Was passiert, wenn du plötzlich nicht mehr für dich selbst sprechen kannst? Ein schwerer Unfall, ein Schlaganfall oder eine schwere Krankheit – manchmal entscheidet das Leben in Sekunden. Gerade gläubige Menschen wollen in solchen Momenten sicherstellen, dass ihr Wille respektiert wird. Nicht nur medizinisch, sondern auch im Einklang mit dem eigenen Glauben. Die christliche Patientenverfügung verbindet medizinische Entscheidungen mit deiner persönlichen Überzeugung. Sie hilft dabei, das Leben zu schützen, Leiden würdevoll zu ertragen und das Sterben bewusst zu gestalten. Für viele Christ:innen ist das ein Weg, mit gutem Gewissen Abschied zu nehmen, ohne den Angehörigen schwere Entscheidungen aufzubürden. Erfahre mehr in diesem Artikel.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Eine christliche Patientenverfügung regelt medizinische Entscheidungen im Einklang mit deinem Glauben. Du bestimmst darin, welche Behandlungen du willst oder ablehnst (z. B. in Situationen wie Koma, Demenz oder schwerer Krankheit). Wichtig sind christliche Werte wie Menschenwürde, Lebensschutz und Leidensbereitschaft.
✅ Der Glaube beeinflusst deine Haltung zu Sterben, Schmerz und medizinischer Hilfe. In christlichen Verfügungen wird aktive Sterbehilfe meist abgelehnt. Stattdessen liegt der Fokus auf Palliativmedizin, seelsorgerlicher Begleitung und einer würdevollen Sterbephase.
✅ Rechtsgültig ist deine Verfügung nur, wenn sie schriftlich, konkret und unterschrieben ist. Pauschale Formulierungen reichen nicht aus. Nur wenn deine Wünsche eindeutig sind, sind Ärzt:innen daran gebunden. Notarielle Beglaubigung brauchst du nicht zwingend, aber regelmäßige Aktualisierung ist wichtig.
✅ Du kannst deine Verfügung jederzeit ändern oder widerrufen. Voraussetzung ist, dass du geschäftsfähig bist. Änderungen solltest du schriftlich festhalten und mit Datum und Unterschrift versehen. Auch dein Glaube “darf” sich in der Verfügung weiterentwickeln.
✅ Nutze die christlichen Vorlagen der Kirchen als Orientierung. Die EKD und die Deutsche Bischofskonferenz stellen geprüfte, gut verständliche Formulare bereit. Diese lassen sich individuell anpassen und helfen dir, deinen Willen im Sinne deines Glaubens zu formulieren. Lasse dein ausgefülltes Formular ggf. anwaltlich prüfen.
Was unterscheidet eine christliche Patientenverfügung von einer normalen?
Auf den ersten Blick wirkt eine christliche Patientenverfügung wie jede andere. Auch hier legst du fest, welche medizinischen Maßnahmen du willst und welche du ablehnst. Der entscheidende Unterschied liegt im Hintergrund: Deine Entscheidungen basieren auf christlichen Werten, nicht nur auf medizinischen oder praktischen Überlegungen.
Sterbehilfe
Die aktive Sterbehilfe wird in einer christlichen Patientenverfügung in der Regel abgelehnt. Das steht oft ausdrücklich im Text – im Einklang mit der Haltung der großen Kirchen in Deutschland. Stattdessen wird Wert gelegt auf schmerzlindernde Behandlung und eine möglichst würdige Begleitung beim Sterben, zum Beispiel durch Hospiz- oder Palliativangebote.
Auch die Sprache ist anders. Christliche Patientenverfügungen enthalten häufig Hinweise auf Gottesbezug, Menschenwürde, Hoffnung und Gebet. Es geht nicht nur um das „Was“, sondern auch um das „Warum“. Du erklärst, warum dir bestimmte Maßnahmen wichtig oder nicht zumutbar erscheinen (etwa künstliche Ernährung oder Wiederbelebung, wenn keine Aussicht auf Besserung besteht).
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: In vielen christlichen Formularen wird empfohlen, Seelsorger:innen oder Vertrauenspersonen in die Begleitung einzubeziehen. Manche Formulare enthalten sogar eine eigene Passage, in der du darum bittest, dass ein Pfarrer, ein Pastor oder ein katholischer Priester hinzugezogen werden.
Die Kirchen in Deutschland stellen eigene, anerkannte Formulare zur Verfügung. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) haben jeweils christlich geprägte Vorlagen entwickelt, die du kostenlos nutzen kannst. Diese sind in der Regel juristisch geprüft und lassen sich individuell anpassen.
Christliche Patientenverfügung: Welche Werte und Überzeugungen sind wichtig?
In einer christlichen Patientenverfügung geht es nicht nur um medizinische Entscheidungen, sondern vor allem um deine Haltung zum Leben und Sterben. Der Glaube prägt, wie du mit Schmerz, Krankheit und dem Tod umgehst. Viele Christ:innen orientieren sich an Grundwerten wie Nächstenliebe, Hoffnung und der unantastbaren Würde jedes Menschen.
Ein zentraler Punkt: das Leben gilt als Geschenk Gottes. Deshalb ist für viele der bewusste Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen nur dann denkbar, wenn keine Aussicht mehr auf Heilung besteht. Die aktive Sterbehilfe (also etwa ein gezieltes Herbeiführen des Todes durch Medikamente) wird sowohl von der katholischen als auch der evangelischen Kirche strikt abgelehnt.
Dazu kommt der Gedanke des Mittragens und Aushaltens von Leid. Viele sehen in schweren Lebensphasen auch eine geistliche Dimension. Schmerz soll nicht um jeden Preis vermieden werden, sondern kann – unterstützt durch Palliativmedizin – auch Teil eines würdevollen Sterbens sein. Eine gut formulierte Patientenverfügung kann helfen, diesen Wunsch deutlich zu machen.
Seelsorge spielt hier eine besondere Rolle. Die Begleitung durch einen Geistlichen oder durch Menschen aus der Glaubensgemeinschaft kann Trost geben und die letzten Lebensphasen menschlicher machen. Viele Formulare empfehlen ausdrücklich, die Möglichkeit zu einem seelsorgerlichen Gespräch in der Verfügung zu erwähnen.
Wichtig
Du musst deinen Glauben nicht beweisen, um eine solche Verfügung zu nutzen. Aber es ist hilfreich, deine Werte und Wünsche so zu formulieren, dass Ärzt:innen und Angehörige sie verstehen – auch wenn sie selbst nicht gläubig sind. So vermeidest du Missverständnisse und stellst sicher, dass dein Wille respektiert wird.
Unsere Plattform dient der rechtlichen Aufklärung. Dies ersetzt jedoch keine Rechtsberatung durch Expert:innen, die wir gerne vermitteln. Mit dem Ausfüllen des Formulars willigst du in diese Datenverarbeitung ein. Deine Daten werden rechtskonform verarbeitet und können jederzeit auf Anfrage gelöscht werden. Mehr Infos dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Christliche Patientenverfügung erstellen: Das musst du beachten
Eine christliche Patientenverfügung ist nur dann hilfreich, wenn sie auch rechtsgültig ist. Das bedeutet: Sie muss bestimmten gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Grundlage ist § 1827 BGB.
Damit deine Verfügung rechtlich bindend ist, solltest du unter anderem die folgenden Punkte beachten. Bitte siehe die Auflistung als erste grobe Orientierung, die jedoch keine anwaltiche Rechtsberatung oder Unterstützung durch ein Notariat ersetzt.
Schriftform ist Pflicht: Die Verfügung muss schriftlich vorliegen und eigenhändig unterschrieben sein – mit vollem Namen, Datum und möglichst auch Ort. Mündliche Wünsche reichen nicht aus.
Der Wille muss klar und konkret formuliert sein: Pauschale Aussagen wie „Ich möchte nicht künstlich am Leben erhalten werden“ reichen nicht. Du musst angeben, in welchen konkreten Situationen du welche medizinischen Maßnahmen willst oder ablehnst (zum Beispiel bei Koma, fortgeschrittener Demenz oder unheilbarer Krankheit).
Deine religiösen Überzeugungen darfst du benennen: In einer christlichen Patientenverfügung ist es üblich und sinnvoll, auch deine Glaubensgrundlagen zu formulieren. Du kannst erklären, warum du bestimmte Maßnahmen aus deinem Glauben heraus wünschst oder ablehnst.
Du brauchst keine notarielle Beglaubigung: Die Patientenverfügung wird mit deiner Unterschrift wirksam und gilt bis auf Widerruf. Es kann aber sinnvoll sein, die Verfügung regelmäßig zu überprüfen, idealerweise alle 2–3 Jahre. Und dann am besten direkt mit einem neuen Datum versehen, auch wenn sich nichts geändert hat. Das zeigt, dass dein Wille weiterhin aktuell ist.
Informiere deine Vertrauenspersonen: Gib Kopien deiner Verfügung an deine Angehörigen, deine Hausärztin oder deinen Hausarzt und falls gewünscht an dein Pfarramt. So stellst du sicher, dass deine Verfügung im Notfall schnell gefunden wird.
Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Die Patientenverfügung ersetzt keine Vorsorgevollmacht. Eine Patientenverfügung regelt medizinische Maßnahmen, aber mehr nicht. Wenn du willst, dass jemand deine Interessen auch in anderen Fragen vertritt (z. B. bei Behörden oder der Bank), brauchst du zusätzlich eine Vorsorgevollmacht.
Auch eine Betreuungsverfügung kann sinnvoll sein. Häufig entscheiden sich Betroffene dazu, alles miteinander zu kombinieren, um umfassend abgesichert zu sein.
Wenn du sicher sein willst, dass deine Verfügung sowohl rechtlich als auch im Einklang mit deinem Glauben verfasst ist, kannst du eine Vorlage der EKD oder DBK nutzen. Diese enthalten bereits viele wichtige Formulierungen und lassen sich anpassen. Auch eine Beratung durch deine Kirchengemeinde oder einen christlichen Hospizdienst kann hilfreich sein. Lasse deine Patientenverfügung im Zweifel immer anwaltlich überprüfen, um sicherzustellen, dass sie auch rechtlich wirksam ist.
Kann ich eine christliche Patientenverfügung nachträglich ändern?
Ja, das geht jederzeit – und das ist sogar ausdrücklich erwünscht. Eine Patientenverfügung ist keine Entscheidung für die Ewigkeit. Dein Gesundheitszustand, dein Lebensumfeld oder auch deine religiöse Überzeugung können sich mit der Zeit verändern. Deshalb solltest du deine Verfügung regelmäßig überprüfen und bei Bedarf anpassen.
Voraussetzung für Änderungen ist deine Geschäftsfähigkeit. Solange du rechtlich in der Lage bist, deine Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, kannst du die Verfügung ändern oder widerrufen – ganz formlos. Es reicht zum Beispiel ein handschriftlicher Zusatz mit Datum und Unterschrift. Du kannst die alte Version auch durchstreichen und neu unterschreiben.
Änderungen sollten immer dokumentiert werden. Wenn du etwas änderst, gib der neuen Version unbedingt ein aktuelles Datum. Nur so können Ärzt:innen oder Angehörige erkennen, dass dein Wille noch gilt. Vermeide mehrere Versionen im Umlauf, das sorgt sonst für Verwirrung.
Auch dein Glaube kann sich verändern. Vielleicht warst du früher kirchlich gebunden und hast dich später distanziert oder umgekehrt. Dann macht es Sinn, die religiösen Passagen deiner Verfügung zu überarbeiten. Du darfst selbst entscheiden, wie viel oder wie wenig Glaube in deiner Verfügung vorkommt.
Sprich mit Vertrauenspersonen darüber. Wenn du deine Patientenverfügung änderst, solltest du das auch deinen Angehörigen, Ärzt:innen und ggf. deinem Pfarramt mitteilen. Veraltete Informationen können im Ernstfall zu falschen Entscheidungen führen.
Fazit
Eine christliche Patientenverfügung verbindet medizinische Entscheidungen mit deinem Glauben und deinen Werten. Sie gibt dir die Möglichkeit, im Einklang mit deinem christlichen Weltbild über Leben, Leiden und Sterben zu entscheiden, auch wenn du selbst nicht mehr sprechen kannst. Gleichzeitig schafft sie Klarheit für Angehörige und Ärzt:innen und verhindert schwere Konflikte im Notfall.
Wichtig ist, dass deine Verfügung juristisch gültig ist. Du darfst dabei ausdrücklich deine christliche Überzeugung einfließen lassen, das stärkt deine Argumentation und hilft anderen, deinen Willen besser zu verstehen. Nutze Vorlagen der Kirchen, wende dich an spezialisierte Anwält:innen, besprich dich mit Ärzt:innen oder Seelsorger:innen und überprüfe die Verfügung regelmäßig. So sorgst du gut für den Ernstfall vor.