Egal, ob in der Gastronomie, im Büro oder in der Pflege: Viele Menschen machen Überstunden – freiwillig oder weil es einfach nicht anders geht. Doch am Ende kommt die große Enttäuschung: Auf dem Konto landet weniger als gedacht. Kein Wunder, denn Überstunden gelten meistens als normaler Lohn und sind damit steuerpflichtig. Aber stimmt das wirklich immer? Welche Überstunden steuerfrei sind und worauf du achten musst, erklären wir dir in diesem Artikel.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Nicht alle Überstunden sind steuerfrei. Nur Zuschläge für Nacht-, Sonn- oder Feiertagsarbeit können unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei gezahlt werden. Die Überstunden selbst sind grundsätzlich steuerpflichtig.
✅ Voraussetzungen müssen genau eingehalten werden. Die steuerfreie Auszahlung gilt nur, wenn du zu den gesetzlich geregelten Zeiten gearbeitet hast und der Stundenlohn maximal 50 € beträgt. Außerdem müssen die Zuschläge auf der Lohnabrechnung klar getrennt ausgewiesen sein.
✅ Minijobber:innen haben besondere Vorteile. Steuerfreie Zuschläge werden bei Minijobs nicht zur 538-Euro-Grenze gezählt. Dadurch kannst du trotz Überstunden im Minijob bleiben, wenn diese korrekt abgerechnet werden.
✅ Überstunden müssen korrekt dokumentiert sein. Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, Arbeitszeiten zu erfassen. Nur mit einer sauberen Dokumentation kannst du deine Ansprüche durchsetzen und mögliche Steuerbefreiungen nutzen.
✅ Nicht bezahlte Überstunden solltest du nicht einfach hinnehmen. Wenn dir für angeordnete oder geduldete Überstunden keine Vergütung gezahlt wird, kannst du rechtlich dagegen vorgehen – am besten mit anwaltlicher Unterstützung.
Wann sind Überstunden steuerfrei?
Grundsätzlich gilt: Wenn du Überstunden machst und dafür Geld bekommst, musst du auf diesen Lohn ganz normal Steuern zahlen. Das Finanzamt behandelt Überstunden wie jeden anderen Arbeitslohn. Doch es gibt Ausnahmen. Denn in bestimmten Fällen kannst du für deine zusätzlichen Stunden steuerfreie Zuschläge bekommen.
Steuerfreie Zuschläge bei Überstunden
Die wichtigste Ausnahme betrifft Überstunden, die nachts, an Sonn- oder Feiertagen geleistet werden. Für diese Zeiten erlaubt das Einkommensteuergesetz sogenannte steuerfreie Zuschläge (§ 3b EStG). Aber: Nicht alle Zuschläge sind automatisch steuerfrei. Es kommt auf den Zeitpunkt, die Höhe und den Grundlohn an.
Steuerfreie Zuschläge nach dem Gesetz
Nachtarbeit (zwischen 20 und 6 Uhr):
bis zu 25 % Zuschlag steuerfrei
Sonntagsarbeit:
bis zu 50 % Zuschlag steuerfrei
Feiertagsarbeit:
bis zu 125 % Zuschlag steuerfrei
Arbeit am 24.12. ab 14 Uhr sowie am 25. und 26.12., 1. Mai:
sogar bis zu 150 % steuerfrei
Diese Prozentsätze beziehen sich immer auf den sogenannten „Grundlohn“ – also den Lohn pro Stunde ohne Zuschläge. Laut Gesetz liegt die Obergrenze bei 50 € Grundlohn pro Stunde. Verdienst du mehr, ist der Anteil darüber nicht mehr steuerfrei (siehe § 3b EStG).
Wichtig: Nur der Zuschlag kann steuerfrei sein, nicht die Überstunden an sich. Wenn du also z. B. am Sonntag arbeitest und dein Chef oder deine Chefin dir den ganz normalen Lohn ohne Zuschlag auszahlt, musst du diesen voll versteuern. Erst ein zusätzlich gezahlter Zuschlag kann steuerfrei bleiben, sofern er klar getrennt in der Lohnabrechnung steht.
Wie muss der Zuschlag ausgewiesen werden?
Damit das Finanzamt den Zuschlag als steuerfrei anerkennt, muss dein Arbeitgeber oder deine Arbeitgeberin die Beträge genau aufschlüsseln. Es reicht nicht, einfach „Überstunden“ aufzulisten. Die Lohnabrechnung muss zeigen:
- Wann du gearbeitet hast (Tag/Uhrzeit)
- Wie hoch der Grundlohn ist
- Wie hoch der Zuschlag ist (in Prozent und Euro)
Fehlt diese Aufstellung oder ist sie ungenau, kann das Finanzamt den Zuschlag nachträglich besteuern.
Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft
Auch im Bereitschaftsdienst oder bei Rufbereitschaft gilt: Nur tatsächlich geleistete Arbeit zählt für die Steuerfreiheit. Wenn du nur in Bereitschaft bist, ohne tatsächlich zu arbeiten, gibt es keinen steuerfreien Zuschlag. Wirst du aber nachts oder am Wochenende aktiv eingesetzt, können die Stunden als steuerbegünstigte Zuschlagszeit gelten, wenn alles korrekt dokumentiert ist.
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Was gilt für Überstunden bei Minijob und Midijob?
Bei einem Minijob oder Midijob gelten besondere Regeln, wenn es um die Frage geht, ob Überstunden steuerfrei sind. Denn hier kommt es nicht nur auf die Steuer an, sondern auch darauf, ob du durch die Überstunden ungewollt in eine andere Beschäftigungsform rutschst, zum Beispiel vom Minijob in eine sozialversicherungspflichtige Stelle.
Minijob: Die 538-Euro-Grenze nicht überschreiten
Wenn du einen Minijob hast, darfst du regelmäßig nicht mehr als 538 Euro pro Monat verdienen (Stand: 2025). Arbeitest du darüber hinaus, kann es passieren, dass dein Job plötzlich als sozialversicherungspflichtige Tätigkeit eingestuft wird. Das gilt auch dann, wenn du durch Überstunden in einem Monat mehr verdienst, selbst wenn es nur einmal ist.
Allerdings: Steuerfreie Zuschläge für Nacht-, Sonn- oder Feiertagsarbeit werden nicht auf diese Verdienstgrenze angerechnet. Das heißt: Wenn du durch solche Zuschläge über die 538 Euro kommst, bleibt dein Minijob trotzdem ein Minijob. Aber wichtig: Die Zuschläge müssen ganz klar als steuerfrei in deiner Lohnabrechnung auftauchen, sonst wertet die Minijob-Zentrale den Lohn als voll steuerpflichtig.
Beispiel: Minijob mit Feiertagsarbeit
Du arbeitest als Servicekraft in einem Café auf 538-Euro-Basis. Am 1. Mai übernimmst du eine Extraschicht und bekommst dafür 100 % Feiertagszuschlag. Der normale Stundenlohn wären 12 Euro, also bekommst du 24 Euro pro Stunde (12 + 12). In diesem Fall zählt nur der normale Lohn zur 538-Euro-Grenze. Der Zuschlag bleibt steuerfrei und zählt nicht zum Minijob-Limit.
Midijob: Gleitzone mit besonderen Regeln
Beim sogenannten Midijob verdienst du zwischen 538,01 und 2.000 Euro monatlich. Hier zahlst du zwar schon Beiträge zur Sozialversicherung, aber reduziert. Für Überstunden gilt: Auch sie werden ganz normal versteuert, es sei denn, du bekommst steuerfreie Zuschläge für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit. Diese Zuschläge bleiben auch im Midijob steuerfrei – solange die gesetzlichen Bedingungen eingehalten werden (§ 3b EStG).
Vorsicht bei schwankendem Einkommen
Gerade bei Minijobs kann es schnell passieren, dass du durch Überstunden über die Verdienstgrenze kommst, zum Beispiel bei vielen Feiertagsschichten in einem Monat. Wichtig ist, dass dein Einkommen über das ganze Jahr durchschnittlich die Grenze nicht überschreitet. Eine kurzfristige Überschreitung ist erlaubt, wenn sie vorhersehbar und nicht regelmäßig ist. Die Minijob-Zentrale prüft das im Einzelfall.
Arbeitgeber:innen müssen bei Minijobber:innen genau dokumentieren, wann Zuschläge anfallen und diese klar von normalem Lohn trennen. Nur dann sind sie steuerfrei. Wer als Minijobber:in unsicher ist, sollte die Lohnabrechnung regelmäßig prüfen und bei Fragen auch mit der Minijob-Zentrale oder Steuerberatung sprechen.
Wie werden Überstunden richtig abgerechnet?
Wenn du Überstunden machst, ist es wichtig, dass sie korrekt erfasst und abgerechnet werden. Nur dann kannst du sicher sein, dass dir keine steuerlichen Nachteile entstehen und dass du von möglichen steuerfreien Zuschlägen profitierst. Hier ist entscheidend, was in deiner Lohnabrechnung steht und wie sorgfältig dein Arbeitgeber oder deine Arbeitgeberin dokumentiert.
Arbeitgeber müssen Überstunden dokumentieren
Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs und dem Bundesarbeitsgericht (Az. 1 ABR 22/21) sind Arbeitgeber:innen in Deutschland verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten vollständig zu erfassen – also auch Überstunden. Das ist nicht nur für den Arbeitsschutz wichtig, sondern auch für die Abrechnung. Nur wer genau weiß, wann und wie lange gearbeitet wurde, kann die richtigen Zuschläge ansetzen.
Steuerfreie Zuschläge müssen separat ausgewiesen werden
Wenn du z. B. nachts oder an einem Feiertag gearbeitet hast, muss dein Arbeitgeber oder diene Arbeitgeberin die Zuschläge separat auf der Lohnabrechnung ausweisen. Dabei müssen drei Dinge klar erkennbar sein:
- Der genaue Zeitraum der Zuschlagszeit (Datum + Uhrzeit)
- Der Grundlohn pro Stunde
- Der Prozentsatz und Betrag des Zuschlags
Fehlt diese Transparenz, kann das Finanzamt den Zuschlag als normalen Arbeitslohn werten und dann wird er versteuert. Du solltest also regelmäßig einen Blick auf deine Lohnabrechnung werfen und prüfen, ob die Angaben stimmen.
Was tun, wenn Überstunden falsch abgerechnet werden?
Wurden dir Überstunden ohne Zuschlag ausgezahlt oder falsch versteuert? Dann solltest du zuerst das Gespräch mit deiner Arbeitgeberin oder deinem Arbeitgeber suchen. Oft handelt es sich um ein Versehen oder Unwissen.
Wenn das nichts bringt, hast du das Recht, eine korrigierte Lohnabrechnung zu verlangen. Bleibt die Korrektur aus, kannst du dich an den Betriebsrat, einen Lohnsteuerhilfeverein oder im Zweifel an eine Anwältin oder einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden.
Auch die Themen Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeitbetrug werden immer wichtiger, vor allem im Homeoffice. Erfahre mehr dazu in unseren Artikeln zum Thema.
Überstunden auf dem Lohnzettel erkennen
In der Abrechnung sollten idealerweise folgende Punkte auftauchen:
- Anzahl der geleisteten Überstunden
- Höhe der Zuschläge und deren Steuerstatus (steuerfrei oder nicht)
- Gesamtbetrag brutto/netto
Fehlt dir diese Übersicht, hast du das Recht auf eine detaillierte Aufschlüsselung, frage bei deiner Lohnbuchhaltung nach. Auch das Finanzamt kann im Rahmen der Steuererklärung solche Angaben prüfen, wenn du sie einreichst.
Pauschale Abgeltung von Überstunden
Manche Arbeitsverträge enthalten Formulierungen wie „mit dem Gehalt sind Überstunden abgegolten“. Das ist nur unter bestimmten Bedingungen wirksam. Laut Rechtsprechung muss klar erkennbar sein, wie viele Überstunden gemeint sind.
Eine pauschale Regelung ist oft unwirksam und du hast dann ggf. Anspruch auf Nachzahlung. Das betrifft zwar nicht direkt die Steuerfreiheit, aber immerhin deinen Lohnanspruch. Erfahre mehr über die Auszahlung von Überstunden in einem eigenen Beitrag.
Was tun, wenn du unsicher bist, ob deine Überstunden steuerfrei sind?
Die folgenden Informationen sollen dir eine erste Orientierung geben. Sie ersetzen keine rechtliche oder steuerliche Beratung. Wenn du verbindliche Auskunft brauchst oder finanzielle Entscheidungen triffst, solltest du dich an eine spezialisierte Anwältin oder einen Anwalt oder an eine Steuerberaterin bzw. einen Steuerberater wenden. Unsere Infos können unvollständig oder veraltet sein.
Wenn du wissen willst, ob deine Überstunden steuerfrei sind oder richtig abgerechnet wurden, kannst du mit diesen einfachen Schritten starten:
1. Schau auf deine Lohnabrechnung: Wird ein Zuschlag für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit ausgewiesen? Steht dort explizit „steuerfrei“ dabei? Falls nicht, wird der volle Betrag wahrscheinlich versteuert. Frag im Zweifel in der Lohnbuchhaltung nach.
2. Kläre, ob die Voraussetzungen erfüllt sind: Lagen die Überstunden wirklich in der Nacht (zwischen 20 und 6 Uhr) oder an Sonn-/Feiertagen? Beträgt dein Stundenlohn maximal 50 €? Nur dann gelten die Regeln für steuerfreie Zuschläge (§ 3b EStG).
3. Prüfe deine Vertragsgrundlage: Steht in deinem Arbeitsvertrag etwas zur Abgeltung von Überstunden? Gibt es Vereinbarungen zu Zuschlägen? Auch ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung kann Regelungen enthalten, auf die du dich berufen kannst.
4. Behalte deine Verdienstgrenzen im Blick: Wenn du im Minijob arbeitest, darfst du durch normale Überstunden nicht über 538 € pro Monat kommen. Steuerfreie Zuschläge werden hier aber nicht mitgezählt – ein wichtiger Vorteil!
5. Hol dir Unterstützung, wenn du unsicher bist: Der Austausch mit dem Betriebsrat, einer Steuerberaterin / einem Steuerberater oder einer Kanzlei für Arbeitsrecht kann dir Klarheit verschaffen und dir helfen, wenn du Korrekturen bei der Abrechnung brauchst.
Fazit
Überstunden gehören für viele zum Alltag, besonders in Berufen mit Schichtdienst oder hoher Belastung. Doch wer denkt, dass die Extraarbeit automatisch steuerfrei ist, liegt meist falsch. Nur bestimmte Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind unter engen Voraussetzungen von der Steuer befreit.
Entscheidend ist, dass dein Arbeitgeber oder deine Arbeitgeberin diese Zuschläge sauber ausweist und alle Vorgaben aus dem Einkommensteuergesetz erfüllt. Besonders bei Minijobs und schwankendem Einkommen lohnt sich ein genauer Blick auf die Abrechnung. Denn wer hier gut informiert ist, kann bares Geld sparen oder zumindest eine faire Bezahlung einfordern.