Wenn Paare sich trennen, endet damit nicht immer auch die Verantwortung füreinander – zumindest nicht sofort. Der nacheheliche Unterhalt sorgt gerade in solchen Situationen regelmäßig für Diskussionen: Muss die besser verdienende Person noch für den anderen zahlen, obwohl die Liebe längst vorbei ist? Was passiert, wenn man wegen der Kinder zuhause geblieben ist, während der andere Karriere gemacht hat? Wer unterstützt in dieser Übergangsphase – und wie lange? Erfahre mehr in diesem Artikel.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Der nacheheliche Unterhalt beginnt erst nach einer rechtskräftigen Scheidung, also nachdem das Gericht die Ehe offiziell beendet hat. Vorher kann nur Trennungsunterhalt beansprucht werden, der während der Trennungszeit gilt.
✅ Es besteht kein automatischer Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Nur wenn ein:e Ex-Partner:in den Lebensunterhalt nicht allein bestreiten kann – etwa wegen Kindererziehung, Krankheit oder beruflicher Nachteile durch die Ehe –, kann er oder sie finanzielle Unterstützung verlangen.
✅ Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach dem Lebensstandard während der Ehe sowie den finanziellen Möglichkeiten beider Personen. Maßgeblich sind dabei das bereinigte Nettoeinkommen und mögliche Einkommensdifferenzen, wobei auch eigenes oder theoretisch erzielbares Einkommen berücksichtigt wird.
✅ Der Anspruch auf Unterhalt kann befristet, reduziert oder ganz gestrichen werden, wenn die andere Person wieder arbeitet, in einer neuen festen Beziehung lebt oder sich nachweislich nicht ausreichend um eine berufliche Perspektive bemüht. Auch unangemessenes Verhalten kann den Anspruch verwirken.
✅ Regelungen zum nachehelichen Unterhalt können auch vertraglich getroffen werden, etwa im Ehevertrag oder in einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Wichtig ist, dass solche Vereinbarungen fair, eindeutig formuliert und möglichst notariell beurkundet sind – sonst können sie später vom Gericht überprüft oder sogar aufgehoben werden.
Nachehelicher Unterhalt: Was bedeutet das?
Wenn eine Ehe geschieden ist, stellt sich oft die Frage: Wer muss noch wie lange für den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin zahlen? Genau hier kommt der nacheheliche Unterhalt ins Spiel. Er ist eine finanzielle Unterstützung, die nach der rechtskräftigen Scheidung gezahlt wird – und damit anders als der sogenannte Trennungsunterhalt, der nur während der Trennungszeit zwischen zwei Ehepartner:innen fällig wird.
Solange ihr noch verheiratet seid, auch wenn ihr schon getrennt lebt, hast du eventuell Anspruch auf Trennungsunterhalt. Dieser endet aber automatisch mit der Scheidung. Danach kann es mit nachehelichem Unterhalt weitergehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Genau das regeln die Paragrafen § 1570 bis § 1578b BGB.
Nachehelicher Unterhalt kann freiwillig gezahlt oder per Urteil oder gerichtlichem Vergleich geregelt werden. In vielen Fällen wird der Unterhalt schon in der Scheidungsvereinbarung oder im sogenannten Scheidungsfolgenvergleich einvernehmlich geregelt. Falls ihr euch nicht einig werdet, entscheidet das Familiengericht.
Zusätzlich kann es sein, dass der Unterhalt befristet oder der Höhe nach begrenzt wird (§ 1578b BGB). Das hängt davon ab, wie lange ihr verheiratet wart, wie sehr einer von euch wirtschaftlich auf die Ehe aufgebaut hat, und wie viel Zeit vergangen ist, seit die Ehe beendet wurde. Gerichte schauen sich dabei auch an, ob es einen großen Unterschied im Lebensstandard gibt, wenn eine Seite keinen Unterhalt bekommt.
Warum gibt es Unterhalt nach der Scheidung?
Das Ziel vom nachehelichen Unterhalt ist es, einen gerechten Ausgleich zu schaffen. Besonders wenn eine der Personen zum Beispiel während der Ehe auf Beruf, Karriere oder Einkommen verzichtet hat – etwa um die Kinder zu betreuen – soll sie finanziell nicht ins Leere fallen. In solchen Fällen ist es meist fair, dass die besser verdienende Person für eine gewisse Zeit Unterhalt zahlt.
Es gibt verschiedene Arten von Gründen, die einen nachehelichen Unterhalt rechtfertigen können – dazu zählen unter anderem:
- Kindesbetreuung (§ 1570 BGB)
- Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB)
- Alter (§ 1571 BGB)
- Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung (§ 1575 BGB)
- Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit (§ 1576 BGB)
Wichtig
Eine automatische Pflicht zur Zahlung besteht nicht. Es muss immer geprüft werden, ob jemand nach der Scheidung wirklich auf Unterstützung angewiesen ist. Dabei zählt vor allem, ob ein sogenannter Unterhaltstatbestand vorliegt – also ob bestimmte Gründe vorliegen, die eine Zahlung berechtigt erscheinen lassen. Typische Gründe sind zum Beispiel Kinderbetreuung, Krankheit oder Altersgründe.
Muss der nacheheliche Unterhalt für immer gezahlt werden?
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass der nacheheliche Unterhalt ein Leben lang gezahlt werden muss. Das stimmt so nicht. Das Gesetz spricht ausdrücklich von einem „Gebot von Eigenverantwortung“ – das heißt im Klartext: Die unterhaltsberechtigte Person muss grundsätzlich versuchen, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Nur, wenn das nicht möglich oder nicht zumutbar ist, zahlt die andere Person weiter. Der Gesetzgeber will damit vermeiden, dass dauerhaft Abhängigkeiten zwischen Ex-Partner:innen bestehen.
Ob und wie lange Unterhalt gezahlt werden muss, entscheidet sich also immer im Einzelfall. Die Gerichte schauen sich genau an, wie eure Ehe verlaufen ist, wer wie viel verdient, ob Kinder vorhanden sind und welche Fähigkeiten jeder von euch hat, wieder ins Berufsleben einzusteigen.
Trennungsunterhalt vs. nachehelicher Unterhalt: Was ist der Unterschied?
Der Unterschied zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt liegt im Zeitpunkt und im Zweck:
- Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB): Während der Trennungszeit, solange noch kein Scheidungsurteil vorliegt.
- Nachehelicher Unterhalt (ab § 1570 BGB): Nach der rechtskräftigen Scheidung, abhängig von bestimmten Voraussetzungen.
Wenn du bereits während des Trennungsjahres Trennungsunterhalt bekommst, ist das kein Automatismus für nachehelichen Unterhalt. Die Ansprüche müssen nach der Scheidung neu geprüft werden. Der Trennungsunterhalt endet mit der rechtskräftigen Scheidung.
Lass dich am besten von einer Fachanwältin oder einem Fachanwalt für Familienrecht beraten. Die Berechnung ist im Detail oft sehr individuell. Auch Gerichte haben Ermessensspielräume bei der Bewertung von Lebensstandards, Erwerbsobliegenheiten und unterhaltsrelevanten Kosten.
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Nachehelicher Unterhalt: So wird er berechnet
Wie viel Unterhalt steht mir zu?
Wie viel Geld du bekommst, hängt von vielen Faktoren ab. Die Berechnung ist recht komplex, lässt sich aber runterbrechen – und genau das machen wir hier. Zuerst einmal kommt es auf die Einkommensverhältnisse beider Ex-Ehepartner:innen an.
Maßgeblich ist das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen. Das ist das Einkommen, das übrig bleibt, nachdem gewisse Posten wie Steuern, Sozialabgaben und anerkennenswerte Verpflichtungen (zum Beispiel Kredite) abgezogen wurden. Auch fiktives Einkommen kann eingerechnet werden, wenn Gerichte davon ausgehen, dass jemand mehr verdienen könnte, als er tatsächlich verdient.
Welcher Standard gilt?
Ausgangspunkt ist dabei immer der Lebensstandard während der Ehe. In § 1578 Abs. 1 BGB sagt das Gesetz ausdrücklich: „Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.“
Übersetzt bedeutet das: Du hast Anspruch darauf, weiterhin auf dem Niveau zu leben, das ihr euch gemeinsam in der Ehe aufgebaut habt – zumindest soweit das möglich ist.
In der Praxis wird bei der Berechnung oft die sogenannte Düsseldorfer Tabelle herangezogen. Daraus ergibt sich in der Regel ein bestimmter Prozentsatz des bereinigten Einkommens des Unterhaltspflichtigen, der dir zusteht. Meist geht man dabei von rund 45 % der Differenz zwischen euren beiden bereinigten Einkommen aus. Wenn du beispielsweise kein Einkommen hast und dein:e Ex-Partner:in 3.000 Euro netto verdient, kann dein Anspruch bei rund 1.350 Euro liegen – je nachdem, ob noch andere Unterhaltspflichten bestehen (etwa gegenüber Kindern).
Aber: Das ist nur die erste Rechenstufe. Danach schaut das Gericht genau hin. Hast du eigenes Einkommen oder könntest du welches erzielen? Dann wird das angerechnet oder ein sogenanntes fiktives Einkommen berücksichtigt.
Auch andere Faktoren beeinflussen die Höhe deines Anspruchs:
- Dauer der Ehe: Je länger ihr verheiratet wart, desto stärker prägt die Ehe deine Lebensverhältnisse – und desto höher kann der nacheheliche Unterhalt ausfallen.
- Eigenverantwortung: Laut BGB § 1569 besteht zwar ein Unterhaltsanspruch, aber jeder ist grundsätzlich verpflichtet, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Nur wenn du dazu nicht in der Lage bist – z. B. wegen Betreuung kleiner Kinder oder Krankheit –, bleibt der Anspruch bestehen.
- Neue Lebensverhältnisse: Ziehst du mit einem neuen Partner zusammen oder heiratest erneut, kann das Auswirkungen auf die Höhe des Unterhalts haben oder ihn komplett entfallen lassen.
Es gibt auch verschiedene Arten von nachehelichem Unterhalt, etwa wegen Betreuung von Kindern (§ 1570 BGB), wegen Alters (§ 1571 BGB) oder wegen Krankheit (§ 1572 BGB). Je nach Situation wird dann auch die Höhe unterschiedlich bewertet. Wer z. B. krankheitsbedingt gar nicht mehr arbeiten kann, bekommt häufig mehr oder länger Unterhalt als jemand, der theoretisch sofort in Vollzeit arbeiten könnte.
Vertragliche Regelungen
Es kann sein, dass dein Anspruch durch eine Unterhaltsvereinbarung oder eine Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt wurde. Solche Verträge sollten immer schriftlich vorliegen und am besten notariell beurkundet sein (§ 1585c BGB). Auch darin kann festgelegt sein, wie viel du bekommst – oder ob ihr gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet.
Das Thema ist komplex, aber mit guten Informationen und etwas Durchblick kannst du deine Rechte besser einschätzen – und dich gezielter beraten lassen.
Wann der Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung wegfällt
Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht nicht für die Ewigkeit. Es gibt ganz klare gesetzliche Regeln, wann er endet oder zumindest gekürzt werden kann. Dabei geht es nicht nur darum, ob dir grundsätzlich Unterhalt zusteht, sondern ob der Bedarf noch vorliegt – also ob du auch heute noch auf die Unterstützung angewiesen bist.
Grundlage für den Anspruch ist §§ 1570 ff. BGB, die die verschiedenen Unterhaltsarten nach der Scheidung regeln. Der Unterhalt soll helfen, einen fairen Ausgleich zu schaffen, wenn du durch die Ehe beruflich zurückstecken musstest – zum Beispiel wegen Kinderbetreuung, Krankheit oder langer Ehezeit. Aber sobald dieser Ausgleich nicht mehr nötig ist, kannst du deinen Anspruch verlieren.
Eigene Einkünfte – du verdienst wieder selbst Geld
Spätestens, wenn du selbst genug verdienst, entfällt dein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Das heißt: Wenn dein monatliches Einkommen so hoch ist, dass du deinen Lebensunterhalt selbst bezahlen kannst, musst du finanziell nicht mehr auf deine:n Ex-Partner:in zählen.
Außerdem gibt es eine sogenannte Erwerbsobliegenheit. Das steht in § 1574 BGB. Du musst also alles Zumutbare tun, um selbst wieder Geld zu verdienen – egal ob durch eine Arbeit, durch Weiterbildung oder einen Wiedereinstieg in den Beruf. Wenn du das nicht tust, kann das Gericht deinen Unterhaltsanspruch kürzen oder sogar streichen.
Wiederheirat oder neue Partnerschaft
Heiratest du nach der Scheidung erneut, dann endet dein Unterhaltsanspruch automatisch. Das steht in § 1586 Abs. 1 BGB. Das Gesetz geht davon aus, dass du jetzt in einer neuen wirtschaftlichen Partnerschaft lebst – dein: neue:r Ehepartner:in ist nun vorrangig für deine finanzielle Absicherung zuständig.
Auch eine neue, feste Lebensgemeinschaft – also eine „verfestigte Lebensgemeinschaft“ – kann dazu führen, dass der Unterhalt wegfällt. Das ist zwar keine eingetragene Partnerschaft oder Ehe, wird vom Familiengericht aber ähnlich behandelt, wenn ihr dauerhaft zusammenlebt, gemeinsam wirtschaftet und euch wie ein Ehepaar verhaltet. In diesem Fall kann dein:e Ex-Partner:in die Zahlungen einstellen.
Verwirkung des Anspruchs – unzumutbares Verhalten
In besonderen Fällen kann der Anspruch auch verwirkt werden. Das meint: Du hast zwar eigentlich ein Recht auf Unterhalt, aber dein Verhalten macht die Zahlung für deine:n Ex-Partner:in unzumutbar. Die Grundlage dafür findest du in § 1579 BGB.
Beispiele: Du hast deinen Ex-Partner schwer beleidigt oder bedroht. Oder du hast seine neue Beziehung immer wieder gestört. Auch wenn du seine wirtschaftliche Lage ohne Not ausnutzt oder in einer neuen Partnerschaft wirtschaftlich abgesichert bist, obwohl du das dem Gericht gegenüber verschweigst, kann dein Unterhalt gestrichen werden.
Befristung oder Herabsetzung durch das Gericht
Ein Gericht kann den nachehelichen Unterhalt auch von Anfang an befristen oder später herabsetzen, wenn erwartet wird, dass du bald wieder selbstständig für dich sorgen kannst. Das passiert oft, wenn du zwar heute noch nicht arbeiten kannst – zum Beispiel wegen fehlender Ausbildung – aber dein Weg dahin klar ist.
Nach § 1578b BGB kann das Gericht prüfen, ob eine zeitlich begrenzte Zahlung für einen „angemessenen Übergang“ reicht. Besonders wenn die Ehe nicht besonders lang war oder wenn keine Kinder betreut werden, kommt so eine Begrenzung häufig vor.
Fazit
Der nacheheliche Unterhalt ist ein wichtiger Bestandteil des Familienrechts und gewährleistet die finanzielle Absicherung nach der Scheidung. Er kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn eine Person aufgrund der Ehe Nachteile in ihrer beruflichen Entwicklung oder im Einkommen erlitten hat. Aufgrund der Komplexität und der sich stetig ändernden Rechtsprechung ist es ratsam, bei Fragen rund um den nachehelichen Unterhalt juristischen Beistand in Anspruch zu nehmen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.