Neues Staatsangehörigkeitsgesetz: Einfacher einbürgern?

Deutschland ist ein Einwanderungsland und zunehmend wird deutlich: Unsere Wirtschaft ist auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Es ist also dafür zu sorgen, dass sich ausländische Fachkräfte nachhaltig in Deutschland integrieren können. Ein zentraler Punkt dabei ist die Einbürgerung

Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel Neuerungen im Einbürgerungsrecht versprochen. Diese sind nun da: Der Entwurf zum neuen Staatsangehörigkeitsgesetz wurde kürzlich vom Kabinett beschlossen und wird nun zur Lesung in den Bundestag eingebracht.

Das Wichtigste in Kürze

Mehrstaatigkeit wird zugelassen: Es ist also möglich, mehrere Staatsangehörigkeiten zu haben.
✅ Eine Einbürgerung ist unter Umständen schon nach 5 Jahren möglich.
✅ In Deutschland geborene Kinder erhalten die deutsche Staatsangehörigkeit.
✅ Das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung wird verschärft.
✅ Die Sicherheitsabfrage wird erweitert – die Behörden sollen so besser miteinander kommunizieren.

Neues Staatsangehörigkeitsgesetz macht Mehrstaatigkeit möglich

Nach dem Entwurf des neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes soll die sogenannte Mehrstaatigkeit erlaubt sein. Das bedeutet, dass Einwanderer:innen ihre alte Staatsangehörigkeit behalten können, wenn sie sich einbürgern lassen. Bis dato war die Mehrstaatigkeit grundsätzlich nicht zulässig (§ 10 I Nr. 4 StAG ). 

Ausnahmsweise konnte eine zweite Staatsangehörigkeit nach § 12 StAG zugelassen sein, wenn es z. B. entsprechende Abkommen mit dem jeweils anderen Staat gab. Insbesondere in den EU-Mitgliedstaaten gibt es jedoch Unterschiede in der Handhabung. Während einige Staaten schon länger eine Mehrstaatlichkeit ermöglichen, ist diese Option in anderen stark beschränkt. 

Welche Gründe gibt es für eine Mehrstaatigkeit?

Die Gründe, warum Menschen eine zweite Staatsangehörigkeit beabsichtigen, können variieren. Menschen, die in einem neuen Staat Heimat gefunden haben, möchten ihre Rechte als Bürger:innen verständlicherweise voll und ganz ausleben. Trotzdem fühlen sie sich ihres Heimatstaates angehörig und möchten die Staatsangehörigkeit aus persönlichen Gründen nicht aufgeben. 

In diesem Fall argumentiert der Gesetzesentwurf, dass Faktoren wie die Achtung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die allgemeine Integration in Form von Sprachkenntnissen und Erwerbstätigkeit einen höheren Stellenwert haben als eine zweite Staatsangehörigkeit. 


Eine zweite Staatsangehörigkeit kann aber auch für Deutsche interessant sein, die z. B. in einem anderen Land viel Zeit verbringen, dort arbeiten oder einen Wohnsitz haben und demokratisch mitbestimmen wollen. 

Optionsregel entfällt für in Deutschland geborene Kinder

Die neue Regelung zur Mehrstaatigkeit soll dazu führen, dass die sogenannte Optionsregel entfällt. Das ist besonders interessant für Kinder, die in Deutschland geboren werden, bei denen zwar kein Elternteil einen deutschen Pass besitzt, aber mindestens ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt 8 Jahre in Deutschland gelebt hat. 

Diese Kinder haben nach dem Gesetzentwurf bis zu ihrem 21. Lebensjahr beide Staatsangehörigkeiten inne und müssen sich dann für eine entscheiden. Diese Regelung wurde bereits im Jahr 2014 derart abgeschwächt, dass sie nicht mehr für Kinder gegolten hat, die in Deutschland aufgewachsen sind. Nun soll sie jedoch insgesamt entfallen.

Einbürgerung bereits nach 5 Jahren möglich

Eine weitere Änderung betrifft die Dauer, nach der eine Einbürgerung in Deutschland zulässig ist. Bisher konnte ein Antrag erst nach 8 Jahren gestellt werden. Im neuen Entwurf ist nun eine Verkürzung auf 5 Jahre vorgesehen. 

Für besonders gut integrierte Antragsteller:innen kann die Frist sogar auf 3 Jahre verkürzt werden. Auch der Einbürgerungstest, bei dem die Kenntnisse der Bewerber:innen über die Geschichte Deutschlands abgefragt werden, entfällt. 

Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse

Bisher wurden im Rahmen der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse keine festgeschriebenen Voraussetzungen definiert. Diese kann beispielsweise dann fehlen, wenn Antragsteller:innen sich nicht zur Gleichberechtigung der Geschlechter bekennen. Dies muss nach der Rechtsprechung nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann z. B. auch in der Verweigerung eines Handschlags liegen. 

Nun soll der Begriff der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse konkretisiert werden. Dabei ist – um bei dem genannten Beispiel zu bleiben – eine Einbürgerung ausgeschlossen, wenn Antragssteller:innen etwa eine Mehrehe führen oder sich der Gleichberechtigung von Frau und Mann verweigern.

Erweiterung des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung

Ein fester Bestandteil eines jeden Einbürgerungsprozesses ist das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Was ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung?

Freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ist eine Staatsform, die keine Gewalt- und Willkürherrschaft kennt. Die Staatsgewalt wird vom Volke über die von ihm gewählten Vertreter:innen im Parlament ausgeübt. Sie beinhaltet einen Rechtsstaat, der Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit jedes Einzelnen schützt.

 Bewerber:innen müssen sich zu den Werten des deutschen Staates und ihrer Organisation bekennen und versichern, dass sie diese achten und nicht angreifen werden. 

Unter die freiheitlich-demokratische Grundordnung fallen etwa: 

  • die Demokratie, 
  • die Achtung der Grundrechte, 
  • die Gewaltenteilung, 
  • das Rechtsstaatsprinzip, 
  • die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, 
  • die Unabhängigkeit der Gerichte, 
  • die Chancengleichheit politischer Parteien, 
  • sowie das Recht zur Bildung einer Opposition

Falls die Bewerber:innen zu einer anderen Zeit einmal Bestrebungen hatten, Werte wie diese anzugreifen, müssen sie darlegen, dass sie sich davon abgekehrt haben und nun die freiheitlich-demokratische Grundordnung achten wollen.

Das Bekenntnis soll nun erweitert werden, dem Bekenntnis folgender Satz hinzugefügt:

Antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes.

Haben Bewerber:innen eine solche Handlung begangen, können sie grundsätzlich nicht eingebürgert werden. Damit die Behörden von einer strafrechtlichen Verurteilung aufgrund einer solchen Tat Kenntnis erlangen, wird eine Regelung eingeführt, nach der die Staatsanwaltschaft der Behörde Auskunft über eine entsprechende Verurteilung erteilen kann. 

Sicherung des Lebensunterhalts muss gewährleistet sein

Antragsteller:innen müssen die Sicherung des Lebensunterhalts nachweisen können. Sie müssen also ausreichend finanzielle Mittel haben, um ihre Lebenserhaltungskosten (z. B. Miete, Einkaufen) decken zu können. 

Während es bis dato noch mehrere Ausnahmen zu diesem Grundsatz gab, wurden nach dem neuen Entwurf die Ausnahmen auf bestimmte Fälle reduziert. Unter anderem Familien mit minderjährigen Kindern, in denen eine Person berufstätig ist, können durch diese neue Regelung entlastet werden. 

Behördenkommunikation soll verbessert werden

Ein weiterer Punkt ist die Verbesserung der Behördenkommunikation. So soll die sogenannte Sicherheitsabfrage automatisiert und erweitert werden. 

Was ist eine Sicherheitsabfrage?

Die Sicherheitsabfrage ist in § 37 II StAG geregelt. Sie beinhaltet die Abfrage der personenbezogenen Daten durch die Einbürgerungsbehörde beim Verfassungsschutz. Hat der Verfassungsschutz Kenntnis von verfassungsfeindlichen Tätigkeiten der Antragsteller:innen, so kann dies zum Ausschluss der Einbürgerung führen.

Im Zusammenhang mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder soll der Kreis der zur Abfrage Berechtigten vergrößert werden. Damit soll die Sicherheitsabfrage schneller und müheloser erfolgen.

Der Gesetzesentwurf erfasst weitreichende Änderungen zum Einbürgerungsrecht. Welche Veränderungen sich nach den Lesungen im Bundestag ergeben, bleibt abzuwarten. Wir haben diese Entwicklungen für euch im Blick.

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