Die Idee, eine Firma im Ausland zu gründen, klingt für viele verlockend. Steuern sparen, weniger Bürokratie oder Zugang zu neuen Märkten – das alles sind Gründe, die immer mehr Gründer ins Ausland locken. Besonders in Zeiten der Digitalisierung scheint die Welt ohne Grenzen: Start-ups nutzen günstige Konditionen in Ländern wie Estland, digitale Nomaden sind selbständig auf Bali und Unternehmer:innen suchen Steueroasen wie Malta oder Zypern. Doch ist es wirklich so einfach? Wir klären auf.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Firma im Ausland gründen: Viele Länder bieten niedrigere Steuern und weniger Bürokratie. Trotzdem musst du deutsche Melde- und Steuerpflichten einhalten, wenn du in Deutschland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hast und Einnahmen erzielst.
✅ Wegzugsbesteuerung: Wenn du deinen Wohnsitz ins Ausland verlagerst und Anteile an einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) hältst, kann es zu einer Wegzugsbesteuerung kommen. Dann wird der Verkauf deiner Anteile fingiert, was teuer werden kann.
✅ Doppelbesteuerung: Doppelbesteuerungsabkommen stellen sicher, dass dein Einkommen nicht im In- und Ausland, also doppelt besteuert wird. Solche Abkommen hat Deutschland mit vielen, aber nicht allen Ländern geschlossen.
✅ Gründliche Vorbereitung: Prüfe vor der Gründung alle rechtlichen Anforderungen, von der Gesellschaftsform bis zu Haftungsfragen. Investiere in Beratung durch Expert:innen, um Risiken zu minimieren und böse Überraschungen zu vermeiden.
Firma im Ausland gründen: Was sind die Vorteile?
Die Gründung einer Firma im Ausland kann viele Vorteile haben, die für Gründer:innen und Unternehmer:innen attraktiv erscheinen. Einer der häufigsten Gründe ist das Sparen von Steuern. Denn Deutschland hat vergleichsweise die höchsten Steuersätze. Viele andere Länder bieten deutlich niedrigere Steuersätze oder besondere Regelungen für Unternehmer:innen und Selbstständige, die über das Auswandern nachdenken.
Ein weiterer Pluspunkt: In vielen Ländern ist die Bürokratie deutlich schlanker als in Deutschland. Das bedeutet weniger Papierkram, kürzere Bearbeitungszeiten und einfachere Verfahren, um eine Firma zu gründen. Besonders digitale Nomaden und Start-ups profitieren davon, schnell und unkompliziert starten zu können.
Auch der Zugang zu neuen Märkten ist ein großer Vorteil. Wenn du dein Unternehmen beispielsweise in einem EU-Land gründest, kannst du problemlos in den gesamten Binnenmarkt expandieren, ohne zusätzliche Zoll- oder Handelsbarrieren. Für Unternehmen, die international tätig sind, ist das ein echter Vorteil.
Wichtig ist auch das Thema Arbeitskräfte. In manchen Ländern sind das Gehalt und die Sozialabgaben deutlich niedriger. Das kann nicht nur Kosten sparen, sondern dir auch helfen, mit wenigen Mitteln ein leistungsstarkes Team aufzubauen.
Schließlich sind auch rechtliche Vorteile wichtig: Je nach Land gibt es unterschiedliche Haftungsregelungen oder Gesellschaftsformen, die besser zu deinem Geschäftsmodell passen können.
Diese Risiken solltest du bei einer Firmengründung im Ausland kennen
So verlockend die Vorteile auch klingen, eine Firmengründung im Ausland birgt auch einige Risiken. Eines der größten Probleme ist die rechtliche Unsicherheit. Wenn du dich nicht gründlich informierst, kannst du schnell gegen nationale Gesetze verstoßen, ohne es zu merken. Beispielsweise haben viele Länder strenge Vorschriften zur Unternehmensführung, die von deutschen Standards abweichen.
Auch kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle. Geschäftspraktiken, Verhandlungen und Kundenbeziehungen können in anderen Ländern ganz anders ablaufen. Was in Deutschland als professionell gilt, könnte in Asien oder Südamerika unhöflich wirken. Viele Deutsche, die ausgewandert sind, beschweren sich darüber, dass zum Beispiel Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit in anderen Ländern nicht so groß geschrieben werden wie hier. Diese kulturellen Hürden können das Wachstum deines Unternehmens erschweren.
Ein häufig unterschätztes Risiko ist die doppelte Besteuerung. Auch wenn du deine Firma im Ausland gründest, heißt das nicht automatisch, dass das deutsche Finanzamt keine Ansprüche hat. Lebst du in Deutschland oder erzielst hier Einnahmen, musst du im schlimmsten Fall Steuern in beiden Ländern zahlen, wenn es kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt und du keine Regelungen darüber getroffen hast. Ohne eine klare steuerliche Planung kann das zu unangenehmen Überraschungen führen.
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Wenn du eine Firma im Ausland gründest, kann es passieren, dass dein Einkommen sowohl im Gründungsland als auch in Deutschland besteuert wird. Um diese doppelte Steuerlast zu vermeiden, gibt es sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Deutschland hat solche Abkommen mit über 90 Ländern abgeschlossen. Sie regeln, welches Land das Recht hat, bestimmte Einkünfte zu besteuern.
Ein Beispiel: Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Zypern werden Unternehmensgewinne normalerweise nur im Land der Betriebsstätte besteuert – in diesem Fall in Zypern. Dadurch zahlst du für diese Einkünfte nicht zusätzlich Steuern in Deutschland. Wichtig ist jedoch, dass du deinen steuerlichen Status und alle Einkommensarten korrekt meldest, da sonst Strafen drohen.
Trotz DBA können komplexe Regelungen greifen, etwa wenn du in Deutschland weiterhin einen Wohnsitz hast. Hier hilft nur eine genaue steuerliche Planung, idealerweise durch internationale Steuerberater:innen und spezialisierte Anwält:innen.
Es ist wichtig, die Bindung an deutsche Gesetze nicht zu unterschätzen. Selbst wenn du im Ausland gründest, bist du oft noch an deutsche Meldepflichten und Steuerregelungen gebunden – teilweise sogar dann, wenn du deinen Wohnsitz mehr in Deutschland hast. Für eine Steuerpflicht reicht in der Regel bereits ein Lebensmittelpunkt in Deutschland (sogenannter Ort des gewöhnlichen Aufenthalts), etwa durch Arztbesuche, Vereinsmitgliedschaften und ein soziales Umfeld.
Hohe Gründungskosten sind ein weiterer Punkt. Auch wenn manche Länder günstiger erscheinen, können die Kosten für die Firmengründung, Anwält:innen und Berater:innen schnell steigen. In Deutschland gibt es viele hilfreiche Angebote wie Gründungskredite, Gründungsstipendien, soziale Leistungen und andere Starthilfen. Das ist in vielen anderen Ländern nicht der Fall, da bist du auf dich allein und deine finanziellen Rücklagen gestellt. Besonders in Ländern mit einer unbekannten Sprache brauchst du oft professionelle Unterstützung (z. B. Übersetzungen), um Dokumente zu verstehen und einzureichen.
Wegzugsbesteuerung
So verlockend die Gründung einer Firma im Ausland sein mag, es gibt auch rechtliche und steuerliche Hürden. Ein besonders wichtiger Punkt für Gründer:innen und Unternehmer:innen, die Deutschland verlassen möchten, ist die sogenannte Wegzugsbesteuerung. Diese Regelung greift, wenn du als Privatperson deinen Wohnsitz ins Ausland verlagerst und gleichzeitig Anteile an einer deutschen Kapitalgesellschaft hältst.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG wird bei einem Wohnsitzwechsel ins Ausland so getan, als würdest du deine Anteile verkaufen – selbst wenn das in der Realität nicht passiert. Der Gewinn aus diesem „fiktiven Verkauf“ wird besteuert, was schnell zu hohen Steuerforderungen führen kann. Besonders Gründer:innen von Start-ups, die häufig Anteile an einer GmbH oder einer AG halten, sollten das im Blick behalten. Das Problem betrifft aber nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern kann unter Umständen auch Selbstständige treffen.
Klartext
Selbst wenn du als Einzelunternehmer:in ins Ausland ziehst, kann das Finanzamt prüfen, ob du weiterhin in Deutschland steuerpflichtig bist, etwa durch deine Einkünfte oder Immobilienbesitz. Wende dich für eine verbindliche Einschätzung an erfahrene Steuerberater:innen oder spezialisierte Anwält:innen, um finanzielle Belastungen zu minimieren und böse Überraschungen zu vermeiden.
Firma im Ausland gründen: Diese Fragen solltest du dir stellen
Die Gründung einer Firma im Ausland klingt aufregend, erfordert aber eine genaue Kenntnis der rechtlichen und steuerlichen Vorgaben – sowohl im Ausland als auch in Deutschland. Ohne eine saubere Planung riskierst du rechtliche Konflikte und hohe Kosten.
Hier sind ein paar wichtige Fragen, die du vorab für dich klären musst, um mehr Klarheit zu gewinnen:
Warum möchtest du eine Firma im Ausland gründen?
Die Gründe für das Auswandern in ein anderes Land bzw. die Gründung eines Unternehmens im Ausland können vielfältig sein. Trotzdem solltest du dich fragen, welche Gründe für dich eine starke Rolle spielen. Was ist dir wichtig? Warum denkst du, dass du dafür ins Ausland musst?
Beim Thema Steuern gibt es zum Beispiel auch in Deutschland die Möglichkeit, als Unternehmer:in weniger Steuern zu zahlen. Bei einer Holding zahlst du auf interne Gewinnausschüttungen kaum Steuern. Das heißt, dass Ausschüttungen innerhalb der Holding (etwa von Tochter- zur Muttergesellschaft) weitgehend steuerfrei bleiben. Nur 5 % der Dividenden musst du in diesem Fall versteuern, was zu einer effektiven Besteuerung von 1,5 % führt. Das ist so wenig, dass es sich selten lohnt, im Ausland ein Unternehmen aufzubauen, wenn es dir nur um Steuerersparnisse geht. Mehr über die Vorteile einer Holding erfährst du in unserem Artikel.
Geht es dir um günstige Arbeitskräfte? Dann kannst du darüber nachdenken, öfter mit Freelancern zusammenzuarbeiten, die mittlerweile durch das Internet weltweit tätig werden. Viele Plattformen bieten eine unkomplizierte und sichere Zusammenarbeit an, oft zu sehr günstigen Konditionen. So kannst du dir ein flexibles Team nach deinen Vorstellungen zusammenstellen.
Wo ist dein Lebensmittelpunkt – in Deutschland oder im Ausland?
Auch wenn deine Firma im Ausland sitzt, kannst du in Deutschland steuerpflichtig bleiben. Nach § 1 Abs. 1 EStG bist du steuerpflichtig, wenn du in Deutschland deinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hast. Das bedeutet, dass dein weltweites Einkommen – einschließlich der Gewinne deiner Firma im Ausland – grundsätzlich hier versteuert wird, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Gewöhnlicher Aufenthalt
Es kommt es nicht nur darauf an, ob du dein Unternehmen in Deutschland oder im Ausland anmeldest. Dein gewöhnlicher Aufenthalt spielt auch eine Rolle: Wo findet dein Lebensmittelpunkt statt? Wo hältst du dich vorwiegend auf?
Hast du weiterhin einen starken Bezug zu Deutschland, etwa weil du hier regelmäßig Arztpraxen besuchst, deine Kinder in Deutschland zur Schule gehen oder du öfter an Sportturnieren teilnimmst? All das kann entscheidend dafür sein, wo dein gewöhnlicher Aufenthalt liegt.
Das Steuerrecht ist komplex. Vieles ist abhängig von deiner individuellen Situation sowie den Doppelbesteuerungsabkommen und weiteren Regelungen, die es bei grenzüberschreitenden Angelegenheiten geben kann. Wende dich daher am besten an spezialisierte Steuerberater:innen und erfahrene Anwält:innen, die dir eine verbindliche Einschätzung geben können.
Innerhalb oder außerhalb der EU?
Innerhalb der Europäischen Union (EU) genießt du viele Vorteile wie den Zugang zum Binnenmarkt oder harmonisierte Unternehmensvorschriften. Aber bei Nicht-EU-Ländern (sogenannten Drittländern oder Drittstaaten) musst du mit strengeren Einwanderungsvorschriften und komplexen rechtlichen Regelungen rechnen.
Arbeitest du digital, kann auch das Thema Datenschutz relevant werden. Für viele Länder gibt es einen sogenannten Angemessenheitsbeschluss, der bescheinigt, dass der Datenschutz in diesem Land in Ordnung ist. Aber insbesondere in Drittstaaten kann das Datenschutzniveau weit unter dem Standard der EU liegen. Das wird insbesondere dann problematisch, wenn du weiterhin aus dem Ausland für eine deutsche Kundschaft arbeitest.
Informiere dich über deine Pflichten im Ausland
Die Haftungsregeln unterscheiden sich von Land zu Land stark. In Deutschland beispielsweise haftet die GmbH grundsätzlich nur mit ihrem Vermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG), während du in manchen Ländern – je nach Gesellschaftsform – persönlich haftest.
Auch die Buchführungs- und Nachweispflichten variieren von Land zu Land. In Estland kannst du beispielsweise alle Dokumente digital einreichen, während Länder wie Frankreich – ähnlich wie Deutschland – strikte Vorgaben für die Buchhaltung in Papierform haben.
Informiere dich daher sorgfältig über deine Rechte und Pflichten in deinem Wunschland, bevor du über eine Auswanderung bzw. Firmengründung nachdenkst.
Fazit
Die Gründung einer Firma im Ausland kann viele Vorteile bieten. Allerdings darfst du die Risiken nicht unterschätzen. Rechtliche Unsicherheiten, die Wegzugsbesteuerung und zusätzliche Pflichten können schnell zu Problemen führen. Ohne eine fundierte Planung drohen hohe Kosten und Konflikte mit dem deutschen Finanzamt sind vorprogrammiert.
Ob eine Gründung im Ausland das Richtige für dich ist, hängt also stark von deinem Geschäftsmodell und deiner persönlichen Situation ab. Wichtig ist, dass du alle rechtlichen und steuerlichen Fragen im Voraus klärst. Der Weg führt in den meisten Fällen über eine professionelle Beratung – sowohl im Ausland als auch in Deutschland.