Sicherungsverwahrung: Alles, was du wissen musst

Ein verurteilter Straftäter hat seine Haftstrafe abgesessen – doch er bleibt im Gefängnis. Klingt ungerecht? Genau das passiert bei der Sicherungsverwahrung. Sie dient nicht als Strafe, sondern als Schutz der Gesellschaft vor besonders gefährlichen Verbrechern. Manche Täter:innen gelten auch nach Jahrzehnten im Gefängnis als so gefährlich, dass sie nicht freikommen dürfen. Aber was genau bedeutet Sicherungsverwahrung? Wer ist davon betroffen? Und welche Straftaten führen dazu? Wir erklären es dir in diesem Beitrag.

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Das Wichtigste in Kürze

Sicherungsverwahrung ist keine zusätzliche Strafe, sondern eine Schutzmaßnahme: Sie wird angeordnet, wenn Täter:innen auch nach ihrer Haftstrafe als gefährlich gelten. Die Person bleibt dann weiterhin in einer geschlossenen Einrichtung.
Nur für besonders schwere Straftaten: Möglich ist Sicherungsverwahrung bei schweren Straftaten wie Mord, schwerer Körperverletzung oder Sexualverbrechen. Gerichte müssen genau prüfen, ob eine hohe Rückfallgefahr besteht.
Es gibt zwei Arten: vorbeugend oder nachträglich. Manche Täter:innen bekommen Sicherungsverwahrung direkt bei der Verurteilung, andere erst später, wenn sich während der Haft zeigt, dass sie gefährlich sind.
Lebenslang mit Sicherungsverwahrung = kaum eine Chance auf Freilassung? Wer lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung bekommt, kann auch für immer hinter Gittern bleiben, weil er dauerhaft als gefährlich eingestuft wird.
Regelmäßige Überprüfung gesetzlich vorgeschrieben: Alle 2 Jahre muss eine Richterin oder ein Richter prüfen, ob die Sicherungsverwahrung noch nötig ist. In der Praxis bleiben viele Täter:innen aber über Jahrzehnte oder bis zum Lebensende in Verwahrung.

Was ist Sicherungsverwahrung?

Sicherungsverwahrung ist eine besondere Maßnahme, die gefährliche Straftäter:innen auch nach ihrer Haftstrafe weiter in einer geschlossenen Einrichtung hält. Anders als eine Gefängnisstrafe ist sie keine Strafe für vergangene Taten, sondern eine Schutzmaßnahme für die Gesellschaft. Ziel ist es, zu verhindern, dass jemand nach seiner Entlassung erneut schwere Verbrechen begeht.

Die rechtliche Grundlage für die Sicherungsverwahrung findet sich in § 66 des Strafgesetzbuches (StGB). Sie wird entweder direkt bei der Verurteilung angeordnet oder nachträglich verhängt, wenn sich während der Haft zeigt, dass der Täter oder die Täterin weiterhin gefährlich ist. Die Unterbringung erfolgt meist in speziell gesicherten Abteilungen von Justizvollzugsanstalten.

Was bedeutet Sicherungsverwahrung? Einfach erklärt

Sicherungsverwahrung bedeutet, dass eine Person auf unbestimmte Zeit eingesperrt bleibt, solange sie als gefährlich gilt. Theoretisch können Täter:innen also ihr Leben lang in Sicherungsverwahrung bleiben – ohne eine neue Straftat begangen zu haben, sondern “nur” wegen ihrer Gefährlichkeit.

Sicherungsverwahrung: Beispiel aus dem Alltag

Damit klar wird, wie Sicherungsverwahrung in der Praxis funktioniert, schauen wir uns ein Beispiel an: Ein Mann wird wegen mehrfacher Vergewaltigung zu 10 Jahren Haft verurteilt. Während seiner Haftzeit stellen Psycholog:innen fest, dass er weiterhin eine große Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. Er zeigt keine Reue, droht sogar mit weiteren Taten nach seiner Entlassung. Das Gericht entscheidet deshalb kurz vor seiner Entlassung, dass er nach seiner Haftstrafe in Sicherungsverwahrung kommt.

Ein weiteres Beispiel: Ein junger Erwachsener beging über Jahre hinweg mehrere Raubüberfälle mit extremer Gewaltanwendung. Obwohl er bereits mehrfach im Gefängnis saß, wurde er immer wieder rückfällig. Nach seiner letzten Verurteilung wurde entschieden, dass er nach der regulären Haftzeit nicht freikommen darf, weil die Gefahr weiterer schwerer Raubüberfälle zu groß war.

Wie lange dauert die Sicherungsverwahrung nach lebenslanger Haft?

Die Sicherungsverwahrung hat keine feste Dauer. Alle 2 Jahre wird geprüft, ob die Person noch eine Gefahr darstellt. In einigen Fällen bleiben Täter:innen mit dieser Strafe oft bis zum Lebensende in Haft, weil ihre Gefährlichkeit nie als gebannt angesehen wird.

Doch nicht jede Person, die wegen schweren Straftaten verurteilt wurde, kommt automatisch in Sicherungsverwahrung. Das Gericht muss genau prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung vorliegen. In die Entscheidung fließen zum Beispiel auch folgende Faktoren ein:

  • Gefährlichkeitsprognose: Gutachter:innen müssen feststellen, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Person erneut eine schwere Straftat begeht.
  • Keine Aussicht auf Besserung: Wenn Täter:innen “nicht therapierbar” sind oder weiterhin Gewaltfantasien äußern, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Sicherungsverwahrung.

Solche Fälle zeigen, dass Sicherungsverwahrung keine Strafe für die Vergangenheit ist, sondern eine Vorsichtsmaßnahme für die Zukunft. Gerichte müssen dabei immer abwägen: Wie groß ist die Gefahr für die Gesellschaft durch diesen Menschen? Ist eine weitere Unterbringung gerechtfertigt? Jede Entscheidung wird regelmäßig überprüft, damit niemand länger als nötig festgehalten wird.

Sicherungsverwahrung: Bei welchen Straftaten?

Sicherungsverwahrung kommt nur bei besonders schweren Straftaten in Betracht. Das Gesetz sieht vor, dass sie nur dann angeordnet wird, wenn von einer Person eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht.

Welche Straftaten führen zur Sicherungsverwahrung?

Laut § 66 Abs. 1 Nr. 1a StGB wird Sicherungsverwahrung unter anderem dann verhängt, wenn “jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet (…)”.

Das betrifft insbesondere – aber nicht nur – folgende Delikte:

  • Mord und Totschlag (§§ 211, 212 StGB)
  • Schwere Körperverletzung226 StGB)
  • Sexualstraftaten wie Vergewaltigung oder Kindesmissbrauch (§§ 177, 176 StGB)
  • Schwerer Raub (§ 250 StGB)
  • Erpresserische Menschenraub und Geiselnahme (§§ 239a, 239b StGB)
  • Schwere oder besonders schwere Brandstiftung (§§ 306a, 306b StGB)

Weitere Fälle sind in den Absätzen des § 66 StGB aufgeführt. 

In besonders schweren Fällen kann das Gericht auch bei Wiederholungstäter:innen Sicherungsverwahrung verhängen, selbst keine 2 Jahre Freiheitsstrafe im Raum stehen. Wenn jemand also schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, ist ebenfalls eine Sicherungsverwahrung möglich (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Ein Beispiel wäre ein Serienbrandstifter.

Dies gilt auch für den Fall, dass “die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist” (§ 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Beispielsweise jemand, der immer wieder Raubüberfälle mit Waffen begeht.

Nachträgliche Sicherungsverwahrung

Neben der Sicherungsverwahrung, die bereits bei der Verurteilung angeordnet wird, gibt es auch die nachträgliche Sicherungsverwahrung. Diese wird erst während der Haft entschieden, wenn sich zeigt, dass die Person noch gefährlicher ist als ursprünglich angenommen. Das passiert oft, wenn jemand im Gefängnis weiterhin Drohungen ausspricht, gewalttätig wird oder in psychologischen Tests durchfällt.

Lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung

Wenn jemand zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wird, bedeutet das: Nach der Haft bleibt die Person weiterhin eingesperrt, wenn sie als gefährlich gilt.

Normalerweise bedeutet „lebenslang“ in Deutschland nicht wirklich, dass jemand bis zum Tod im Gefängnis bleibt. Nach 15 Jahren wird beurteilt, ob eine Entlassung auf Bewährung möglich ist (§ 57a StGB). Bei besonders schweren Fällen kann das Gericht jedoch von Anfang an festlegen, dass die Schuld so schwer wiegt, dass eine Entlassung ausgeschlossen bleibt.

Wenn zusätzlich Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, heißt das: Selbst wenn die Person aus der lebenslangen Haft theoretisch entlassen werden könnte, bleibt sie trotzdem weiterhin in einer geschlossenen Einrichtung – so lange, wie sie als gefährlich eingestuft wird. Dieses Strafmaß wird jedoch nur in Ausnahmefällen verhängt.

Klartext: Was bedeutet „lebenslang mit Sicherungsverwahrung“?

✅ Lebenslange Freiheitsstrafe bedeutet, dass eine Person mindestens 15 Jahre im Gefängnis bleibt. Danach kann geprüft werden, ob eine Entlassung möglich ist.

✅ Sicherungsverwahrung nach der Haft bedeutet, dass die Person auch nach der Haft nicht freikommt, weil sie weiterhin als gefährlich gilt.

Keine feste Dauer: Die Sicherungsverwahrung wird alle 2 Jahre überprüft – theoretisch kann sie ein Leben lang andauern.

✅ Diese Strafe wird nur für die schlimmsten Verbrechen verhängt, z. B. Serienmorde oder besonders grausame Verbrechen.

Wer lebenslang mit Sicherungsverwahrung bekommt, hat also in den meisten Fällen keine Chance auf Freilassung, weil er als gefährlich für die Allgemeinheit gilt.

Fazit

Die Sicherungsverwahrung ist eine der härtesten Maßnahmen im deutschen Strafrecht. Sie dient nicht als Strafe, sondern als Schutz der Gesellschaft vor besonders gefährlichen Täter:innen. Wer in Sicherungsverwahrung kommt, bleibt auch nach seiner regulären Haftstrafe eingesperrt – oft für viele Jahre oder sogar für den Rest seines Lebens. Die Sicherungsverwahrung bleibt ein umstrittenes Thema, weil sie die Freiheit eines Menschen ohne neue Straftat einschränkt – aus der “bloßen Annahme” heraus, dass er erneut gefährlich sein könnte. Deshalb wird sie nur bei besonders schweren Verbrechen wie z. B. Mord, schwerer Körperverletzung oder Sexualstraftaten verhängt. 

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