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Bürokratieabbau: Arbeitsverträge bald digital schließen? 

Einen Arbeitsvertrag abzuschließen war bisher nur in der sog. Schriftform möglich. Das bedeutet: Wer einen Arbeitsvertrag abschließen wollte, musste diesen in Papierform und eigenhändig unterschreiben. 

Bei einem gewöhnlichen Arbeitsverhältnis, in dem sich Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in zwecks Vertragsunterzeichnung im Büro treffen, ist dies auch kein Problem. Was aber, wenn sie nicht am selben Ort sind und nur digital zusammenarbeiten? 

Die Lösung könnte im Gesetzesentwurf für das sog. Bürokratieentlastungsgesetz IV liegen. In Zukunft sollen Unternehmen nämlich Arbeitsverträge digital schließen können. Was es damit auf sich hat, klären wir in diesem Beitrag.

Das Wichtigste in Kürze

✅ Arbeitsverträge sollen künftig nicht mehr nur in Schriftform, sondern auch in Textform geschlossen werden können
✅ Derzeit müssen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen Verträge noch eigenhändig unterschreiben und ggf. per Post verschicken
✅ Der Gesetzesentwurf will unter anderem vermeiden, dass digitale Arbeitsverhältnisse den aufwändigen Postweg bestreiten müssen
✅ Deutschland will mit diesem Vorhaben dazu beitragen, Bürokratie abzubauen und den Weg für digitale Prozesse in Unternehmen freizumachen

Arbeitsverträge – digital oder analog?

Einen Arbeitsvertrag abzuschließen ist für die meisten von uns nicht alltäglich. Ein neuer Job, neue Herausforderungen und manchmal auch ein neuer Lebensabschnitt gehen damit einher. Bisher sind die meisten von uns zum Abschluss des Vertrages ins Büro gefahren und haben vor Ort den Arbeitsvertrag in zweifacher Ausführung unterschrieben. 

Aber die Arbeitswelt verändert sich. Permanente Geschäftssitze, feste Büros und die Bindung an einen ganz bestimmten Ort verlieren zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Menschen arbeiten vollständig remote und leben nicht einmal in der gleichen Stadt oder sogar dem gleichen Bundesland wie ihre Arbeitgeber:innen. 

Bisher gestaltete sich der Abschluss von Arbeitsverträgen bei digital arbeitenden Arbeitnehmer:innen eher als kompliziert. Nachdem man sich per Telefon oder Videocall über die Arbeitsbedingungen einig geworden war, wurde der formelle Arbeitsvertrag per Post quer durch die Bundesrepublik versendet, unterschrieben und wieder zurückgeschickt. Nicht gerade effizient. 

Neues Gesetz sieht Textform für Arbeitsverträge vor

Der Gesetzesentwurf für das Bürokratieabbaugesetz IV sieht vor, dass zum Nachweis im Arbeitsverhältnis künftig die Textform ausreicht. Nachweise im Arbeitsverhältnis sind z. B. Arbeitsverträge. 

Es handelt sich also um Texte, die bestimmte Vereinbarungen beinhalten, welche im Zweifel (z. B. beim Streit über die vereinbarten Arbeitsbedingungen) zum Beweis dienen können. Diese Texte müssen nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nun eben nicht mehr in Schriftform vorliegen, die Textform reicht aus. 

Schriftform, Textform, was ist da der Unterschied?

Ist die Schriftform vorgeschrieben, so muss das Schriftstück gem. § 126 BGB eigenhändig vom Aussteller unterschrieben werden.  Bei der Textform gemäß § 126b BGB muss eine Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger lesbar abgegeben werden und der Aussteller erkennbar sein.

Wir haben euch die einzelnen Formvorschriften beim Vertragsschluss in einem eigenen Beitrag einmal zusammengefasst.

Das bedeutet, dass ein Arbeitsvertrag in Zukunft auch per E-Mail geschlossen werden kann. Dabei muss allerdings die Möglichkeit bestehen, dass der Arbeitsvertrag gespeichert und ausgedruckt wird. 

💡 Gut zu wissen: Juristisch gesehen, geht es gar nicht um den Abschluss des Arbeitsvertrages an sich. Dieser kann seit jeher auch z. B. mündlich geschlossen werden. Viel wichtiger sind die vereinbarten Arbeitsbedingungen. Diese mussten bisher mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen sein. Die Arbeitsbedingungen, also Arbeitsort, Arbeitszeit, Gehalt usw. werden in der Praxis meist im Arbeitsvertrag geregelt. 

Das Ziel: Medienbruch verringern

Durch die neue Regelung will die Bundesregierung einen sog. Medienbruch verringern. Medienbruch bedeutet, dass im Rahmen einer Informationskette an einer Stelle das Medium verändert wird. 

Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Kommunikation per E-Mail stattfindet und dann einzelne Bestandteile der Konversation (z. B. der Antrag für eine Behörde) ausgedruckt und per Fax versendet werden müssen. Solche Medienbrüche sind insbesondere in der Kommunikation mit Behörden oder anderen staatlichen Stellen besonders häufig. Dokumente, die digital vorliegen, müssen dann teilweise postalisch versendet werden. 

Um solche Medienbrüche zu vermeiden, soll nun eben auch der Abschluss von Arbeitsverträgen elektronisch möglich sein. In Zukunft kann also der Abschluss von Arbeitsverträgen rein elektronisch laufen, ohne dass zwischendrin irgendein Dokument in Papierform verschickt werden muss.

Welche Veränderung im Hinblick auf die Kündigung von Arbeitsverhältnissen vorgesehen sind, haben wir in einem Interview mit Rechtsanwältin Silke Hendrix besprochen.

Deutschland will Bürokratie abbauen

Der Gesetzesentwurf, welche die neue Regelung enthält, ist Teil des Entbürokratiesierungspakets, welches im Rahmen der Meseberger Beschlüsse von 2023 durch die Ampel-Parteien beschlossen wurde. 

Die vom Bundesministerium der Justiz koordinierten Vorhaben sollen zum Abbau von Bürokratie in Deutschland führen. Dabei ist der aktuelle Gesetzentwurf bereits das 4. Bürokratieentlastungsgesetz. Das erste Gesetz dieser Art wurde 2016, das zweite 2017 und das dritte 2020 erlassen. 

Der Gesetzesentwurf zum Bürokratieabbau wird in der Branche positiv aufgenommen. Der Startup-Verband forderte in seiner Stellungnahme unter anderem die Einführung der Textform ins Gesetz. Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßt das Gesetz in seiner Stellungnahme und bezeichnet es als ersten Schritt in Richtung der Entbürokratisierung. Nichtsdestotrotz mahnt er an, dass das Gesetz noch nicht weit genug gehe.

Fazit

Der neue Gesetzesentwurf bringt diverse Neuerungen im Bereich der Bürokratieentlastung. Welche Punkte sich in der Praxis etablieren werden, bleibt abzuwarten. Das Textformerfordernis für Arbeitsverträge könnte sowohl Arbeitgeber:innen als Arbeitnehmer:innen Entlastung bringen. 

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