Karneval ohne Glitzer?!

Wer in den letzten Wochen und Tagen in den sozialen Medien unterwegs war, ist wohl kaum um diese Schlagzeile herum gekommen: Die EU verbietet Mikroplastik. Und das zum Teil schon ab dem 15.10.2023. 

Im Sinne des Umweltschutzes scheint diese Maßnahme auf den ersten Blick durchaus sinnvoll. Auf den sozialen Medien werden dagegen Horrorszenarien für jeden Beauty-Fan dargestellt, denn Glitzer wird aus Kosmetikprodukten verschwinden. Wer sich in Zukunft mit Glitzer schmücken möchte, wird höhere Preise für solche Produkte zahlen müssen, so die These.  Aber was genau wird verboten und stimmen die düsteren Prognosen?

Das Wichtigste in Kürze

✅ Die EU-Kommission führt eine Verkaufsbeschränkung für Produkte, die Mikroplastik enthalten, ein
✅ Dieser Beschränkung haben bereits das EU-Parlament und der Europäische Rat zugestimmt 
Betroffen sind insbesondere Kosmetika zur Exfoliation, loser Kunstglitzer und Granulat für Kunstrasenplätze
✅ Das Verbot gilt teilweise ab dem 15.10.2023, für manche Produkte gibt es Übergangsfristen zwischen 4-12 Jahren

Glitzerverbot: Was hat die EU-Komission beschlossen?

Durch wissenschaftliche Erkenntnisse der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) hat die Kommission dem Plastik den Kampf angesagt. In den letzten Jahren haben Verbraucher:innen dies insbesondere beim Verbot von Plastik-Strohhalmen und dem Verbot von Plastiktüten bemerkt. 

Nun will die EU auch gegen Mikroplastik vorgehen. Mikroplastik ist in diversen Produkten enthalten. Gelangt es in die Umwelt und ist es nicht biologisch abbaubar, reichert es sich in der Natur und auch im Körper von Tieren (z. B. Fischen) an. Dadurch kann es auch in unsere Nahrung gelangen und damit unsere Gesundheit sowie das Gleichgewicht der Natur gefährden.

Grund genug für die EU, nun Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Mikroplastik vorzunehmen. Ziel soll sein, die Verschmutzung der Meere und der Umwelt bis zum Jahr 2030 um 30 % zu reduzieren. 

Konkret hat die EU-Kommission die Europäische Chemikalienverordnung um eine Verkaufsbeschränkung erweitert. Diese Verkaufsbeschränkung sieht vor, dass der Verkauf von Mikroplastik als solchem und von Produkten, denen Mikroplastik zugesetzt wird, verboten ist. Unter Mikroplastik versteht die EU alle synthetischen Polymerpartikel unter 5 mm, die organisch, unlöslich und schwer abbaubar sind.

Welche Produkte fallen konkret unter das Verbot?

Als Beispiel für Produkte, die von dem Verkaufsverbot betroffen sind, gibt die EU Kosmetika und Granulat für Kunstrasen an:

Dabei soll das Granulat für Kunstrasen die größte Quelle für Mikroplastik in der Umwelt sein. Um den Betreibern von Sportplätzen mit Kunstrasen genug Zeit zur Umrüstung zu geben, gilt das Verkaufsverbot für dieses Produkt erst in 8 Jahren. 

Bei Kosmetika sieht das etwas anders aus. Mit Wirkung zum 15.10.2023 gilt ein Verkaufsverbot für kosmetische Mittel, die Mikroperlen enthalten. Es handelt sich um kleine Kunststoffperlen, die für die Exfoliation der Haut verwendet werden. Als Begründung dafür gibt die EU an, dass bei diesen Produkten die Verwendung von Mikroplastik derzeit bereits auslaufe.  

Auch für den Verkauf von losem Kunststoffglitzer gilt das Verkaufsverbot ab dem 15.10.2023. Für alle anderen kosmetischen Produkte gilt je nach Komplexität ihrer Formulierung ein Verkaufsverbot erst in 4-12 Jahren. 

Vom Glitzerverbot ausgenommen

Ausdrücklich nicht unter die neue Regelung fallen solche Produkte, die durch andere EU-Vorschriften geregelt werden, z. B. Lebensmittel. Auch Produkte, die zwar Mikroplastikenthalten, dieses aber nicht freisetzen, sind ausgeschlossen. 

Ebenso gilt das Verbot nicht für Produkte, die an Industriestandorten verwendet werden. Diese Produkte können also weiterhin frei verkauft werden. Allerdings legt die EU-Kommission den Hersteller:innen dieser Produkte die Pflicht, die ECHA jährlich über die geschätzte Freisetzung von Mikroplastik aus ihren Produkten zu informieren. Zudem müssen die Hersteller:innen Anweisungen zur Entsorgung der Produkte geben, um das Freiwerden von Mikroplastik zu verringern. Dies gilt nur für solche Produkte, denen Mikroplastik bewusst hinzugefügt wurde.

Warum gilt das Verbot so schnell?

Das Verkaufsverbot erweitert eine bestehende EU-Verordnung. Eine EU-Verordnung ist Bestandteil des sog. Europäischen Sekundärrechts. Anders als EU-Richtlinien, die nicht unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gelten, sondern einen sog. Umsetzungsakt in Form eines nationalen Gesetzes benötigen, gelten Verordnungen unmittelbar.

Das bedeutet: Von den Organen der EU beschlossene Verordnungen gelten automatisch in jedem Mitgliedstaat zu gleichem Inhalt. Deshalb gilt das Glitzerverbot ab Inkrafttreten auch ohne weiteres in Deutschland.

Für das Verkaufsverbot bedeutet dies, dass durch Inkrafttreten der Verordnung am 15.10.2023 in allen EU-Mitgliedsstaaten ein einheitliches Verkaufsverbot besteht.  Damit haben sich auch Verkäufer:innen in Deutschland an das Verbot halten. Offene Fragen zur Umsetzung der neuen Regeln will die EU noch vor Inkrafttreten der Verordnung beantworten.

Teil des Gesetzgebungsverfahrens bei der EU ist auch immer die Anhörung der von den Regelungen Betroffenen.  Im Rahmen des Verbots von Mikroplastik haben solche Anhörungen der EU zufolge zu 3 Phasen innerhalb des Gesetzgebungsprozesses stattgefunden.

Kritische Stimmen vor allem auf Social Media

Besonders viel Aufmerksamkeit erlangte das Thema durch die Beiträge diverser Social Media-Nutzer:innen zu dem Thema. Auf TikTok ließen sich insbesondere sog. Nail Artists zur Thematik aus. Auch in Bezug auf die anstehende Karnevalssession wird das Glitzerverbot diskutiert. 

Die Sorge vieler Nutzer:innen ist aber wohl unbegründet. Bereits jetzt nutzen einige Kosmetikmarken Produkte mit Alternativen zu Mikroplastik, ein Abbruch im Glitzereffekt lässt sich bei diesen nicht erkennen. Die medial zur Schau gestellten Panikkäufe mancher Influencer dürften also wohl eher dem Umsatz von Kosmetikunternehmen dienen. Wir bleiben für euch dran.

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