Sexuelle Belästigung ist in letzten Jahren verstärkt ins Bewusstsein gerückt. Immer wieder machen Schlagzeilen über Vorfälle in Unternehmen, öffentlichen Verkehrsmitteln oder sogar in sozialen Medien die Runde. Für Betroffene ist es oft eine traumatische Erfahrung, die schwerwiegende psychische Folgen haben kann. Doch auch für Beschuldigte hat solches Verhalten ernste Konsequenzen – nicht nur moralisch, sondern auch strafrechtlich. Viele fragen sich: Wie hoch ist die Geldstrafe bei sexueller Belästigung und wie wird sie bemessen? Wir klären auf.
Wir bei legalnerd erklären Jura einfach und verständlich. Du willst mehr? Abonniere unseren kostenlosen Newsletter, höre in unseren Podcast rein oder folge uns auf Instagram, um immer auf dem Laufenden zu bleiben!
Das Wichtigste in Kürze
✅ Sexuelle Belästigung ist strafbar: Es drohen Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren. Verbale Übergriffe können als Beleidigung geahndet werden.
✅ Geldstrafe wird in Tagessätzen bemessen: Die Höhe der Geldstrafe hängt von der finanziellen Situation ab (Tagessatz = Nettoeinkommen eines Tages).
✅ Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter:innen vor sexueller Belästigung zu schützen. Beschuldigte müssen mit Abmahnung oder Kündigung rechnen.
✅ Was tun bei sexueller Belästigung? Neben einer Strafanzeige können Betroffene zivilrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld geltend machen.
Wann liegt sexuelle Belästigung vor?
Sexuelle Belästigung ist in Deutschland im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt, genauer gesagt in § 184i StGB. Laut Gesetz liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn jemand eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt. Entscheidend ist, dass die Handlung gegen den Willen des Opfers erfolgt.
Typische Beispiele für sexuelle Belästigung sind etwa unerwünschte Berührungen, wie das Festhalten oder Betatschen, oder absichtliches Herbeiführen körperlicher Nähe, etwa im öffentlichen Nahverkehr.
Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Handlung öffentlich oder im privaten Umfeld stattfindet. Entscheidend ist allein, dass sie das Opfer in seiner sexuellen Selbstbestimmung beeinträchtigt.
Auch verbale Belästigungen können strafbar sein. Zwar fallen sie nicht direkt unter § 184i StGB, doch können sie als Beleidigung gemäß § 185 StGB geahndet werden, wenn die Würde des Opfers herabgesetzt wird.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Im Arbeitskontext ist sexuelle Belästigung zusätzlich durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt. Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, solche Übergriffe zu unterbinden und Betroffene zu schützen.
Wie hoch ist die Geldstrafe bei sexueller Belästigung?
Die Strafe für sexuelle Belästigung richtet sich nach den Vorgaben des § 184i StGB. Dabei sind die gesetzlichen Konsequenzen klar: Wer eine Person durch eine sexuelle Handlung belästigt, kann in Deutschland mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren bestraft werden. Doch wie genau wird die Strafe im Einzelfall bemessen?
Geldstrafe bei sexueller Belästigung
Geldstrafen werden in Deutschland in Tagessätzen berechnet. Ein Tagessatz entspricht dabei dem durchschnittlichen Nettoeinkommen der beschuldigten Person an einem Tag. Die Anzahl der Tagessätze hängt von der Schwere der Tat ab und liegt typischerweise zwischen 10 und 360 Tagessätzen.
Beispiel: Eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen bei einem Tagessatz von 50 Euro ergibt eine Gesamtstrafe von 2.500 Euro.
Freiheitsstrafe bei schwereren Fällen der sexuellen Belästigung
In gravierenden Fällen, etwa wenn die Tat besonders erniedrigend oder wiederholt ausgeführt wurde, kann auch eine Freiheitsstrafe verhängt werden. Die Höchststrafe beträgt 2 Jahre. Häufig werden jedoch Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt, wenn die beschuldigte Person nicht vorbestraft ist.
Berücksichtigung der Tatumstände
Die Gerichte berücksichtigen bei der Strafzumessung verschiedene Faktoren:
- Das Verhalten der beschuldigten Person: War die Tat geplant oder handelte es sich um eine spontane Handlung?
- Die Schwere der Belästigung: Handelte es sich um eine leichte Berührung oder eine grobe körperliche Übergriffigkeit?
- Die Folgen für das Opfer: Psychische Belastungen oder andere nachweisbare Schäden können die Strafe erhöhen.
Mildernde oder erschwerende Umstände
Geständnisse oder Wiedergutmachungsversuche der beschuldigten Person können strafmildernd wirken. Wiederholte Taten oder ein Machtmissbrauch – etwa am Arbeitsplatz – werden hingegen als erschwerend bewertet. In der Praxis werden Geldstrafen oft bei erstmaligen Verstößen verhängt, während Freiheitsstrafen eher bei Wiederholungstäter:innen oder besonders schweren Fällen in Betracht kommen.
Tagessätze bei der Geldstrafe wegen sexueller Belästigung berechnen
Das deutsche Strafrecht bemisst Geldstrafen nach dem Prinzip der Tagessätze. Ein Tagessatz orientiert sich am durchschnittlichen Nettoeinkommen der beschuldigten Person. Dabei werden auch Vermögenswerte und finanzielle Verpflichtungen berücksichtigt. Der Tagessatz beträgt mindestens 1 Euro und maximal 30.000 Euro (§ 40 Abs. 2 StGB).
Beispiel: Bei einem Nettoeinkommen von 2.000 Euro monatlich wird ein Tagessatz mit 67 Euro (2.000 Euro ÷ 30 Tage) angesetzt.
Anzahl der Tagessätze bei sexueller Belästigung
Die Anzahl der Tagessätze spiegelt die Schwere der Tat wider. Für „einfache“ Fälle sexueller Belästigung werden oft 20 bis 50 Tagessätze verhängt. Bei schwereren Verstößen oder Wiederholungstäter:innen kann die Zahl der Tagessätze deutlich höher liegen – bis zu 360 sind möglich.
Rechenbeispiele
30 Tagessätze zu je 50 Euro = Geldstrafe von 1.500 Euro
90 Tagessätze zu je 100 Euro = Geldstrafe von 9.000 Euro
Die Geldstrafe kann in Raten gezahlt werden, wenn die verurteilte Person finanziell nicht in der Lage ist, den Betrag auf einmal zu begleichen. Dazu muss ein entsprechender Antrag gestellt werden. Kann oder will die Person die Geldstrafe nicht zahlen, droht eine Ersatzfreiheitsstrafe. Dabei muss der oder die Verurteilte für jeden Tagessatz einen Tag ins Gefängnis. Bei 60 Tagessätzen müsste er oder sie beispielsweise 60 Tage in Haft verbringen.
Das System mit den Tagessätzen sorgt für Gerechtigkeit: Wer ein hohes Einkommen hat, zahlt mehr, spürt die Strafe aber genauso wie jemand mit geringem Einkommen. Es macht die Strafe individuell spürbar und in der Regel auch verhältnismäßig.
Fazit
Sexuelle Belästigung ist keine Straftat in Deutschland. Das Strafgesetzbuch sieht klare Sanktionen vor, die von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen reichen können. Die Höhe der Strafe richtet sich nach der Schwere der Tat, den individuellen Umständen und der finanziellen Situation der beschuldigten Person. Besonders am Arbeitsplatz haben Betroffene zusätzliche Schutzrechte, und Arbeitgeber müssen aktiv gegen Belästigungen vorgehen.