Nötigung im Straßenverkehr: Beispiele, Strafe und Anzeige

Autofahrer:innen erleben es öfter: Man ist im dichten Verkehr unterwegs, als plötzlich ein anderes Fahrzeug dicht auffährt, aggressiv die Lichthupe betätigt oder gar zum Überholen ansetzt, obwohl kein Platz ist. Solche gefährlichen Situationen sind nicht nur nervenaufreibend, sondern können auch ernste Folgen haben. 

Die Nötigung im Straßenverkehr ist strafbar und wird in Deutschland immer häufiger zur Anzeige gebracht. Besonders auf Autobahnen und in Innenstädten kommt es zu solchen Vorfällen, bei denen Drängeln, Schneiden oder Ausbremsen zum Einsatz kommen, um andere Verkehrsteilnehmer:innen zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen. Erfahre in diesem Artikel mehr darüber!

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Das Wichtigste in Kürze

Nötigung im Straßenverkehr umfasst gefährliche und aggressive Fahrmanöver wie Drängeln, Schneiden oder Ausbremsen. 
✅ Diese Handlungen sind strafbar und werden mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren geahndet.
✅ Wer eine Anzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr erstatten möchte, sollte möglichst viele Beweise sammeln (z. B. Dashcam-Aufnahmen, Zeugenaussagen und detaillierte Beschreibungen des Vorfalls).
✅ In Fällen von Aussage gegen Aussage ist die Beweislage oft unklar. Ohne handfeste Beweise gilt die Unschuldsvermutung, also „im Zweifel für den Angeklagten“. 
✅ Wer durch Nötigung einen Unfall verursacht, muss mit Schadensersatzforderungen oder Schmerzensgeldansprüchen rechnen. Daher sollten sich alle Verkehrsteilnehmer:innen ihrer Verantwortung bewusst sein.

Was ist Nötigung im Straßenverkehr?

Für die Nötigung im Straßenverkehr gilt der § 240 StGB. Demnach begeht Nötigung, wer rechtswidrig durch Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel einen anderen Menschen zu einem bestimmten Verhalten zwingt. Das Verhalten kann in einer Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung bestehen. Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

Im Straßenverkehr bedeutet das, dass Fahrer:innen durch aggressive Fahrmanöver versuchen, andere Verkehrsteilnehmer:innen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen – etwa schneller zu fahren, Platz zu machen oder die Spur zu wechseln. Allein der Versuch ist bereits strafbar.

Beispiele aus dem Alltag

Typische Situationen aus dem Alltag zeigen, wie schnell man selbst Teil einer Nötigung im Straßenverkehr werden kann:

  • Drängeln auf der Autobahn: Ein Fahrzeug fährt auf der Überholspur dicht auf, betätigt die Lichthupe und fordert den Fahrer davor auf, die Spur freizumachen, obwohl kein Platz zum Einfädeln besteht.
  • Schneiden nach dem Überholen: Ein Fahrzeug überholt mit überhöhter Geschwindigkeit und schert unmittelbar vor dem anderen Fahrzeug ein, sodass dieses abbremsen muss.
  • Ausbremsen nach einem Streit: Nach einem Konflikt auf der Straße bremst die Fahrerin absichtlich stark ab, um den Hintermann zum Anhalten zu zwingen.
  • Verhindern des Spurwechsels: Ein Fahrzeug blockiert absichtlich eine Lücke, um eine andere Fahrerin nicht auf die Spur wechseln zu lassen.

Nicht nur Autofahrer:innen können Opfer solcher Handlungen werden. Auch Motorradfahrer:innen, Radfahrer:innen oder sogar Fußgänger:innen sind oft diesem Verhalten ausgesetzt. Eine solche Situation kann für alle Beteiligten schnell gefährlich werden und im schlimmsten Fall zu einem Unfall führen. Selbst als Beifahrer:in kann man sich strafbar machen, wenn man den Fahrer oder die Fahrerin zu einer solchen Handlung anstiftet. 

Nötigung im Straßenverkehr: Diese Strafe droht

Wer sich im Straßenverkehr der Nötigung schuldig macht, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Laut § 240 StGB wird eine Nötigung mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bestraft. Das Gericht entscheidet hierbei individuell nach Schwere der Tat und den konkreten Umständen des Einzelfalls.

In vielen Fällen bleibt es jedoch nicht bei einer Geld- oder Freiheitsstrafe. Wer im Straßenverkehr durch aggressives Verhalten auffällt, riskiert auch seine Fahrerlaubnis

  • Je nach Schwere der Tat kann das Gericht ein Fahrverbot von 1-3 Monaten verhängen oder die Fahrerlaubnis komplett entziehen
  • Zudem kann eine Eintragung im Fahreignungsregister in Flensburg vorgenommen werden. Hier drohen bei Nötigung bis zu 3 Punkte.

Besonders drastisch können die Konsequenzen sein, wenn es durch die Nötigung zu einem Unfall kommt oder Personen zu Schaden kommen. In solchen Fällen sind sogar Freiheitsstrafen von mehr als 3 Jahren möglich.

Das Gericht berücksichtigt bei der Strafzumessung auch, ob die beschuldigte Person bereits vorbestraft ist. Wiederholungstäter:innen müssen mit härteren Strafen rechnen. Ein weiterer Grund, im Straßenverkehr immer ruhig zu bleiben und nicht aus der Situation heraus zu handeln.

MPU wegen Nötigung im Straßenverkehr

Eine weitere Konsequenz kann die Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) sein. Diese wird oft als „Idiotentest“ bezeichnet und überprüft, ob der Fahrer oder die Fahrerin überhaupt geeignet ist, weiterhin am Straßenverkehr teilzunehmen.

Wird die MPU angeordnet, muss die betroffene Person nachweisen, dass sich ihr Verhalten im Straßenverkehr grundlegend geändert hat. Und: Ohne bestandene MPU gibt es keinen Führerschein zurück!

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen können auch zivilrechtliche Ansprüche dazukommen. Wer durch Nötigung im Straßenverkehr einen Unfall verursacht, muss für den entstandenen Schaden aufkommen. Dies kann nicht nur die Reparaturkosten des beschädigten Fahrzeugs betreffen, sondern auch Schmerzensgeldforderungen oder Schadensersatz (z. B. Verdienstausfälle), wenn ein Unfallopfer durch den Vorfall arbeitsunfähig wird.

Anzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr

Wer sich durch das Verhalten von anderen Verkehrsteilnehmer:innen bedrängt oder gefährdet fühlt, kann diesen wegen Nötigung im Straßenverkehr anzeigen. Eine Anzeige ist nicht nur eine Möglichkeit, sich zu wehren, sondern auch wichtig, um solche gefährlichen Manöver zu dokumentieren und andere vor ähnlichen Erlebnissen zu schützen. 

Nötigung im Straßenverkehr anzeigen – so geht’s!

Wer eine Anzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr erstatten möchte, sollte zunächst versuchen, so viele Beweise wie möglich zu sammeln. Diese können später helfen, die Vorwürfe zu untermauern. 

Sinnvolle Beweise sind zum Beispiel:

  • Zeug:innen: Mitfahrer:innen oder andere Verkehrsteilnehmer:innen, die den Vorfall beobachtet haben, können als Zeug:innen auftreten.
  • Videoaufnahmen: Dashcam-Aufnahmen sind hilfreich, um das Verhalten zu dokumentieren. Aber: In Deutschland sind solche Aufnahmen nur unter bestimmten Voraussetzungen als Beweismittel zulässig!
  • Fotos und Notizen: Auch Fotos vom Fahrzeug der beschuldigten Person (Kennzeichen) sowie Notizen zum Tatort und zur Tatzeit können wichtig sein.

Die Anzeige kann bei jeder Polizeidienststelle oder online erstattet werden. In der Anzeige sollte möglichst genau beschrieben werden, was passiert ist: Wie war das Verhalten der beschuldigten Person? Wo genau fand der Vorfall statt? Gab es Zeug:innen oder Aufnahmen, die den Hergang belegen können? Je detaillierter die Angaben, desto besser kann die Polizei den Sachverhalt nachvollziehen. Grundsätzlich gilt also: Je mehr Beweise gesammelt werden, desto besser! 

Was tun, wenn ich angezeigt wurde?

Eine Anzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr ist ernst zu nehmen und sollte keinesfalls ignoriert werden. Wer eine solche Anzeige erhält, muss sich gut überlegen, wie er weiter vorgeht. 

Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass jede beschuldigte Person in Deutschland das Recht hat, die Aussage zu verweigern. Es besteht keine Pflicht, sich selbst zu belasten. Stattdessen sollte man umgehend einen Anwalt oder eine Anwältin aufsuchen, der oder die auf das Verkehrsrecht spezialisiert ist. Diese können den Sachverhalt prüfen und dich zur Rechtslage und deinen Möglichkeiten beraten. 

Du hast eine Anzeige erhalten?

Folgende Vorgehensweise wird von Strafverteidiger:innen in der Regel empfohlen:

Ruhe bewahren: Nicht sofort reagieren oder impulsiv handeln. Hektische Handlungen oder unüberlegte Aussagen können die Situation verschlimmern.

Anwalt oder Anwältin einschalten: Am besten sofort anwaltliche Unterstützung einholen, sobald dir eine Straftat vorgeworfen wurde. Diese können dich umfassend beraten und die Kommunikation mit den Behörden übernehmen.

Akteneinsicht beantragen: Der Anwalt oder die Anwältin wird sich die Ermittlungsakte ansehen und herausfinden, welche Beweise gegen dich vorliegen. Darauf aufbauend entwickelt ihr gemeinsam eine Verteidigungsstrategie.

Beweise sichern: Beweise sammeln, die deine Unschuld belegen könnten. Das können Zeug:innen sein, die den Vorfall anders erlebt haben oder eigene Videoaufnahmen, die eine andere Perspektive zeigen.

Die Verteidigungsmöglichkeiten hängen stark von der Beweislage ab. Wenn zum Beispiel keine ausreichenden Beweise für eine Nötigung vorliegen, kann dein Anwalt oder deine Anwältin versuchen, das Verfahren wegen mangelnder Beweise einstellen zu lassen. Auch können Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeug:innen angebracht sein.

Wenn die Beweislage aber eindeutig ist, kann es sein, dass die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beantragt. Das bedeutet, dass das Verfahren ohne Hauptverhandlung abgeschlossen wird. Gegen einen Strafbefehl kannst du innerhalb von 2 Wochen Einspruch einlegen, um eine Gerichtsverhandlung mit Anhörung doch noch stattfinden zu lassen.

Ob in deinem individuellen Fall ein Strafbefehl oder eine Gerichtsverhandlung sinnvoller erscheint, solltest du unbedingt mit einer professionellen Strafverteidigung besprechen.

Nötigung im Straßenverkehr: Aussage gegen Aussage

Im Straßenverkehr sind oft nur wenige objektive Beweise vorhanden, wenn es zu einem Streitfall kommt. Häufig steht Aussage gegen Aussage, wenn es um Nötigung im Straßenverkehr geht. Dies ist ein Problem, denn ohne klare Beweise ist es schwierig, die Vorwürfe zu be- oder widerlegen. 

Bei einem Vorwurf der Nötigung im Straßenverkehr ist die Beweislage oft schwierig. Das liegt daran, dass solche Vorfälle in der Regel sehr schnell passieren und es meist keine (unabhängigen) Zeug:innen gibt oder diese nicht bekannt sind. Auch Dashcam-Aufnahmen sind nicht immer verfügbar bzw. verwertbar oder sie decken nicht die gesamte Situation ab.

Fehlende oder widersprüchliche Beweise erschweren aber die Sachverhaltsaufklärung. Das bedeutet, dass die Aussagen der Beteiligten besonders genau geprüft werden müssen. Hierbei kann es passieren, dass sich die Aussagen widersprechen oder wichtige Details unterschiedlich dargestellt werden.

Zeug:innen spielen bei der Aufklärung solcher Fälle eine zentrale Rolle. Allerdings werden Aussagen von Mitfahrer:innen manchmal weniger gewichtet, da sie als befangen gelten können. Wichtig sind also unabhängige Zeug:innen, also Personen, die das Geschehen beobachtet haben, ohne selbst beteiligt gewesen zu sein.

Was tun bei unklarer Beweislage?

Bei unklarer Beweislage ist es wichtig, ruhig zu bleiben und keine voreiligen Aussagen zu machen. Spezialisierte Anwält:innen im Verkehrsrecht können die Situation analysieren und eine fundierte rechtliche Einschätzung dazu abgeben. Oft ist es sinnvoll, selbst Beweise zu sichern oder Gegenzeug:innen zu benennen.

Unschuldsvermutung

In solchen Fällen kann es darauf hinauslaufen, dass die Tat nicht eindeutig nachweisbar ist. Das Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“ (in dubio pro reo) gilt auch hier. Das heißt, wenn die Beweislage nicht ausreicht, um die Schuld zweifelsfrei festzustellen, wird das Verfahren in der Regel eingestellt oder die angeklagte Person freigesprochen.

Die Einstellung des Verfahrens bedeutet jedoch nicht, dass man keine Konsequenzen zu befürchten hat. Ein eingestelltes Verfahren kann in den Akten vermerkt werden und bei zukünftigen Verkehrskontrollen oder Vorfällen negativ auffallen.

Fazit

Eine Nötigung im Straßenverkehr kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Wer durch aggressives Drängeln, Schneiden oder Ausbremsen andere Verkehrsteilnehmer bedrängt, riskiert nicht nur eine empfindliche Geldstrafe oder Freiheitsstrafe, sondern auch den Entzug der Fahrerlaubnis. Häufig unterschätzen Betroffene die Tragweite solcher Handlungen, die schnell zu Unfällen oder sogar Personenschäden führen können.

Es gilt weiterhin: Jede:r sollte im Straßenverkehr fair und rücksichtsvoll bleiben. Es geht schließlich nicht nur um das eigene Recht, sondern um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer:innen.

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