Strafantrag oder Strafanzeige: Was ist der Unterschied?

Du hast eine Straftat bemerkt oder bist vielleicht selbst betroffen? Dann fragst du dich sicher, was du tun kannst, um Gerechtigkeit zu schaffen. Begriffe wie „Strafanzeige“ und „Strafantrag“ fallen dabei schnell, doch was bedeuten sie eigentlich genau? Und was ist eigentlich der Unterschied? Die Unterscheidung zwischen Strafanzeige und Strafantrag ist wichtiger, als viele denken, denn sie kann darüber entscheiden, ob ein Verfahren überhaupt eingeleitet wird. Erfahre mehr in diesem Artikel.

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Das Wichtigste in Kürze

Unterschied zwischen Strafanzeige und Strafantrag: Eine Strafanzeige informiert die Behörden über eine mögliche Straftat und kann von allen eingereicht werden. Ein Strafantrag hingegen ist eine ausdrückliche Aufforderung, eine Straftat zu verfolgen und grundsätzlich nur durch die Opfer möglich.
Antragsdelikte erfordern einen Strafantrag: Bei bestimmten Delikten wie Beleidigung oder einfacher Körperverletzung ist ein Strafantrag zwingend notwendig. Ohne diesen bleibt die Tat oft ungeahndet.
Frist für den Strafantrag: Der Strafantrag muss innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Tat und der beschuldigten Person gestellt werden. Danach ist eine Verfolgung meist ausgeschlossen.
Wer darf anzeigen? Eine Strafanzeige können alle stellen, auch anonym. Einen Strafantrag dürfen nur direkt Betroffene einreichen. Bei Minderjährigen oder Verstorbenen können Vertreter:innen oder Angehörige einspringen.
Beides gleichzeitig möglich: Es ist sinnvoll, Strafanzeige und Strafantrag gleichzeitig einzureichen, vor allem bei Unsicherheit, ob es sich um ein Antragsdelikt handelt. Das vermeidet Verzögerungen im Verfahren.

Was ist eine Strafanzeige?

Eine Strafanzeige (auch Anzeige genannt) ist die offizielle Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden – also die Polizei oder Staatsanwaltschaft –, dass möglicherweise eine Straftat vorliegt. Diese Mitteilung dient dazu, die Ermittlungen in Gang zu setzen. Anders als viele denken, musst du selbst nicht direkt von der Straftat betroffen sein, um eine Strafanzeige zu stellen. Sie kann von jeder Person eingereicht werden, die Kenntnis von einer möglichen Straftat hat.

Du kannst eine Strafanzeige auf verschiedene Weise einreichen:

  • Mündlich: Zum Beispiel direkt bei einer Polizeiwache. Hier wird deine Aussage protokolliert.
  • Schriftlich: Per Post oder E-Mail an die zuständige Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft.
  • Online: Einige Bundesländer bieten inzwischen Online-Portale für Anzeigen an.
  • Anonym: Wenn du deine Identität nicht preisgeben willst, kannst du die Anzeige auch anonym stellen. Allerdings kann das die Ermittlungen erschweren, weil Rückfragen nicht möglich sind.

Die Grundlage für die Strafanzeige findest du in § 158 Abs. 1 StPO.

Beispiele einer Anzeige aus dem Alltag

  • Du beobachtest, wie jemand ein Fahrrad stiehlt und meldest das der Polizei.
  • Du stellst fest, dass du online betrogen wurdest, etwa bei einer Bestellung und erstattest Anzeige.
  • Dir fällt ein Konto auf, über das wiederholt Fake-Shops betrieben werden und informierst die Staatsanwaltschaft.

Was passiert nach der Anzeige?

Sobald eine Strafanzeige vorliegt, prüfen die Behörden, ob ein sogenannter Anfangsverdacht besteht. Dieser Verdacht bedeutet, dass es genügend konkrete Hinweise gibt, um Ermittlungen zu rechtfertigen. Die Staatsanwaltschaft entscheidet dann, ob sie die Ermittlungen aufnimmt oder die Anzeige mangels ausreichender Beweise zurückweist. Wenn es ausreichend Beweise gibt, ist die Staatsanwaltschaft dazu verpflichtet, der Straftat nachzugehen (Legalitätsprinzip, § 152 Abs. 2 StPO).

Wichtige Punkte zur Strafanzeige

Keine Bindung an die anzeigende Person:
Nach der Anzeige liegt die weitere Vorgehensweise ausschließlich in den Händen der Behörden. Du kannst zwar die Anzeige zurückziehen, wenn du es dir anders überlegst. Aber du kannst grundsätzlich nicht den Gang der Ermittlungen beeinflussen oder darüber entscheiden.

Keine Kosten:
Die Strafanzeige selbst ist in Deutschland immer kostenlos, unabhängig davon, wie das Verfahren ausgeht.

Keine Garantie auf ein Verfahren:
Selbst wenn du eine Anzeige erstattest, kann es passieren, dass das Verfahren eingestellt wird – etwa, wenn keine ausreichenden Beweise vorliegen.

Eine Strafanzeige ist jedoch nicht dasselbe wie ein Strafantrag. Sie reicht aus, um die Behörden zu informieren, aber sie ist in bestimmten Fällen nicht ausreichend, um eine Straftat tatsächlich verfolgen zu lassen. Insbesondere bei sogenannten Antragsdelikten musst du zusätzlich einen Strafantrag stellen, damit ein Verfahren eingeleitet wird.

Was ist ein Strafantrag?

Ein Strafantrag ist eine besondere Erklärung, die du abgeben musst, wenn es um sogenannte Antragsdelikte geht. Im Gegensatz zur Strafanzeige, die einfach nur eine Information über eine Straftat ist, drückst du mit einem Strafantrag deinen ausdrücklichen Wunsch aus, dass die Straftat strafrechtlich verfolgt wird. Ohne einen solchen Antrag kann die Staatsanwaltschaft in bestimmten Fällen gar nicht aktiv werden.

Was sind Antragsdelikte?

Antragsdelikte sind Straftaten, bei denen der Gesetzgeber der Meinung ist, dass sie nur verfolgt werden sollen, wenn das Opfer dies ausdrücklich wünscht. Häufig handelt es sich um Delikte, die das persönliche Rechtsgefühl verletzen und bei denen ein staatliches Einschreiten nicht automatisch notwendig ist. 

Beispiele für Antragsdelikte sind:

Wird kein Strafantrag gestellt, bleibt die Tat in der Regel strafrechtlich folgenlos, selbst wenn die Polizei oder Staatsanwaltschaft davon Kenntnis erlangt. Allerdings gibt es Ausnahmen: Bei einem „besonderen öffentlichen Interesse“ kann die Staatsanwaltschaft auch ohne Strafantrag ermitteln.

Wer darf einen Strafantrag stellen?

Grundsätzlich darf nur die geschädigte Person, also das Opfer selbst, den Strafantrag stellen. In bestimmten Fällen, wie bei Minderjährigen, können auch die gesetzlichen Vertreter:innen den Antrag abgeben. Wenn der Geschädigte verstorben ist, können enge Angehörige, wie Ehepartner oder Kinder, dies übernehmen.

Wie stelle ich einen Strafantrag?

Den Strafantrag musst du innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Straftat und der beschuldigten Person stellen (§ 77b Abs. 1 StGB). Verpasst du diese Frist, kann die Tat in der Regel nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden.

Im Strafantrag musst du deutlich machen, dass du die Verfolgung der Straftat wünschst. Der Antrag kann mündlich bei einer Polizeidienststelle oder schriftlich bei der Staatsanwaltschaft eingereicht werden. Manche Strafanzeigen enthalten automatisch auch einen Strafantrag, wenn die geschädigte Person dies ausdrücklich so formuliert.

Was passiert nach dem Strafantrag?

Nach Eingang des Strafantrags prüfen die Behörden zunächst, ob die Tat tatsächlich ein Antragsdelikt ist. Liegt ein solches vor und gibt es genügend Beweise, werden Ermittlungen eingeleitet. Der Strafantrag kann aber auch während des Verfahrens zurückgenommen werden, was meist direkt zur Einstellung des Verfahrens führt.

Während also die Strafanzeige eine Information über eine Straftat ist, ist der Strafantrag eine klare Aufforderung, diese zu verfolgen. Beide können notwendig sein, aber der Strafantrag ist zur Verfolgung von Antragsdelikten in Deutschland unabdingbar.

Strafantrag vs. Strafanzeige: Was ist der Unterschied und kann ich beides gleichzeitig stellen?

Ja, es ist möglich, eine Strafanzeige und einen Strafantrag gleichzeitig zu stellen. In vielen Fällen ergibt das sogar Sinn, insbesondere wenn du unsicher bist, ob die vorliegende Straftat ein sogenanntes Antragsdelikt ist.

Wenn du eine Strafanzeige einreichst, kannst du manchmal direkt angeben, dass du zusätzlich einen Strafantrag stellen möchtest. Das kannst du zum Beispiel so formulieren:
„Ich erstatte hiermit Strafanzeige und stelle gleichzeitig Strafantrag.“

Wann ist es sinnvoll, beides zu tun?

  • Unsicherheit über die Art der Straftat: Wenn du dir nicht sicher bist, ob es sich um ein Antragsdelikt handelt oder nicht. Die Behörden klären dann, ob ein Strafantrag erforderlich ist.
  • Zeitersparnis: Indem du beides gleichzeitig einreichst, verhinderst du, dass du nachträglich zur Stellung eines Strafantrags aufgefordert wirst. Das kann bei knappen Fristen entscheidend sein.
  • Komplexe Sachverhalte: Wenn es um mehrere Straftaten geht, von denen einige Antragsdelikte und andere Offizialdelikte sein könnten (Offizialdelikte werden von Amts wegen verfolgt, z. B. Raub oder schwere Körperverletzung).

Was passiert, wenn nur eine Strafanzeige gestellt wird?

Wenn du lediglich eine Strafanzeige einreichst und es sich um ein Antragsdelikt handelt, wirst du in der Regel von der Staatsanwaltschaft oder Polizei darauf hingewiesen, dass ein Strafantrag erforderlich ist. Du hast dann 3 Monate Zeit, diesen nachzureichen. Solltest du innerhalb dieser Frist keinen Strafantrag stellen, wird das Verfahren nicht weiterverfolgt.

Solange die Dreimonatsfrist eingehalten wird, kannst du einen Strafantrag auch nachträglich stellen. Nach Ablauf dieser Frist ist ein Strafantrag nicht mehr möglich, es sei denn, es liegt ein besonderes öffentliches Interesse vor.

Rücknahme des Strafantrags

Wenn du einen Strafantrag gestellt hast, kannst du diesen auch wieder zurückziehen. Das führt in der Regel zur Einstellung des Verfahrens. Wichtig ist, dass du die Rücknahme schriftlich oder mündlich gegenüber den zuständigen Behörden erklärst. Beachte jedoch, dass bei Offizialdelikten die Rücknahme keine Auswirkungen hat, da die Staatsanwaltschaft hier von Amts wegen ermitteln muss. Mehr dazu erfährst du in unserem Beitrag zum Thema Anzeige zurückziehen.

Wer darf eine Strafanzeige oder einen Strafantrag stellen?

In Deutschland ist das Recht, eine Strafanzeige zu erstatten oder einen Strafantrag zu stellen, grundsätzlich sehr weit gefasst. Allerdings gibt es einige Unterschiede, je nachdem, ob es sich um eine Anzeige oder einen Antrag handelt und wer die Person ist, die die Tat meldet.

Wer darf eine Anzeige erstatten?

Jede Person kann eine Strafanzeige erstatten, unabhängig davon, ob sie selbst betroffen ist oder nicht. Das bedeutet:

  • Betroffene Personen: Wer durch die Straftat geschädigt wurde, hat selbstverständlich das Recht, eine Anzeige zu erstatten.
  • Unbeteiligte Dritte: Auch wenn du die Tat nur beobachtet hast, darfst du die Polizei oder Staatsanwaltschaft informieren.
  • Anonyme Anzeigen: Selbst wenn du deine Identität nicht preisgeben möchtest, kannst du eine anonyme Anzeige einreichen.

Wer darf einen Strafantrag stellen?

Das Recht, einen Strafantrag zu stellen, ist enger gefasst. Es gilt nur für Personen, die direkt oder indirekt von der Straftat betroffen sind. Dazu zählen:

  • Opfer der Straftat: Wer durch die Tat geschädigt wurde, hat das Recht, einen Strafantrag zu stellen (§ 77 Abs. 1 StGB).
  • Gesetzliche Vertreter:innen: Wenn die geschädigte Person minderjährig oder geschäftsunfähig ist, können die Eltern, Vormünder oder Betreuer:innen den Antrag einreichen.
  • Angehörige von Verstorbenen: Falls die betroffene Person verstorben ist, können nahe Angehörige (z. B. Ehepartner oder Kinder) den Strafantrag übernehmen (§ 77 Abs. 2 StGB).

Wenn eine minderjährige Person Opfer einer Straftat wird, sind grundsätzlich die Eltern oder gesetzlichen Vertreter:innen zuständig, den Strafantrag zu stellen. Ab einem gewissen Alter können Minderjährige unter Umständen selbst einen Antrag stellen, sofern sie ausreichend einsichtsfähig sind.

Auch Unternehmen, Vereine oder andere juristische Personen können eine Strafanzeige erstatten, etwa bei Wirtschaftsstraftaten wie Betrug oder Diebstahl. Ein Strafantrag muss in diesem Fall durch die zur Vertretung berechtigten Personen (z. B. Geschäftsführer:innen) gestellt werden.

Wenn mehrere Personen Opfer derselben Straftat sind, kann jede einzelne geschädigte Person einen eigenen Strafantrag stellen. Sollte nur eine Person den Antrag stellen, wird die Tat in der Regel auch zugunsten der anderen Betroffenen verfolgt, sofern die Interessen übereinstimmen.

Es gibt Situationen, in denen Dritte einen Strafantrag stellen dürfen, auch wenn sie nicht direkt betroffen sind:

  • Anzeigenpflicht in bestimmten Berufen: Personen in öffentlichen Ämtern (z. B. Lehrer:innen oder Beamt:innen) sind verpflichtet, bestimmte Straftaten anzuzeigen, wenn sie davon Kenntnis erlangen.
  • Strafantrag durch Beauftragte: Geschädigte können jemanden schriftlich bevollmächtigen, den Antrag in ihrem Namen zu stellen.

Fazit

Der Unterschied zwischen Strafanzeige und Strafantrag ist entscheidend, um die richtige rechtliche Vorgehensweise zu wählen. Während die Strafanzeige eine allgemeine Information über eine Straftat ist, braucht es bei bestimmten Antragsdelikten zwingend einen Strafantrag, damit die Behörden tätig werden. Ohne diesen Antrag bleibt eine Tat oft ungeahndet – selbst wenn die Polizei oder Staatsanwaltschaft davon Kenntnis hat. Mit dem richtigen Wissen über deine Rechte kannst du einen wichtigen Beitrag zur Durchsetzung von Recht und Ordnung leisten.

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