Arbeiten und gleichzeitig heimlich Urlaub machen – klingt verlockend, oder? Genau das steckt hinter dem neuen Trend „Quiet Vacationing“. Arbeitnehmer:innen melden sich offiziell nicht als abwesend, arbeiten aber deutlich weniger oder gar nicht, während sie an einem anderen Ort entspannen. Laut aktuellen Umfragen machen rund 5 % der Deutschen bereits heimlich Urlaub – Tendenz steigend. Besonders in Zeiten von Homeoffice und Remote Work scheint das Risiko, erwischt zu werden, gering.
Doch ist „Quiet Vacationing“ rechtlich problematisch? Welche Konsequenzen drohen, wenn der Arbeitgeber es herausfindet? Wir klären auf.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ „Quiet Vacationing“ ist arbeitsrechtlich problematisch. Wer heimlich Urlaub macht, obwohl er offiziell arbeitet, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten und kann dafür belangt werden.
✅ Es drohen ernste Konsequenzen. Abmahnungen, Kündigungen und in schweren Fällen sogar strafrechtliche Folgen wegen Arbeitszeitbetrugs sind mögliche Risiken. Arbeitgeber:innen können zudem eine Rückzahlung von Gehalt fordern.
✅ Urlaub muss genehmigt werden. Arbeitnehmer:innen dürfen sich in der Regel nicht eigenmächtig freinehmen. Auch Remote Work aus dem Ausland ist in vielen Unternehmen genehmigungspflichtig.
✅ Vertrauen ist entscheidend. Wer beim „Quiet Vacationing“ erwischt wird, riskiert einen massiven Vertrauensverlust. Das kann sich negativ auf Beförderungen und zukünftige Karriereschritte auswirken.
Quiet Vacationing: Was ist das?
„Quiet Vacationing“ beschreibt eine Praxis, bei der Arbeitnehmer:innen sich offiziell nicht als abwesend melden, aber dennoch Urlaub machen. Das bedeutet: Sie arbeiten entweder gar nicht oder nur minimal, während sie an einem anderen Ort entspannen – oft ohne Wissen des Unternehmens.
Dieses Verhalten ist besonders in Zeiten von Homeoffice und Remote Work möglich. Schließlich gibt es in vielen Unternehmen keine physische Anwesenheitspflicht mehr. Solange E-Mails sporadisch beantwortet und Videocalls umgangen werden, kann es schwierig sein, den Betrug nachzuweisen. Manche nutzen diese Lücke aus und nehmen sich heimlich Freizeit, ohne offiziell Urlaubstage zu beantragen.
Quiet Quitting vs. Quiet Vacationing
Das Konzept ähnelt dem bekannten „Quiet Quitting“, bei dem Arbeitnehmer:innen nur noch das absolute Minimum ihrer Arbeitsleistung erbringen.
Der Unterschied: Beim „Quiet Vacationing“ sind sie faktisch abwesend, ohne dass dies gemeldet wird. Es handelt sich also nicht um reduzierte Leistung, sondern um bewusste “Täuschung”, wenn man so will.
Oft geschieht das heimliche Urlaubmachen aus Frustration über zu wenige Urlaubstage oder eine hohe Arbeitsbelastung. Manche empfinden es als „gerechten Ausgleich“, wenn sie ohnehin mehr arbeiten als vertraglich vereinbart. Doch ist das rechtlich erlaubt – oder sogar ein Kündigungsgrund?
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Rechtslage: Ist Quiet Vacationing in Deutschland erlaubt?
Die kurze Antwort: Nein, heimlicher Urlaub ist nicht erlaubt. Arbeitnehmer:innen sind vertraglich dazu verpflichtet, ihre Arbeitszeit wie vereinbart zu leisten. Wer sich offiziell nicht abmeldet, aber faktisch nicht arbeitet, verletzt diese Pflicht.
Verstoß gegen den Arbeitsvertrag
Laut § 611a BGB schulden Arbeitnehmer:innen ihren Arbeitgeber:innen eine Arbeitsleistung. Wer während der Arbeitszeit stattdessen Urlaub macht, begeht grundsätzlich eine Vertragsverletzung. Besonders kritisch ist das, wenn die Arbeitsleistung nachweislich nicht erbracht wird – etwa, weil keine E-Mails beantwortet oder keine Aufgaben erledigt wurden.
Täuschung und Vertrauensbruch
„Quiet Vacationing“ kann nicht nur eine Arbeitsverweigerung darstellen, sondern auch eine Täuschung oder zumindest einen Täuschungsversuch darstellen. Das untergräbt das Vertrauensverhältnis und kann erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Viele Arbeitsverträge enthalten außerdem Klauseln zur Erreichbarkeit und zum Arbeitsort. Wer sich ins Ausland begibt, ohne dies mitzuteilen, verstößt möglicherweise gegen solche Regelungen.
Urlaub muss genehmigt werden
Nach § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss Urlaub grundsätzlich beantragt und genehmigt werden. Arbeitnehmer:innen können in der Regel nicht einfach selbst entscheiden, wann sie sich eine Auszeit nehmen. Mittlerweile gibt es zwar auch einige Unternehmen, die keine Rücksprache erwarten oder unbegrenzte Urlaubstage gewähren. Der Standard ist dies jedenfalls nicht. Für die meisten Angestellten gilt also weiterhin: Wer ohne Genehmigung Urlaub macht, riskiert arbeitsrechtliche Konsequenzen – insbesondere, wenn die Arbeitsleistung darunter leidet.
Viele Arbeitgeber:innen haben Regelungen, die das Arbeiten aus dem Ausland (“Workation”) erlauben – jedoch nur mit Zustimmung. Zudem können steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Fragen entstehen, wenn sich der Arbeitsort ins Ausland verlagert.
Quiet Vacationing: Mögliche Konsequenzen für Arbeitnehmer
Wer „Quiet Vacationing“ betreibt, geht ein hohes Risiko ein. Arbeitgeber:innen können auf verschiedene Weise reagieren – von einer Abmahnung bis hin zur fristlosen Kündigung. In bestimmten Fällen drohen sogar strafrechtliche Konsequenzen.
Wir geben nur eine grobe Orientierung zur Rechtslage. Die Informationen können unvollständig oder veraltet sein. Für eine verbindliche Auskunft zu deinem individuellen Fall wende dich bitte direkt an Anwält:innen im Arbeitsrecht.
Abmahnung als erste Warnung
Wird ein:e Arbeitnehmer:in erstmals beim heimlichen Urlaub erwischt, folgt oft eine Abmahnung. Diese dient als formelle Warnung und signalisiert, dass der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin das Verhalten nicht duldet. Eine Abmahnung ist bereits eine ernste Konsequenz, denn sie bleibt in der Personalakte und kann bei weiteren Verstößen als Grundlage für eine Kündigung dienen.
Kündigung bei Wiederholung oder schwerwiegendem Fall
Je nach Schwere des Verstoßes kann „Quiet Vacationing“ direkt zur Kündigung führen. Das gilt besonders, wenn:
- Arbeitnehmer:innen über einen längeren Zeitraum nicht gearbeitet haben,
- wichtige Aufgaben nicht erledigt wurden und dem Unternehmen dadurch Schäden entstanden sind,
- Arbeitnehmer:innen nach einer Abmahnung erneut heimlichen Urlaub nehmen, sich also bewusst der Weisung entziehen.
Eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB ist möglich, wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört ist. Das kann der Fall sein, wenn Arbeitnehmer:innen bewusst falsche Angaben zu ihrer Arbeitszeit gemacht oder den Aufenthaltsort verschleiert haben.
Strafrechtliche Folgen: Arbeitszeitbetrug
Besonders brisant: In schweren Fällen kann „Quiet Vacationing“ als Arbeitszeitbetrug gewertet werden. Wer seine Anwesenheit vortäuscht oder falsche Stunden erfasst, begeht eine Täuschung – und das kann nach § 263 StGB als Betrug strafbar sein.
In der Praxis kommt es selten zu Strafanzeigen, aber es ist möglich. Besonders bei hohen finanziellen Schäden oder wenn das Unternehmen ein Exempel statuieren will, kann eine Anzeige erfolgen.
Rückforderungen von Gehalt
Hat ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin heimlich Urlaub gemacht und dafür Gehalt erhalten, können Arbeitgeber:innen unter Umständen die Rückzahlung verlangen. Nach § 812 BGB („ungerechtfertigte Bereicherung“) könnte argumentiert werden, dass das Geld ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde, weil keine Arbeitsleistung erbracht wurde.
Karriere- und Reputationsschäden
Selbst wenn keine formale Kündigung oder Strafe erfolgt: Wer beim „Quiet Vacationing“ erwischt wird, riskiert einen schweren Vertrauensverlust. Das kann sich negativ auf Beförderungen, Gehaltserhöhungen oder zukünftige Jobchancen auswirken.
Fazit: Die möglichen Konsequenzen sind gravierend. Wer wiederholt heimlich Urlaub macht, setzt nicht nur seinen aktuellen Job, sondern möglicherweise auch seine Karriere aufs Spiel.
Was tun, um eine Quiet Vacation zu verhindern?
Damit es gar nicht erst zu Konflikten kommt, sollten sowohl Arbeitnehmer:innen als auch Arbeitgeber:innen klare Regeln und Erwartungen festlegen. Transparenz und Kommunikation sind immer der beste Weg, um „Quiet Vacationing“ zu vermeiden und trotzdem eine Balance zwischen Freizeit und Arbeit zu finden.
Für Arbeitnehmer: Ehrlichkeit statt Risiko
- Urlaub beantragen statt heimlich nehmen: Wer eine Auszeit braucht, sollte offen mit Vorgesetzten sprechen. Viele Unternehmen sind flexibler, als man denkt – sei es durch unbezahlten Urlaub, Sonderurlaub oder flexible Arbeitsmodelle.
- Grenzen von Homeoffice respektieren: Wer von zu Hause arbeitet, darf nicht automatisch davon ausgehen, dass er unbemerkt verreisen kann. Oft gibt es klare Regelungen, ob und unter welchen Bedingungen Remote Work aus dem Ausland erlaubt ist.
- Auf Vertrauensverlust achten: Wer einmal beim „Quiet Vacationing“ erwischt wird, beschädigt sein berufliches Ansehen nachhaltig. Ehrlichkeit zahlt sich langfristig aus.
Für Arbeitgeber: Klare Regeln und Flexibilität
- Homeoffice-Richtlinie: Arbeitgeber:innen können von vornherein vertraglich festlegen, ob und in welchem Umfang Remote Work aus dem Ausland oder an wechselnden Standorten erlaubt ist.
- Urlaubsregelung überdenken: Wenn Mitarbeiter:innen „Quiet Vacationing“ als notwendig empfinden, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass das Unternehmen zu wenig Erholung gewährt. Mehr Flexibilität oder eine Kultur, die Urlaub wirklich fördert, kann helfen – auch um neue Talente zu gewinnen.
- Kontrolle mit Fingerspitzengefühl: Totalüberwachung schafft Misstrauen und sorgt für Unzufriedenheit. Stattdessen sollten Unternehmen auf Leistungskontrolle durch klare Zielvorgaben setzen – so zählt das Ergebnis, nicht der Aufenthaltsort.
Wer sich als Arbeitnehmer:in an die Regeln hält und wer als Arbeitgeber:in faire Bedingungen schafft, kann „Quiet Vacationing“ vermeiden – und sorgt für ein besseres Arbeitsklima für alle.
Fazit
„Quiet Vacationing“ mag für Arbeitnehmer:innen verlockend erscheinen – doch es ist ein klarer Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten. Heimlicher Urlaub kann zu Abmahnungen, Kündigungen und sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen. Arbeitgeber:innen haben das Recht, eine ordentliche Arbeitsleistung zu erwarten – und auch durchzusetzen.
Gleichzeitig zeigt der Trend, dass viele Arbeitnehmer:innen mit ihrer Work-Life-Balance unzufrieden sind. Unternehmen können prüfen, ob ihre Urlaubspolitik oder ihre Homeoffice-Regelungen zu starr sind. Transparente Kommunikation und realistische Erwartungen auf beiden Seiten sind der beste Weg, um Konflikte zu vermeiden. Letztlich gilt: Ehrlichkeit zahlt sich aus – wer sich fair verhält, vermeidet unnötige Risiken und schafft ein besseres Arbeitsverhältnis.