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Sorgerecht entziehen: Das solltest du darüber wissen

Nicht immer bleibt das Familienglück für immer perfekt und Eltern entscheiden sich für eine Trennung oder Scheidung. Im Idealfall sollte dabei kein Sorgerechtsstreit entstehen und Kindern der Umgang mit beiden Elternteilen gewährt werden. 

Doch genau so wie Beziehungen nicht immer glücklich verlaufen, ist der Kontakt zu beiden Elternteilen nicht immer das Beste für die gemeinsamen Kinder – gerade dann nicht, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. In solchen Fällen spielt oftmals die Entziehung des Sorgerechts eine wichtige Rolle. In diesem Beitrag klären wir auf, was es damit auf sich hat und was bei einem Sorgerechtsstreit auf dich zukommen kann.

Das Wichtigste in Kürze

✅ Eltern müssen verheiratet sein, damit beide qua Geburt das Sorgerecht innehaben. Sind sie es nicht, muss der Vater das Sorgerecht beantragen, bei zwei Müttern ist sogar eine Adoption nötig. 
✅ Auch die Entziehung des Sorgerechts bedarf eines Antrags; ein solcher wird nur genehmigt, wenn schwerwiegende Gründe nachzuweisen sind.
✅ Ein Sorgerechtsstreit ist teilweise langwierig und teuer. Eltern sollten sich daher gut überlegen, ob es sinnvoll ist. Liegt eine Kindeswohlgefährdung vor, ist jedoch schnelles Handeln geboten!

Sorgerecht entziehen – was ist dabei wichtig?

Haben Eltern das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind, egal ob qua Geburt oder nachträglich beantragt, so bleibt dieses Recht immer bestehen. Kommt es zu einer Trennung, ändert auch dies nichts an dem geteilten Sorgerecht der Eltern. Vielmehr muss jetzt eine Lösung gefunden werden, wie das gemeinsame Sorgerecht trotz Trennung weiterhin ausgeübt werden kann. In vielen Fällen gelingt dies auch und ist meistens auch im Sinne des gemeinsamen Nachwuchses. 

Liegt eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch einen Elternteil vor, kann der andere Elternteil die Entziehung des Sorgerechts beantragen. Dies erfordert immer den Gang vor ein Familiengericht, welches über das Sorgerecht entscheidet. Ist das Kindeswohl durch ein Elternteil gefährdet oder hast du einen solchen Verdacht, kann es sinnvoll sein, eine Anwältin oder einen Anwalt für Familienrecht einzuschalten.

Beweise: Es ist wichtig, dass genügend Beweise für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. Gerade wenn du bisher nur einen Verdacht hattest, reicht dies in der Regel nicht aus, um vor Gericht die Entziehung des Sorgerechts durchzusetzen. Es sind Beweise nötig wie Fotos, Aussagen des Kindes, andere Zeugenaussagen oder Aufzeichnungen.

Jugendamt: Die zuständige Behörde für solche Fälle ist das Jugendamt. Deren Mitarbeitende kümmern sich tagtäglich um Fälle wie deinen und können gut beurteilen, wie weiter zu verfahren ist und ob die vorliegende Fürsorgepflichtverletzung für die Entziehung des Sorgerechts ausreicht. Vielleicht gibt es auch andere Lösungen, wie ein Sorgerechtsstreit in deinem Fall vermieden werden kann. 

Rechtliche Unterstützung: Kontaktiere bei offenen Fragen eine Anwältin oder einen Anwalt für Familienrecht. Es besteht zwar kein Anwaltszwang für einen Antrag zur Entziehung des Sorgerechts, allerdings raten wir dennoch dazu, anwaltliche Unterstützung zu suchen. Ein Anwalt kann dich nicht nur zu den Erfolgschancen beraten, sondern nimmt dir bei Bedarf auch die Durchführung aller rechtlichen Schritte ab. In einem solchen emotional schwierigen Verfahren möchtest du sicherlich und verständlicherweise lieber für deine Kinder da sein, als dich mit juristischen Angelegenheiten zu beschäftigen. 

Antrag auf Entziehung des Sorgerechts: Erst wenn genug Beweise vorliegen, kannst du einen Antrag auf Entziehung des Sorgerechts stellen. Das kannst entweder du selbst formlos übernehmen oder Anwält:innen damit beauftragen. Habt ihr euch als Eltern einvernehmlich entschieden, das Sorgerecht einem von euch zu übertragen, müsst ihr ebenfalls einen Antrag stellen.

Antragsprüfung und Anhörungstermin: Das Gericht prüft nun den Antrag. In einem mündlichen Termin werden alle Beteiligten, also die Kinder, beide Elternteile und ggf. das Jugendamt zur Sache befragt. 

Entscheidungsfindung des Gerichts: Anschließend prüft das Gericht noch einmal, ob eine Entziehung des Sorgerechts im Sinne des Kindes ist und verkündet seine Entscheidung. 

Achtung!

Die Entziehung des Sorgerechts bedeutet nicht automatisch die Entziehung des Umgangsrechts. Auch wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht hat, kann der andere Elternteil das Kind weiterhin sehen, also “Umgang mit diesem haben”. Eine Entziehung des Umgangsrechts ist ebenfalls möglich, muss jedoch aus schwerwiegenden Gründen gesondert erfolgen.

In welchen Fällen wird das alleinige Sorgerecht gewährt?

Meist versuchen Gerichte, das Sorgerecht nach Möglichkeit bei beiden Elternteilen gemeinsam zu belassen. Der Grund: Ein gemeinsames Sorgerecht kann in vielen Fällen im Sinne des Kindes sein. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Ausnahmen, in denen ein alleiniges Sorgerecht sinnvoller sein kann.

Eine solche Ausnahme liegt zum Beispiel vor, wenn Eltern sich einvernehmlich darauf einigen, dass nur einer von ihnen das Sorgerecht innehaben sollte. Die Gründe dafür können vielfältig sein. In einem solchen Fall muss ebenfalls ein Antrag eingereicht werden, jedoch entscheiden Gerichte in einem solchen Fall meist schnell und ohne größere Probleme. Das Sorgerecht wird dann auf einen Elternteil übertragen

Möchte nur ein Elternteil das alleinige Sorgerecht beantragen, muss für eine positive Entscheidung des Gerichts eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. Gründe, eine solche anzunehmen, können unter anderem sein: 

  • Suchterkrankung des anderen Elternteils,
  • Vernachlässigung des Kindes,
  • Vernachlässigung der Schulpflicht,
  • Misshandlung des Kindes durch das Elternteil oder Dritte, 
  • Gesundheitsgefährdungen,
  • Veruntreuung des Vermögens des Kindes, 
  • Gefährliches Umfeld 
  • schwerwiegende Erziehungsfehler 

Sorgerechtsstreit vermeiden: Wie erhalte ich Unterstützung?

Eine Sorgerechtsstreit bringt hohe Kosten mit sich, bereits der mündliche Termin kostet etwa 1.000 Euro. Hinzu kommen noch die Kosten für die Anwält:innen und unter Umständen weitere Gerichts- und Verwaltungskosten. 

Auch bedeutet ein Sorgerechtsstreit eine große emotionale Belastung für alle Beteiligten. Nicht nur du und der andere Elternteil können unter der Situation leiden, sondern auch die gemeinsamen Kinder stehen plötzlich zwischen ihren Eltern. 

Es ist mehr als verständlich, dass es nach einer Trennung zu Unstimmigkeiten und Spannungen kommen kann. Dies sollte jedoch nie zum Anlass genommen werden, die Kinder zwischen die Fronten geraten zu lassen. In den meisten Fällen sollten Eltern daher ihre eigenen Diskrepanzen einmal zur Seite schieben und versuchen, im Sinne des Kindes eine gemeinsame Lösung zu finden. Je nach Alter des Kindes, sollte dieses in diese Gespräche auch involviert werden.

Ist eine friedliche Kommunikation nicht möglich, können auch Beratungsstellen helfen.

Hilfreiche Anlaufstellen für Eltern und Kinder

📞 Elterntelefon: 0800 111 0 550
📞 Nummer gegen Kummer (für Kinder und Jugendliche): 116 111
📞 Opfer-Telefon: 116 006
📞 Telefonseelsorge: 0800 1110 111 oder 222
📞 Weißer Ring: 06131 83 03-0

Anders sieht es hingegen aus, wenn es tatsächlich zu einer Kindeswohlgefährdung kommt oder gekommen ist. In einem solchen Fall sollte alles daran gesetzt werden, das Kind aus der Situation zu nehmen und weiteren Schaden von diesem abzuwenden. 

Fazit

In vielen Fällen reicht bereits eine neutrale und offene Kommunikation, um einen Sorgerechtsstreit und damit viele Kosten, Tränen und Nerven zu ersparen. Immer sollten auch die Kinder eine Rolle bei der Entscheidung spielen, ob eine Entziehung des Sorgerechts wirklich die Lösung ist. 

Ist ein solcher Rechtsstreit unabwendbar, etwa bei einer akuten Kindeswohlgefährdung, kann anwaltliche Beratung in vielen Fällen helfen. Erfahrene Anwält:innen im Familienrecht können nicht nur über die Möglichkeiten aufklären und auch Beratungsangebote vermitteln, sondern übernehmen auch die nötigen rechtlichen Schritte, für die du möglicherweise im Moment keine Kraft oder Nerven hast. 

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