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Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung?

Im Arbeitsleben kommt es immer wieder zu Situationen, in denen Arbeitgeber:innen mit dem Verhalten oder den Leistungen ihrer Mitarbeiter:innen nicht zufrieden sind. Eine der ersten Maßnahmen, die in solchen Fällen ergriffen wird, ist die Abmahnung

Ist eine Abmahnung lediglich eine formale Warnung ohne Folgen? Oder droht schon bald eine Kündigung? Und wie viele Abmahnungen sind notwendig, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann? In diesem Beitrag gehen wir diesen Fragen nach und erklären die Rechtslage dazu.

Das Wichtigste in Kürze

✅ Abmahnungen sind zwar “nur” formale Hinweise, aber werden auch als Vorstufe zur Kündigung angesehen.
✅ Es gibt keine festgelegte Anzahl von Abmahnungen, die automatisch zu einer Kündigung führen; die Entscheidung hängt vom Einzelfall ab.
✅ Bestimmte schwerwiegende Verstöße können eine fristlose Kündigung rechtfertigen, ohne dass zuvor eine Abmahnung ausgesprochen werden muss.
✅ Mündliche Abmahnungen sind zwar zulässig, doch schriftliche Abmahnungen sind vorzuziehen, um Missverständnisse zu vermeiden und Beweise zu sichern.
✅ Bei rechtlichen Unklarheiten ist es wichtig, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Besuche dafür gerne unsere Kanzleisuche.

Was ist eine Abmahnung?

Eine Abmahnung im Arbeitsrecht ist ein formaler Hinweis von Arbeitgeber:innen an Arbeitnehmer:innen, dass ein bestimmtes Verhalten oder bestimmte Leistungen als nicht akzeptabel angesehen werden. Es handelt sich um eine Vorstufe zur Kündigung, die den Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit geben soll, ihr Verhalten zu ändern.

Die Abmahnung muss grundsätzlich von Arbeitgeber:innen ausgesprochen werden, bevor die Möglichkeit zur Kündigung besteht (§ 314 Abs. 2 S. 1 BGB). Direkte Rechtsfolgen hat eine Abmahnung nicht. Es muss also nicht unbedingt zu einer Kündigung kommen. Sie dient eher als Warnung und macht deutlich, dass eine verhaltensbedingte Kündigung bei Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens drohen kann. 

Man sieht also: Abmahnungen knüpfen immer an das Verhalten an. Aus personen- oder betriebsbedingten Gründen kann nicht grundsätzlich abgemahnt werden. 

Besserer Zugang zu Daten

Typische Verhaltensbeispiele, wegen denen eine Abmahnung erfolgen kann, sind folgende:

🍻 Alkoholkonsum am Arbeitsplatz 
⏰ Wiederholte Unpünktlichkeit 
📆 Unentschuldigtes Fehlen
❌ Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen 

Diese Aufzählung ist nicht abschließend, sondern dient nur zur Orientierung. 

Wusstest du, dass du deine:n Arbeitgeber:in auch selbst abmahnen kannst? Abmahnungen können auch von Arbeitnehmer:innen gegenüber dem Unternehmen ausgesprochen werden. Diese Variante ist zwar unüblich, kann aber hin und wieder vorkommen, wenn es zum Beispiel um Gehaltsrückstände geht. 

Was passiert bei einer Abmahnung?

Eine Abmahnung kann bei einer möglichen späteren Kündigung für die Begründung herangezogen werden. Nachdem eine Abmahnung erteilt wurde, wird diese grundsätzlich in die Personalakte des Mitarbeitenden hinzugefügt und kann nun auch Grundlage für Gehaltsverhandlungen oder das Arbeitszeugnis sein. 

Eine Ermahnung von Arbeitgeberseite oder bloße Kritik ist nicht gleich eine Abmahnung; denn hier werden unter anderem keine Sanktionen angedroht. Damit es sich rechtlich gesehen um eine Abmahnung handelt, müssen einige Voraussetzungen vorliegen.

Hinweisfunktion: Es ist erforderlich, dass Arbeitnehmer:innen genau über das beanstandete Verhalten informiert werden und dieses detailliert erläutert wird.

Ermahnfunktion: Das beanstandete Verhalten muss außerdem klar als ein Verstoß gegen die im Arbeitsvertrag festgelegten Pflichten dargestellt werden, wobei Arbeitnehmer:innen aufgefordert werden, solche Pflichtverletzungen in der Zukunft zu vermeiden.

Warnfunktion: Abschließend ist es wichtig, dass deutlich gemacht wird, dass bei einer Wiederholung des Fehlverhaltens arbeitsrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Kündigung, ergriffen werden können. 

Wann ist eine Abmahnung ungültig?

Auch wenn du eine Abmahnung erhalten hast, kann es dennoch sein, dass diese ungültig ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sie unbegründet ist oder wesentliche Angaben wie den konkreten Vorwurf oder das Datum des beanstandeten Verhaltens nicht enthält.

Ungültige Abmahnung

Rechtlich gesehen spricht man hier von Nichtigkeit. Ist eine Abmahnung nichtig, können sich aus ihr keine Rechte oder Pflichten ergeben. Häufig müssen Arbeitnehmer:innen dies jedoch gerichtlich feststellen lassen, also aktiv gegen die Abmahnung vorgehen. 

Auch eine Ermahnung, die zwar als Abmahnung bezeichnet wurde, aber nicht die bereits genannten wesentlichen Funktionen erfüllt, kann unwirksam sein und später keine Kündigung begründen. 

Mündliche Abmahnung: Ist das erlaubt?

Eine mündliche Abmahnungen ist im Arbeitsrecht grundsätzlich zulässig. Es empfiehlt sich aber, Abmahnungen immer schriftlich zu erteilen, um Missverständnisse zu vermeiden und einen Nachweis zu sichern.

Du möchtest deine Abmahnung oder Kündigung rechtlich überprüfen lassen? Wende dich an unsere Kooperationspartner:innen in der Kanzleisuche.

Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung?

Grundsätzlich muss vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erfolgen. Die Anzahl der erforderlichen Abmahnungen vor einer Kündigung hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Art des Fehlverhaltens oder der Leistungsdefizite

Es gibt keine gesetzlich festgelegte Anzahl von Abmahnungen, die eine Kündigung rechtfertigen. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an. Im Grundsatz gilt aber Folgendes:

Bei kleineren Verhaltensfehlern wie Zuspätkommen müssen Arbeitgeber:innen grundsätzlich mehrfach eine Abmahnung aussprechen. 

Bei schwerwiegenden Verhaltensfehlern wie der Missachtung der Verschwiegenheitserklärung oder einer unerlaubten Nebentätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen muss lediglich einmalig abgemahnt werden. 

In Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn das Fehlverhalten besonders schwer wiegt, ist sogar eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich. 

Wichtig ist, dass auch nach einer einzelnen oder mehreren Abmahnung nicht direkt jedes weitere Fehlverhalten zu einer Kündigung führen muss. Die Verstöße müssen, um Grundlage einer Entlassung sein zu können, gleichartig sein.

Beispiel

Paul kommt wiederholt zu spät zur Arbeit und wird nun abgemahnt. Er nimmt diese Warnung ernst und achtet fortan genau auf die Einhaltung der Arbeitszeiten. Dann passiert ihm aber ein Arbeitsfehler, weil er unachtsam mit dem Drucker umgegangen ist. Das kann aber nicht direkt zur Kündigung führen, denn er wurde diesbezüglich vorher noch nicht abgemahnt. Sein Chef müsste ihm nun also hinsichtlich dieses Verstoßes auch eine zweite Chance geben und erneut abmahnen.

Unentschuldigtes Fehlen: Abmahnung zulässig?

Das unentschuldigte Fehlen von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz stellt einen ernstzunehmenden Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Wenn Mitarbeitende ohne triftigen Grund und ohne vorherige Benachrichtigung oder Genehmigung der Arbeit fernbleiben, kann dies die betrieblichen Abläufe erheblich stören und zu einem Vertrauensverlust führen. 

Unentschuldigtes Fehlen kann also ein legitimer Grund für eine Abmahnung sein. Wiederholt sich dieses Verhalten trotz Abmahnung, kann dies letztendlich zur Kündigung führen.

Abmahnung wegen Fehlverhalten

Bei Fehlverhalten am Arbeitsplatz können Arbeitgeber:innen ebenfalls abmahnen. Hier sind einige Beispiel für abmahnfähiges Fehlverhalten: 

  • Missachtung der Sicherheitsvorschriften
  • Unangemessener Umgang mit Unternehmenseigentum
  • Zwischenmenschliches Verhalten (Mobbing, Diskriminierung oder andere Formen von respektlosem Umgang mit Kolleg:innen oder Vorgesetzten) 
  • Verletzung der Vertraulichkeit

Für Arbeitgeber:innen ist es allerdings nicht erforderlich, eine Abmahnung auszusprechen, wenn offensichtlich ist, dass diese keine Änderung des Verhaltens der betreffenden Mitarbeitenden bewirken wird. 

Sollte die Arbeitnehmer:innen beispielsweise bereits im Vorfeld (etwa gegenüber Kolleg:innen) geäußert haben, dass sie ihr fehlerhaftes Verhalten unter keinen Umständen ändern werden, können Arbeitgeber:innen auf die Ausstellung einer (weiteren) Abmahnung verzichten.

Zu oft krank: Abmahnung wegen Krankheit

Krankheitsbedingte Abwesenheiten sind in jedem Arbeitsverhältnis zu erwarten und werden durch das Arbeitsrecht abgedeckt, um Arbeitnehmer:innen zu schützen. Diese Fehlzeiten dürfen in der Regel nicht zu Abmahnungen führen, da Krankheit kein steuerbares Verhalten darstellt. 

Anders verhält es sich jedoch, wenn ein Verdacht auf Missbrauch des Krankheitsurlaubs besteht. Wenn zum Beispiel häufige Krankmeldungen vor oder nach Wochenenden oder Feiertagen ein systematisches Muster erkennen lassen oder Informationen darauf hindeuten, dass Mitarbeitende während der Krankheitsphase Aktivitäten nachgehen, die mit der angegebenen Erkrankung nicht vereinbar sind, dann kann eine Abmahnung in Erwägung gezogen werden. 

Zuvor sollte dieser Verdacht allerdings sorgfältig dokumentiert und ein Gespräch gesucht werden. Die Abmahnung ist immer als letztes Mittel einzusetzen. In bestimmten Fällen können Arbeitgeber:innen verlangen, dass die betroffenen Arbeitnehmer:innen sich einer Untersuchung durch den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin unterziehen, um den Gesundheitszustand festzustellen.

Azubi: Abmahnungen und Kündigung während der Ausbildung

Vor einer fristgemäßen Kündigung muss nur abgemahnt werden, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist. Für Auszubildende gelten aber besondere Regelungen. 

Während der Probezeit (in der Regel 6 Monate) kann das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Danach sind Abmahnungen erforderlich, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann.

Das Kündigungsschutzgesetz ist außerdem nicht anwendbar, wenn Arbeitnehmer:innen in einem Kleinbetrieb mit 10 oder weniger Mitarbeitenden arbeiten. 

Fristlose Kündigung ohne Abmahnung

In einigen Fällen ist eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung möglich. Bei verhaltensbedingten Kündigungen betrifft dies insbesondere schwerwiegende Verstöße, die ein sofortiges Beenden des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen und von den Arbeitgeber:innen nicht erwartet werden kann, dass dieses Verhalten geduldet wird (beispielsweise Straftaten am Arbeitsplatz). 

Personen- oder betriebsbedingte Kündigungen bedürfen grundsätzlich keiner Abmahnung. Das wäre hier auch wenig sinnvoll, da Abmahnungen im Arbeitsrecht dazu dienen, die Mitarbeitenden dazu aufzurufen, ein gewisses Verhalten zu ändern.

Gibt es wichtige Fristen bei einer Abmahnung?

Bei der Ausstellung einer Abmahnung gibt es keine besonderen Fristen, die eingehalten werden müssen. Wichtig ist jedoch, dass Arbeitgeber:innen nicht zu lange mit der Abmahnung warten, da sonst der Eindruck entstehen könnte, dass das beanstandete Verhalten akzeptiert wurde und eine später ausgesprochene Abmahnung dann verwirkt sein könnte. 

Checkliste: Wie verhalte ich mich bei einer Abmahnung?

Die folgende Checkliste dient zur groben Orientierung und ersetzt keine Rechtsberatung durch eine Anwältin oder einen Anwalt für Arbeitsrecht. Wende dich für eine konkrete Auskunft direkt an eine:n Expert:in, zum Beispiel in unserer Kanzleisuche.

  • Höre dir die Vorwürfe an und geh ins Gespräch mit deinem Arbeitgeber oder deiner Arbeitgeberin.
  • Hinterfrage die Vorwürfe und überlege dir, ob eine Entschuldigung angemessen wäre. So kann das Arbeitsklima entschärft werden und möglicherweise wird die Abmahnung sogar zurückgenommen. 
  • Du kannst aber auch schriftlich eine Gegendarstellung anfertigen und erklären, weshalb die Abmahnung aus deiner Sicht nicht gerechtfertigt ist. Versuche hierfür schnellstmöglich Nachweise zu sichern.
  • Außerdem kannst du die Entfernung aus der Personalakte verlangen. Wichtig: Hole dir für eine schriftliche Stellungnahme juristische Hilfe, um nicht in die Gefahr eines ungewollten Schuldeingeständnisses zu kommen. 
  • Anwält:innen empfehlen, die Abmahnung oder andere Dokumente nicht ohne weiteres zu unterschreiben. Denn hierin kann im Zweifel auch eine Einverständniserklärung liegen.
  • Wenn du vorhast vor Gericht zu ziehen, überlege dir diese Entscheidung gut. Gerichtliche Prozesse sind zeitaufwändig, können kostenintensiv werden und schädigen das Arbeitsverhältnis auf lange Zeit. Gehe diesen Weg also nur, wenn du dir sicher bist und lasse dich rechtlich dabei unterstützen.

Fazit

Die Frage „Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung?“ lässt sich nicht pauschal beantworten, da es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Entscheidend ist hier besonders die Schwere des Fehlverhaltens. 

Es gibt verschiedene Wege, sich gegen eine Abmahnung zu wehren. Wichtig ist, dass Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen ihre Rechte und Pflichten kennen und im Konfliktfall professionelle rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.

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