Du läufst an einem sonnigen Tag durch die Stadt. Plötzlich hörst du Pfiffe, Rufe und anzügliche Bemerkungen von einer Gruppe. Dein Herz schlägt schneller, du fühlst dich unwohl und beobachtet. Dieses Szenario erleben viele Menschen – vor allem Frauen – regelmäßig.
Catcalling ist eine Form der Belästigung. Es ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch die Schwelle zur Strafbarkeit überschreiten. Doch wie steht es rechtlich um Catcalling in Deutschland? Mit welcher Strafe müssen Beschuldigte rechnen? Was kannst du tun, wenn du betroffen bist? In diesem Artikel klären wir auf.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Catcalling bezeichnet die verbale Belästigung von Personen, oft in Form von anzüglichen oder herabwürdigenden Sprüchen und Rufen im öffentlichen Raum.
✅ Rechtslage in Deutschland: Catcalling ist derzeit nicht direkt strafbar, kann aber unter Umständen als Beleidigung oder sexuelle Belästigung geahndet werden.
✅ Mögliche Strafe: Beschuldigte müssen bei einer Anzeige wegen Beleidigung oder sexueller Belästigung mit Geldstrafe oder in schweren Fällen sogar mit Freiheitsstrafen rechnen.
✅ Du bist betroffen? In einer solchen Situation sollte deine eigene Sicherheit an erster Stelle stehen. Setze klare Grenzen und bringe den Vorfall ggf. zur Anzeige.
Was ist Catcalling?
Catcalling ist eine Form der verbalen Belästigung, bei der meist Frauen im öffentlichen Raum durch anzügliche oder sexualisierende Bemerkungen, Pfiffe oder andere Geräusche belästigt werden. Diese Form der Belästigung zielt darauf ab, die Betroffenen herabzusetzen, ihnen ein unangenehmes Gefühl zu geben oder sie in ihrer Würde zu verletzen. Im Gegensatz zu einem harmlosen Kompliment ist Catcalling in der Regel unaufgefordert und unerwünscht, was es zu einer grenzüberschreitenden und respektlosen Handlung macht.
Was heißt Catcalling auf Deutsch?
Der Begriff „Catcalling“ stammt aus dem Englischen und wird auf Deutsch oft mit „Hinterherrufen“ oder „sexuelle Belästigung durch Rufe“ übersetzt. Es handelt sich um eine Art verbale Belästigung, bei der hauptsächlich Frauen im öffentlichen Raum unerwünschte, anzügliche oder herabwürdigende Kommentare, Pfiffe oder andere Geräusche von Fremden zu hören bekommen. Auch wenn diese Rufe auf den ersten Blick harmlos erscheinen mögen, haben sie oft eine erniedrigende und sexualisierende Wirkung auf die Betroffenen.
Catcalling: Herkunft und Beispiele
Der Begriff „Catcalling“ hat eine lange Geschichte und geht bis ins 17. Jahrhundert zurück, als das Wort ursprünglich dazu verwendet wurde, um das Buhrufen von Zuschauern in Theatern zu beschreiben. Heute wird es jedoch hauptsächlich im Kontext der Belästigung von Frauen auf der Straße verwendet.
Typische Beispiele für Catcalling sind Kommentare wie „Hey, schöne Beine!“, „Lächel doch mal!“ oder „Na, allein unterwegs?“. Diese Aussagen scheinen auf den ersten Blick banal, sind aber oft mit Machtstrukturen und Überlegenheitsgedanken verbunden, die die betroffene Person in eine unangenehme Situation bringt. Auch Pfiffe, Kussgeräusche oder das absichtliche Rufen, um Aufmerksamkeit zu erregen, fallen unter den Begriff des Catcalling.
Was sind typische Catcalling-Sprüche?
Catcalling kann in verschiedenen Formen auftreten, wobei sich die Sprüche oft durch ihre Dreistigkeit und Respektlosigkeit auszeichnen. Die folgenden Beispiele geben einen Einblick in typische Catcalling-Sprüche, die viele Frauen – und gelegentlich auch Männer – in ihrem Alltag erleben:
- Anzügliche Kommentare: Diese beinhalten oft sexualisierte Bemerkungen wie „Na, Süße, wo gehst du hin?“ oder „Schöne Beine, wann kann ich die mal näher sehen?“ Solche Aussagen zielen darauf ab, das Aussehen oder den Körper der betroffenen Person auf eine unangenehme Weise zu kommentieren.
- Aufdringliche Fragen: Hierbei handelt es sich um Fragen, die eine intime Antwort verlangen, z. B. „Bist du Single?“ oder „Warum gehst du nicht mal mit mir aus?“ Diese Fragen sind meist rhetorisch und dienen dazu, die betroffene Person in Verlegenheit zu bringen oder sie zu bedrängen.
- Abwertende Bemerkungen: Wenn die angesprochene Person nicht auf die Belästigung reagiert, können abwertende oder beleidigende Kommentare folgen, wie „Arrogante Kuh!“ oder „Stell dich nicht so an, das war doch nur ein Kompliment!“.
- Pfeifen und Kussgeräusche: Oft begleiten diese Geräusche die Sprüche und zielen darauf ab, die Aufmerksamkeit der Betroffenen auf sich zu ziehen. Sie haben meist eine sexualisierende Konnotation und sind für die betroffenen Personen oft besonders demütigend.
- Sarkastische Aufforderungen: Sprüche wie „Lächel doch mal!“ oder „Du siehst müde aus, so ohne Lächeln!“ wirken auf den ersten Blick harmlos, doch sie implizieren, dass die betroffene Person den Erwartungen des Angreifers entsprechen sollte, was ihr eigenes Wohlbefinden oder ihre Stimmung ignoriert.
Solche Sprüche können in einer harmlosen Situation plötzlich ein Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung hervorrufen. Viele Betroffene berichten, dass Catcalling sie dazu bringt, bestimmte Orte zu meiden oder ihre Kleidung und Verhaltensweisen zu überdenken, um zukünftige Belästigungen zu verhindern.
Ist Catcalling strafbar in Deutschland?
Die Frage, ob Catcalling in Deutschland strafbar ist, wird häufig gestellt und es gibt viele Forderungen in diese Richtung. Aktuell ist Catcalling in Deutschland nicht ausdrücklich als Straftatbestand im Gesetz verankert.
Es gibt jedoch rechtliche Möglichkeiten, um gegen bestimmte Formen der verbalen Belästigung vorzugehen, die unter den Begriff Catcalling fallen könnten. Schauen wir uns das einmal genauer an.
Rechtslage in Deutschland
In Deutschland gilt grundsätzlich das Recht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 5 des Grundgesetzes (GG). Allerdings endet dieses Recht dort, wo die Würde und die Rechte anderer verletzt werden. Bei Catcalling könnte eine solche Verletzung vorliegen.
Straftatbestände, die im Zusammenhang mit Catcalling relevant sein könnten, sind:
Beleidigung (§ 185 StGB)
Eine Äußerung, die die Ehre der betroffenen Person verletzt, kann unter Umständen als strafbare Beleidigung gewertet werden. Das trifft zum Beispiel auf besonders herabwürdigende oder sexualisierende Sprüche zu. Eine Verurteilung wegen Beleidigung setzt jedoch eine Anzeige durch die betroffene Person voraus.
Sexuelle Belästigung (§ 184i StGB)
Dieser Paragraph bezieht sich in erster Linie auf körperliche Übergriffe. Allerdings kann eine wiederholte, aufdringliche und sexualisierte Ansprache in bestimmten Fällen als sexuelle Belästigung ausgelegt werden, insbesondere wenn sie mit körperlicher Annäherung verbunden ist.
Nötigung (§ 240 StGB)
Wenn durch Catcalling eine Person genötigt wird, ihr Verhalten zu ändern – beispielsweise indem sie aus Angst vor weiteren Belästigungen ihren Weg ändert – könnte auch der Straftatbestand der Nötigung erfüllt sein. Dies ist meist nur in schwerwiegenden Ausnahmefällen gegeben.
Rechtslage in anderen Ländern
Einige Länder haben spezielle Gesetze gegen Catcalling eingeführt. In Frankreich beispielsweise ist Catcalling seit 2018 eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldstrafe von bis zu 750 Euro geahndet werden kann. Auch in den Niederlanden und Belgien gibt es rechtliche Maßnahmen gegen verbale sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum.
In Deutschland wird seit einiger Zeit über eine Gesetzesänderung diskutiert, die Catcalling direkt unter Strafe stellen soll. Aktivist:innen und einige Politiker:innen fordern, dass verbale sexuelle Belästigung, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern, sanktioniert wird. Bis eine solche Gesetzesänderung jedoch umgesetzt wird, bleibt Catcalling rechtlich in einer Grauzone, die von Fall zu Fall unterschiedlich bewertet wird.
Catcalling: Mit dieser Strafe müssen Beschuldigte rechnen
Auch wenn Catcalling in Deutschland bisher nicht ohne weiteres strafbar ist, können bestimmte Formen der verbalen Belästigung rechtliche Konsequenzen für Beschuldigte haben. Die Strafen hängen dabei stark von den Umständen und der genauen Art der Äußerungen ab.
Strafe wegen Beleidigung
Wenn Catcalling als Beleidigung eingestuft wird, kann dies zu einer Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr führen. Die Höhe der Geldstrafe wird in Tagessätzen festgelegt und orientiert sich am Einkommen. Hier kommt es auf den konkreten Inhalt und den Kontext der Äußerung an. Entscheidend ist auch, ob die betroffene Person eine Anzeige erstattet hat.
Strafe wegen sexueller Belästigung
Wird Catcalling als sexuelle Belästigung gewertet, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder eine Geldstrafe. Da dieser Tatbestand jedoch in der Regel körperliche Berührungen voraussetzt, ist er nur in Ausnahmefällen auf Catcalling anwendbar.
Ordnungswidrigkeit
Catcalling ist in Deutschland grundsätzlich keine Ordnungswidrigkeit. In einigen Fällen kann Catcalling jedoch als eine Ordnungswidrigkeit behandelt werden, etwa wenn es als Ruhestörung oder Belästigung der Allgemeinheit gewertet wird. Dies kann zu einem Bußgeld führen, das jedoch meist gering ausfällt.
Schadensersatz
Neben strafrechtlichen Konsequenzen können Betroffene von Catcalling auch zivilrechtliche Schritte einleiten. Unter Umständen könnte ein Schmerzensgeldanspruch bestehen, wenn die Belästigung besonders schwerwiegend war. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Belästigung nachweisbar psychische Folgen nach sich zog.
Da die gesellschaftliche Diskussion über Catcalling und verbale Belästigung weiter zunimmt, könnte es in Zukunft zu Gesetzesänderungen kommen, die Catcalling explizit unter Strafe stellen. Bis dahin bleibt es wichtig, jeden Vorfall individuell zu bewerten und gegebenenfalls rechtliche Schritte zu prüfen.
Catcalling: Was tun, wenn man betroffen ist?
Wenn du Opfer von Catcalling geworden bist, fragst du dich sicher, was du dagegen tun kannst. Viele Betroffene fühlen sich hilflos. Sie wissen nicht, wie sie am besten auf die Belästigung reagieren sollen. Es gibt jedoch verschiedene Maßnahmen, die du ergreifen kannst, um dich zu schützen und gegen Catcalling vorzugehen.
Sich selbst schützen
Das Wichtigste ist, deine eigene Sicherheit im Blick zu behalten. Wenn du dich bedroht fühlst oder die Situation eskaliert, ist es ratsam, den Ort so schnell wie möglich zu verlassen und Hilfe zu suchen. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, nicht direkt auf die Belästigung zu reagieren, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
Du brauchst Hilfe?
Bitte wende dich telefonisch direkt an die Seelsorge unter 0800.1110111 oder 0800.1110222 oder besuche die Website telefonseelsorge.de.
Grenzen setzen
Wenn du dich sicher fühlst, kannst du versuchen, deinem Gegenüber klare Grenzen aufzuzeigen. Ein deutliches „Lassen Sie das!“ oder „Hören Sie auf!“ kann in manchen Fällen helfen, die Person in die Schranken zu weisen. Wichtig ist dabei, selbstbewusst aufzutreten und klarzumachen, dass dieses Verhalten unerwünscht ist.
Beweise sichern
Versuche, wenn möglich, Zeug:innen auf den Vorfall aufmerksam zu machen. Menschen in der Umgebung können dir helfen, die Person zur Rede zu stellen. Sie können auch als Zeug:innen für eine spätere Anzeige dienen. Wenn du dich dazu in der Lage fühlst, notiere dir die Details des Vorfalls, wie Ort, Zeit und eine Beschreibung der beschuldigten Person.
In manchen Fällen kann es hilfreich sein, den Vorfall mit dem Handy aufzunehmen oder Fotos zu machen, um Beweise zu sichern. Deine Sicherheit hat jedoch immer Priorität!
Anzeige erstatten
Wenn du dich entscheidest, rechtliche Schritte zu unternehmen, kannst du den Vorfall bei der Polizei anzeigen. Auch wenn Catcalling in Deutschland nicht direkt strafbar ist, können bestimmte Äußerungen als Beleidigung oder sexuelle Belästigung eingestuft werden. Eine Anzeige zu erstatten ist ein wichtiger Schritt, um die Person zur Verantwortung zu ziehen. So kannst du ein klares Signal gegen Belästigung zu setzen.
Unterstützung suchen
Es ist wichtig, dass du nach einem Vorfall von Catcalling nicht allein bleibst. Sprich mit Freund:innen oder Verwandten über das Erlebte, um Unterstützung zu erhalten. Auch Beratungsstellen wie das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (116 016) bieten anonym und kostenlos Hilfe an. Sie können dir Rat geben, wie du weiter vorgehen kannst.
Langfristige Maßnahmen
Um dich langfristig vor Catcalling und ähnlichen Übergriffen zu schützen, kannst du überlegen, Selbstverteidigungskurse zu besuchen. Diese Kurse stärken nicht nur dein Selbstbewusstsein, sondern vermitteln dir auch Techniken, wie du dich in Gefahrensituationen effektiv schützen kannst.
Zusätzlich könntest du dich in Initiativen engagieren, die sich gegen sexuelle Belästigung einsetzen, um langfristig etwas an der gesellschaftlichen Akzeptanz solcher Verhaltensweisen zu ändern.
Fazit
Catcalling ist ein weitverbreitetes Problem, das viele Menschen, insbesondere Frauen, im Alltag betrifft. Auch wenn diese Form der Belästigung in Deutschland rechtlich noch nicht explizit geregelt ist, gibt es bereits einige Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren.
Die Betroffenen können unter bestimmten Umständen eine Anzeige wegen Beleidigung oder sexueller Belästigung erstatten. Es ist wichtig, sich in solchen Situationen bewusst zu machen, dass Catcalling nicht toleriert werden muss und dass es Wege gibt, sich zu schützen und gegen die Beschuldigten vorzugehen.