Victoria Fricke, LL.M. (McGill)

Rechtsreferendarin

1999: Geburtsjahr 
2017: Abitur

2017-2022: Studium der Rechtswissenschaften an der Leibniz Universität Hannover, Tätigkeit am Lehrstuhl für Öffentliches Recht

2021-2023: Stationen als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei White & Case, Linklaters, BRYTER und Skadden

2022-2023: LL.M. an der McGill University, Montreal mit den Schwerpunkten Corporate Law und AI Law

2023-2025: Referendariat am OLG Braunschweig mit Stationen bei der Kammer für Gewerblichen Rechtsschutz, Staatsanwaltschaft, Bundeskanzleramt, Linklaters und TUI

Victoria ist Mitglied bei eLegal e.V., InterAct Law e.V., PANDA | The Women Leadership Network und im Deutschen Juristinnenbund e.V. sowie Mentorin bei Legally Female und tritt als Speakerin auf. Sie spielt leidenschaftlich gerne Fußball.

Interview

Wir stellen regelmäßig Legal Influencer und Vorbilder auf dem Rechtsmarkt in einem Interview vor. Damit wollen wir spannende Persönlichkeiten aus der Rechtsbranche sichtbar machen und einen Mehrwert für alle schaffen.

Gewinne Einblicke in unser Projekt Legal Influencer Liste und erfahre mehr über juristische Vorbilder und ihren Werdegang in unseren Interviews!

Victoria, wie kamst du zur Rechtsbranche und was sind deine Erfahrungen damit?

Ich habe Jura studiert, weil dieses Studium viele meiner Interessen kombiniert hat. Das Studium habe ich sehr genossen, insbesondere habe ich das Programm abseits des Curriculums gerne wahrgenommen, etwa durch die Teilnahme am Soldan Moot Court, der Legal Clinic und an Mentoring-Programmen.

Allerdings habe ich früh wahrgenommen, dass in der Ausbildung dem Thema Technologie kaum Raum gegeben wird. Nach der freiwilligen Teilnahme an den Kursen „Legal Tech“ sowie „Programmieren für Juristen“ trat ich der studentischen Initiative eLegal e.V. bei. eLegal engagiert sich dahingehend, die Vorteile der Nutzung von Legal Tech und das nötige Wissen unter Nachwuchsjurist:innen zu verbreiten.

Bei eLegal lernte ich, was effizientes Projektmanagement bedeutet und wie viel Spaß es macht, im Team Erfolge zu feiern. Außerdem durfte ich spannende Projekte umsetzen, etwa die Legal Tech University mitgestalten, den Podcast „How to Legal Tech“ starten und die Initiative eLegal Empowerment ins Leben rufen.

Was machst du beruflich und warum hast du dich für diesen Weg entschieden?

Aktuell befinde ich mich in meiner Anwaltsstation im Referendariat und arbeite in einer internationalen Großkanzlei im Bereich Corporate / M&A. 

Erste Einblicke in die Welt der Großkanzleien habe ich nach den Klausuren des ersten Staatsexamens als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Insolvenzrecht gesammelt. Ich wollte für die mündliche Prüfung meine Wissenslücken im Kreditsicherungsrecht schließen und erhoffte mir, dass der Sprung ins kalte Wasser der Praxis den einen oder anderen Zusammenhang erklären würde. Die Tätigkeit dort hat mir derart gut gefallen, dass ich daraufhin meinen Schwerpunkt u.a. im Insolvenzrecht absolvierte. Für eine weitere Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin überlegte ich mir, dass mir noch vertiefte Kenntnisse im Gesellschaftsrecht fehlen, um eine gute Anwältin im Insolvenzrecht zu werden.

So wechselte ich voller Neugier und nach dem Prinzip „andere Stadt, andere Kanzlei, anderes Rechtsgebiet“ in eine britische Kanzlei, in der ich im Mainstream Corporate Einblicke in die verschiedenen Gesellschaftsformen erhielt und die erhofften Zusammenhänge zu verstehen begann. Kurz vor Ende meiner Zeit dort hatte ich die Möglichkeit, auf einer Transaktion mitzuarbeiten. Das war für mich ein Schlüsselmoment. Diese Art der Projektarbeit hat mir großen Spaß gemacht.

Die Dynamik und die langen Nächsten bargen eine gewisse Faszination. Die Eindrücke, als Core Team die Spinne im Netz zu sein und verschiedenste Teams zu koordinieren, tiefe Einblicke in diverse Unternehmen zu erhalten, gestaltend tätig zu sein und im Großen und Ganzen auch mit der „Gegenseite“ an einem Strang zu ziehen – all das faszinierte mich.

Aus dieser Begeisterung belegte ich im Rahmen meines LL.M. neben AI Law Kurse u.a. in Corporate Transactions und Corporate Finance und arbeitete daraufhin in einer amerikanischen Transaktionskanzlei, in der ich mich in meiner Wahl bestätigt fühlte.

Die Begeisterung hält mich derart in ihrem Bann, dass ich Anfang kommenden Jahres als Associate im M&A anfangen werde.

Wie machst du deine Themen sichtbar? Wen oder was möchtest du damit erreichen?

Ich würde mich niemals als Influencerin bezeichnen – die einzigen, die den vollen Einblick in mein Leben erhalten, sind enge Freund:innen auf Snapchat. Und doch ist es mir ein Anliegen, eine Sichtweise der Generation Jurist:innen deutlich zu machen, die gerade in die Berufswelt startet – insbesondere mit Blick auf die stetig wachsenden Anforderungen an Digital- und Technologiekenntnisse.

Besonders am Herzen liegen mir zudem Female Empowerment und Mental Health. Ich bin der Überzeugung, dass sich harte Arbeit, eine gesunde Unternehmenskultur inklusive moderner Führung und Persönlichkeitsentwicklung hinsichtlich Achtsamkeit und Resilienz nicht ausschließen.

Es macht mir Freude, die Themen juristische Ausbildung, Female Empowerment, mentale Gesundheit, Legal Tech und KI nicht nur auf LinkedIn und Instagram, sondern auch als Speakerin oder Panelistin auf Bühnen anzusprechen. Das zeigt mir, wie groß der Bedarf an Austausch dazu ist.

Wenn du etwas an der Rechtsbranche verändern könntest, was wäre das? Was ist aus deiner Sicht dazu nötig?

Die Rechtsbranche braucht dringend einen Wandel hin zu mehr Offenheit, Diversität und Innovationsbereitschaft. Eine moderne juristische Ausbildung sollte praxisorientierter sein und Themen wie Legal Tech und KI, aber auch Soft Skills integrieren. Tech Literacy und kritisches Denken sind für mich Top Skills der Zukunft. 

Wenn ich etwas an der Rechtsbranche verändern könnte, würde ich zudem die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen Jurist:innen und anderen Fachbereichen stärken. Oft verweilen wir in einem theoretischen Elfenbeinturm und beschäftigen uns mit abstrakten Problemen, ohne dabei ausreichend die praktischen Bedürfnisse zu berücksichtigen. 

Zudem wünsche ich mir von jeder Juristin und jedem Juristen eine gewisse Offenheit gegenüber Transformation. Die digitale Transformation ist längst da, aber oft scheitern gute Ansätze an mangelndem Mut, fehlender Neugier und unzureichender Fehlerkultur. Für Fortschritt und Zukunftsfähigkeit braucht es Menschen, die bereit sind, Neues auszuprobieren und aus Fehlern zu lernen.

Und Wertschätzung darf auch nicht fehlen – ein wenig mehr Menschlichkeit würde der Rechtsbranche sehr gut tun!

Gibt es etwas, worauf du dich in Zukunft besonders freust?

Kurzfristig freue ich mich auf die Veröffentlichung des Buchs „Die Zukunft der Rechtsberatung“, zu dem ich gemeinsam mit dem eLegal-Gründer Steffen Kootz ein Kapitel beitragen durfte. 

Außerdem blicke ich voller Vorfreude darauf, im Laufe des Jahres mein zweites Staatsexamen hinter mich zu bringen und dann wieder Zeit für viele spannende Projekte zu haben. Ich kann auch meinen Berufseinstieg kaum erwarten und freue mich nach vielen verschiedenen eindrucksvollen Stationen sehr darauf, endlich sesshaft zu werden.

Und dann steht privat auch noch Großartiges an!

Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast!