Rechtsanwältin (Corporate/ M&A) bei Taylor Wessing Germany
Gründerin & Geschäftsführerin von Legally Female (Instagram) und Beyourbestlawstudent (Instagram)
Doktorandin bei Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Wir stellen regelmäßig Legal Influencer und Vorbilder auf dem Rechtsmarkt in einem Interview vor. Damit wollen wir spannende Persönlichkeiten aus der Rechtsbranche sichtbar machen und einen Mehrwert für alle schaffen.
Gewinne Einblicke in unser Projekt Legal Influencer Liste und erfahre mehr über juristische Vorbilder und ihren Werdegang in unseren Interviews!
Ich bin eine von denen, die bereits seit der Schule gerne Staatsanwältin werden wollten, weshalb es für mich immer nur Plan A, das Jurastudium, gab. Ich bin die Erste aus meiner Familie, die studiert hat, sodass ich in meinem engsten Umfeld keine juristischen Vorbilder hatte.
Deshalb habe ich viele Möglichkeiten, die es bereits im Studium gab, gar nicht genutzt: Ich habe mich einfach nicht getraut, mich am Lehrstuhl für einen Nebenjob oder für Praktika bei renommierten Kanzleien zu bewerben. Meine Erfahrungen in der Rechtsbranche waren lange davon geprägt, dass ich mir selbst im Weg stand. Einfach, weil ich mir selbst nicht zugetraut habe, beruflich erfolgreich zu werden, sondern nur darauf hoffte, nicht durchzufallen und am Ende ohne Abschluss zu sein.
Ich habe mich trotz Freundschaften und Bekanntschaften im Studium immer alleine gefühlt. Allen schien es mühelos zu gelingen und sie hatten parallel Zeit und Energie, das Studierendenleben zu genießen, während ich mich selbst im zeitlichen Spagat zwischen Nebenjob, Studium und aktivem Triathlontraining befand. Oft habe ich wenig geschlafen und konnte schöne Unternehmungen nicht genießen, weil ich das Gefühl hatte, diese nicht “verdient” zu haben: “Eigentlich müsstest du lernen” oder “Morgen früh stehst du dafür um x Uhr auf, um die Zeit nachzuholen”.
Erst als ich zu Beginn meines Referendariats auf Instagram als @beyourbestlawstudent über meine Erfahrungen gesprochen habe, habe ich gemerkt, wie vielen es so geht und dass wir alle nicht allein mit diesen Gedanken und Erfahrungen sind.
Die aktuellen Bewegungen hin zu einem integrierten Bachelor und das aktive Kommunizieren und Sichtbarmachen von Selbstzweifeln, mentalem Druck und Sorgen begrüße ich deshalb sehr.
Ich bin seit etwas über 2 Jahren Rechtsanwältin und den Großteil dieser Zeit bei Taylor Wessing im Team Corporate / M&A. Mein Partner und unser Team ermöglicht mir, die Tätigkeit als Associate in Teilzeit auszuleben, um die nötige Freiheit für meine Dissertation sowie meine sonstigen Tätigkeiten zu haben.
Meine Affinität und Interesse am Gesellschaftsrecht habe ich erst im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlichen Mitarbeiterin in einer Großkanzlei entdeckt und seitdem durch eigene Gründungen aktiv selbst gelebt. Insbesondere die Arbeit im Team, die im M&A entscheidend ist, begeistert mich sehr.
Strafrecht begleitet mich im Rahmen meiner Dissertation mehrmals die Woche, sodass ich nicht das Gefühl habe, eines meiner favorisierten Rechtsgebiete aufgeben zu müssen.
Primär über Instagram, aktuell wage ich mich auch etwas mehr an LinkedIn heran. Mir ist es wichtig, die juristische Branche als das zu zeigen, was wir sind: Menschen. Das verstaubte Image von Jurist:innen als versnobte, privilegierte Menschen ohne Herz trifft zum Glück nicht zu, ansonsten hätte ich mich auch beruflich mittlerweile anders orientiert.
Zudem möchte ich das Tabuthema von mentalen Problemen und Herausforderungen an Studierende heranführen, die mit ihren Ängsten und Sorgen nicht alleine sind und ein aktives Netzwerk schaffen, wo sie sich darüber austauschen können. Wir haben deshalb bei beyourbestlawstudent eine kostenlose Lawship mit der Möglichkeit zum Co-Working und Austausch zu sämtlichen Themen, sowie einigen Onlineworkshops.
Ich möchte zudem erreichen, dass sich mehr Jurist:innen in die Sichtbarkeit über Social Media trauen, weshalb ich legalnerd von Anfang an folge und auch gerne aktiv unterstütze.
Ich würde mir wünschen, dass es weniger auf die Examensnote ankommt, sondern mehr auf Leistungen, die bereits im Studium erbracht werden, sodass es nicht auf 2 Wochen Klausuren und eine mündliche Prüfung im Rahmen eines mehrjährigen Studiums ankommt.
Ich wünsche mir zudem, dass Jurist:innen final ihre Ellenbogenmentalität ablegen und beginnen, einander wertschätzend und auf Augenhöhe zu begegnen, sowie mehr zusammenzuarbeiten. Der aktuelle Arbeitnehmermarkt wird diese Punkte hoffentlich bestärken.
Nötig sind aus meiner Sicht noch mehr Jurist:innen, die ihre Stimme öffentlich erheben und sich dafür einsetzen.
Ich freue mich als nächstes auf den Besuch und unseren Vortrag bei der JuraCon in Frankfurt, wo ich hoffentlich ganz viele von Euch/Ihnen persönlich treffe und kennenlernen kann!
Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast!
Wir lernen Vorbilder auf dem Rechtsmarkt in einem Interview besser kennen:
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