Sterbehilfe in Deutschland: Pro und Contra zur Rechtslage

Die Sterbehilfe ist ein hochsensibles Thema, das alle Menschen (irgendwann) betrifft. Egal, ob es um eine schwere Krankheit, fortgeschrittenes Alter oder psychische Belastungen geht – die Frage, ob und wie man sein Leben selbstbestimmt beenden kann, beschäftigt viele. Gerade in Deutschland, wo das Thema Sterbehilfe immer wieder kontrovers diskutiert wird, gibt es viele Unsicherheiten. Erfahre in diesem Artikel alles, was du dazu wissen musst.

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Das Wichtigste in Kürze

Ist Sterbehilfe legal? Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland als “Tötung auf Verlangen” mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe strafbar. 
Sterbehilfe bei Demenz: Frühzeitig verfasste Patientenverfügungen können entscheidend sein, um den eigenen Willen zu dokumentieren.
Pro und Contra für die Sterbehilfe: Viele setzen sich für mehr Selbstbestimmung ein, Gegner:innen warnen vor Missbrauch, Fehlern und ethischen Bedenken.
Internationale Rechtslage: Länder wie Belgien und die Niederlande haben klare Gesetze zur Sterbehilfe, die dort unter Umständen zulässig ist.

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Aktive und passive Sterbehilfe – das sind die Arten der Sterbehilfe

Aktive Sterbehilfe bedeutet, dass Ärzt:innen oder andere Beteiligte direkt Maßnahmen ergreifen, um das Leben einer Person zu beenden. Das kann zum Beispiel durch die Gabe eines tödlichen Medikaments geschehen. 

In Deutschland ist diese Form der Sterbehilfe gemäß § 216 StGB strafbar. Die aktive Sterbehilfe wird hierzulande als Tötung auf Verlangen bezeichnet und ist mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren bedroht.

Passive Sterbehilfe hingegen meint das Unterlassen oder Abbrechen von lebenserhaltenden Maßnahmen. Das kann beispielsweise der Verzicht auf eine künstliche Beatmung oder die Einstellung einer Dialyse sein. 

Diese Form der Sterbehilfe ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt, wenn sie dem mutmaßlichen oder geäußerten Willen der jeweiligen Patient:innen entspricht. Dabei kommt es – falls vorhanden – auch auf die Patientenverfügung an, die klar dokumentiert, welche Behandlungen der Patient wünscht oder ablehnt.

Ist passive Sterbehilfe erlaubt?

Im Jahr 2010 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem richtungsweisenden Urteil (Az.: 2 StR 454/09), dass passive Sterbehilfe zulässig ist, wenn der Patient oder die Patientin vorher schriftlich oder mündlich geäußert hat, dass er oder sie bestimmte lebenserhaltende Maßnahmen ablehnt.

Ist Sterbehilfe bei Demenz erlaubt?

Bei Demenz stellt sich die Situation komplizierter dar. Menschen mit fortgeschrittener Demenz können oft nicht mehr klar äußern, was sie möchten. Eine frühzeitig verfasste Patientenverfügung kann hier Klarheit schaffen. Doch selbst dann gibt es ethische und rechtliche Herausforderungen. 

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: XII ZB 61/16) hat klargestellt, dass auch bei Demenzkranken die Wünsche, die in einer Patientenverfügung geäußert wurden, zu respektieren sind. Dies zeigt, wie wichtig es ist, frühzeitig und detailliert festzulegen, welche medizinischen Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden.

Pro und Contra: Argumente für und gegen Sterbehilfe

Für die Sterbehilfe gibt es viel Pro und Contra, über das man diskutieren kann. Es gibt zum Beispiel Pro-Argumente, die untermauern, dass jeder Mensch das Recht auf einen selbstbestimmten Tod haben sollte. Diese Stimmen betonen die Würde des Menschen und setzen sich dafür ein, dass niemand gegen seinen Willen leiden muss. Viele sehen in der Sterbehilfe einen letzten Akt der Nächstenliebe und des Mitgefühls.

Pro-Argumente für die Sterbehilfe

  • Recht auf Selbstbestimmung: Jeder Mensch sollte das Recht haben, über sein eigenes Leben und dessen Ende zu entscheiden. Besonders in Situationen, in denen das Leben von unheilbaren Krankheiten und unerträglichem Leiden geprägt ist, wird die Möglichkeit, selbstbestimmt zu sterben, als Akt der Würde betrachtet.
  • In Deutschland ist die Menschenwürde im Grundgesetz in Artikel 1 verankert. Dies wird oft als Argument genutzt, dass die Würde des Menschen auch das Recht einschließt, über den eigenen Tod zu bestimmen.
  • Linderung unerträglicher Schmerzen und Leiden: Manche Krankheiten verursachen extreme Schmerzen, die durch medizinische Maßnahmen nicht ausreichend gelindert werden können. In vielen Fällen bleibt der Wunsch nach einem selbstbestimmten Ende.
  • Nächstenliebe und Mitgefühl: Von Befürworter:innen der Sterbehilfe wird oft argumentiert, dass es unmenschlich sei, jemanden gegen seinen Willen leiden zu lassen, wenn er in Frieden sterben möchte. Oftmals ist es auch für Familienangehörige schwer, das Leiden eines geliebten Menschen mit anzusehen.
  • In Ländern, in denen die Sterbehilfe legal ist, zeigen Umfragen eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Dies deutet darauf hin, dass viele Menschen die Möglichkeit einer selbstbestimmten Lebensbeendigung befürworten. Beispiele sind die Niederlande und Belgien, wo die aktive Sterbehilfe durch Ärzt:innen unter Umständen straffrei bleibt.

Contra-Argumente für die Sterbehilfe

Gegner:innen der Sterbehilfe warnen hingegen vor Missbrauch und den moralischen Folgen. Sie argumentieren, dass die Legalisierung der Sterbehilfe Druck auf vulnerable Gruppen, wie alte oder kranke Menschen, ausüben könnte. Es besteht die Sorge, dass der Wert des Lebens relativiert wird und die Grenze zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Sterbehilfe verschwimmt.

  • Missbrauchsgefahr: Es besteht die Sorge, dass betroffene Menschen unter Druck gesetzt werden könnten, sich für die Sterbehilfe zu entscheiden, um nicht “zur Last zu fallen”. Das gilt besonders in Gesundheitssystemen mit begrenzten Ressourcen.
  • Viele Menschen haben ethische und moralische Bedenken gegenüber der Sterbehilfe. Für sie ist das Leben heilig und unantastbar. Aus dieser Perspektive ist jede Form der Sterbehilfe moralisch falsch, unabhängig von den Umständen.
  • Religiöse Gemeinschaften lehnen die Sterbehilfe oft kategorisch ab. Sie argumentieren, dass das Leben ein Geschenk ist und nur der natürliche Tod akzeptiert werden sollte.
  • Schutz und Aufrechterhaltung des Lebens: Kritiker:innen betonen, dass die Aufgabe der Medizin und der Gesellschaft darin besteht, Leben zu schützen und zu erhalten, nicht es aktiv zu beenden.
  • Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG: Dieses Grundrecht ist in den Augen vieler Menschen nicht verhandelbar.
  • Besonders kontrovers ist die Diskussion um die Sterbehilfe bei psychischen Erkrankungen. Gegner:innen warnen, dass Menschen in psychischen Krisen möglicherweise nicht in der Lage sind, eine fundierte Entscheidung über ihren eigenen Tod zu treffen. Der Fall von Aurelia Brouwers in den Niederlanden zeigt, wie komplex diese Thematik ist. Brouwers litt an schweren psychischen Erkrankungen und erhielt Sterbehilfe, was eine internationale Debatte auslöste.
  • Es besteht das Risiko, dass Fehldiagnosen oder Missverständnisse zu voreiligen Entscheidungen führen können. In Ländern mit legaler Sterbehilfe gibt es zwar strenge Protokolle und Verfahren, um sicherzustellen, dass es nicht zu Fehlentscheidungen kommt. Trotzdem bleibt die Sorge bestehen, dass Fehler passieren können.

In welchen Ländern ist Sterbehilfe erlaubt?

Sterbehilfe ist in einigen Ländern Europas, wie Belgien und den Niederlanden, teilweise und nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Auch in der Schweiz und Luxemburg gibt es Möglichkeiten, unter strengen Auflagen Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. 

Die Regelungen unterscheiden sich jedoch stark voneinander. Während in einigen Ländern auch psychisch kranke Menschen Sterbehilfe in Anspruch nehmen können, ist dies in anderen nur bei physischen Leiden erlaubt.

Sterbehilfe im Ausland

Viele Menschen reisen ins Ausland, um dort Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Reisen sind oft mit hohen Kosten und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Zudem müssen die Patient:innen meist mehrere Besuche und ausführliche Gespräche mit den Ärzt:innen vor Ort führen, bevor sie die Erlaubnis zur Sterbehilfe erhalten.

Rechtslage in Belgien

Belgien hat 2002 Sterbehilfe teilweise legalisiert. Hier können sowohl Erwachsene als auch Minderjährige Sterbehilfe beantragen, wenn sie an einer unheilbaren Krankheit leiden und starke Schmerzen haben. Die gesetzliche Grundlage bildet das Gesetz vom 28. Mai 2002 über die Sterbehilfe. Erfahre mehr über die Sterbehilfe in Belgien.

Rechtslage in den Niederlanden

Die Niederlande waren weltweit (!) das erste Land, das 2001 die aktive Sterbehilfe legalisierte. Die Kriterien sind streng: Patient:innen müssen unerträgliche Schmerzen haben und es darf keine Aussicht auf Besserung geben. Die gesetzlichen Regelungen sind im „Euthanasiegesetz“, dem niederländischen Sterbehilfegesetz, festgelegt. Erfahre mehr über die Sterbehilfe in den Niederlanden.

Fallbeispiel für Sterbehilfe

Ein bekanntes Beispiel ist der Fall des belgischen Künstlers Hugo Claus, der 2008 aufgrund seiner Alzheimer-Erkrankung Sterbehilfe in Belgien in Anspruch nahm. Er hatte zuvor in einer Patientenverfügung festgelegt, dass er im Falle einer solchen Erkrankung nicht weiterleben möchte. Sein Fall löste weltweit Diskussionen über die ethischen und rechtlichen Aspekte der Sterbehilfe aus und bestätigte auch die Wichtigkeit von Patientenverfügungen.

Patientenverfügung und Sterbehilfe

Eine Patientenverfügung ist ein Dokument, in dem eine Person festlegt, welche medizinischen Maßnahmen sie im Falle einer schweren Erkrankung wünscht oder ablehnt. Diese Verfügung ist besonders wichtig, wenn es um die passive Sterbehilfe geht. Sie stellt sicher, dass die Ärzt:innen und Angehörigen den eigenen Willen respektieren und keine “unnötigen” lebensverlängernden Maßnahmen durchführen.

Borderline und Sterbehilfe

Bei psychischen Erkrankungen wie Borderline ist die Lage besonders schwierig. In Deutschland ist die Sterbehilfe für psychisch erkrankte Menschen generell nicht erlaubt. In den Niederlanden hingegen können auch Menschen mit psychischen Erkrankungen unter bestimmten Voraussetzungen Sterbehilfe in Anspruch nehmen. 

Palliative Sterbehilfe

Palliative Sterbehilfe bedeutet, dass durch schmerzlindernde Maßnahmen wie starke Schmerzmittel das Leben verkürzt wird. Diese Form der Sterbehilfe ist in Deutschland teilweise erlaubt und wird oft in Hospizen und Palliativeinrichtungen angewendet. Sie zielt darauf ab, die Lebensqualität am Lebensende zu verbessern, auch wenn dadurch das Leben verkürzt wird.

Fazit

Sterbehilfe bleibt ein kontroverses und emotional aufgeladenes Thema. Während einige Länder wie Belgien und die Niederlande klare Regelungen haben, ist die Situation in Deutschland komplizierter. Wichtige Instrumente wie die Patientenverfügung können helfen, den eigenen Willen klar zu dokumentieren. Letztlich bleibt die Frage der Sterbehilfe eine persönliche Entscheidung, die gut überlegt und rechtzeitig getroffen werden sollte.

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