Du hast gesundheitliche Beschwerden und möchtest schnell einen Facharzt oder eine Fachärztin aufsuchen. Du fragst dich vielleicht, ob du unbedingt eine Überweisung vom Hausarzt brauchst oder ob du auch ohne eine solche direkt in eine spezialisierte Praxis gehen kannst. Diese Frage stellen sich viele, besonders wenn die Wartezeiten auf einen Termin beim Hausarzt lang sind oder der Facharzt als direkter Ansprechpartner naheliegender erscheint.
Doch was passiert, wenn du den Gang über den Hausarzt überspringst und direkt zum Facharzt gehst? Wird die Krankenkasse die Kosten übernehmen oder bleibst du auf den vollen Rechnungen sitzen? Und wie sieht es mit den rechtlichen Aspekten aus – brauchst du wirklich immer eine Überweisung oder gibt es Ausnahmen?
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Überweisung vom Hausarzt: In der Regel benötigst du eine Überweisung vom Hausarzt, um einen Facharzt aufzusuchen, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt.
✅ Direktwahlrecht: Für bestimmte Fachärzte wie Augenärzte, Gynäkologen oder Zahnärzte brauchst du keine Überweisung und kannst direkt einen Termin machen.
✅ Kostenübernahme: Wenn du ohne Überweisung zu einem Facharzt gehst, der nicht unter das Direktwahlrecht fällt, musst du die Kosten selbst tragen.
✅ Notfälle: In medizinischen Notfällen kannst du ohne Überweisung zum Facharzt gehen und die Krankenkasse übernimmt die Kosten.
Aufgrund der besseren Leserlichkeit verwenden wir in diesem Artikel einheitlich die männlichen Begriffe “Facharzt” oder “Hausarzt”. Wir wünschen uns jedoch ausdrücklich mehr Diversität – die schon bei der Sprache beginnt – und richten uns daher auch an weibliche Ärztinnen.
Warum braucht man eine Überweisung zum Facharzt?
Eine Überweisung ist ein Dokument, das dein Hausarzt oder Allgemeinarzt ausstellt, wenn er dich an einen Facharzt überweist. Sie dient als Empfehlung und gibt dem Facharzt wichtige Informationen über deine Gesundheitsgeschichte, damit er die bestmögliche Behandlung anbieten kann. Ohne eine solche Überweisung könnte es schwieriger werden, sicherzustellen, dass die Krankenkasse die Behandlungskosten übernimmt.
Fachärzte spezialisieren sich auf bestimmte Bereiche der Medizin. So gibt es zum Beispiel den Dermatologen für Hautkrankheiten, den Kardiologen für Herzprobleme oder den Neurologen für neurologische Erkrankungen. In vielen Fällen ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner, wenn gesundheitliche Beschwerden auftreten. Er beurteilt die Symptome und entscheidet, ob eine Überweisung zum Facharzt sinnvoll ist.
Wofür brauche ich die Überweisung?
Diese Überweisung ist für die Krankenkasse wichtig, da sie sicherstellt, dass du die medizinische Versorgung in der richtigen Reihenfolge erhältst. Das Gesundheitssystem sieht vor, dass du in der Regel zuerst beim Hausarzt vorstellig wirst, bevor du einen Facharzt aufsuchst. Der Hausarzt stellt sozusagen die Weichen für eine weitere Behandlung.
Wann ist eine Überweisung zum Facharzt notwendig?
In Deutschland regeln die Sozialgesetzbücher (SGB) die medizinische Versorgung der gesetzlich Versicherten. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Facharztbehandlung nur dann, wenn du eine Überweisung vom Hausarzt hast – mit ein paar Ausnahmen. In den meisten Fällen wird die Behandlung durch einen Facharzt, der auf Überweisung kommt, als notwendige „Folgebehandlung“ angesehen. Hast du keine Überweisung, könnte die Krankenkasse also die Kosten verweigern.
Doch es gibt auch Situationen, in denen du ohne Überweisung zum Facharzt gehen kannst:
- Notfälle: In einem akuten medizinischen Notfall bist du nicht verpflichtet, zuerst den Hausarzt zu konsultieren. Wenn du sofort einen Facharzt aufsuchen musst, übernimmt die Krankenkasse die Kosten, auch ohne Überweisung.
- Direktwahlrecht bei bestimmten Fachärzten: In Deutschland gibt es einige Facharztgruppen, bei denen du ohne Überweisung direkt einen Termin vereinbaren kannst. Das betrifft zum Beispiel Augenärzte, Frauenärzte (Gynäkologen) und Zahnärzte. Diese Ärzte sind ausgenommen von der Überweisungsregel und können von dir direkt aufgesucht werden.
- Besondere Untersuchungen: Für bestimmte Untersuchungen, wie zum Beispiel eine Krebsfrüherkennung, benötigst du auch keine Überweisung. Das gilt für viele Vorsorgeuntersuchungen, die gesetzlich abgesichert sind.
In vielen Fällen kann der Hausarzt dir schon im Vorfeld erklären, ob ein Besuch beim Facharzt notwendig ist oder ob eine direkte Facharztwahl möglich ist.
Was passiert, wenn man ohne Überweisung zum Facharzt geht?
Wenn du ohne Überweisung zum Facharzt gehst, kann das mehrere Konsequenzen haben – vor allem in Bezug auf die Kostenübernahme durch die Krankenkasse. In der Regel übernimmt die Krankenkasse nur die Behandlungskosten, wenn du die vorgeschriebene Reihenfolge einhältst: erst zum Hausarzt, dann zum Facharzt. Fehlt diese Überweisung, kann die Krankenkasse die Kosten grundsätzlich ablehnen.
Klartext
Du musst im Zweifel die Behandlung selbst bezahlen, wenn du ohne Überweisung zum Facharzt gehst. Das betrifft nicht nur die Arztkosten, sondern auch die eventuell anfallenden Untersuchungen oder Behandlungen.
Es gibt allerdings eine Ausnahme, wenn du das sogenannte Direktwahlrecht hast. In diesen Fällen übernimmt die Krankenkasse die Kosten, auch ohne Überweisung.
Wenn du gegen diese Vorgabe verstößt, wird die Krankenkasse in der Regel die Zahlung verweigern und dich auf die Notwendigkeit einer Überweisung hinweisen. In einigen Fällen kann die Krankenkasse sogar eine rückwirkende Zahlung verlangen, falls sie die Behandlung bereits vorab übernommen hat.
Es gibt auch Fälle, in denen das Fehlen einer Überweisung zu einer Verzögerung in der Behandlung führen kann. Dein Facharzt wird dich möglicherweise zurück an deinen Hausarzt schicken, um die Überweisung nachträglich zu holen. Dadurch kann sich der gesamte Behandlungsprozess unnötig verlängern – gerade wenn es um dringende medizinische Probleme geht.
Das können also zusammengefasst mögliche Folgen sein, wenn du ohne Überweisung zum Facharzt gehst:
- Krankenkasse übernimmt keine Kosten: In den meisten Fällen wirst du die Kosten für die Behandlung beim Facharzt selbst bezahlen müssen. Die Krankenkasse übernimmt die Behandlung nur, wenn die Reihenfolge der Überweisung eingehalten wurde. Dies gilt auch für notwendige Untersuchungen, die der Facharzt durchführen könnte.
- Kostenrückforderung: Falls die Krankenkasse die Behandlung bereits übernommen hat, sie aber später feststellt, dass keine Überweisung vorlag, kann sie die bereits gezahlten Kosten zurückfordern. Das bedeutet, du müsstest dann für die gesamte Behandlung aufkommen.
- Verzögerung der Behandlung: Manchmal wird der Facharzt dich an den Hausarzt zurückverweisen, um die nötige Überweisung zu bekommen. Das verzögert den gesamten Behandlungsprozess, was gerade in dringenden Fällen sehr ärgerlich sein kann.
Freie Arztwahl: Ohne Überweisung zum Facharzt trotz Hausarztmodell
Es gibt einige Fachärzte, zu denen du ohne Überweisung gehen kannst. Diese Ausnahmen sind in Deutschland klar geregelt und erleichtern dir den Zugang zu medizinischer Versorgung.
Versicherte können unter verschiedenen Ärzten und Einrichtungen wählen, die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind (§ 76 SGB V) . Das betrifft Ärzte, die in Medizinischen Versorgungszentren arbeiten, Zahnärzte, Kliniken der Krankenkassen und viele andere, die für die ambulante Behandlung zuständig sind. Versicherte in der knappschaftlichen Krankenversicherung können ebenfalls frei wählen, bei welchen Ärzten oder Einrichtungen sie sich behandeln lassen, wobei die gleichen Regeln gelten.
Wenn du ohne einen wichtigen Grund einen Arzt oder eine Einrichtung auswählst, die nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehört, musst du die Mehrkosten selbst bezahlen. Versicherte sollten zudem ihren Arzt nur dann wechseln, wenn es einen guten Grund dafür gibt. In der Regel wird ein Hausarzt gewählt, der dann für die Grundversorgung zuständig ist. Der Hausarzt muss die Versicherten darüber informieren, was genau die hausärztliche Versorgung umfasst.
Die bekanntesten Facharztgruppen, bei denen eine direkte Wahl ohne Überweisung möglich ist, sind:
- Augenärzte (Ophthalmologen): Wenn du Probleme mit deinen Augen hast, kannst du direkt einen Augenarzt aufsuchen. Dazu gehören zum Beispiel Sehprobleme, Augenentzündungen oder Unfälle mit den Augen. Für diese Behandlungen benötigst du keine Überweisung vom Hausarzt.
- Gynäkologen (Frauenärzte): Frauen können ohne Überweisung zu einem Gynäkologen gehen. Dies betrifft regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen (wie Pap-Abstriche) oder bei Problemen wie Menstruationsstörungen, Verhütung oder Schwangerschaft. Auch hier gilt: Keine Überweisung erforderlich.
- Zahnärzte: Zahnarztbesuche erfordern in der Regel keine Überweisung, weder für Routinekontrollen noch für spezielle Behandlungen wie Zahnbehandlungen oder Zahnprothesen. Für Zahnärzte ist der direkte Zugang Teil der Regelung im Gesundheitssystem.
- Psychotherapeuten (bei einer akuten Diagnose): Auch hier gibt es Ausnahmen. In einigen Fällen kannst du ohne Überweisung direkt zu einem Psychotherapeuten gehen, besonders wenn du eine akute psychische Erkrankung hast. Dennoch verlangen die meisten Therapeuten heute eine Überweisung vom Hausarzt, um die Kostenübernahme durch die Krankenkasse zu gewährleisten.
Es gibt noch viele andere Fachärzte, bei denen du ohne Überweisung direkt einen Termin vereinbaren kannst. Besonders bei spezialisierten Behandlungen (z. B. Orthopäden, HNO-Ärzten) ist es ratsam, sich vorher über die spezifischen Regeln deiner Krankenkasse zu informieren, da die genauen Vorschriften je nach Krankenkasse leicht variieren können.
Fazit
Die Wahl des richtigen Arztes ist für eine optimale medizinische Versorgung entscheidend, aber auch für die Kostenübernahme durch deine Krankenkasse. Wenn du ohne Überweisung zum Facharzt gehst, kann es passieren, dass du die Kosten selbst tragen musst. Es sei denn, du gehst zu einem Arzt, bei dem du das Direktwahlrecht hast oder es handelt sich um einen Notfall. Es ist daher wichtig, sich im Vorfeld gut zu informieren und mit deinem Hausarzt zu klären, ob eine Überweisung notwendig ist.