Haustürgeschäft: So nutzt du dein Widerrufsrecht richtig

Stell dir vor, es klingelt an der Tür. Ein freundlicher Vertreter steht davor und bietet dir ein scheinbar unschlagbares Angebot an – ein neuer Handyvertrag, ein Zeitschriften-Abo oder Haushaltsgeräte. In der Eile sagst du zu, doch später bereust du die Entscheidung. Genau für solche Situationen gibt es das Widerrufsrecht! Es schützt dich vor übereilten Entscheidungen und sichert dir die Möglichkeit, aus einem Vertrag wieder auszusteigen. Erfahre mehr über das Thema Haustürgeschäft und Widerrufsrecht in diesem Artikel.

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Das Wichtigste in Kürze

Widerrufsrecht schützt dich bei Überrumpelung: Das Widerrufsrecht erlaubt es dir, Verträge innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Es gilt insbesondere bei Haustürgeschäften und Fernabsatzverträgen.
Haustürgeschäft = Verträge außerhalb von Geschäftsräumen: Bei Verträgen, die z. B. bei dir zu Hause, am Arbeitsplatz oder auf Freizeitveranstaltungen abgeschlossen werden, hast du ein Widerrufsrecht. Die Frist beginnt erst, wenn du korrekt belehrst wurdest.
Fernabsatzverträge: Schutz bei Online- und Telefonkäufen: Bei Käufen im Internet oder per Telefon steht dir ebenfalls ein Widerrufsrecht zu. Es gilt nicht, wenn es sich um individuell angefertigte Produkte oder versiegelte Hygieneartikel handelt.
Verzicht auf das Widerrufsrecht: In Ausnahmefällen kannst du auf dein Widerrufsrecht verzichten, z. B. bei sofortiger Leistungserbringung. Achte aber darauf, dass du über die Folgen des Verzichts korrekt belehrt wirst.
Fehlende Belehrung verlängert die Frist: Wirst du nicht ordnungsgemäß über dein Widerrufsrecht belehrt, verlängert sich die Frist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage. Dies schützt dich vor unfairen Vertragskonditionen.

Was ist ein Widerrufsrecht?

Das Widerrufsrecht ist ein gesetzliches Verbraucherrecht, das dir ermöglicht, einen abgeschlossenen Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist rückgängig zu machen. Es wurde geschaffen, um Verbraucher:innen vor übereilten Entscheidungen zu schützen, insbesondere in Situationen, in denen sie unerwartet oder unter Druck einen Vertrag abschließen.

Das Widerrufsrecht ist in § 355 BGB geregelt. Es erlaubt dir, innerhalb einer Frist von 14 Tagen einen Vertrag zu widerrufen. Diese Frist beginnt in der Regel mit dem Erhalt der Ware oder der Widerrufsbelehrung. Der Widerruf ist formfrei möglich, sollte jedoch schriftlich erfolgen (z. B. per E-Mail oder Brief), um Beweissicherheit zu haben.

Das Ziel ist klar: Schutz vor Überrumpelung. Gerade bei Verträgen, die außerhalb eines Geschäftsraums oder im Internet abgeschlossen werden, ist es für Verbraucher:innen oft schwierig, die Tragweite der Entscheidung sofort zu erkennen. Mit dem Widerrufsrecht kannst du dich im Nachhinein noch umentscheiden.

Wie funktioniert das Widerrufsrecht?

Um einen Vertrag zu widerrufen, musst du dem Vertragspartner oder der Vertragspartnerin mitteilen, dass du von deinem Widerrufsrecht Gebrauch machst. Die Frist beträgt 14 Tage. Wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin dich nicht korrekt über das Widerrufsrecht belehrt, verlängert sich die Frist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage (§ 356 Abs. 3 BGB). Nach einem Widerruf müssen beide Seiten ihre Leistungen zurückgeben, z. B. Ware gegen Geld.

Häufige Fragen

  • Gilt das Widerrufsrecht nur für Verbraucher:innen? Ja, das Recht gilt nur für Verträge zwischen Verbraucher:innen und Unternehmer:innen.
  • Welche Verträge sind ausgenommen? Dazu gehören z. B. Verträge über individuell angefertigte Produkte (§ 312g Abs. 2 BGB).

Das Widerrufsrecht bietet dir eine wichtige Sicherheitsleine, falls du einen Vertrag bereust. Es ist dabei besonders relevant bei Haustürgeschäften oder Online-Bestellungen.

Widerrufsrecht beim Haustürgeschäft

Haustürgeschäfte sind eine besondere Vertragsart, bei der Verbraucher:innen oft unerwartet in eine Verkaufssituation geraten. Um diese Überraschungssituation auszugleichen, gibt es beim Haustürgeschäft ein erweitertes Widerrufsrecht. Es soll sicherstellen, dass du dich auch nach dem Vertragsabschluss noch gegen den Vertrag entscheiden kannst.

Was ist ein Haustürgeschäft?

Der Begriff „Haustürgeschäft“ ist in § 312b BGB definiert. Es handelt sich um Verträge, die “außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers” abgeschlossen werden. Dazu gehören:

  • Vertragsabschlüsse bei dir zu Hause, z. B. durch einen Vertreterbesuch.
  • Verträge an deinem Arbeitsplatz oder während einer Freizeitveranstaltung (z. B. Kaffeefahrten).
  • Spontane Vertragsabschlüsse an öffentlichen Orten wie auf der Straße oder im Park.

Typisch für Haustürgeschäfte ist, dass sie Verbraucher:innen oft unvorbereitet treffen und unter Umständen eine Überrumpelungssituation darstellen.

Beim Haustürgeschäft hast du ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 355 BGB. Du kannst den Vertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Diese Frist beginnt, wenn

  • der Vertrag abgeschlossen wurde und
  • der Unternehmer oder die Unternehmerin dich über dein Widerrufsrecht belehrt hat.

Wird keine oder eine fehlerhafte Belehrung gegeben, verlängert sich die Widerrufsfrist.

Der Unternehmer oder die Unternehmerin ist verpflichtet, dich vor Vertragsabschluss über dein Widerrufsrecht aufzuklären. Dazu gehört

  • eine schriftliche Widerrufsbelehrung in klarer und verständlicher Sprache und 
  • Informationen zur Frist und der Vorgehensweise beim Widerruf.

Falls diese Belehrung fehlt oder unvollständig ist, hast du auch nach Ablauf der 14 Tage noch die Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen.

Beispiele für das Widerrufsrecht beim Haustürgeschäft

  • Der Vertreterbesuch: Du unterschreibst spontan einen Stromvertrag zu Hause. Später stellst du fest, dass das Angebot nicht besser ist als dein aktueller Tarif. Mit deinem Widerrufsrecht kannst du den Vertrag lösen.
  • Kaffeefahrten: Du kaufst auf einer Verkaufsveranstaltung überteuerte Produkte. Nach dem Widerruf gibst du die Produkte zurück und erhältst dein Geld zurück.

Ausnahmen

Es gibt Ausnahmen, bei denen kein Widerrufsrecht besteht, z. B. bei Verträgen über Kleinstbeträge (unter 50 Euro) oder wenn du den Unternehmer oder die Unternehmerin ausdrücklich zu dir nach Hause eingeladen hast.

Haustürgeschäft und Widerrufsrecht: Das solltest du wissen

Wenn du ein Haustürgeschäft widerrufen möchtest, musst du einige Schritte beachten. Hier erfährst du, wie du dein Widerrufsrecht korrekt ausübst und welche Konsequenzen dies hat. Wichtig ist, dass du dich im Ernstfall an spezialisierte Anwält:innen wendest, um eine verbindliche Auskunft zu erhalten. Die Informationen auf unserer Seite dienen zur ersten Orientierung.

Wie widerruft man ein Haustürgeschäft?

Um einen Vertrag aus einem Haustürgeschäft zu widerrufen, musst du dem Unternehmer oder der Unternehmerin klar mitteilen, dass du von deinem Widerrufsrecht Gebrauch machst. Das geht ganz einfach, zum Beispiel:

  • Schriftlich: Per Brief, E-Mail oder Fax (es reicht eine formlose Erklärung wie „Hiermit widerrufe ich den Vertrag vom [Datum]“).
  • Fristgerecht: Der Widerruf muss innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss oder Erhalt der Widerrufsbelehrung erfolgen.

Beispiel: Ein Vertreter bietet dir zu Hause einen neuen Mobilfunkvertrag an. Nach einigen Tagen stellst du fest, dass der Tarif teurer ist als versprochen. Du widerrufst den Vertrag schriftlich per E-Mail, erhältst eine Bestätigung und bist nicht mehr an den Vertrag gebunden.

Was passiert nach dem Widerruf?

Ein wirksamer Widerruf hat folgende Folgen:

Rückabwicklung des Vertrags: Beide Seiten geben zurück, was sie erhalten haben. Hast du bereits Geld bezahlt, muss der Unternehmer oder die Unternehmerin es dir erstatten.

Rückgabe der Ware: Falls du Produkte erhalten hast, musst du diese zurückschicken. Dafür entstehen dir in der Regel keine Kosten, sofern der Unternehmer oder die Unternehmerin dies nicht ausdrücklich im Vertrag geregelt hat.

Was tun, wenn ich die Widerrufsfrist verpasst habe?

Hast du die 14-tägige Frist verpasst, ist ein Widerruf grundsätzlich nicht mehr möglich – es sei denn, diese Ausnahmefälle liegen vor:

  • Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dich nicht korrekt über dein Widerrufsrecht belehrt. In diesem Fall verlängert sich die Frist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage.
  • Du kannst nachweisen, dass du den Vertrag unter Zwang oder durch Täuschung abgeschlossen hast. Dann kommt möglicherweise eine Anfechtung nach § 123 BGB in Betracht.

Der Widerruf eines Haustürgeschäfts birgt für dich keine rechtlichen Nachteile. Du musst dich weder rechtfertigen noch Gründe angeben. Unternehmer:innen sind verpflichtet, deine Entscheidung zu akzeptieren und dir eventuelle Zahlungen zurückzuerstatten.

Widerrufsrecht und Fernabsatzvertrag: So kannst du bei Online-Bestellungen widerrufen

Das Widerrufsrecht spielt nicht nur bei Haustürgeschäften eine wichtige Rolle, sondern auch bei Fernabsatzverträgen. Diese sind besonders relevant im digitalen Zeitalter, da sie bei Online-Bestellungen, Telefonverträgen oder Käufen per Katalog zum Einsatz kommen.

Was ist ein Fernabsatzvertrag?

Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag zwischen Unternehmer:innen und Verbraucher:innen, der ausschließlich über Fernkommunikationsmittel abgeschlossen wird. Zu diesen Mitteln zählen:

  • Telefon, Fax oder E-Mail
  • Online-Bestellformulare auf Websites
  • Versandhandel über Kataloge

Die rechtliche Grundlage findest du in § 312c BGB.

Wie beim Haustürgeschäft steht dir auch beim Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Du kannst den Vertrag also innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Die Frist beginnt

  • bei Waren mit Erhalt der Ware und
  • bei Dienstleistungen mit Vertragsschluss (nach Belehrung).

Falls die Widerrufsbelehrung fehlt oder fehlerhaft ist, verlängert sich die Widerrufsfrist auch hier auf bis zu 12 Monate und 14 Tage.

Unterschiede zum Haustürgeschäft

Während Haustürgeschäfte oft spontan und überraschend stattfinden, sind Fernabsatzverträge bewusste Kaufentscheidungen, bei denen du jedoch die Produkte oder Dienstleistungen vorher nicht prüfen kannst. Das Widerrufsrecht bietet dir hier die Möglichkeit, diesen Nachteil auszugleichen.

Ein Widerruf ist nicht bei allen Fernabsatzverträgen möglich. Ausgenommen sind unter anderem:

  • Verträge über individuell angefertigte Produkte (§ 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB),
  • Versiegelte Waren, die aus Hygienegründen nicht zurückgegeben werden können, wenn die Versiegelung entfernt wurde (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB),
  • Dienstleistungen, die bereits vollständig erbracht wurden, wenn du zugestimmt hast, dass das Widerrufsrecht vorzeitig erlischt (§ 356 Abs. 4 BGB).

Beispiel: Du bestellst online ein Paar Schuhe, die dir nicht passen. Innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist meldest du den Widerruf an und schickst die Schuhe zurück. Der Händler muss dir den vollen Kaufpreis inklusive Standardversandkosten erstatten (§ 357 Abs. 1 BGB).

Auf Widerrufsrecht verzichten – ist das rechtens?

In einigen Fällen stellt sich die Frage, ob Verbraucher:innen auf ihr Widerrufsrecht verzichten können oder ob es Situationen gibt, in denen das Widerrufsrecht von vornherein ausgeschlossen ist. 

Kann man freiwillig auf sein Widerrufsrecht verzichten?

Grundsätzlich kannst du auf dein Widerrufsrecht verzichten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dies betrifft vor allem Verträge über Dienstleistungen. Ein Verzicht ist möglich, wenn

  • du ausdrücklich zustimmst, dass die Dienstleistung sofort begonnen wird und 
  • du gleichzeitig bestätigst, dass dir bewusst ist, dass dein Widerrufsrecht nach vollständiger Leistungserbringung erlischt (§ 356 Abs. 5 BGB).

Beispiel: Du beauftragst eine Reparatur, die sofort ausgeführt werden soll. Mit deiner Zustimmung verzichtest du in diesem Fall auf dein Widerrufsrecht.

Achtung bei Verzicht!

Der Verzicht auf das Widerrufsrecht birgt Risiken. Ohne diese Schutzregelung bist du an den Vertrag gebunden, selbst wenn du unzufrieden bist. Deshalb solltest du nur auf das Widerrufsrecht verzichten, wenn es notwendig ist (z. B. bei dringenden Dienstleistungen). Umso wichtiger ist eine transparente und umfassende Belehrung durch den Unternehmer oder die Unternehmerin.

Manche Unternehmer:innen versuchen, Verbraucher:innen mit unklaren Klauseln oder durch Druck zu einem Verzicht auf das Widerrufsrecht zu bewegen. Hier gilt: Wirst du nicht korrekt über den Verzicht belehrt, ist dieser unwirksam. Du kannst den Vertrag dann dennoch widerrufen.

Beispiel: Du buchst einen Online-Sprachkurs und stimmst zu, dass der Zugang sofort freigeschaltet wird. Gleichzeitig bestätigst du, dass dein Widerrufsrecht mit Freischaltung erlischt. In diesem Fall ist der Verzicht rechtlich wirksam, und du kannst den Vertrag später nicht widerrufen.

Automatischer Ausschluss des Widerrufsrechts

Es gibt gesetzlich geregelte Ausnahmen, bei denen das Widerrufsrecht von vornherein ausgeschlossen ist. Dazu zählen laut § 312g Abs. 2 BGB unter anderem:

  • Maßanfertigungen: Produkte, die speziell nach deinen Vorgaben angefertigt wurden.
  • Digitale Inhalte: Wenn du dem Download oder der Bereitstellung zugestimmt hast und der Unternehmer bzw. die Unternehmerin dich über den Ausschluss informiert hat.
  • Hygieneartikel: Versiegelte Waren, die nach dem Öffnen aus hygienischen Gründen nicht zurückgegeben werden können.

Fazit

Das Widerrufsrecht ist ein wichtiges Instrument, das Verbraucher:innen vor übereilten oder unerwünschten Vertragsabschlüssen schützt. Insbesondere bei Haustürgeschäften und Fernabsatzverträgen bietet es dir eine Möglichkeit, dich nachträglich gegen einen Vertrag zu entscheiden. Dabei ist die Einhaltung der Frist entscheidend, es sei denn, der Unternehmer hat dich nicht korrekt über dein Widerrufsrecht belehrt – dann verlängert sich die Frist deutlich.

Auch wenn du in manchen Fällen auf dein Widerrufsrecht verzichten kannst, solltest du dies nur bewusst und nach gründlicher Abwägung tun. Verträge über Maßanfertigungen oder digitale Inhalte sind hingegen von vornherein vom Widerrufsrecht ausgeschlossen.

Das Widerrufsrecht ist eine starke Schutzregelung für Verbraucher:innen, die dir hilft, Fehlentscheidungen rückgängig zu machen. Informiere dich vor jedem Vertragsabschluss, welche Rechte und Pflichten für dich gelten!

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