Du gehst nichtsahnend zum Briefkasten und hältst plötzlich einen Brief von der Polizei oder Staatsanwaltschaft in der Hand. Häufig flattert eine Vorladung oder ein Anhörungsschreiben ins Haus, weil man angeblich etwas getan haben soll, was möglicherweise eine Straftat ist. Sofort ziehen Sorgen durch den Kopf: Was habe ich falsch gemacht? Muss ich mich jetzt äußern? Genau an diesem Punkt ist es wichtig zu wissen, was eine schriftliche Äußerung als Beschuldigter wirklich bedeutet – und wie du damit umgehst. Jeden Tag geraten Menschen unverschuldet ins Visier von Ermittlungen, etwa weil jemand sie zu Unrecht beschuldigt oder ein Missverständnis vorliegt. Umso wichtiger ist es, die eigenen Rechte zu kennen.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Wenn du eine schriftliche Äußerung als Beschuldigte:r abgeben sollst, musst du wissen: Du bist nicht verpflichtet, etwas zu sagen oder zu schreiben. Du kannst dich jederzeit auf dein Recht zu schweigen berufen, ohne dass dir daraus später ein Nachteil entstehen darf.
✅ Bevor du eine schriftliche Äußerung als Beschuldigte:r verfasst, kannst du mit anwaltlicher Hilfe Akteneinsicht beantragen. Nur so erhältst du Kenntnis darüber, was dir genau vorgeworfen wird und kannst verhindern, dass du unbeabsichtigt Aussagen machst, die dir später schaden könnten.
✅ Auch wenn du höflich um eine Stellungnahme gebeten wirst, musst du dich nicht unter Druck setzen lassen. Egal ob Fristsetzung oder freundliche Einladung: Eine Äußerung ist und bleibt in den meisten Fällen freiwillig. Ohne juristische Beratung ist es meist klüger, zunächst zu schweigen.
✅ Vermeide spontane und unüberlegte schriftliche Aussagen, da sie später gegen dich verwendet werden könnten. Entschuldigen, spekulieren oder sich rechtfertigen bringt meistens mehr Risiken als Vorteile. Es kann helfen, nur exakt das auszusagen, was sicher belegbar ist – oder direkt eine:n Strafverteidiger:in einzuschalten.
Schriftliche Äußerung als Beschuldigter: Was du wissen musst
Wenn du eine Vorladung oder ein Anhörungsschreiben bekommst, heißt das nicht automatisch, dass du schuldig bist. Es bedeutet nur, dass gegen dich ein Ermittlungsverfahren läuft. Jetzt hast du zwei Möglichkeiten: Du kannst schweigen oder eine schriftliche Äußerung als Beschuldigte:r abgeben. Zunächst einmal gilt: Niemand darf dich dazu zwingen, etwas zu sagen oder zu schreiben. Dein Schweigen darf später auch nicht gegen dich verwendet werden, das steht in § 136 Absatz 1 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO).
Aber was genau bedeutet eine schriftliche Äußerung als Beschuldigte:r? Ganz einfach: Du gibst schriftlich deine Sicht der Dinge wieder. Das kann ein handgeschriebener Brief oder ein am Computer verfasster Text sein. Diesen schickst du dann an die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder die Behörde, die dich angeschrieben hat. Du musst dafür nicht persönlich erscheinen, sondern kannst alles sicher von zu Hause aus erledigen.
Allerdings solltest du wissen: Auch eine schriftliche Äußerung als Beschuldigte:r ist eine offizielle Aussage im Strafverfahren. Alles, was du schreibst, kann später im Ermittlungsverfahren oder im Prozess verwendet werden – sowohl zu deinem Vorteil als auch zu deinem Nachteil. Deshalb solltest du nie übereilt handeln. Überlege dir gut, ob du etwas sagen möchtest und wenn ja, was genau. Ein einmal gemachter Fehler lässt sich später nur schwer wieder ausbügeln.
Akteneinsicht und Schweigerecht
Oft wird dir gemeinsam mit der Vorladung oder dem Anhörungsschreiben mitgeteilt, worum es konkret geht. Trotzdem ist es schwierig, ohne Einsicht in die Ermittlungsakte genau zu wissen, was dir zur Last gelegt wird. Deshalb wird von Expert:innen allgemein folgende Vorgehensweise empfohlen: Am besten erst mithilfe einer Anwältin oder eines Anwalts im Strafrecht Akteneinsicht beantragen und dann entscheiden, ob und wie du dich äußerst.
Mit einer schriftlichen Äußerung als Beschuldigte:r hast du Zeit, deine Worte sorgfältig zu wählen. Anders als bei einer spontanen Vernehmung hast du keinen Druck, sofort zu antworten. Du kannst diesen Vorteil für dich nutzen. Wer überlegt formuliert oder sich mit einem Anwalt oder einer Anwältin abstimmt, vermeidet oft schwere Fehler. In vielen Fällen ist es jedoch sinnvoller, zunächst zu schweigen. Das bedeutet nicht, dass du dadurch dein Recht auf Verteidigung aufgibst. Im Gegenteil: Manchmal hilft es dir am meisten, später mit vollständigem Aktenwissen reagieren zu können. Dein Recht zu schweigen bleibt dir das gesamte Verfahren über erhalten. Dazu kannst du dich jederzeit auf die § 163a StPO berufen.
Falls du dich entscheidest, eine schriftliche Äußerung abzugeben, gib auf jeden Fall deine Personalien richtig an. Dazu gehören dein voller Name, Geburtsdatum und aktuelle Adresse. Ansonsten könnte dein Schreiben nicht richtig zugeordnet werden – das kann unnötige Probleme machen.
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Deine Rechte bei einer schriftlichen Äußerung als Beschuldigter
Du hast als Beschuldigte:r Rechte, die dich schützen. Du bist nicht verpflichtet, dich zu äußern. Dein Recht zu schweigen ist im deutschen Recht fest verankert. Laut § 136 Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) muss dir ausdrücklich gesagt werden, dass es dir freisteht, dich zur Sache zu äußern oder nicht (sogenannte Belehrung). Kein Polizist und kein Staatsanwalt darf dich zwingen, Fragen zu beantworten oder eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Schweigen ist kein Schuldeingeständnis und darf dir nicht negativ ausgelegt werden.
Andererseits hast du natürlich auch das Recht, dich zu verteidigen. Möchtest du etwas zu den Vorwürfen sagen, kannst du das entweder schriftlich oder mündlich tun. Die schriftliche Variante gibt dir die Möglichkeit, dir in Ruhe Gedanken über deine Worte zu machen. Gerade wenn du unsicher bist oder Angst hast, dich in einem Gespräch unter Druck setzen zu lassen, ist eine schriftliche Äußerung oft der bessere Weg.
Es ist dabei wichtig zu wissen, dass du durch eine schriftliche Äußerung deine Verteidigung aktiv gestalten kannst – aber nur, wenn du genau weißt, was dir genau vorgeworfen wird. Ohne sorgfältige Vorbereitung können unbedachte Sätze in deiner schriftlichen Äußerung sonst schnell zu einem Problem im Strafverfahren werden. Deshalb solltest du deine Rechte genau kennen, bevor du dich entscheidest, etwas zu schreiben.
Recht auf Akteneinsicht
Bevor du eine schriftliche Äußerung als Beschuldigte:r abgibst, steht dir grundsätzlich ein weiteres wichtiges Recht zur Seite: das Recht auf Akteneinsicht. Der Hintergrund ist einfach: Du kannst dich nur dann effektiv verteidigen, wenn du auch genau weißt, was in der Ermittlungsakte steht. Welche Beweise liegen gegen dich vor? Gibt es Zeugenaussagen? Welche Taten werden dir genau zur Last gelegt? Nur wer die Akte kennt, kann eine fundierte Entscheidung treffen, ob, und falls ja, was er schriftlich äußert.
Das Recht auf Akteneinsicht ist ausdrücklich geregelt in § 147 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO). Darin heißt es, dass der Verteidiger eines Beschuldigten jederzeit Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen darf. Als Beschuldigte:r selbst kannst du die Akteneinsicht nicht direkt beantragen – das geht nur über einen Strafverteidiger oder eine Strafverteidigerin. Deshalb lohnt es sich, frühzeitig eine Anwältin oder einen Anwalt einzuschalten. Er oder sie stellt den Antrag auf Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft und verschafft dir damit die nötige Übersicht.
Ohne Akteneinsicht weißt du möglicherweise gar nicht, ob es entlastende Beweise gibt oder welche Beweismittel die Polizei gesammelt hat. Du machst Aussagen, ohne zu wissen, was die Ermittler:innen bereits wissen – und bringst dich damit vielleicht unnötig in Gefahr.
Besonders kritisch ist das, wenn zum Beispiel mehrere Personen beschuldigt werden und Aussagen von anderen Beteiligten bereits vorliegen. Ohne Einsicht in diese Aussagen kannst du nicht einschätzen, ob du Dinge bestätigst oder widersprichst, die später gegen dich verwendet werden. Ein guter Anwalt oder eine gute Anwältin wird daher immer raten, zunächst die Aktenlage genau zu prüfen und erst danach zu entscheiden, ob eine Äußerung sinnvoll ist – und wenn ja, in welcher Form.
Häufige Fehler bei Äußerungen als Beschuldigter
Wenn du Post von Polizei oder Staatsanwaltschaft bekommst, fühlst du dich schnell unter Druck. Viele denken, sie müssten sofort reagieren. Aber bei einer schriftlichen Äußerung als Beschuldigte:r ist überstürztes Handeln fast immer ein Fehler. Du hast das Recht zu schweigen und musst dich nicht äußern, egal wie eindringlich das Schreiben formuliert ist.
Aktenkenntnis
Ein häufiger Fehler ist es auch, ohne Aktenkenntnis eine Stellungnahme abzugeben. Du weißt dann gar nicht genau, was man dir eigentlich konkret vorwirft. Ohne diese Informationen tappst du im Dunkeln und könntest unbeabsichtigt Aussagen machen, die man später gegen dich verwendet. Sinnvoll ist daher meist folgende Vorgehensweise: Zuerst Akteneinsicht durch eine Anwältin oder einen Anwalt beantragen (§ 147 StPO) und erst danach überlegen, ob und wie du dich äußerst.
Spontane Aussagen
Ein weiterer großer Fehler ist, spontan aus dem Bauch heraus eine Aussage zu machen. Viele Beschuldigte versuchen sich in langen Schilderungen und Rechtfertigungen. Dabei verrennen sie sich in Widersprüche oder liefern den Ermittler:innen ungewollt neue Ansatzpunkte. Um dich selbst zu schützen: Schreib nur das, was sich wirklich belegen lässt. Alles andere kann später gegen dich verwendet werden, nicht nur im Ermittlungsverfahren, sondern auch vor Gericht.
Geständnis
Manche denken auch, eine Entschuldigung oder Reue könne das Verfahren „abkürzen“ oder ein „mildes Licht“ auf sie werfen. Aber auch darin steckt Risiko. Eine unbedachte Entschuldigung wird schnell mal als Geständnis gewertet. Sei hier besonders vorsichtig. Ohne Aktenkenntnis und anwaltliche Beratung solltest du dich daher auf keinen Fall schriftlich äußern.
Fristen
Achte auch auf die gesetzten Fristen. Findet sich im Anhörungsschreiben eine Frist, solltest du diese ernst nehmen. Aber auch hier gilt: Du kannst Fristverlängerung beantragen, vor allem, wenn dein Anwalt oder deine Anwältin noch auf die Akteneinsicht wartet. Niemand darf dich zwingen, ohne vollständige Aktenkenntnis eine Entscheidung zu treffen oder eine schriftliche Äußerung abzugeben.
Wichtig: Lass dich nicht von Formulierungen wie „freiwillige Stellungnahme“ oder „Gelegenheit zur Äußerung“ täuschen. Auch eine freiwillige Äußerung kann juristisch erhebliche Folgen haben. Hast du einmal etwas schriftlich eingeräumt oder widersprüchlich dargestellt, kann das lange im Verfahren nachhallen. Lies jedes Schreiben genau und überlege, ob und wie du reagieren möchtest. Besser ist oft, zunächst einfach gar nichts zu schreiben, solange man sich nicht anwaltlich beraten lassen hat.
Fazit
Eine schriftliche Äußerung als Beschuldigte:r bietet die Möglichkeit, sich gegenüber den Ermittlungsbehörden effektiv zu verteidigen, ohne sich unnötigen Risiken einer persönlichen Vernehmung auszusetzen. Dabei sollte stets das Recht auf Schweigen beachtet werden. Eine fundierte rechtliche Beratung kann sinnvoll sein, um Fehler mit möglichen negativen Konsequenzen zu vermeiden. Eine gut vorbereitete und sorgfältig formulierte schriftliche Stellungnahme kann helfen, Missverständnisse auszuräumen und die Chancen auf ein günstiges Verfahrensergebnis zu erhöhen. Im Zweifel empfiehlt es sich, die schriftliche Äußerung über einen Anwalt oder eine Anwältin abzugeben, um die beste Verteidigungsstrategie sicherzustellen.