Ladenschlusszeiten gelten auch für Geschäfte ohne Personal

Einkaufen auch am Sonntag? Was für einige ein langersehnter Luxus ist, ist für andere ein unnötiger Traditionsbruch. Ärgerlich wäre das sicher auch für diejenigen, die sonntags dann die Geschäfte offen halten müssen, sprich das Personal. Aber was wäre, wenn es gar kein Personal mehr bräuchte?

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Hessen hat nun entschieden, dass das Ladenschlussgesetz, welches vorschreibt, dass Geschäfte am Sonntag und an Feiertagen geschlossen haben müssen, auch für Geschäfte gilt, die kein Personal haben. 

Was es mit der Entscheidung auf sich hat, schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an.

Das Wichtigste in Kürze

✅ Ein Geschäft ohne Verkaufspersonal muss auch am Sonntag geschlossen bleiben.
✅ Der Verkaufsakt ist unabhängig von menschlichem Kontakt, es muss kein Personal vor Ort sein.
✅ Es gibt keine Vergleichbarkeit zwischen Einzelhandel ohne Personal und dem Online-Handel.
✅ Das Hessische Ladenschlussgesetz zielt nicht nur auf den Arbeitnehmerschutz, sondern auch auf den Schutz des Sonntags als Feiertag ab.

Ladenschlusszeiten richten sich nach Landesgesetz

Am Sonntag mal eben etwas einkaufen oder ein paar Erledigungen machen? Das geht in den meisten Bundesländern nicht. Warum? In allen Bundesländern gibt es ein Ladenschlussgesetz. Dieses regelt die Zeiten, in denen Geschäfte geöffnet haben dürfen. 

Da es sich bei diesen Gesetze um Landesgesetze handelt, gibt es dabei auch regionale Unterschiede. Zum Beispiel haben Supermärkte in Bayern nicht so lange geöffnet wie in Niedersachsen. 

Landesgesetz oder Bundesgesetz?

📖 Gesetze können in Deutschland auf verschiedenen Ebenen erlassen werden. Zum einen durch den Bundestag, zum anderen durch Landtage. Aber auch auf kommunaler oder europäischer Ebene können bindende Rechtsvorschriften erlassen werden.

🔺 Wenn es mehrere Gesetze gibt, zeigt die sog. Normenhierarchie auf, welches Gesetz vorgeht. So steht an oberster Stelle das Grundgesetz. In der Anwendung daneben finden sich europäische Regelungen. Danach kommen Bundes- sowie Landesgesetze. Darunter stehen Rechtsverordnungen und Satzungen, die oftmals auf kommunaler Ebene erlassen werden. 

🇩🇪 Der Sinn hinter dieser Staffelung ist, dass Länder oder Kommunen ihre alltäglichen Angelegenheiten möglichst eigenständig regeln sollen. Darunter fällt das Ladenschlussgesetz, das es in jedem Bundesland gibt. Andererseits gibt es aber auch Vorschriften, die für ganz Deutschland einheitlich gelten. Ein Beispiel für ein solches Bundesgesetz ist das Strafgesetzbuch (StGB).

Eine Sache, die wir aber alle kennen, ist der geschlossene Sonntag. Anders als z. B. in den Niederlanden haben viele Geschäfte in Deutschland am Sonntag geschlossen. In Hessen (wo der Fall spielt), sind das insbesondere Geschäfte, in welchen von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf „feilgehalten“ werden (§ 2 I Nr. 1 Hessisches Ladenöffnungsgesetz). Feilhalten bedeutet im Rahmen dieses Gesetzes das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf.

Supermarktkette klagt gegen Stadt Fulda

Entstanden war der Konflikt im Jahr 2021, als die Stadt Fulda der Supermarktkette den Betrieb ihrer Verkaufsstellen an einem Sonntag untersagte. Die Besonderheit der Verkaufsstellen ist in diesem Fall, dass diese ohne Personal auskommen. An Sonn- und Feiertagen konnten Kund:innen den Laden durch eine elektronische Erkennung betreten und ihre Ware auf gleichem Wege bezahlen. Es brauchte also keinerlei Hilfe durch Verkaufspersonal. 

Das vollständig digitalisierte System ohne Person führte in den Augen der Supermarktkette dazu, dass die Vorgaben des Hessischen Gesetzes nicht anwendbar seien. Der Sinn hinter dem Gesetz sei der Arbeitnehmerschutz. Es solle dafür sorgen, dass Arbeitnehmer:innen den Sonntag nutzen könnten, um sich zu regenerieren. 

VG Kassel lehnt Eilantrag ab

Der gegen die Anordnung der Stadt Fulda gerichtete Eilantrag wurde vom Verwaltungsgericht (VG) Kassel am 04.01.2022 (3 L 1734/21.KS) abgelehnt. Dem schließt sich nun der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Hessen an. 

Zunächst ging es auf die Frage ein, ob das vom hessischen Gesetz vorgesehene “Feilhalten” im konkreten Fall vorliegt. Immerhin kommt es in den Verkaufsstellen nicht zu einem Kontakt zwischen Verkaufspersonal und Kund:innen. 

Das VG Kassel und der VGH Hessen sind der Ansicht, dass das Feilhalten in diesem Fall vorliegt. Denn es mache keinen Unterschied, ob die Ware persönlich oder von einem Automaten “verkauft” werde. Es werde also gerade kein persönlicher Kontakt zwischen Menschen vorausgesetzt. 

Der von der Supermarktkette angebrachte Vergleich zum Onlineshopping, welches man ja auch an einem Sonntag betreiben könne, hielt in den Augen der Richter:innen nicht stand. Denn selbst wenn man Sonntags einen Bestellvorgang starte, dann werde die Bestellung trotzdem nicht am Sonntag bearbeitet. 

Zudem stellten die Richter:innen fest, dass das Ladenschlussgesetz des Landes Hessen zwar auch den Arbeitnehmerschutz bezwecke. Trotzdem sei das nicht der einzige Ziel dieses Gesetzes. Es solle auch dafür sorgen, dass Sonntage als staatlich festgelegte Feiertage geschützt werden. 

Das Urteil des VGH Hessen ist im Verwaltungsrechtsweg nicht mehr anfechtbar. Die Supermarktkette könnte aber eine Verfassungsbeschwerde einlegen, wenn sie die Verletzung ihrer Grundrechte geltend machen kann.

Was ist der Verwaltungsrechtsweg?

In Deutschland gibt es verschiedene Gerichte, die für verschiedene Themenbereiche zuständig sind. Es gibt die Amtsgerichte, mit Straf- und Zivilkammern, die Landgerichte, ebenfalls mit Straf-und Zivilkammern, sowie die Verwaltungsgerichte. Dazu kommen noch diverse Spezialgerichte wie Familien- oder Finanzgerichte und die höheren Instanzen, wie Oberlandesgerichte oder die Bundesgerichte

Wann man vor welchem Gericht klagen kann, bestimmen die Prozessordnungen. Da gibt es etwa die Zivilprozessordnung, die Strafprozessordnung und die Verwaltungsgerichtsordnung. Diese schreiben vor, bei welcher Klage man welchen Weg einschlagen muss. Eine Klage wegen einer Körperverletzung kann z. B. nicht vor einem Verwaltungsgericht verhandelt werden.

Der Verwaltungsrechtsweg meint also den Weg, den man einschlägt, wenn man sich gegen einen Akt einer Behörde wenden möchte. Er startet beim Verwaltungsgericht und endet beim Oberverwaltungsgericht (teilweise auch Verwaltungsgerichtshof genannt).

Fazit

Die Richter:innen haben entschieden, dass auch Läden ohne Verkäufer:innen den allgemeinen Vorschriften über Ladenschlusszeiten unterliegen. Damit haben sie den Unterschied zwischen Geschäften mit und ohne Personal quasi aufgehoben. Wir bleiben an diesem spannenden Thema für euch dran!

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