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Muss Kununu Klarnamen weitergeben?

Sich über Unternehmen informieren, Arbeitgeber:innen bewerten oder Gehalt vergleichen – das geht auf der Online-Bewertungsplattform Kununu. Nicht nur für Arbeitnehmer:innen ist die Plattform im Bewerbungsprozess sehr interessant. Auch immer mehr Unternehmen nutzen gute Bewertungen für ihre Reputation auf dem Arbeitsmarkt.

Problematisch wird es für Unternehmen aber dann, wenn die Bewertungen negativ ausfallen und potenzielle Bewerber:innen abschrecken. Ganz besonders gravierend ist dies, wenn die negativen Bewertungen gar nicht von tatsächlichen (Ex-) Arbeitnehmer:innen verfasst wurden, sondern Fake-Bewertungen sind. 

Was es damit auf sich hat und ob Kununu nun Klarnamen herausgeben muss, erklären wir euch in diesem Beitrag.

Das Wichtigste in Kürze

✅ Ein Unternehmen verlangte von Kununu die Herausgabe von Daten, denn auf der Plattform waren negative Bewertungen über das Unternehmen abgegeben worden.
✅ Das Unternehmen will überprüfen, ob es sich bei den Rezensionen tatsächlich um echte Bewertungen von(ehemaligen) Arbeitnehmer:innen handelt.
✅ Kununu gab einen geschwärzten Tätigkeitsnachweis heraus, welcher vorher mit den Daten der Rezensent:innen abgeglichen wurde.
✅ Das OLG Hamburg entschied, dass dies nicht ausreiche. Kununu müsse auf Anfrage die vollständigen Daten der Rezensent:innen an das Unternehmen herausgeben.

Bewertungsportal für Arbeitgeber:innen: Was macht Kununu? 

Bewertungsportale im Internet kennen wir alle – viele von uns nutzen sie nahezu täglich, um Entscheidungen im Alltag zu treffen. Ob es darum geht, ein tolles Restaurant herauszusuchen, ein schönes Hotel zu buchen oder sogar eine verlässliche Arztpraxis zu finden – die Bewertungsportale sind meist die erste Anlaufstelle.

So auch auf dem Arbeitsmarkt. Hier gibt es seit vielen Jahren Herausforderungen: Der demografische Wandel ist in vielen Branchen längst spürbar. Fachkräfte fehlen an allen Ecken und Enden. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, sich auf dem Arbeitsmarkt positiv zu positionieren und Bewerber:innen von sich zu überzeugen. 

Aber was ist dafür notwendig? Meist wiegt das ehrliche Gespräch mit Personen, die bereits in dem Unternehmen angestellt sind, am meisten, um einen realistischen Einblick in die Abläufe und das Miteinander bei potentiellen Arbeitgeber:innen zu erhalten. Was lange auf Mundpropaganda basierte, hat sich nun größtenteils ins Internet verlagert. 

Angestellte können auf der Plattform Kununu ihre Arbeitgeber:innen bewerten. Dabei gibt es verschiedene Kategorien. So kann der soziale Umgang bewertet oder das Gehalt verglichen werden. Der Clou: Die Bewertungen erfolgen anonym. Doch genau diese Anonymität sorgt in manchen Fällen für eine schonungslose Ehrlichkeit, sodass manche Arbeitgeber:innen sich in einem schlechten Licht präsentiert sehen. 

Kurz: Was potenziellen Bewerber:innen dabei helfen kann, “toxische” Arbeitgeber:innen auszusortieren, kann bei zu Unrecht schlecht bewerteten Unternehmen zu einem Reputationsverlust führen. Zudem steigt die Hemmschwelle für Fake-Bewertungen.

Schlechte Bewertungen für ein Start-Up

In dem Fall, der nun vom OLG Hamburg im Eilverfahren entschieden wurde, geht es um ein Start-Up. Dieses hatte schlechte Bewertungen von vermeintlichen Arbeitnehmer:innen erhalten – und wehrte sich rechtlich dagegen. 

Was ist ein Eilverfahren?

Gerichtsverfahren vor deutschen Zivilgerichten können sehr lange dauern. Das liegt nicht nur an der Länge des Verfahrens an sich, sondern auch daran, wann z. B. Termine für Verhandlungen frei werden. Wenn es also einmal schnell gehen muss, dann kann dafür ein sog. vorläufiger Rechtsschutz beantragt werden.

In der Zivilprozessordnung finden sich die einschlägigen Regelungen im 5. Abschnitt. Je nachdem, worum es sich bei der Streitigkeit handelt, kommen verschiedene Mittel in Betracht. So kann eine Partei beispielsweise eine einstweilige Verfügung beantragen, wenn sie im Zivilverfahren Ansprüche sichern will, um irreparable Schäden zu verhindern. 

Das Start Up beantragte eine einstweilige Verfügung gegen Kununu, mit dem Ziel, dass die Veröffentlichungen der Bewertungen durch Kununu unterlassen werden. 

Vorwurf: Fake-Bewertungen

Das Start-Up argumentierte, dass die Bewertungen, welche auf Kununu veröffentlicht wurden, gar nicht von Arbeitnehmer:innen der Firma geschrieben seien. Das Unternehmen wurde unter anderem mit Kommentaren wie “Startup abgebogen in die Perspektivlosigkeit” oder “Vorsicht bei der Firmenwahl” beschrieben.

So verlangte das Start-Up von Kununu die Löschung der Bewertungen, um negative Folgen wie Rufschäden zu vermeiden. Als Kununu dieser Aufforderung nicht ausreichend nachkam, richtete sich das Unternehmen an das Landgericht Hamburg (LG Hamburg, 8. Januar 2024, 324 O 559/23, Beschluss).

Sodann wurde Kununu tätig und bat die Verfasser:innen der Rezensionen um einen Nachweis, dass diese tatsächlich als Arbeitnehmer:innen in dem Start-Up tätig (gewesen) sind. 

Unter welchen Voraussetzungen Unternehmen negative Bewertungen löschen lassen können, erfährst du in unserem Artikel zum Thema.

LG Hamburg entscheidet für Kununu

Das Landgericht, in welchem der Fall in der ersten Instanz behandelt wurde, sah in dem anonymisierten Nachweis eine ausreichende Bestätigung für die tatsächliche Arbeitnehmerstellung der Rezensent:innen.

Mittels einer eidesstattlichen Erklärung hatte Kununu belegt, dass die ungeschwärzten Tätigkeitsnachweise und die Namen der Rezensent:innen übereinstimmen. Ungeschwärzte Nachweise hätten also gar nicht eingereicht werden müssen. 

Was ist eine eidesstattliche Erklärung?

Bei der Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung wird eine Aussage als wahr versichert. Das bedeutet, dass formal und rechtlich bindend versichert wird, dass es sich bei der Aussage um die Wahrheit handelt. Wer bei einer solchen Erklärung lügt, der macht sich gemäß § 156 StGB strafbar. Die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung hat also weitreichende Folgen und kann als Beweis vor Gericht verwendet werden.

OLG Hamburg verbietet die Veröffentlichung der Rezensionen

Das Oberlandesgericht Hamburg hat als zweite Instanz nun anders entschieden: Die Plattform Kununu dürfe die Rezensionen erstmal nicht veröffentlichen. Das Start-Up hätte einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung. Das folge u.a. aus den Unternehmenspersönlichkeitsrechten (Art. 2 I GG, Art. 19 III GG). 

Kununu hätte dem Start-Up die Stellungnahmen der Rezensent:innen derart zugänglich machen müssen, dass dieses hätte überprüfen können, ob tatsächlich ein geschäftlicher Kontakt vorgelegen hat. Das Bewertungsportal hatte aber nur eine geschwärzte Version des Tätigkeitsnachweises erbracht, sodass gerade nicht vom Start-Up überprüft werden konnte, ob wirklich eine geschäftliche Beziehung, in diesem Fall ein Arbeitsverhältnis vorlag. 

Das Gericht führt weiter aus: Dem bewerteten Unternehmen dürfe nicht die Möglichkeit genommen werden, den geschäftlichen Kontakt eigenständig zu überprüfen. Die Überprüfung durch Kununu und die daraus folgende Mitteilung des Überprüfungsergebnisses seien nicht ausreichend. Das Gericht sieht darin die Gefahr, dass bewertete Unternehmen wehrlos gegen die negativen Bewertungen sind. 

Gut zu wissen

Die Grundsätze, die das OLG hier anwendet, stammen aus einem Urteil des BGH über eine andere, nicht auf den Arbeitsmarkt bezogene Bewertungsplattform. Das OLG ist der Meinung, dass diese Grundsätze auch auf einer Bewertungsplattform für Arbeitgeber:innen anwendbar sind. Das gelte auch, obwohl es für das Bewertungsportal schwieriger sein könnte, die Rezensent:innen dazu zu bewegen, sich zu identifizieren, da sie eventuell mit rechtlichen Konsequenzen rechnen könnten. 

Schlussendlich sei zu entscheiden, dass Arbeitgeber:innen nicht schutzlos den Behauptungen vermeintlicher (Ex-)Mitarbeiter:innen ausgesetzt sein sollen. Gegen diese Aussagen könnten die bewerteten Unternehmen nur erfolgreich vorgehen, wenn sie die Identität der Verfasser:innen kennen würden.

Fazit

Kununu darf die Bewertung nach dem Beschluss des OLG also nicht weiter veröffentlichen. In Zukunft könnte dieser Beschluss dafür sorgen, dass Kununu die Namen von den Nutzer:innen gegenüber Unternehmen offenlegen muss. 

Welche Bedeutung dies für den weiteren Erfolg der Plattform hat, wird sich zeigen. Zumindest aber dürfte dieser Beschluss dafür sorgen, dass sich manch einer noch ein zweites Mal überlegt, was er auf einer solchen Plattform schreibt.

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