Strafantritt nicht angetreten: Wann kommt Haftbefehl?

Eine Haftstrafe zu verbüßen, gehört zu den gravierendsten Einschnitten im Leben. Doch was passiert, wenn Du die Haftstrafe einfach nicht antrittst? Welche Konsequenzen drohen Dir, und welche rechtlichen Möglichkeiten hast Du? In diesem Artikel erklärt Dir Fachanwalt für Strafrecht Dr. jur. Frank K. Peter umfassend, was auf Dich zukommen kann, wenn Du bei der Ladung zum Strafantritt nicht angetreten bist.

Das Wichtigste in Kürze

Eine Ladung zum Strafantritt ist verpflichtend. Ignorierst Du die Ladung, kann dies zu Vorführungen durch die Polizei und einem Haftbefehl führen.
Das Nichtantreten der Haft hat gravierende Konsequenzen. Dazu gehören zusätzliche Kosten durch Fahndungsmaßnahmen oder erschwerte Chancen auf Bewährung.
Es gibt Möglichkeiten, die Haft aufzuschieben oder zu umgehen. Dazu zählen Strafaufschub, Aussetzung bei gesundheitlicher Untauglichkeit, Gnadengesuche oder die Verbüßung im offenen Vollzug oder durch eine elektronische Fußfessel.
Strafantritt nicht angetreten? Wenn Du die Haft nicht antreten kannst, solltest Du umgehend die Staatsanwaltschaft kontaktieren, Nachweise für einen Antrag auf Aufschub vorbereiten und anwaltliche Unterstützung suchen.
Untertauchen ist keine Lösung! Ein Abtauchen verschärft die Situation erheblich und führt zu zusätzlichen rechtlichen und finanziellen Belastungen. Offenheit und rechtzeitige Maßnahmen sind entscheidend, um die Folgen zu minimieren.

Die Ladung zum Strafantritt

Nach einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung oder einem Bewährungswiderruf erhältst Du eine sogenannte Ladung zum Strafantritt. Diese wird in der Regel von der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde zugestellt. Darin wird Dir mitgeteilt, wann und in welcher Justizvollzugsanstalt Du Dich einfinden musst, um Deine Haft anzutreten.

Der Termin ist verpflichtend. Ignorierst Du die Ladung, wird die Staatsanwaltschaft davon ausgehen, dass Du die Strafe absichtlich nicht antreten möchtest. Daher solltest Du die Ladung ernst nehmen und nicht einfach abtauchen.

Strafantritt nicht angetreten: Was passiert jetzt?

Wenn Du die Haftstrafe nicht antrittst, wertet die Staatsanwaltschaft das als Missachtung ihrer Anordnung. Das führt dazu, dass sie Maßnahmen einleitet, um die Vollstreckung sicherzustellen. Dabei kann es zu folgenden Schritten kommen:

  • Vorführung durch die Polizei: Zunächst wird die Polizei beauftragt, Dich aufzusuchen und zur Justizvollzugsanstalt zu bringen. Es handelt sich dabei um eine sogenannte „Vorführung“, bei der Du gegen Deinen Willen abgeholt werden kannst.
  • Haftbefehl: Bist Du nicht auffindbar oder entziehst Dich der Polizei, wird die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl beim zuständigen Gericht beantragen. Mit diesem Haftbefehl wirst Du zur Fahndung ausgeschrieben, was auch Deine Festnahme zur Folge haben wird.
  • Erweiterte Fahndung: Solltest Du untertauchen oder Dein Aufenthaltsort unbekannt sein, kann die Polizei weitere Maßnahmen einleiten. Dazu gehören öffentliche Fahndungen oder – in schweren Fällen – eine internationale Ausschreibung.

Welche zusätzlichen Konsequenzen drohen Dir?

Das bewusste Nichtantreten der Haft hat schwerwiegendere Folgen, als es man zunächst denkt:

  1. Erschwerte Bewährungsmöglichkeiten: Deine Chancen auf eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung verschlechtern sich erheblich. Dein Verhalten wird negativ bewertet und fließt in Entscheidungen über Vollzugslockerungen ein.
  2. Hohe Kosten: Alle durch die Fahndung und die Zwangsvollstreckung entstehenden Kosten können Dir in Rechnung gestellt werden. Das kann finanziell sehr belastend sein.
  3. Rufschädigung: Öffentlich bekannt gewordene Fahndungsmaßnahmen können Deinen Ruf erheblich beeinträchtigen – beruflich wie privat.

Was kannst Du tun, wenn Du die Haft nicht antreten kannst?

Es gibt legitime Gründe, warum Du eine Haft nicht wie vorgesehen antreten kannst oder möchtest. Wichtig ist, dass Du frühzeitig und glaubhaft handelst. Folgende Möglichkeiten stehen Dir offen:

Vorübergehender Strafaufschub (§ 456 StPO)

Ein Aufschub von bis zu 4 Monaten ist möglich, wenn Du oder Deine Familie durch die sofortige Haft erhebliche Nachteile erleiden würdet, die über normale Belastungen hinausgehen. Beispiele: Abschluss einer Ausbildung, Übergabe eines Betriebs oder Betreuung von Kindern. Bei Ablehnung kannst Du einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen, was die Vollstreckung jedoch nicht automatisch stoppt.

Strafausstand bei Vollzugsuntauglichkeit (§ 455 StPO)

Falls Du gesundheitlich nicht haftfähig bist (z. B. Lebensgefahr oder unzureichende medizinische Versorgung), kann die Freiheitsstrafe aufgeschoben werden. Auch hier hemmt ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung den Haftantritt nicht automatisch.

Gnadengesuch

In besonderen Härtefällen kannst Du ein Gnadengesuch an die zuständigen Justizbehörden richten. Damit kannst Du versuchen, die Strafe zu verkürzen oder in eine mildere Strafe, wie eine Geldstrafe, umzuwandeln.

Offener Vollzug oder elektronische Fußfessel

Je nach Fall kannst Du beantragen, Deine Strafe im offenen Vollzug oder – unter bestimmten Voraussetzungen – durch eine elektronische Fußfessel zu verbüßen. Das erfordert jedoch eine frühzeitige Klärung und gute Begründung.

Zweifel über die Auslegung des Urteils (§ 458 Abs. 1 StPO)

Wenn Zweifel zur Auslegung des Urteils, zur Berechnung der Strafe oder zur Zulässigkeit der Strafvollstreckung bestehen, kannst Du eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Der Haftantritt wird dadurch aber nicht automatisch gestoppt. In Ausnahmefällen kann das Gericht vorläufigen Strafaufschub oder eine Unterbrechung anordnen (§ 458 Abs. 3 StPO). Beispiele sind Widersprüche im Urteil oder Unklarheiten bei der Anrechnung von Untersuchungshaft.

Absehen von der Vollstreckung bei Auslieferung oder Ausweisung (§ 456a StPO)

Falls Du ausgeliefert oder abgeschoben wirst, kann auf die Vollstreckung verzichtet werden. Das passiert meist erst nach der Verbüßung der Hälfte der Strafe.

Ersatzfreiheitsstrafe

  • Tilgung durch Zahlung: Wenn Du die Geldstrafe zahlst, ist die Ersatzfreiheitsstrafe erledigt (§ 459e Abs. 4 StPO).
  • Tilgung durch Arbeit: Du kannst die Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeit ersetzen (6 Stunden pro Tagessatz).
  • Unbillige Härte (§ 459f StPO): In besonderen Ausnahmefällen kann die Ersatzfreiheitsstrafe ausgesetzt werden, wenn sie eine unverhältnismäßige Härte darstellt.
  • Keine Ersatzfreiheitsstrafe bei gleichzeitiger Freiheitsstrafe: Wenn Geld- und Freiheitsstrafe zusammen verhängt wurden, kann die Geldstrafe unter bestimmten Bedingungen entfallen (§§ 459e Abs. 4 i. V. m. 459d StPO).

Checkliste: Das solltest Du beim Strafantritt beachten

Wenn Du vor der Ladung zum Strafantritt stehst oder die Haft bereits angetreten werden müsste, hilft Dir diese Checkliste, die richtigen Schritte einzuleiten:

  1. Ladung genau prüfen: Lies die Ladung sorgfältig und notiere Dir den Termin und die Vollzugsanstalt.
  2. Frühzeitig handeln: Wenn Du den Termin nicht einhalten kannst oder möchtest, kontaktiere umgehend die Staatsanwaltschaft oder einen Strafverteidiger:in.
  3. Nachweise vorbereiten: Bei einem Antrag auf Haftaufschub benötigst Du Nachweise, z. B. ärztliche Atteste oder Dokumente zu familiären Notfällen.
  4. Strafverteidiger:in kontaktieren: Lass Dich von einer erfahrenen Anwältin oder einem Anwalt beraten, um rechtliche Fehler zu vermeiden.
  5. Gnadengesuch einreichen: Wenn ein Härtefall vorliegt, bereite ein gut begründetes Gnadengesuch vor.
  6. Nicht untertauchen: Tauchen verschärft die Situation nur und macht die rechtliche Lage komplizierter.
  7. Klar kommunizieren: Erkläre Deine Situation ehrlich und transparent gegenüber Behörden und Deinem Rechtsbeistand.

Warum Du frühzeitig anwaltliche Hilfe brauchst

Das bewusste Nichtantreten einer Haftstrafe verschlimmert die Situation erheblich. Es gibt jedoch oft rechtliche Möglichkeiten, um die Haft zu verschieben oder alternative Lösungen zu finden. Wichtig ist, dass Du Dir rechtzeitig anwaltliche Unterstützung holst. Als erfahrener Strafverteidiger unterstütze ich Dich dabei, die für Dich beste Lösung zu finden.

Fazit

Die Nichtantritt einer Haftstrafe hat schwerwiegende Folgen – von finanziellen Kosten über rechtliche Nachteile bis hin zu einer erschwerten Haftbedingungen. Es ist wichtig, aktiv zu handeln und nicht abzutauchen. Mit professioneller Unterstützung kannst Du Deine Situation klären und mögliche Härten abwenden. Lass uns gemeinsam eine Lösung finden, bevor die Lage eskaliert!

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