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Was zählt zum Zugewinn in der Ehe?

In Deutschland ist der gesetzliche Güterstand bei einer Ehe die Zugewinngemeinschaft. Ehepaare ohne Ehevertrag haben jedoch getrennte Vermögen. Kommt es zu einer Scheidung, muss dieses Vermögen also geteilt werden: Es kommt zum Zugewinnausgleich. Doch was zählt zum Zugewinn in der Ehe?

Über Finanzen zu sprechen fühlt sich für viele schwierig an, insbesondere während einer Trennung. Dies ist einer der Gründe, weshalb der Zugewinnausgleich durch eine:n Ehepartner:in beim Familiengericht im Falle einer Scheidung beantragt werden muss. Dann entscheidet auch das Gericht, wem welcher Teil des Vermögens zusteht und wer einen Ausgleich leisten muss. Doch was genau bedeutet Zugewinn und wie wird entschieden, wie hoch dieser bei beiden Parteien ausfällt? Wir klären auf. 

Das Wichtigste in Kürze

✅ Ehepaare ohne Ehevertrag leben in Deutschland automatisch in einer Zugewinngemeinschaft. Alternativ kann vertraglich die Gütertrennung oder die Gütergemeinschaft vereinbart werden. 
✅ Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass jede Person in der Ehe ihr eigenes Vermögen behält und darüber bestimmen kann. 
✅ Im Falle einer Scheidung oder im Todesfall kommt es zum Zugewinnausgleich. Dann wird das in der Ehe erwirtschaftete Vermögen gleichmäßig verteilt. 

Was ist eine Zugewinngemeinschaft?

Wer in Deutschland ohne Ehevertrag heiratet, lebt automatisch in einer Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB). Dieser gesetzliche Güterstand bedeutet, dass auch Eheleute weiterhin getrennte Vermögen haben und über dieses selbständig entscheiden können. 

Das Vermögen und Eigentum, das die Eheleute mitbringen, wird also von ihnen selbstständig verwaltet und gehört weiterhin beiden getrennt. Auch das, was während der Ehe erworben oder geerbt wird, gehört nur der jeweiligen Person. 

Eigentum durch Heirat? 💍

Immer noch gibt es den Mythos, bei einer Heirat gehe das Vermögen automatisch auf beide über. Das ist falsch. An den Vermögensverhältnissen ändert sich durch eine Heirat nichts – zumindest dann, wenn eine Zugewinngemeinschaft besteht. So werden auch Schulden, die eine Person mit in die Ehe bringt, nicht auf den anderen übertragen. Eine Haftung der anderen Person ist ausgeschlossen (§ 1363 Abs. 2 BGB). Anders sieht es bei der Gütergemeinschaft aus.

Zugewinnausgleich bei Scheidung oder Tod

Zum Ausgleich des Vermögens kommt es erst am Ende der Ehe – bei Scheidung oder im Todesfall. Bei einer Scheidung kann dabei die Person, die im Laufe der Ehe weniger erwirtschaftet hat, einen Ausgleich des Zugewinns verlangen. 

Was ist ein Zugewinnausgleich? 

Zugewinnausgleich bedeutet, dass das Anfangs- mit dem Endvermögen beider Eheleute verglichen wird – getrennt voneinander. Dann wird der kleinere Zugewinn des einen vom größeren abgezogen und das Ergebnis halbiert. So hat am Ende jede Person exakt den gleichen Anteil des Zugewinns. 

Ein Beispiel: Anna ist mit einem Vermögen von 20.000 Euro in die Ehe gestartet und hat nun 40.000 Euro Vermögen. Das bedeutet ein Plus von 20.000 Euro. Ihre Ehefrau Eva hat mit -20.000 Euro (also Schulden) begonnen und hat nun 30.000 Euro Vermögen. Das macht ein Plus von 50.000 Euro. Die Differenz beträgt 30.000 Euro. 30.000 Euro geteilt durch 2 macht 15.000 Euro. Anna hat also Anspruch auf einen Zugewinnausgleich in Höhe von 15.000 Euro. 

Im Todesfall erbt die überlebende Person pauschal ein weiteres Viertel des Erbes (§§ 1931 Abs. 3, 1371 BGB) – zusätzlich zum gesetzlichen Viertel (Pflichtteil). Im Ergebnis steht ihr neben den Kindern damit die Hälfte des Erbes zu, vorausgesetzt es gibt kein Testament.

Was zählt zum Zugewinn in der Ehe? 

Zum Zugewinn zählen grundsätzlich alle Vermögenswerte, die während der Ehe erworben werden. Als Beispiele sind hier vor allem zu nennen: 

  • Geldwertes Vermögen (vor allem Ersparnisse)
  • Immobilien
  • Aktien, ETFs und andere Wertpapiere
  • Lebensversicherungen oder Rückkaufswerte
  • Sammlungen, Schmuck, werthaltige Gegenstände
  • Erworbene Rentenansprüche
  • Fahrzeuge wie Autos, Motorräder oder Fahrräder

Es kann also alles, was Wert hat, in den Zugewinn einfließen. Diese Liste ist daher keineswegs vollständig oder abschließend, sondern umfasst nur die wichtigsten Punkte, die in den Zugewinn einfließen können. Für eine verbindliche Einschätzung wende dich bitte direkt an eine Kanzlei für Familienrecht, zum Beispiel in unserer Kanzleisuche.

Ausnahmen vom Zugewinn

Vom Zugewinn gibt es jedoch auch Ausnahmen. Eine wichtige Ausnahme stellen vor allem Haushaltsgegenstände dar. Diese haben zwar nicht direkt etwas mit dem Zugewinnausgleich zu tun, sind aber in der Zugewinngemeinschaft dennoch eine Besonderheit. Während jede Person in der Ehe ihr Vermögen und die erworbenen Objekte selbst verwaltet, sind Haushaltsgegenstände gemeinsam erworbenes Eigentum. Das bedeutet, dass keine Person allein darüber entscheiden darf und diese z. B. verkaufen kann. 

Dann gibt es vor allem beim Erbe einige Ausnahmen. Diese sind jedoch sehr komplex und müssen im Einzelfall betrachtet werden. Erbschaften werden grundsätzlich dem Anfangsvermögen zugerechnet, können aber dennoch zu einem Ausgleich am Ende führen. Auch Schenkungen können anders behandelt werden, wenn sie nur eine Person in einem besonderen Verhältnis betreffen. 

Welche Alternativen zur Zugewinngemeinschaft gibt es?

Neben der Zugewinngemeinschaft können auch andere Güterstände im Ehevertrag vereinbart werden. Auch bei bestehender Zugewinngemeinschaft kann ein Ehevertrag Ausnahmen regeln, zum Beispiel, dass diese nur im Todesfall greifen soll oder dass das Anfangsvermögen vertraglich festgelegt wird. 

Gütertrennung

Ähnlich zur Zugewinngemeinschaft verhält sich die Gütertrennung (§ 1414 BGB). Auch hier verwalten beide Eheleute ihr Vermögen getrennt und sind alleinige Eigentümer:innen. Im Unterschied zur Zugewinngemeinschaft gibt es jedoch am Ende der Ehe keinen Zugewinnausgleich – die Güter sind und bleiben getrennt. Der Nachteil: Im Todesfall ist der Zugewinn bei der Gütertrennung nicht steuerfrei, bei der Zugewinngemeinschaft schon (§ 5 ErbStG).

Gütergemeinschaft

Bei der Gütergemeinschaft (§ 1415 BGB) wird das vorherige Vermögen beider Eheleute durch die Ehe gemeinsames Vermögen. Und auch das während der gemeinsamen Ehe erworbene, gehört automatisch beiden und wird gemeinsam verwaltet. Am Ende der Ehe wird das gesamte Vermögen dann hälftig geteilt

Auch hier gibt es einen Nachteil: Besonders im Falle von Schulden ist die Gütergemeinschaft riskant, denn beide Personen haften für diese. Das gilt auch dann, wenn die andere Person nichts von den Schulden weiß. 

Fazit

In Deutschland leben die meisten Menschen im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, nur die wenigsten haben einen Ehevertrag. Dabei sind die Finanzen auch in einer Ehe ein Thema, über das wir alle miteinander reden sollten. Wer zu Beginn der Ehe schriftlich festlegt, welche Vermögenswerte es gibt (Geld, Eigentum, Aktien etc.) und wer welches Vermögen mit in die Ehe bringt, kann sich für den Trennungsfall absichern. 

Auch wenn es unromantisch ist: Vor der Hochzeit solltet ihr euch als Paar zusammensetzen und überlegen, welchen Güterstand ihr bevorzugt, auch dann, wenn ihr euch für eine Zugewinngemeinschaft entscheidet. In einem Ehevertrag können nicht nur andere Güterstände, sondern auch Änderungen oder Ergänzungen zur gesetzlichen Regelung getroffen werden. Und auch während einer bereits bestehenden Ehe ist ein Ehevertrag noch möglich. Am wichtigsten ist und bleibt aber die Kommunikation über Finanzen in einer Partnerschaft. 

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