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Scheidung: Wer darf im Haus bleiben?

Eine Trennung oder Scheidung ist bereits emotional herausfordernd genug. Gleichzeitig stellen sich jedoch viele organisatorische und rechtliche Fragen. Es gilt, gemeinsam und für sich selbst weitreichende Entscheidungen zu treffen. Nicht immer können sich frisch getrennte Paare oder Eheleute einvernehmlich über das gemeinsame Hab und Gut einigen. 

Das betrifft insbesondere das gemeinsame Haus oder die gemeinsame Wohnung. Die Frage, wer nach einer Trennung oder Scheidung das Haus verlassen muss, stellt sich meistens als Erstes, wenn eine räumliche Trennung bevorsteht. Doch wer darf im Haus bleiben? Wir klären über die Rechtslage auf.

Das Wichtigste in Kürze

✅ Grundsätzlich haben beide Eheleute die gleichen Wohn- und Nutzungsrechte an einer gemeinsamen Unterkunft. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass eine Person Hauptmieter:in oder Alleineigentümer:in ist. 
✅ Es ist immer zwischen der Aufteilung des Eigentums vor und nach der Scheidung zu unterscheiden. Kommt es zu einer Scheidung, findet ein Zugewinnausgleich statt. 
✅ Bereits vor Inkrafttreten der Scheidung kann einer Person das Haus oder die Wohnung in einem Zuweisungsverfahren gerichtlich zugesprochen werden.
✅ Im Idealfall einigen sich die Eheleute bereits zu Beginn oder während der Ehe über die Wohnsituation nach einer Trennung, auch wenn es unromantisch ist. 

Alleiniges Wohnrecht: Wer darf im Haus bleiben und wer muss ausziehen?

Das gemeinsame Haus oder die gemeinsame Wohnung ist für beide Partner:innen der Lebensmittelpunkt und oftmals auch mit einem Heimatgefühl verbunden. Allerdings können bei einer Scheidung  auch negative Gefühle mit der Wohnsituation verknüpft sein. Daher ist in vielen Fällen eine schnelle räumliche Trennung sinnvoll. Umso schwieriger ist es, bei einer Trennung oder Scheidung zu entscheiden, wer die gemeinsamen Räumlichkeiten weiterhin bewohnen soll und wer auszieht. 

Rechtlich gesehen haben beide Partner:innen die gleiche Berechtigung, in der gemeinsamen Wohnung oder im Haus zu bleiben. Dafür ist es in einer Ehe auch nicht entscheidend, wer die Wohnung mietet oder Eigentum am Haus hat. Stattdessen ist die persönliche und familiäre Situation der Beziehung entscheidend dafür, wer im Haus oder der Wohnung bleiben darf. Bevorzugt wird dabei die Person, die auf die Immobilie angewiesen ist oder keine Alternativen hat. 

Kommt es zu einem Auszug und es verstreichen mehr als 6 Monate, ist eine Rückkehr auch nicht ohne weiteres möglich. Komplizierter wird es außerdem dann, wenn gemeinsame Kinder existieren, die ebenfalls ein Wohnrecht haben. In der Regel wird ein Familiengericht entscheiden, welches Elternteil mit den Kindern in welcher Immobilie wohnen darf. 

Gut zu wissen

Es ist zu unterscheiden zwischen dem vorübergehenden Auszug bis zum Inkrafttreten der Scheidung und dem Anspruch auf das gemeinsame Haus nach der Scheidung. Nach der Scheidung spielt auch der gewählte Güterstand eine Rolle (ohne Ehevertrag ist das die Zugewinngemeinschaft, § 1363 BGB). 

Wohnungszuweisungsverfahren: Wann gilt das Zusammenleben als unzumutbar?

Auch vor einem Scheidungsverfahren kann bereits gerichtlich entschieden werden, welche Person in der Ehewohnung wohnen darf. Man nennt dieses Verfahren Wohnungszuweisungsverfahren (§ 1361b BGB). Gerichte entscheiden dann in einer Abwägung aller Umstände, wem das gemeinsame Haus oder die Wohnung zusteht und wer ausziehen muss. 

Allerdings musst du als Ehepartner:in in der Regel darlegen, welche unerträglichen Belastungen dir das Zusammenleben unzumutbar machen. Mögliche Argumente für eine erfolgreiche Wohnungszuweisung sind dabei folgende: 

  • Häusliche Gewalt: Kommt es zu häuslicher Gewalt gegen eine Beziehungsperson, so kann die übergriffige Person dazu veranlasst werden, das gemeinsame Haus zu verlassen. Wichtig ist, dass es sich um tatsächliche Gewalt handelt. Emotionale Spannungen, die mit einer Trennungssituation einhergehen, sind nicht ausreichend. 
  • Kindeswohl: Besonders das Wohl der gemeinsamen Kinder ist für die Entscheidung erheblich. Gerichte müssen sich die Frage stellen, bei wem die Kinder langfristig leben werden. Auch die Schulpflicht oder die Anbindung an das soziale Umfeld oder Vereinsmitgliedschaften spielen dabei eine Rolle. 
  • Eingebundenheit in den Ort: Relevant ist außerdem, wenn sich eine Person stark mit dem Ort verbunden fühlt, dort aufgewachsen ist oder Familienangehörige dort leben. Auch Ehrenämter oder Vereinstätigkeiten können eine Rolle spielen. 
  • Besondere Geeignetheit der Wohnung für eine Person: Benötigt eine Person Pflege oder eine barrierefreie Wohnung und ist dies in dem gemeinsamen Heim gegeben, kann dies ebenfalls die Entscheidung des Gerichts beeinflussen. 
  • Verbundenheit mit dem Haus oder Eigentum: Besteht eine besondere emotionale Verbundenheit mit dem Haus, etwa durch Erbe oder eine hohe Eigenleistung, kann dies eine Rolle spielen. Natürlich wird auch betrachtet, wer tatsächlich Eigentum an dem Objekt hat. Gibt es eine:n Alleineigentümer:in, ist das ein maßgebliches Argument. 
  • Wirtschaftliche Verhältnisse: Nicht zu unterschätzen sind die finanziellen Mittel. Es bringt niemandem etwas, wenn einer Person das Haus zugesprochen wird, diese aber die Kosten eines solchen Hauses nicht allein tragen kann. Dabei ist auch die Auszahlung der anderen Person zu berücksichtigen. 

Welche Alternativen gibt es?

Nicht immer muss es auf ein alleiniges Wohnrecht für eine Person hinauslaufen. Daneben gibt es noch andere Möglichkeiten, die bei einer Scheidung gemeinsam diskutiert und beschlossen werden können: 

  • Regelung im Ehevertrag: Vorausschauend ist es, eine solche Regelung bereits in einem Ehevertrag festzuhalten. Dies kann auch nachträglich vereinbart werden. Für mehr Informationen wende dich an unsere Partnerkanzleien im Familienrecht.
  • Hausverkauf: In vielen Fällen wollen beide Teile auch einen Neustart, was durch einen gemeinsamen Verkauf des Hauses erreicht wird. Dies erspart mühsame und teure Streitigkeiten und kann bereits im Trennungsjahr vollzogen werden. 
  • Schenkung an die Kinder: Gibt es gemeinsame Kinder, kann ihnen das Eigenheim zugesprochen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Kinder dann auch die Kosten für die Immobilie tragen müssen. Wollen die Kinder das Haus nicht selbst bewohnen oder vermieten, kann es außerdem zu Streitigkeiten führen, welches Elternteil im Haus verbleiben darf. 
  • Realteilung: Verstehen sich beide Personen auch nach der Trennung weiter, kann das Haus auch so umgebaut werden, dass sich zwei getrennte Wohnungen ergeben. Dann können beide Eheleute unabhängig voneinander im Haus wohnen bleiben.   

Fazit

Es gibt viele Möglichkeiten, das Wohnrecht oder das Eigentum einer gemeinsam bewohnten Immobilie zu regeln. Im besten Fall seid ihr euch darüber bereits dann einig, wenn eine Trennung im Raum steht oder vollzogen wird. Auch wenn ein Ehevertrag unromantisch klingt, kann dieser im Zweifel viel Streit ersparen und einen Rosenkrieg verhindern. 

Kommt es zu diesen Streitigkeiten, sollte eine einvernehmliche Entscheidung über das gemeinsame Haus oder die Wohnung getroffen werden. Ist das nicht möglich, kann eine spezialisierte Kanzlei im Familienrecht helfen, eine Lösung zu finden. 

Im Zweifel ist auch ein gerichtliches Verfahren möglich. Final wird bei der Scheidung dann das Gericht im Scheidungsverfahren entscheiden, wenn vorher keine einvernehmliche Lösung vorliegt. 

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