Das Thema Cannabis beschäftigt den Bundestag diese Woche erneut. Auf Vorschlag der Bundesregierung hat das Parlament nun für THC-Grenzwerte im Straßenverkehr gestimmt. Um welche Grenzen es dabei geht und wie die Reaktionen auf das neue Gesetz sind, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Das Wichtigste in Kürze
✅ Der THC-Grenzwert wird auf 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut erhöht
✅ Zusätzlich gibt es ein Alkoholverbot für Cannabiskonsument:innen
✅ Einführung ist Teil einer größeren Veränderung des Straßenverkehrsgesetzes
✅ Diskussionen gab es im Vorfeld über die Höhe des Grenzwertes und die Rechtssicherheit
✅ Ein Gegenantrag der CDU war nicht erfolgreich
THC-Grenzwert wird erhöht
Das Gesetz, welches von den Regierungsparteien in den Bundestag eingebracht wurde, ist Teil einer größer angelegten Änderung des Straßenverkehrsgesetzes. Dabei wird erstmals von einem pauschalen Verbot von Cannabis im Straßenverkehr abgewichen.
Straßenverkehrsgesetz, Straßenverkehrsordnung – Was ist was?
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) enthält im Gegensatz zum Straßenverkehrsgesetz (StVG) diverse kleinteilige Regelungen über Verkehrszeichen, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Vorfahrtsregeln, Parkvorschriften und Verhaltensregeln von Verkehrsteilnehmer:innen. Das Straßenverkehrsgesetz beschäftigt sich mehr mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, z. B. für das Führen von Kraftfahrzeugen.
Cannabis wird im Rahmen einer Straßenverkehrskontrolle in mehreren Schritten kontrolliert. Eine Kontrolle wird angeordnet, wenn der Fahrer:innen Verhaltensauffälligkeiten, wie z. B. unsicheres Fahren, zeigt. In einem zweiten Schritt werden Fahrer:innen nach dem Konsum von Cannabis oder Alkohol befragt.
An eine solche Befragung schließen sich im Verdachtsfall standardisierte Tests an. Fahrer:innen werden dazu aufgefordert, an Koordinationstests oder Ähnlichem teilzunehmen. Auch ein Speicheltest kann herangezogen werden, um den Konsum von Cannabis nachzuweisen. Bei einem positiven Test wird im Anschluss eine Blutentnahme durchgeführt. Dazu wird der beschuldigten Person Blut abgenommen, welches dann auf Cannabis-Werte getestet wird.
Cannabis im Straßenverkehr: THC-Wert ist entscheidend
Entscheidend ist bei diesen Tests der THC-Wert. Wie hoch dieser sein darf, ist Gegenstand des neuen Gesetzes. Seit dem 01.04.2024 ist der Konsum von Cannabis in Teilen legalisiert. Die THC-Grenzwerte wurden bisher aber noch nicht angepasst.
Das bedeutet: Auch Fahrer:innen, die mehrere Tage vor der Autofahrt Cannabis konsumiert haben, können THC-Werte im Blut vorweisen, die nach jetzigem Stand nicht erlaubt sind. Damit würden sog. Gelegenheitskonsument:innen rechtliche Konsequenzen fürchten müssen, auch wenn der Konsum bereits einige Zeit zurückliegt.
Diese Rechtslage steht nicht im Einklang mit der Legalisierung von Cannabis, denn sie knüpft an Werte an, die noch vor dem Hintergrund des umfassenden Verbots eine Rolle gespielt haben.
Ampelkoalition will neue zeitgemäße Regelungen bei der Cannabis-Legalisierung
Aus diesem Grund hat sich die Ampel-Koalition für eine Änderung der Regelungen entschieden. Demnach gilt nun ein Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut.
Zudem wird ein strenges Alkoholverbot für diejenigen eingeführt, die auch Cannabis konsumieren. Dadurch soll dem sog. Mischkonsum von Alkohol und Cannabis gleichzeitig Einhalt geboten werden. Dieser ist Expert:innen zur Folge ganz besonders gefährlich beim Autofahren im Straßenverkehr. Mehr dazu erfährst du in unserem Beitrag zum Thema Cannabis und Autofahren.
Mit der Veränderung folgt der Gesetzgeber einer Empfehlung von einer Expertenkommission, die vom Bundesverkehrsministerium eingerichtet wurde.
Sanktionen im Straßenverkehr bleiben bestehen
Was sich dagegen nicht verändert hat, sind die Konsequenzen, die beim Fahren unter dem Einfluss von Cannabis oder Alkohol drohen. Geldbußen, Fahrverbote und Punkte in Flensburg gelten bei der Überschreitung von 3,5 Nanogramm THC weiterhin.
Mischkonsum wird hoch bestraft! 🚨
Der Mischkonsum wird auf Grund seiner Gefährlichkeit streng geahndet. Ein erstmaliger Verstoß wird aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Bußgeld von 500 Euro und einem Fahrverbot bestraft werden. Aktuell wird bei Mischkonsum aber über ein verschärftes Bußgeld von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro diskutiert.
Anpassungen seitens der Behörden notwendig
Um die neuen THC-Grenzwerte durchzusetzen, braucht es auch in den Behörden Anpassungen. Die Polizei muss durch entsprechende Schulungen und neue Geräte auf die Anwendung und Durchsetzung der neuen Regelungen vorbereitet sein.
Herausfordernd bei der Messung ist insbesondere, dass die Messungen nicht mit derselben Genauigkeit wie z. B. beim Alkohol durchgeführt werden können. Dies liegt insbesondere an der je nach Person variierenden Abbaugeschwindigkeit von THC im Blut.
Kritik an der Erhöhung der THC-Grenzwerte
Die Erhöhung der Grenzwerte stößt auch auf viel Kritik. Kritisiert wird insbesondere, dass die höheren Grenzwerte die Verkehrssicherheit gefährden können. Vertreter:innen von Polizeiverbänden weisen außerdem darauf hin, dass die Polizei noch nicht ausreichend für die Umsetzung der Regelungen ausgestattet sei.
Durch die komplizierte Korrelation zwischen Konsum und Fahrtüchtigkeit sei zudem zu wenig Rechtssicherheit für die Polizist:innen gegeben. Positiv sei aber das strikte Konsumverbot für Fahranfänger:innen. Das heißt konkret: Für Fahranfänger:innen bleibt es laut dem Gesetzesentwurf bei einem THC-Grenzwert von einem Nanogramm.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU geht noch einen Schritt weiter und hat bereits angekündigt, Widerstand gegen das neue Gesetz leisten zu wollen. Er ist der Meinung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, die gegen eine Erhöhung sprechen würden, bisher nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Anders sieht das zum Beispiel der Deutsche Hanfverband (DHV). Er begrüßt die Veränderung und meint, dass durch die Anhebung der Grenze ein pragmatischer Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr gefördert werde.
Auch andere Organisationen befürworten die Anhebung. So sei der vorher geltende Wert von einem Nanogramm THC, welcher sich in der Rechtsprechung durchgesetzt hatte, unrealistisch niedrig und kriminalisiere Gelegenheitskonsum.
Abstimmung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes
Das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes wurde am 6. Juni 24 im Bundestag verabschiedet. Für die Veränderung stimmten die Regierungsparteien, die Linke enthielt sich und die CDU sowie die AfD stimmten dagegen. Die CDU forderte ihrerseits in einem Antrag, dass für Cannabiskonsument:innen ein einheitliches Fahrverbot gelten müsse.
Das Gesetz wird nun durch den Bundesrat beraten und, falls kein Einspruch erhoben wird, vom Bundespräsidenten ausgefertigt. Danach treten die neuen Regelungen in Kraft. Wir werden euch in unserem Newsletter darüber informieren.
Fazit
Konsument:innen von Cannabis können ab Inkrafttreten der neuen Grenzwerte auch dann ins Auto steigen, wenn – ähnlich wie bei Alkohol – der aktive Rausch abgeklungen ist. Für Fahranfänger:innen gilt das allerdings nicht, hier herrscht strengstes Konsumverbot.
Wie lange es braucht, bis der Körper das THC soweit abgebaut hat, dass es unter dem Grenzwert von 3,5 Nanogramm liegt, ist sehr individuell und sollte vorher getestet werden. Autofahren nach einem Mischkonsum von Alkohol und Cannabis ist nicht erlaubt.
Bitte informiert euch rechtzeitig über die aktuelle Rechtslage und passt insbesondere im Straßenverkehr auf euch und auf die anderen Verkehrsteilnehmer:innen auf!