Einsicht in die Patientenakte: Das steht dir zu

Du warst beim Arzt, bekommst eine überraschende Diagnose und verstehst nur die Hälfte? Oder du vermutest, dass bei deiner Behandlung etwas schiefgelaufen ist – aber keiner erklärt dir genau, was passiert ist? In solchen Momenten kann die Einsicht in die Patientenakte entscheidend sein. Denn dort findest du alle Informationen zu deiner Behandlung, Diagnosen und Medikamenten. Doch was steht dir wirklich zu – und was darf der Arzt bzw. die Ärztin verweigern? Erfahre mehr in diesem Artikel.

Das Wichtigste in Kürze

✅ Du hast ein Recht, deine Patientenakte jederzeit einzusehen – unabhängig davon, ob du gesetzlich oder privat versichert bist.
✅ Die Einsicht kann direkt in der Arztpraxis erfolgen oder du bekommst Kopien. Für Ausdrucke können Gebühren anfallen, die gesetzlich geregelt sind.
✅ Ein Antrag kann mündlich gestellt werden, besser ist aber eine schriftliche Anfrage mit kurzer Begründung und Fristsetzung.
✅ Eine Verweigerung der Einsicht ist nur in sehr engen Ausnahmefällen erlaubt, zum Beispiel bei schweren psychischen Risiken.
✅ Auch Angehörige dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Einsicht verlangen – zum Beispiel im Todesfall, mit Vollmacht oder als Erb:innen.

Was ist die Patientenakte?

Die Patientenakte ist so etwas wie dein persönliches Tagebuch in der Arztpraxis oder im Krankenhaus – nur dass du es selbst meistens nie zu Gesicht bekommst. Dabei enthält sie jede Menge wichtiger Infos: zum Beispiel Diagnosen, Therapien, Befunde, Arztbriefe, Laborwerte, Röntgenbilder, Operationen oder auch verordnete Medikamente. Kurz gesagt: alles, was medizinisch über dich dokumentiert wurde.

Geführt wird die Akte von deiner Ärztin oder deinem Arzt – unabhängig davon, ob du gesetzlich oder privat versichert bist. Auch in Krankenhäusern oder Psychotherapiepraxen entstehen solche Akten. Sie sind Pflicht, denn jede Behandlung muss dokumentiert werden. Die rechtliche Grundlage dafür ist unter anderem der Behandlungsvertrag (§ 630f BGB). Erfahre mehr über den Behandlungsvertrag in einem eigenen Artikel.

Was genau enthalten sein muss, ist ebenfalls gesetzlich geregelt. Dazu gehören unter anderem:

  • Beginn, Verlauf und Ergebnis der Behandlung
  • Eingriffe, Medikamente, Aufklärungsgespräche
  • Hinweise auf Risiken oder Nebenwirkungen
  • Reaktionen oder Beschwerden der Patientin oder des Patienten

Seit einigen Jahren kann die Patientenakte übrigens auch digital geführt werden – etwa als elektronische Patientenakte (ePA). Viele Krankenkassen bieten dir dafür Apps an, in denen du selbst deine Daten einsehen kannst. Aber egal ob Papier oder digital: die Akte gehört nicht der Praxis, sondern rechtlich gesehen dir. Und genau deshalb hast du ein Recht auf Einsicht.

Inhalte aus der Patientenakte entfernen oder korrigieren

Manchmal steht etwas in der Patientenakte, das nicht (mehr) richtig ist – etwa eine falsche Diagnose, ein fehlerhafter Befund oder eine Notiz, die so nie gefallen ist. In solchen Fällen kannst du verlangen, dass die Angaben berichtigt oder ergänzt werden. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Datenschutzrecht, genauer gesagt aus Art. 16 DSGVO.

Allerdings heißt das nicht automatisch, dass du alles einfach löschen lassen kannst. Ärzt:innen sind zur Dokumentation verpflichtet. Sie dürfen auch im Nachhinein keine medizinischen Tatsachen einfach entfernen. Selbst offensichtliche Fehler müssen in der Akte erhalten bleiben, aber sie können mit einer Korrektur ergänzt werden. Diese Ergänzung wird dann so dokumentiert, dass sie jederzeit nachvollziehbar bleibt.

Gerade bei psychischen Diagnosen oder veralteten Einträgen ist das für viele Patient:innen ein sensibles Thema. Wenn du betroffen bist, kann sich ein Blick in diesen Beitrag lohnen: Diagnose aus Krankenakte löschen.

Wichtig: Du hast kein „Recht auf Vergessenwerden“ im medizinischen Bereich wie im Internet. Ärzt:innen müssen aus rechtlichen Gründen viele Unterlagen mindestens 10 Jahre lang aufbewahren. In manchen Bereichen – etwa bei Röntgenaufnahmen – sind es sogar 30 Jahre.

Wenn du glaubst, dass ein Eintrag nicht nur falsch, sondern rufschädigend oder diskriminierend ist, solltest du dich an einen Anwalt bzw. eine Anwältin für Medizinrecht wenden. Diese können prüfen, ob ein Anspruch auf Korrektur oder gerichtliche Klärung besteht.

Recht auf Einsicht in die Patientenakte

Wenn du wissen willst, was genau über dich in einer Arztpraxis oder im Krankenhaus dokumentiert wurde, musst du nicht betteln oder lange diskutieren. Du hast ein klares Recht auf Einsicht – das steht so im Gesetz. Geregelt ist das in § 630g BGB. Dort heißt es: „Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen“ (§ 630g Abs. 1 Satz 1 BGB).

Das gilt für gesetzlich und privat Versicherte gleichermaßen. Du darfst also alle medizinischen Unterlagen einsehen, die über dich geführt werden – von der ersten Diagnose bis zum letzten Behandlungsschritt. Und es ist völlig egal, ob du dir einfach einen Überblick verschaffen willst oder dich über eine mögliche Fehlbehandlung informieren möchtest.

Manchmal ist die Einsicht auch sinnvoll, wenn du die Ärztin bzw. den Arzt wechseln willst. Dann kannst du sicherstellen, dass dein:e neue:r Ärzt:in gleich über alle wichtigen Details Bescheid weiß. Oder wenn du das Gefühl hast, dass dir in der Vergangenheit etwas verschwiegen wurde.

Wusstest du, dass…?

Du darfst nicht nur die Akte selbst einsehen, sondern hast auch Anspruch auf Kopien oder Ausdrucke. Selbst wenn du die Arztpraxis gewechselt hast oder die Behandlung schon lange zurückliegt, bleibt das Einsichtsrecht bestehen. Eine Frist gibt es nicht, solange die Unterlagen noch vorhanden sind.

Besonders relevant wird das Ganze bei einem vermuteten Behandlungsfehler. Denn ohne Akteneinsicht kannst du gar nicht prüfen, ob wirklich alles korrekt gelaufen ist. Auch ein medizinisches Gutachten, eine Anwältin oder ein Anwalt für Patientenrecht wird ohne diese Unterlagen kaum helfen können.

Datenschutz: Wer darf sonst in die Akte schauen?

Deine Patientenakte ist streng vertraulich – und das ist auch gut so. Denn sie enthält sehr persönliche und oft sensible Informationen. Deshalb gilt für Ärzt:innen die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 StGB). Ohne deine ausdrückliche Einwilligung darf niemand deine Akte einsehen – weder Familienmitglieder noch Krankenkassen oder Arbeitgeber:innen.

Ärztliche Schweigepflicht

Wenn du möchtest, dass jemand anderes Einsicht erhält, musst du den Arzt bzw. die Ärztin schriftlich von der Schweigepflicht entbinden. Diese Erklärung sollte genau angeben, welche Person welche Informationen einsehen darf.

Erfahre mehr zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht.

Auch innerhalb eines Krankenhauses oder einer Praxis dürfen nicht einfach alle Mitarbeiter:innen auf deine Akte zugreifen. Nur das unmittelbar behandelnde Personal darf Einsicht nehmen. Alles andere könnte ein Verstoß gegen den Datenschutz und sogar strafbar sein.

Etwas anders sieht es aus, wenn du gesetzlich versichert bist und eine ärztliche Zweitmeinung einholen möchtest. In solchen Fällen darf deine Krankenkasse bestimmte Unterlagen an beauftragte Gutachter:innen weiterleiten – aber auch das nur, wenn du zustimmst.

Wichtig: Auch im Todesfall bleibt die Schweigepflicht bestehen. Angehörige haben nicht automatisch das Recht, die Akte einzusehen. Sie müssen ein berechtigtes Interesse nachweisen, etwa als Erb:in oder zur Klärung von Versicherungsfragen.

Wie läuft die Einsicht in die Patientenakte ab?

Wenn du Einsicht in deine Patientenakte willst, brauchst du keine besonderen Formulare oder Anträge. Ein einfaches formloses Schreiben reicht völlig aus, sogar eine mündliche Anfrage in der Arztpraxis ist grundsätzlich möglich. Trotzdem ist es sinnvoll, dein Anliegen schriftlich zu stellen. So hast du einen Nachweis in der Hand, falls es später Streit gibt.

In deinem Schreiben solltest du deinen Namen, dein Geburtsdatum und möglichst den Behandlungszeitraum angeben. Außerdem solltest du klar sagen, ob du die Akte vor Ort einsehen oder lieber eine Kopie bekommen möchtest. Viele Praxen oder Kliniken bieten mittlerweile auch digitale Varianten an, zum Beispiel per E-Mail oder auf einem verschlüsselten USB-Stick. Einen Anspruch auf eine bestimmte Form hast du aber nicht. Das entscheidet die Praxis.

Nach § 630g Abs. 1 BGB muss dir die Einsicht unverzüglich gewährt werden. Das heißt: ohne schuldhaftes Zögern. In der Praxis sollte das also innerhalb weniger Tage bis maximal 2 Wochen geschehen. In Ausnahmefällen – etwa bei längeren Archivzeiten – kann es auch mal etwas länger dauern. Wenn du nach 3 bis 4 Wochen nichts gehört hast, lohnt sich eine freundliche Erinnerung.

Übrigens: Du musst nicht begründen, warum du Einsicht willst. Auch eine allgemeine Neugier reicht völlig aus. Der Arzt bzw. die Ärztin darf die Einsicht nicht verweigern, nur weil du keine „guten Gründe“ nennst. Wichtig ist allein, dass du die betreffende Person bist – also der Patient oder die Patientin selbst – oder eine berechtigte Person mit schriftlicher Vollmacht.

Bei Kindern oder Menschen mit Betreuung darf auch ein Elternteil oder eine rechtlich bevollmächtigte Person die Einsicht beantragen. In solchen Fällen solltest du unbedingt auch einen Nachweis beilegen, etwa die Geburtsurkunde oder eine Betreuungsurkunde.

Gibt es Ausnahmen vom Einsichtsrecht?

Grundsätzlich hast du das Recht, alle Informationen in deiner Patientenakte zu sehen. Aber wie so oft im Recht gibt es Ausnahmen, die im Gesetz klar geregelt sind. Ein Arzt bzw. eine Ärztin darf die Einsicht nur verweigern, wenn schwerwiegende Gründe dagegen sprechen – zum Beispiel, wenn durch die Einsicht dein seelisches Wohl erheblich gefährdet würde (§ 630g Abs. 1 Satz 2 BGB).

Solche Fälle sind aber äußerst selten. Meist geht es dabei um psychische Erkrankungen oder schwere Diagnosen, bei denen ein Schock nicht ausgeschlossen ist. Der Arzt bzw. die Ärztin muss dann aber gut begründen, warum die Einsicht verweigert wird. Ein einfaches „Das ist zu Ihrem Schutz“ reicht nicht.

Auch Rechte Dritter können einer vollständigen Einsicht entgegenstehen. Wenn in der Akte Informationen über andere Personen stehen – etwa über Familienmitglieder oder Mitarbeiter:innen –, kann dieser Teil geschwärzt werden. Dein persönliches Einsichtsrecht bleibt aber bestehen.

Nach dem Tod eines Patienten oder einer Patientin haben Angehörige unter Umständen ebenfalls ein Einsichtsrecht – allerdings nicht automatisch. Hier kommt es darauf an, ob du z. B. als Erb:in eingesetzt wurdest oder ob eine ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Auch ein „überwiegendes Interesse“ kann in Ausnahmefällen eine Rolle spielen.

Wenn du dir unsicher bist, ob du zur Einsicht berechtigt bist, lohnt sich ein kurzer Blick in die gesetzliche Regelung oder eine Nachfrage bei der Krankenkasse. Im Zweifel kann dir auch ein Anwalt bzw. eine Anwältin für Patientenrecht weiterhelfen.

Was kostet die Einsicht in die Patientenakte?

Die gute Nachricht zuerst: Die reine Einsicht in deine Patientenakte – also das Durchlesen vor Ort in der Arztpraxis – ist für dich in der Regel kostenlos. Wenn du jedoch Kopien oder Ausdrucke haben möchtest, dürfen dafür Gebühren verlangt werden. Die Grundlage dafür ergibt sich aus § 630g Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 10 Abs. 2 SGB V.

Die Höhe der Kosten ist gesetzlich begrenzt: Für die ersten 50 Seiten dürfen maximal 50 Cent pro Seite berechnet werden. Ab der 51. Seite sind es nur noch 15 Cent pro Seite. Hinzu kommen gegebenenfalls Portokosten, wenn die Unterlagen per Post verschickt werden.

Wenn du deine Patientenakte digital anforderst, etwa per E-Mail oder auf einem USB-Stick, kann das günstiger oder sogar kostenfrei sein. Ein Anspruch auf eine bestimmte Form besteht aber nicht. Das entscheidet der Arzt bzw. die Ärztin. Du kannst natürlich eine bevorzugte Form angeben und freundlich darum bitten.

Wichtig: Auch wenn du nur bestimmte Teile der Akte brauchst – etwa einen bestimmten Befund oder eine Diagnose – kannst du das im Antrag klar benennen. So sparst du dir unnötige Kopien und damit überflüssige Kosten. Es muss also nicht immer die komplette Akte sein.

Wenn du dir die Kosten nicht leisten kannst, sprich offen mit der Praxis. Manche zeigen sich kulant oder reduzieren die Gebühr. Alternativ kannst du auch bei deiner Krankenkasse nachfragen, ob sie die Kosten übernimmt. Das ist zum Beispiel dann möglich, wenn du die Unterlagen zur Weiterbehandlung brauchst.

Einsicht in die Patientenakte verweigert: Was tun?

Wichtiger Hinweis: Die folgenden Ausführungen dienen dir als erste Orientierung. Sie ersetzen keine Rechtsberatung durch eine spezialisierte Anwältin oder einen Anwalt für Medizinrecht. Für eine verbindliche Einschätzung solltest du dich immer individuell beraten lassen – unsere Infos können veraltet oder unvollständig sein.

Wenn eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus dir die Einsicht verweigert, musst du das nicht einfach hinnehmen. Zuerst solltest du freundlich, aber bestimmt nachfragen und auf dein gesetzliches Einsichtsrecht nach § 630g BGB hinweisen. Oft handelt es sich nur um ein Missverständnis oder fehlende Zeit in der Praxis.

Hilft das nicht, kannst du deinen Anspruch schriftlich geltend machen. Eine einfache E-Mail mit Hinweis auf das Gesetz reicht meist aus. Füge am besten gleich eine Frist von zwei Wochen hinzu und erkläre, was du genau einsehen möchtest.

Beschwerde bei der Ärztekammer

Wenn alles abgelehnt oder ignoriert wird, kannst du dich bei der zuständigen Ärztekammer oder der Krankenkasse beschweren. Diese Stellen können nachfragen und Druck aufbauen.

Was genau eine Beschwerde ist und welche Vorteile sie hat, erklären wir hier: Was bringt eine Beschwerde bei der Ärztekammer?

Kommt es zu keiner Lösung, bleibt nur der Weg über den Rechtsweg. Ein Anwalt bzw. eine Anwältin für Patientenrecht oder Medizinrecht kann die Akteneinsicht einklagen. Gerade bei vermuteten Behandlungsfehlern ist das ein wichtiger Schritt, um überhaupt etwas beweisen zu können.

Wenn du dir unsicher bist, ob ein solcher Schritt sinnvoll ist, sprichst du am besten mit einem Anwalt für Patientenrecht, insbesondere wenn du deine Ärztin oder deinen Arzt verklagen möchtest. Es lohnt sich, frühzeitig Hilfe zu holen, bevor wichtige Fristen verstreichen.

Fazit

Die Einsicht in die Patientenakte ist dein gutes Recht – und oft der erste Schritt, wenn du Klarheit über deine Behandlung willst. Ob zur Kontrolle, bei einem Arztwechsel oder im Verdachtsfall: Du hast Anspruch auf alle Informationen, die über dich dokumentiert wurden. Die Einsicht kostet in vielen Fällen nichts und kann notfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden. Nur in wenigen Ausnahmefällen dürfen Ärzt:innen den Zugang verweigern. Wichtig ist, dass du deine Rechte kennst und weißt, wie du sie einforderst.

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