Ein zentrales Anliegen von Ärzt:innen ist es, die Gesundheit und das Wohlergehen von Menschen zu fördern und zu schützen. Doch Sätze wie “Wir können leider keine neuen Patient:innen aufnehmen” oder “Ich kann Ihnen leider keinen Termin anbieten” haben vermutlich alle schon einmal gehört. Wie sieht die rechtliche Lage aus? Dürfen Ärzt:innen Patient:innen ablehnen?
Insgesamt ist die Frage, ob Ärzt:innen Patient:innen ablehnen dürfen, ein komplexes Thema, das verschiedene rechtliche, ethische und praktische Aspekte umfasst. Während Ärzt:innen grundsätzlich dazu verpflichtet sind, medizinische Versorgung zu gewährleisten, gibt es dennoch Situationen, in denen die Ablehnung einer Behandlung gerechtfertigt sein kann. Mehr erfährst du in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
✅ Kassenärzt:innen sind dazu verpflichtet, gesetzlich versicherte Personen zu behandeln. Sie können nur unter bestimmten Bedingungen eine Behandlung verweigern.
✅ Gründe zur Ablehnung können ein Aufnahmestopp, die Missachtung von ärztlicher Anordnung oder ein gestörtes Vertrauensverhältnis sein.
✅ Notfälle müssen in jedem Fall behandelt werden, hier kann eine Ablehnung sogar rechtliche Konsequenzen haben.
Wann dürfen Ärzte Patienten ablehnen? Beispiele aus dem Leben
Bestimmt hast du schon einmal davon gehört, dass in Deutschland die sogenannte Vertragsfreiheit herrscht. Das bedeutet, dass sich grundsätzlich alle sich aussuchen können, mit wem sie Verträge schließen möchten. Zwischen Ärzt:in und Patient:in kommt nur ein Behandlungsvertrag zustande, wenn beide diesem zustimmen. Geregelt ist dies in § 630a Absatz 1 BGB.
Es steht Ärzt:innen frei zu entscheiden, mit wem sie einen Behandlungsvertrag abschließen möchten – und mit wem nicht. Nur bei medizinischen Notfällen sind Ärzt:innen dazu verpflichtet, Hilfe zu leisten. Grundsätzlich darf eine Behandlung also abgelehnt werden, wenn kein Notfall vorliegt.
Für Ärzt:innen, die als sogenannte Kassenärzt:innen fungieren und verpflichtet sind, gesetzlich versicherte Patient:innen zu behandeln, gelten besondere Regelungen. Diese müssen in der Regel eine Behandlungspflicht einhalten. Ein solcher Arzt bzw. Ärztin kann Patient:innen nur unter bestimmten Bedingungen ablehnen, wenn kein Notfall vorliegt.
Arzt verweigert Behandlung
Ärzt:innen dürfen eine Behandlung ablehnen, wenn sie beispielsweise der Überzeugung sind, dass sie Patient:innen nicht helfen können oder die Behandlung gegen ärztliche Ethik oder Gewissen verstößt.
Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Patient oder eine Patientin bestimmte Therapien verlangt, die medizinisch nicht indiziert sind. Jedoch sollte eine solche Ablehnung immer auf einer fundierten medizinischen Einschätzung beruhen und nicht auf persönlichen Vorurteilen oder Diskriminierung.
Arzt will keine Überweisung ausstellen
Nach dem Patientenrechtegesetz (§ 630 ff. BGB) haben Patient:innen das Recht auf eine Überweisung an einen Facharzt bzw. an eine Fachärztin, wenn dies medizinisch notwendig ist. Eine solche Überweisung kann jedoch verweigert werden, wenn der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Ärztin der Ansicht ist, dass eine Überweisung medizinisch nicht indiziert ist.
Arzt verweigert Einweisung ins Krankenhaus
Auch eine Einweisung ins Krankenhaus kann von Ärzt:innen abgelehnt werden, wenn sie der Meinung sind, dass die Behandlung ambulant erfolgen kann oder die Kriterien für eine stationäre Aufnahme nicht erfüllt sind.
Arzt will Medikament nicht verschreiben
Will ein Arzt oder eine Ärztin ein bestimmtes Medikament nicht verschreiben, muss dies wichtige Gründe haben. Die Verschreibung kann verweigert werden, wenn ärztliche Bedenken bezüglich möglicher Nebenwirkungen bestehen oder dies medizinisch nicht sinnvoll ist.
In solchen Fällen ist es wichtig, dass Ärzt:innen alternative Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen und gegebenenfalls eine Beratung mit anderen Fachärzt:innen in Erwägung ziehen.
Arzt verweigert Rezept
Es kann vorkommen, dass Ärzt:innen die Ausstellung eines Rezepts ablehnen, sei es aus medizinischen Gründen oder aufgrund von Budgetrestriktionen seitens der Krankenkasse.
Ein häufiger Fall ist die Ablehnung von neuen Rezepten für Physiotherapie. Hintergrund ist hier, dass einige Krankenkassen Begrenzungen für die Anzahl von Sitzungen pro Jahr vornehmen. Manchen Patient:innen klagen auch darüber, dass ihnen kein Rezept mit der Begründung “kein Budget” ausgestellt wurde.
Arztpraxen unterliegen meist einem individuellen Arzneimittelbetrag. Ist dieser verbraucht, haben Ärzt:innen meist die Angst, von Krankenkassen in Regress genommen zu werden und verschreiben so ungern Rezepte mit teuren Medikamenten oder verweigern dies ganz.
Liegt eine medizinische Notwendigkeit vor, darf ein Arzt bzw. eine Ärztin jedoch keine Heilmittelbehandlung verweigern.
Beschwerde über unfreundlichen Arzt
Eine respektvolle und vertrauensvolle Beziehung zwischen Ärzt:in und Patient:in ist wichtig für eine erfolgreiche Behandlung. Kommt es zu Beleidigungen oder wiederholt zu unfreundlichen Aussagen, können Patient:innen sich direkt an den Arzt bzw. die Ärztin, das Praxisteam oder die Ärztekammer wenden.
Aufnahmestopp für neue Patienten – ist das erlaubt?
Ärzt:innen dürfen grundsätzlich die Aufnahme neuer Patient:innen vorübergehend stoppen, wenn sie bereits eine hohe Patientenanzahl betreuen und eine ausreichende Versorgung aller Patient:innen sonst nicht mehr gewährleisten können.
Dies sollte jedoch transparent kommuniziert werden. Ein solcher Aufnahmestopp darf grundsätzlich nicht dazu führen, dass Patient:innen in dringenden Fällen keine angemessene medizinische Versorgung erhalten.
Dürfen Ärzte Schmerzpatienten ablehnen?
Viele Menschen leiden unter chronischen Schmerzen – ein Leid, das viele Lebensbereiche beeinflusst. Umso ärgerlicher, wenn keine passende Behandlung gefunden werden kann oder man gar als Schmerzpatient:in abgelehnt wird.
Gibt es eine Behandlungspflicht bei akuten Schmerzen?
Sind Ärzt:innen dazu verpflichtet, mich zu behandeln, wenn ich Schmerzen habe? Grundsätzlich haben Ärzt:innen eine rechtliche Verpflichtung, Patient:innen in Notfällen zu behandeln, insbesondere bei akuten Schmerzen.
In solchen Fällen sollte jedoch beachtet werden, dass die Art und Dringlichkeit der Behandlung je nach medizinischer Einschätzung des Arztes bzw. der Ärztin variieren kann. Lehnen die Ärzt:innen die Behandlung von Schmerzpatient:innen pauschal und ohne Begründung ab, sollte dies sorgfältig geprüft und im Zweifelsfall anwaltlich eingeschätzt werden.
Dürfen Ärzte Kassenpatienten ablehnen? Rechtslage bei GKV-Patienten
Mediziner:innen sind grundsätzlich zur Versorgung von Kassenpatient:innen verpflichtet, solange sie Vertragsärzt:innen der gesetzlichen Krankenversicherung sind.
Eine Ablehnung von Kassenpatient:innen ist daher in der Regel nicht zulässig, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine Behandlung unmöglich machen. Beispielsweise kann eine Praxis überfüllt sein und keine weiteren Patient:innen aufnehmen können oder die Behandlung entspricht nicht dem Fachgebiet des Arztes bzw. der Ärztin.
In solchen Fällen werden Patient:innen jedoch in der Regel an eine andere Praxis verwiesen, die sie behandeln können.
Kein Arzt nimmt mich auf: Was tun?
Bleibt eine medizinische Behandlung und Versorgung aus, da niemand einen aufnimmt, ist man zuerst einmal ratlos. In diesem Fall können sich Patient:innen zunächst an die kassenärztliche Vereinigung, das örtliche Gesundheitsamt oder die zuständige Ärztekammer wenden. Diese können bei der Suche nach einem geeigneten Arzt bzw. einer geeigneten Ärztin behilflich sein und gegebenenfalls vermitteln.
Fazit
Patient:innen haben das Recht auf freie Arztwahl, eine umfassende Aufklärung über ihre Gesundheit und medizinische Behandlung. Allerdings gibt es in Deutschland auch eine Vertragsfreiheit. Das bedeutet: Ärzt:innen dürfen selbst entscheiden, wen sie behandeln, solange kein Notfall vorliegt. Wird eine Behandlung willkürlich verweigert, sollte sorgfältig überprüft werden, welche Gründe dafür vorliegen.
Für Kassenärzt:innen gelten andere Regelungen: Diese müssen grundsätzlich Patient:innen aufnehmen. Eine Verweigerung kommt jedoch häufig vor, wenn Ärzt:innen keine Kapazitäten mehr für neue Patient:innen haben, es zu Beleidigungen oder Bedrohungen kommt, ärztliche Anordnungen missachtet werden oder die Behandlung nicht dem medizinischen Fachbereich des Arztes bzw. der Ärztin entspricht.
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