Eine Firmenübernahme ist längst nicht mehr nur ein Thema für Wirtschaftsnachrichten – sie betrifft Startups ebenso wie Traditionsunternehmen, den Mittelstand und große Konzerne. Erinnerst du dich an den Aufkauf von WhatsApp durch Facebook oder die Übernahme regionaler Bäckereiketten durch große Franchise-Systeme? Ob Tech-Player, Familienbetrieb oder Handwerksunternehmen: Wenn eine Firma übernommen wird, geht es nicht nur ums Geld – es geht um Menschen, Verträge, Verantwortung und oft um das Schicksal ganzer Arbeitsplätze. Für viele ist eine Übernahme ein Neuanfang – für andere kann sie Unsicherheit bedeuten. Gerade deshalb ist es so wichtig, diesen Prozess rechtlich solide vorzubereiten und durchzuführen. Erfahre mehr in diesem Artikel.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Bei einer Firmenübernahme geht das Eigentum an einem Unternehmen – ganz oder teilweise – von einer Person auf eine andere Person über. Je nach Art der Übernahme (Share Deal oder Asset Deal) verändern sich Verantwortung, Kontrolle, Verträge und Arbeitsverhältnisse auf unterschiedliche Weise.
✅ Für eine sichere Firmenübernahme braucht es einen klaren, schriftlichen Kaufvertrag. Dieser regelt alle wichtigen Elemente wie Kaufpreis, Haftung, Übernahmedetails und mögliche Garantien. Bei einem Asset Deal sind zusätzliche Einzelverträge nötig, da Vermögenswerte separat übertragen werden.
✅ Die Übernahme muss bei bestimmten Rechtsformen ins Handelsregister eingetragen werden – etwa wenn sich Gesellschafter:innen einer GmbH ändern oder ein:e neue:r Geschäftsführer:in bestellt wird. Beim Share Deal ist eine notarielle Beurkundung verpflichtend.
✅ In Fällen größerer Zusammenschlüsse von Unternehmen ist das Bundeskartellamt einzubeziehen. Es prüft, ob durch die Übernahme eine marktbeherrschende Stellung droht. Nur wenn das Amt keine Bedenken hat oder die Übernahme freigibt, darf der Zusammenschluss wirksam vollzogen werden.
✅ Auch bestehende Verträge wie Mietverträge, Leasingvereinbarungen und Kundenverträge müssen bei einer Übernahme berücksichtigt werden. Beim Asset Deal benötigen viele dieser Verträge die Zustimmung der anderen Vertragsparteien. Beim Share Deal bleiben sie in der Regel bestehen, da das Unternehmen als Rechtsträger unverändert bleibt.
Was ist eine Firmenübernahme?
Eine Firmenübernahme bedeutet, dass ein Unternehmen ein anderes ganz oder zum Teil übernimmt. Oft hört man, dass große Konzerne kleinere Start-ups kaufen oder sich zwei Wettbewerber:innen zusammentun. Was nach Wirtschaftsnachrichten klingt, hat auch handfeste rechtliche Folgen. Denn bei einer Übernahme wechseln nicht nur Büros oder Logos – es geht um Verträge, Arbeitsverhältnisse, Eigentum, und manchmal auch um Schulden.
Rechtlich betrachtet ist eine Firmenübernahme keine fest definierte Maßnahme in einem einzelnen Gesetz. Es handelt sich vielmehr um verschiedene rechtliche Vorgänge, die je nach Art der Übernahme unterschiedlich ablaufen. Eine Übernahme kann auf mehreren Wegen erfolgen – entweder durch den Kauf der Firma selbst oder durch den Kauf einzelner Teile davon. Diese Unterschiede sind entscheidend, vor allem wenn du selbst betroffen bist – zum Beispiel als Mitarbeiter:in, Kund:in oder Lieferant:in.
Wo ist die Firmenübernahme geregelt?
Rechtsgrundlage für viele Regelungen rund um die Firmenübernahme ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), vor allem § 613a BGB. Darin steht zum Beispiel, was mit den Arbeitsverträgen passiert, wenn ein Unternehmen übernommen wird. Wenn du als Beschäftigte:r in einer zu verkaufenden Firma arbeitest, ist das für dich relevant. Denn dein Job steht dabei möglicherweise auf dem Spiel, darf aber laut Gesetz grundsätzlich nicht ohne Weiteres verändert oder gekündigt werden.
Auch das Handelsgesetzbuch (HGB) spielt eine Rolle. Nach § 25 HGB haftet der neue Inhaber bzw. die neue Inhaberin unter bestimmten Bedingungen für alte Schulden des Unternehmens mit – es sei denn, etwas anderes wurde ausdrücklich vereinbart und im Handelsregister eingetragen. Eine Firmenübernahme kann also für Käufer:innen auch Risiken mit sich bringen, die geprüft und rechtlich abgesichert werden müssen.
Je größer die Firma, desto mehr Pflichten bei der Firmenübernahme
Besonders wichtig wird eine Übernahme immer dann, wenn es sich um größere Firmen handelt oder mehrere Standorte betroffen sind. Solche Übernahmen müssen manchmal beim Bundeskartellamt angemeldet werden.
Das steht im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), genauer gesagt in § 35 GWB. Damit soll verhindert werden, dass einzelne Unternehmen zu viel Marktmacht bekommen und damit den Wettbewerb einschränken.
Was eine Firmenübernahme im Einzelnen bedeutet, hängt also stark vom Einzelfall ab. Übernimmt ein:e Investor:in zum Beispiel nur bestimmte Markenrechte oder einzelne Verträge, läuft die Übernahme ganz anders ab als beim vollständigen Kauf einer GmbH oder Aktie eines börsennotierten Unternehmens. Im nächsten Schritt schauen wir uns an, welche Arten der Übernahme es gibt – und wie sie sich voneinander unterscheiden.
Asset Deal vs. Share Deal bei der Firmenübernahme
Rechtlich betrachtet ist eine Firmenübernahme kein fest definierter Begriff im Gesetz, aber sie wird über unterschiedliche Verträge und gesetzliche Regelungen abgesichert. Üblich sind vor allem zwei Arten: der sogenannte Asset Deal und der Share Deal.
Einfach erklärt:
- Bei einem Asset Deal müssen viele Einzelverträge abgeschlossen werden, da hier Vermögensgegenstände und einzelne Rechte übertragen werden.
- Beim Share Deal reicht oft ein Anteilsverkauf, der aber ebenfalls notariell beurkundet sein muss – vor allem bei GmbHs (§ 15 Abs. 3 GmbHG).
Bei beiden Varianten geht es darum, wie die Übertragung des Unternehmens erfolgt – entweder über Einzelteile oder über Anteile. Beide Formen haben unterschiedliche rechtliche Folgen, Risiken und Vorteile für alle Beteiligten. Die Kontrolle über ein Unternehmen wechselt von einer Person zu einer anderen. Dabei wird nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch alles, was dazugehört, rechtlich neu geregelt – von Arbeitsverträgen bis zu Mietverhältnissen.
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Firmenübernahme anmelden – so geht’s!
Eine Firmenübernahme ist nicht nur eine wirtschaftliche Entscheidung, sondern auch ein rechtlich komplexer Vorgang. Damit du auf der sicheren Seite bist, musst du einige Punkte beachten – egal ob du die Firma kaufst, verkaufst oder als Geschäftsführer:in, Gesellschafter:in oder Beteiligte:r mitwirkst.
Ganz wichtig: Jede Übernahme muss vertraglich eindeutig geregelt sein. Dazu braucht es meist einen schriftlichen Kaufvertrag, in dem alle Details stehen – zum Beispiel der Kaufpreis, was genau übernommen wird (Vermögen, Anteile, Personal, Verträge) und wer wofür haftet.
Je nach Art des Geschäfts muss die Übernahme ins Handelsregister eingetragen werden. Das ist zum Beispiel dann zwingend nötig, wenn sich durch den Kauf die Gesellschafterstruktur einer GmbH oder der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft ändert (§§ 39, 53 HGB). Die Anmeldung beim Handelsregister erfolgt durch ein Notariat und ist öffentlich einsehbar. Sie schafft rechtliche Klarheit – sowohl für Behörden als auch für Geschäftspartner:innen.
Bundeskartellamt und Steuerbehörden
Bei größeren Übernahmen oder wenn mehrere Unternehmen zusammengelegt werden, kann das Bundeskartellamt die Übernahme prüfen. Das passiert vor allem, wenn der Zusammenschluss die Konkurrenz auf dem Markt stark beeinflussen könnte – also eine Art Monopol entsteht. Gemäß § 35 GWB gilt eine Pflicht zur Anmeldung, wenn bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden. Unternehmen müssen die Übernahme in solchen Fällen vorher beim Kartellamt anmelden und dürfen sie erst umsetzen, wenn eine Freigabe erfolgt ist. Wer das vergisst, riskiert Bußgelder oder sogar ein Verbot des gesamten Geschäfts.
Außerdem müssen bei einer Firmenübernahme auch die Steuerbehörden informiert werden. Die Käufer:innen werden beim Finanzamt als neue Inhaber:innen eingetragen. Es kann sein, dass für den Erwerb Steuern fällig werden, besonders bei der Übertragung von Immobilien (Grunderwerbssteuer) oder bei bestimmten Umwandlungen. Eine frühzeitige Beratung durch eine Steuerkanzlei ist hier ratsam.
Genehmigungen und besondere Pflichten
In einigen Branchen gelten zusätzliche Anforderungen. Zum Beispiel brauchen Apotheken, Gaststätten oder Handwerksbetriebe spezielle Genehmigungen oder Konzessionen. Wer eine solche Firma übernimmt, muss oft neue Anträge stellen oder sich selbst qualifizieren. Ansonsten kann die Betriebserlaubnis erlöschen. In diesen Fällen ist es besonders wichtig, rechtzeitig bei den zuständigen Behörden (z. B. Gewerbeamt, IHK, Handwerkskammer) alle Unterlagen einzureichen und sich beraten zu lassen.
Übernahme von Verträgen
Ein oft übersehener Punkt ist die Übernahme bestehender Verträge, vor allem von Mietverträgen, Leasingverträgen oder Liefervereinbarungen. In einem Asset Deal ist dafür in vielen Fällen die Zustimmung der Vertragspartner:innen nötig. Bei einem Share Deal bleiben die Verträge normalerweise bestehen, denn das Unternehmen an sich bleibt juristisch identisch. Aber auch hier lohnt sich ein genauer Blick in die Vertragsunterlagen: Gibt es Klauseln zum Wechsel der Inhaberschaft? Werden Fristen oder Sonderkündigungsrechte ausgelöst?
Nicht zuletzt kannst du dir immer juristische Unterstützung holen – idealerweise durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt mit Erfahrung im Gesellschaftsrecht. Anwält:innen können dir dabei helfen, Risiken zu erkennen, Verträge zu gestalten und die Übernahme rechtssicher abzuwickeln. Besonders bei komplexen Verhältnissen – zum Beispiel mit mehreren Gesellschafter:innen, grenzüberschreitenden Aktivitäten oder öffentlich-rechtlichen Auflagen – ist das enorm wichtig. Auch mögliche Haftungsrisiken, zum Beispiel aus Altverbindlichkeiten, können durch vertragsrechtliche Regelungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Fazit
Eine Firmenübernahme stellt für alle Beteiligten einen komplexen und weitreichenden Prozess dar. Sie kann durch strategische Überlegungen wie Markterweiterung, Synergieeffekte oder technologische Innovationen motiviert sein. Gleichzeitig bringt sie rechtliche, organisatorische und kulturelle Herausforderungen mit sich, die sorgfältig geplant und umgesetzt werden müssen. Erfolgsentscheidend ist dabei nicht nur die wirtschaftliche Bewertung des Unternehmens, sondern auch eine transparente Kommunikation sowie das frühzeitige Einbinden aller Beteiligten.