Bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz kann das Arbeitszeugnis der vorherigen Arbeitgeber:innen eine entscheidende Rolle spielen. Personaler:innen schauen sich meist das Arbeitszeugnis genau an, um die passenden Kandidat:innen für das Unternehmen auszuwählen. Umso wichtiger, eine gute und faire Beurteilung durch die ehemaligen Arbeitgeber:innen zu erhalten.
Personaler:innen sehen dabei in den Zeugnissen meist mehr, als Laien das tun. Hinter den harmlosen Formulierungen verstecken sich meist harte Beurteilungen, die auf den ersten Blick nur schwer zu erkennen sind. Welche das sind und worauf du bei einem Arbeitszeugnis achten solltest, zeigen wir dir in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
✅ Ein Arbeitszeugnis wird in der Regel nach bestimmten Meilensteinen im Berufsleben ausgestellt: Jobwechsel, Beförderung, nach einem Praktikum oder dem Wechsel der Abteilung.
✅ Alle Arbeitnehmer:innen haben Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, unabhängig davon, wie sie beschäftigt sind oder waren. Du musst es aber aktiv einfordern.
✅ Ein Arbeitszeugnis muss wahr, vollständig und wohlwollend sein. Ist das nicht der Fall, kannst du das Zeugnis anwaltlich überprüfen lassen und ggf. rechtliche Schritte einleiten.
✅ Weil das Zeugnis wohlwollend formuliert sein muss, verstecken sich negative Aspekte und Kritik oft hinter scheinbar positiven Formulierungen – wir zeigen, wie du sie erkennst.
Was ist ein Arbeitszeugnis und wann erhalte ich es?
Das Arbeitszeugnis ist eine Beurteilung der geleisteten Arbeit in einem Unternehmen. Verlässt jemand den Betrieb oder beispielsweise die Abteilung, wird durch das Arbeitszeugnis seine Leistung im Unternehmen abgebildet und bewertet. Diese Beurteilung dient insbesondere zur Bewerbung in einem neuen Unternehmen oder zur Einschätzung durch die zukünftige Abteilung und gibt Auskunft über die Qualifikationen, das Verhalten, die Arbeitsweise und die Arbeitsmoral der betroffenen Person.
Alle Arbeitnehmer:innen haben einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, unabhängig von der Tätigkeit oder Anstellung. Auch Minijobber, Werkstudierende oder Praktikant:innen können ein Arbeitszeugnis verlangen (§ 630 BGB, § 109 GewO).
Das Arbeitszeugnis wird in der Regel bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt. Zusätzlich können Arbeitnehmer:innen einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis haben, wenn ein berechtigtes Interesse (z. B. Positionswechsel) vorliegt.
3 Typen von Arbeitszeugnissen
💡 Das Zwischenzeugnis
Das Zwischenzeugnis wird während einer Beschäftigung ausgestellt, z. B. bei Wechsel der Abteilung, Elternzeit oder Beförderung. Es kann einfach oder qualifiziert verfasst werden.
💡 Das einfache Arbeitszeugnis
Bei sehr kurzen Arbeitsverhältnissen wird meist ein einfaches Arbeitszeugnis erstellt. Es bestätigt keine vorhandenen Qualifikationen oder Leistungen, sondern beweist lediglich die Arbeit in einem Unternehmen. Häufig erhalten Praktikant:innen ein solches Zeugnis.
💡 Das qualifizierte Arbeitszeugnis
Dieses Arbeitszeugnis ist bei einer Bewerbung wichtig. Darin wird neben der Tätigkeitsbeschreibung auch die Qualifikation, die Leistung und das Sozialverhalten dargelegt. Die Eignung wird also nicht nur beschrieben, sondern auch bewertet.
Wie schnell muss der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis ausstellen?
Aus dem Anspruch auf ein Arbeitszeugnis lässt sich nicht ableiten, dass Arbeitnehmer:innen automatisch bei einer Kündigung oder einem Positionswechsel ein Arbeitszeugnis ausgehändigt bekommen.
Arbeitnehmer:innen haben zwar einen Anspruch auf ein solches Zeugnis, müssen dieses jedoch aktiv geltend machen. Das Arbeitszeugnis muss also bei den Arbeitgeber:innen quasi beantragt werden. Nur dann hat der Arbeitgeber auch die Pflicht, das Zeugnis auszustellen.
Vorsicht vor Verjährung!
Arbeitnehmer:innen müssen spätestens 3 Jahre nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis beantragt haben, ansonsten verjährt der gesetzliche Anspruch. Die Frist beginnt aber erst am Ende des Jahres zu laufen, in dem das Arbeitsverhältnis endet.
Etwas anderes kann gelten, wenn ein Tarif- oder der Arbeitsvertrag eine andere Regelung vorsieht, daher unbedingt auch den Vertrag überprüfen (lassen).
Beispiel: Wird die Kündigung zum 15.02.2019 wirksam, so beginnt die Frist ab dem 01.01.2020 zu laufen. Das Arbeitszeugnis kann also noch bis zum 31.12.2023 aktiv eingefordert werden. Gleiches gilt, wenn erst zum 31.12.2019 gekündigt wurde. Beantrage das Arbeitszeugnis also immer schriftlich. So kannst du beweisen, dass du das Arbeitszeugnis fristgerecht beantragt hast.
Es gibt keine gesetzliche Regelung, wie lange der Arbeitgeber Zeit zur Vorlage des Arbeitszeugnisses hat. Lässt er sich jedoch zu lange Zeit und verschleppt dies, kannst du dir rechtliche Unterstützung suchen. In unserer Kanzleisuche findest du die richtige Ansprechperson.
Welche Angaben müssen im Arbeitszeugnis enthalten sein?
Das Arbeitszeugnis muss in jedem Fall Angaben zu dir, zum Unternehmen und zur geleisteten Tätigkeit machen. Dabei sollten deine Aufgaben und Arbeitsbereiche genau beschrieben werden. Auch Tätigkeiten, die nicht in deiner Stellenbeschreibung aufgeführt waren, die du aber dennoch ausgeübt hast, sollten Erwähnung finden. Achte darauf, dass das Zeugnis vollständig ist. Bitte notfalls um Nachbesserung des Arbeitszeugnisses.
In einem qualifizierten Arbeitszeugnis finden sich darüber hinaus noch weitere Angaben zu deinen Leistungen und Qualifikationen sowie Beurteilungen dessen. Folgendes sollte in deinem Arbeitszeugnis bewertet werden:
Pflichtangaben im qualifizierten Arbeitszeugnis
✅ Deine Arbeitsweise
✅ Deine Leistungsbereitschaft
✅ Deine Arbeitserfolge
✅ Deine Befähigungen und Qualifikationen
✅ Dein Sozialverhalten und Teamfähigkeit
✅ ggf. Führungsfähigkeiten
✅ ggf. Fachkenntnisse
✅ Eine Gesamtbeurteilung
Gut zu wissen: Das Arbeitszeugnis muss in Schriftform und als Original ausgehändigt werden, nicht als E-Mail oder Fax. Außerdem muss es verständlich formuliert und unterschrieben sein. Achte also darauf, dass alle Formalitäten eingehalten wurden und du dein Arbeitszeugnis im Original per Post erhalten hast.
Versteckte Formulierungen im Arbeitszeugnis
Das Arbeitszeugnis muss nicht nur wahr und vollständig, sondern auch wohlwollend formuliert sein (so das Bundesarbeitsgericht). Das führt dazu, dass Arbeitgeber:innen dazu übergehen, Kritik und negative Aspekte ihrer Beurteilung versteckt zu formulieren.
Dadurch haben sich einige Phrasen unter den Personalerabteilungen etabliert, die Kritik versteckt wiedergeben. Was für viele nett und freundlich klingt, ist für geschulte Leser:innen als Kritikpunkt sichtbar. Wir haben dir einmal aufgelistet, wie die Formulierungen den verschiedenen Schulnoten zuzuordnen sind:
sehr gut | „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ „immer im höchsten Maße zuverlässig“ „stets mit äußerster Sorgfalt“ |
gut | „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ „immer sehr zuverlässig“ „stets mit Sorgfalt“ |
befriedigend | „stets zu unserer Zufriedenheit“ „immer zuverlässig“ „sorgfältig und zufriedenstellend“ |
ausreichend | „zu unserer Zufriedenheit“ „zeigte sich zuverlässig“ „war motiviert“ |
mangelhaft | „insgesamt zu unserer Zufriedenheit“ |
Achtung: Es ist auch üblich, in einer bestimmten Reihenfolge das Verhalten zu bewerten: Erst Vorgesetzte, dann Mitarbeitende und dann Kolleg:innen. Weicht dein Arbeitszeugnis von dieser Reihenfolge ab, so ist davon auszugehen, dass hier eine versteckte Kritik liegt.
Fazit
Ein Arbeitszeugnis ist sehr wichtig für deine weitere Laufbahn und kann durchaus entscheidend für spätere Bewerbungen sein. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig um ein solches Zeugnis zu kümmern und die Fristen hierfür zu wahren.
Gleichzeitig solltest du dein erhaltenes Arbeitszeugnis sorgfältig prüfen oder prüfen lassen und schauen, ob es vollständig ist, sich Fehler eingeschlichen haben und ob deine Tätigkeit umfassend beschrieben und wohlwollend beurteilt wurde. Ist dies nicht der Fall, hast du die Möglichkeit, dich zu beschweren oder dich an spezialisierte Anwält:innen im Arbeitsrecht zu wenden, die dich unterstützen.