Du hast dich jahrelang um die Kinder gekümmert, Haushaltsarbeit übernommen oder Angehörige gepflegt, während dein Partner oder deine Partnerin jeden Tag ins Büro gegangen ist. Die Beziehung ist vorbei, die Scheidung steht an – doch plötzlich merkst du: Deine eigene Rente fällt viel geringer aus. Genau hier setzt der Versorgungsausgleich an. Doch was ist ein Versorgungsausgleich? Er sorgt dafür, dass die in der Ehezeit erarbeiteten Rentenansprüche fair zwischen beiden Partner:innen aufgeteilt werden. Ganz unabhängig davon, wer wie viel auf dem Konto hat oder wie viel beruflich geleistet wurde. Erfahre mehr in diesem Artikel.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Der Versorgungsausgleich sorgt bei einer Scheidung dafür, dass Rentenanwartschaften, die während der Ehezeit entstanden sind, gleichmäßig auf beide Partner:innen aufgeteilt werden. Das betrifft u.a. gesetzliche, betriebliche und private Renten.
✅ Der Versorgungsausgleich greift vor allem dann, wenn die Ehepartnerin oder der Ehepartner durch Kindererziehung, Pflegearbeit oder Teilzeitbeschäftigung geringere Rentenansprüche aufgebaut hat. Der Ausgleich stellt sicher, dass trotz ungleicher Erwerbstätigkeit beide im Alter abgesichert sind.
✅ Die Aufteilung erfolgt in der Regel durch sogenannte interne Teilung: Die ausgleichsberechtigte Person erhält einen eigenen Rentenanspruch im entsprechenden Versorgungssystem, während beim anderen die Anwartschaft entsprechend gekürzt wird.
✅ Du musst den Versorgungsausgleich nicht separat beantragen. Das Familiengericht prüft ihn automatisch, wenn die Ehe länger als 3 Jahre bestanden hat. Bei kürzeren Ehen ist er nur auf Antrag möglich.
✅ Ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich (z. B. durch Ehevertrag) ist möglich, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Das Gericht prüft dabei immer, ob die Vereinbarung fair und ausgewogen ist. Ungerechtfertigte Benachteiligung wird nicht zugelassen.
Was ist ein Versorgungsausgleich? Einfach erklärt
Der Versorgungsausgleich sorgt bei einer Scheidung für eine faire Aufteilung der Rentenansprüche, die beide Ehepartner:innen während der Ehezeit gesammelt haben. Er soll verhindern, dass eine Person mit einer hohen Rente dasteht und die andere im Alter wenig bekommt, zum Beispiel weil sie wegen Kindererziehung oder Pflegezeiten nicht arbeiten konnte. Es geht dabei vor allem um Gerechtigkeit im Alter.
Also betrifft dich der Versorgungsausgleich nur, wenn du verheiratet bist oder warst. Sobald ihr die Scheidung einreicht, prüft das Gericht automatisch, ob und wie Rentenansprüche aufgeteilt werden müssen. Dabei zählt die komplette Dauer der Ehe (vom offiziellen Heiratsdatum bis zum Tag, an dem der Scheidungsantrag bei Gericht eingeht). Alle Rentenansprüche, die während dieser Zeit entstehen, bezeichnet man als Versorgungsanrechte.
Dies betrifft alle Rentenanwartschaften, also Ansprüche auf spätere Rentenzahlungen. Dazu gehören nicht nur die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch aus anderen Versorgungen. Das können zum Beispiel Betriebsrenten, Beamtenpensionen, berufsständische Versorgungen (für Ärzt:innen, Anwält:innen oder Architekt:innen) oder auch Riester- und Rürup-Renten sein. Entscheidend ist, dass du und dein Partner oder deine Partnerin diese Ansprüche während der Ehezeit aufgebaut habt.
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Was sind Versorgungsanrechte?
Zu den Versorgungsanrechten zählen unter anderem:
- Ansprüche auf die gesetzliche Rente
- Betriebliche Altersvorsorge
- Private Rentenversicherungen, wenn sie eine Altersversorgung darstellen
- Versorgungen aus berufsständischen Versorgungswerken (z. B. Ärzte oder Architekten)
Hast du beispielsweise ein paar Jahre Vollzeit gearbeitet und deine Frau oder dein Mann war in dieser Zeit wegen der Kinder zu Hause, dann hast du hohe Rentenpunkte gesammelt, dein:e Partner:in aber kaum. Durch den Versorgungsausgleich wird das angeglichen: Du gibst einen Teil ab, dein:e Partner:in bekommt diesen Anteil gutgeschrieben. So wird der Rentenanspruch fair verteilt.
Rechtsgrundlage dafür ist § 1 Abs. 1 Versorgungsausgleichsgesetz. Dort steht: “Im Versorgungsausgleich sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitanteile) jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen.”
Besonders relevant ist das für viele Frauen, die über Jahre hinweg weniger oder gar nicht berufstätig waren. Auch wer krank war oder sich um Pflege von Angehörigen gekümmert hat, hat oft Lücken in der Altersvorsorge. Der Versorgungsausgleich kann hier im Alter für mehr Sicherheit sorgen.
Wichtig
Der Versorgungsausgleich gilt nicht nur für Angestellte mit gesetzlicher Rente. Auch Beamt:innen, Selbstständige mit privater Altersversorgung oder Menschen mit Pensionsansprüchen müssen diese Anrechte offenlegen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass du Angaben zu deinem Pensionsfonds oder deiner Riester-Rente machen musst. Beide Ehepartner:innen sind verpflichtet, dem Gericht wahrheitsgemäß Auskunft über alle bestehenden Rentenanwartschaften zu geben, das ergibt sich aus § 5 VersAusglG.
Interne Teilung beim Versorgungsausgleich
Das Familiengericht prüft, wie viele Ansprüche jeder in der Ehezeit erworben hat. Hat einer mehr Rentenpunkte als der andere, wird das ausgeglichen – in der Regel hälftig. Dafür wird bei allen Versorgungsträger:innen ein interner Ausgleich durchgeführt. Das bedeutet: Dein Rentenversicherungsträger schreibt Punkte oder Anrechte um. Du merkst davon erst etwas, wenn es irgendwann zur Auszahlung der Rente kommt.
Beispiel
Wenn dein:e Partner:in während der Ehe durch regelmäßige Arbeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 400 Euro aufgebaut hat und du selbst nur 100 Euro, dann werden beide Rentenansprüche zunächst zur Hälfte geteilt. Du erhältst 150 Euro (statt 100), dein:e Partner:in ebenfalls 150 Euro. Der Ausgleich erfolgt direkt in den jeweiligen Rentenkonten durch Umbuchung. Das nennt man „interne Teilung“.
Dieser Ausgleich ist besonders wichtig, wenn du während der Ehe keine oder geringere Beiträge zahlen konntest – zum Beispiel durch Kindererziehung oder unbezahlte Pflegearbeit. Ohne Versorgungsausgleich würdest du im Rentenalter massiv benachteiligt. Du bekommst also durch dieses Verfahren einen eigenständigen Anspruch auf Rente bei deinem Rentenversicherungsträger. Du bleibst unabhängig von Ex-Partner oder Ex-Partnerin, auch wenn seine oder ihre Ansprüche gekürzt wurden.
Hinweis: Der Versorgungsausgleich ist Teil des sogenannten Familienverfahrensgesetzes (§ 137 FamFG). Das bedeutet, dass du dich nicht extra darum kümmern musst. Das Gericht führt den Ausgleich automatisch im Scheidungsverfahren durch.
Es gibt aber auch Fälle, in denen kein oder nur eingeschränkter Ausgleich erfolgt – zum Beispiel bei kurzer Ehe oder wenn beide Partner ähnliche Anwartschaften erworben haben. In solchen Fällen spricht man von „ausnahmsweise Absehen vom Versorgungsausgleich“, geregelt in § 27 VersAusglG. Auch übermäßige Härten können im Einzelfall zur vollständigen Ausnahme führen – das entscheidet das Gericht.
Der Versorgungsausgleich ist dafür da, faire Verhältnisse bei der Rente nach der Trennung zu schaffen. Und das unabhängig davon, wer wie viel Geld verdient hat oder warum jemand weniger gearbeitet hat. Es geht um eine gerechte Aufteilung der Altersvorsorge, damit niemand im Alter benachteiligt wird.
Fazit
Der Versorgungsausgleich ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Scheidungsrechts und sorgt für eine gerechte Aufteilung der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften zwischen den Ehepartner:innen. Er betrifft sowohl gesetzliche als auch private und betriebliche Altersvorsorgen und dient dazu, finanzielle Nachteile eines Partners nach der Trennung auszugleichen. Besonders relevant ist der Versorgungsausgleich bei langjährigen Ehen, während er bei kürzeren Ehen oder mit beidseitigem Verzicht entfallen kann.
Betroffene sollten sich frühzeitig über ihre Rechte und Pflichten informieren und gegebenenfalls juristischen Beistand hinzuziehen, um Nachteile zu vermeiden. Ein transparentes und faires Verfahren bietet beiden Parteien die Möglichkeit, auch nach der Ehe finanziell abgesichert zu sein. Der Versorgungsausgleich trägt somit wesentlich zur sozialen Gerechtigkeit im Falle einer Scheidung bei.