Zusätzlich können Schadensersatzforderungen und sogar strafrechtliche Ermittlungen wegen Betrugs folgen.
Der Arbeitgeber oder die Arbeigeberin muss den Betrug beweisen, etwa durch Zeiterfassung, Logdaten oder Zeugenaussagen. Verdeckte Maßnahmen wie Videoüberwachung sind nur bei konkretem Verdacht und unter engen rechtlichen Voraussetzungen erlaubt.
Arbeitgeber:innen dürfen dich nicht grenzenlos überwachen. Sie müssen technische Kontrollmaßnahmen mit dem Betriebsrat abstimmen und den Datenschutz einhalten. Unrechtmäßig erhobene Beweise dürfen vor Gericht oft nicht verwendet werden.
Wenn dir ein Vorwurf gemacht wird, hast du Beschuldigtenrechte. Du musst vor einer Kündigung angehört werden, darfst dich rechtlich beraten lassen und hast im Zweifel nur 3 Wochen Zeit, um eine Kündigung gerichtlich anzugreifen.

Was ist Arbeitszeitbetrug?

Arbeitszeitbetrug bedeutet, dass jemand bei der Zeiterfassung absichtlich falsche Angaben macht. Es geht dabei nicht um Versehen oder Missverständnisse, sondern um gezielte Täuschung. Wer etwa später zur Arbeit kommt, sich aber pünktlich einstempelt, oder sich früher ausloggt, obwohl er noch anwesend ist, begeht in vielen Fällen Arbeitszeitbetrug.

Ein Beispiel: Eine Person trägt täglich 8 Stunden ins System ein, obwohl sie regelmäßig Pausen überzieht oder zwischendurch private Dinge erledigt.

Arbeitszeitbetrug eines Kollegen

Auch das sogenannte „Buddy-Punching“, bei dem Kolleg:innen füreinander einstempeln, fällt darunter. In Zeiten von Homeoffice ist das Thema noch komplizierter geworden, denn hier fehlt oft die direkte Kontrolle.

Wichtig ist die Unterscheidung: Kleine Flüchtigkeitsfehler gelten nicht automatisch als Betrug. Einmaliges Vergessen, sich auszuloggen oder eine Minute zu früh gehen, ohne böse Absicht, kann zwar Ärger geben – rechtlich ist das aber meist kein Betrug. Entscheidend ist der Vorsatz, also das bewusste Täuschen.

Juristisch kann Arbeitszeitbetrug sogar als Betrug im Sinne von § 263 StGB gewertet werden. Dort heißt es: “Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (…) Der Versuch ist strafbar.”

Warum das Thema so ernst genommen wird? Weil Arbeitgeber:innen für die bezahlte Arbeitszeit auch Leistung erwarten dürfen. Wer diese vorsätzlich unterschlägt, verletzt das Vertrauensverhältnis. Das ist im Arbeitsrecht ein besonders geschütztes Gut.

Besonders kritisch wird es bei systematischem Betrug über einen längeren Zeitraum. In solchen Fällen können Arbeitgeber:innen auch ohne vorherige Abmahnung kündigen.

Arbeitszeitbetrug: Diese Strafe droht

Arbeitszeitbetrug hat oft härtere Folgen, als viele denken. Denn wer absichtlich Arbeitszeiten fälscht, verletzt nicht nur seinen Arbeitsvertrag, er begeht womöglich auch eine Straftat. Deshalb kann es sowohl arbeitsrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen geben.

Arbeitsrecht: Arbeitzeitbetrug und fristlose Kündigung

Die häufigste Konsequenz bei Arbeitszeitbetrug ist die fristlose Kündigung. Das bedeutet: Du wirst ohne Kündigungsfrist sofort entlassen. Nach § 626 BGB dürfen Arbeitgeber:innen kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und das Vertrauensverhältnis so gestört ist, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist. Arbeitszeitbetrug erfüllt diesen Tatbestand oft.

Ob es vorher eine Abmahnung braucht, hängt vom Einzelfall ab. Bei einmaligem Fehlverhalten kann eine Abmahnung noch ausreichen. Aber: Wenn der Betrug bewusst, wiederholt oder besonders schwerwiegend war, ist sogar beim ersten Verstoß eine fristlose Kündigung möglich. Das hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) mehrfach bestätigt (so zum Beispiel im bekannten „Fall Emmely“, Az. 2 AZR 541/09).

Zusätzlich zur Kündigung kann der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin Schadenersatz verlangen. Das passiert vor allem, wenn durch die falsche Zeiterfassung nachweislich Lohn zu Unrecht gezahlt wurde. In solchen Fällen kann das Geld zurückgefordert werden.

Strafrecht: Ist Arbeitszeitbetrug eine Straftat?

Auch strafrechtlich droht Ärger. Wie schon erwähnt, kann Arbeitszeitbetrug unter § 263 StGB fallen, also Betrug zum Nachteil des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin. In leichten Fällen bleibt es bei einer Geldstrafe. Wer aber über längere Zeit oder in größerem Umfang täuscht, muss mit einer Freiheitsstrafe auf Bewährung oder sogar mit Haft rechnen.

Hinzu kommt: Eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs kann die Chancen auf eine neue Stelle stark beeinträchtigen, vor allem in Berufen mit Vertrauensverantwortung. Und: Die Arbeitsagentur kann bei Eigenverschulden eine Sperre beim Arbeitslosengeld verhängen (§ 159 SGB III).

Arbeitszeitbetrug nachweisen: Was kann der Arbeitgeber tun?

Damit ein Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin gegen Arbeitszeitbetrug vorgehen kann, braucht er oder sie Beweise. Ein bloßer Verdacht reicht nicht aus – gerade bei einer fristlosen Kündigung muss der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin belegen, dass ein schweres Fehlverhalten vorliegt. Deshalb kommt es auf die Dokumentation und Beweissicherung an.

Am häufigsten werden digitale Zeiterfassungssysteme genutzt, meist auch einfach Arbeitszeiterfassung genannt. Diese zeichnen minutengenau auf, wann du dich ein- und ausstempelst, sei es über eine App, eine digitale Stechuhr oder ein Login am Firmenrechner. Weichen diese Daten von den tatsächlichen Anwesenheitszeiten ab, ist das ein möglicher Hinweis auf Betrug.

Ein weiteres Mittel: Zugriffsprotokolle oder Bewegungsdaten – zum Beispiel Logins am Computer, Chipkarten-Nutzung oder Türöffner-Systeme. Wenn du dich um 8 Uhr eingestempelt hast, aber dein Computer erst um 9 Uhr startet, entsteht ein Widerspruch, den der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin prüfen darf.

In manchen Fällen kommen auch Kolleg:innen als Zeug:innen infrage. Wenn sie bestätigen, dass jemand regelmäßig zu spät kommt oder früher geht, obwohl anderes dokumentiert wurde, kann das ebenfalls ein Indiz für Arbeitszeitbetrug sein.

Kontrolle durch Videoüberwachung am Arbeitsplatz?

Ein besonders heikles Thema ist die Videoüberwachung. Sie darf nur unter engen Voraussetzungen eingesetzt werden – zum Beispiel, wenn ein konkreter Verdacht besteht und mildere Mittel nicht ausreichen. Außerdem muss sie datenschutzkonform sein. Die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG, insbesondere § 26 BDSG) setzen hier klare Grenzen.

Ein häufiger Streitpunkt: Wer trägt die Beweislast bei Arbeitszeitbetrug? Im Arbeitsrecht gilt grundsätzlich der Grundsatz: Der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin muss den Betrug beweisen – nicht du deine Unschuld. Trotzdem bist du verpflichtet, bei der Aufklärung mitzuwirken, wenn du dazu befragt wirst.

Wichtig ist auch: Die Beweise müssen rechtmäßig erhoben worden sein. Wenn etwa heimlich Videoaufnahmen gemacht wurden, die gegen Datenschutzregeln verstoßen, dürfen diese vor Gericht oft nicht verwendet werden. Das nennt man „Beweisverwertungsverbot“.

Was dürfen Arbeitgeber zur Kontrolle und was nicht?

Arbeitgeber:innen dürfen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten kontrollieren, aber nicht unbegrenzt. Der Gesetzgeber schützt die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter:innen, insbesondere durch das Datenschutzrecht und das Betriebsverfassungsrecht. Wer kontrolliert, muss sich an klare Regeln halten.

Technische Überwachung: Erlaubt, aber nicht grenzenlos

Die digitale Zeiterfassung – ob per Terminal, App oder PC-Login – ist zulässig, solange sie der Arbeitszeiterfassung dient und verhältnismäßig eingesetzt wird. Arbeitgeber:innen dürfen die erfassten Zeiten auswerten, wenn sie einen berechtigten Zweck verfolgen, etwa die Lohnabrechnung oder den Verdacht auf Manipulation.

Kommt es zu intensiveren Maßnahmen – etwa der systematischen Auswertung von Logdaten, GPS-Tracking oder Videoüberwachung – gelten strengere Voraussetzungen. Solche Überwachungen sind nur erlaubt, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Pflichtverletzung besteht und mildere Mittel nicht ausreichen. Die rechtliche Grundlage für die Verarbeitung solcher personenbezogenen Daten findet sich in § 26 Abs. 1 BDSG, der die Datenverarbeitung im Beschäftigtenverhältnis auf das „erforderliche Maß“ begrenzt.

Die verdeckte Überwachung, zum Beispiel durch heimliche Kameras, ist rechtlich besonders problematisch. Laut ständiger Rechtsprechung ist sie nur zulässig, wenn ein konkreter Anfangsverdacht besteht, ein besonders schweres Fehlverhalten vermutet wird und die Maßnahme das einzig wirksame Mittel ist. Ansonsten droht ein Beweisverwertungsverbot. Das heißt: Die Aufnahmen dürfen vor Gericht nicht verwendet werden, auch wenn sie den Verdacht bestätigen.

Beteiligung des Betriebsrats und Grenzen durch das Gesetz

Wichtig ist auch die Rolle des Betriebsrats: Will ein:e Arbeitgeber:in technische Einrichtungen einführen, die zur Leistungs- oder Verhaltenskontrolle der Mitarbeiter:innen geeignet sind, muss er oder sie laut § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats einholen. Das betrifft beispielsweise Zeiterfassungssysteme, Ortungstechnik oder Überwachungssoftware.

Verstöße gegen das Mitbestimmungsrecht können dazu führen, dass die Maßnahme unzulässig ist und wiederum keine rechtssicheren Beweise liefert. Auch datenschutzrechtlich müssen Arbeitgeber:innen genau abwägen: Die Verwendung personenbezogener Daten ohne rechtliche Grundlage oder Einwilligung kann nicht nur zu Bußgeldern nach der DSGVO führen, sondern auch zu einem Verwertungsverbot in arbeitsgerichtlichen Verfahren.

Arbeitgeber:innen dürfen also durchaus kontrollieren, aber nicht heimlich, nicht pauschal und nicht unbegrenzt. Wer Überwachung einsetzt, muss transparent handeln, Betriebsräte beteiligen und die Rechte der Beschäftigten wahren.

Was kannst du tun, wenn dir Arbeitszeitbetrug vorgeworfen wird?

Ein Vorwurf wegen Arbeitszeitbetrugs kann schnell eskalieren, vor allem, wenn du falsch reagierst. Wichtig ist, dass du deine Rechte kennst und überlegt handelst. Selbst wenn du dir nichts vorzuwerfen hast, solltest du die Situation ernst nehmen. Wende dich für eine verbindliche Auskunft am besten direkt an eine Anwältin oder einen Anwalt für Arbeitsrecht.

Ruhe bewahren und dein Anhörungsrecht nutzen

Wirst du zu einem Personalgespräch eingeladen, in dem es um einen Betrugsverdacht geht, gilt: Nicht in Panik geraten. Du bist nicht verpflichtet, dich sofort zu äußern, du darfst dir Bedenkzeit nehmen. Gleichzeitig solltest du wissen: Dein:e Arbeitgeber:in muss dich anhören, bevor er oder sie eine fristlose Kündigung ausspricht. Dieses Recht ergibt sich aus dem sogenannten Anhörungsgrundsatz in § 102 Abs. 1 BetrVG, sofern ein Betriebsrat besteht.

Mach dir klar: Die Anhörung ist zwar eine Möglichkeit, deine Sicht der Dinge darzustellen oder Missverständnisse aufzuklären. Vielleicht liegt gar kein bewusster Betrug vor, sondern ein Systemfehler oder ein Kommunikationsproblem. Allerdings kannst du dich durch eine unüberlegte Aussage auch selbst belasten. Aus diesem Grund ist es wichtig, im Vorfeld auf anwaltliche Unterstützung zu setzen, um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden oder zumindest abzumildern. 

Unterstützung holen und rechtlich prüfen lassen

Du hast das Recht, eine Vertrauensperson zum Gespräch mitzunehmen – das kann ein Betriebsratsmitglied oder ein:e Anwält:in sein. Falls du Mitglied in einer Gewerkschaft bist, kannst du auch deren Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Lass dich nicht unter Druck setzen, etwas zu unterschreiben, was du nicht verstehst. 

Vor allem bei einem Aufhebungsvertrag oder einer Eigenkündigung ist Vorsicht geboten. Das kann später Nachteile beim Arbeitslosengeld nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III zur Folge haben.

Hilfreiche Artikel passend zum Thema:

Wichtig: Wird dir eine fristlose Kündigung ausgesprochen, hast du nur 3 Wochen Zeit, um dagegen vorzugehen. Danach ist sie automatisch rechtswirksam, selbst wenn sie eigentlich ungerechtfertigt war. Das steht so in § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Falls du dir selbst unsicher bist, ob du wirklich etwas falsch gemacht hast, hilft eine Anwältin oder ein Anwalt oder die Rechtsberatung deiner Gewerkschaft. In vielen Fällen können sie klären, ob es sich tatsächlich um einen Betrugsfall handelt.

Fazit

Arbeitszeitbetrug ist kein Bagatelldelikt – weder rechtlich noch arbeitsrechtlich. Wer absichtlich falsche Zeiten einträgt, riskiert viel: von der fristlosen Kündigung über Schadensersatzforderungen bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen. Gleichzeitig dürfen Arbeitgeber:innen nicht grenzenlos kontrollieren. Datenschutz, Persönlichkeitsrechte und die Beteiligung des Betriebsrats setzen klare Grenzen.

Wenn dir Arbeitszeitbetrug vorgeworfen wird, solltest du nicht kopflos handeln. Nutze dein Recht auf Anhörung, hole dir rechtlichen Beistand und prüfe sorgfältig, ob der Vorwurf wirklich gerechtfertigt ist. Denn nicht jeder Fehler ist gleich ein Betrug und nicht jede Überwachung ist rechtlich zulässig.

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