Arzneimittelrecht in Deutschland: Alles, was du wissen musst

Du gehst in die Apotheke, um ein dringend benötigtes Medikament zu kaufen, und erfährst, dass es wegen Lieferengpässen nicht verfügbar ist. Oder du bestellst Tabletten online, bist dir aber unsicher, ob sie wirklich sicher und zugelassen sind. Solche Situationen zeigen, wie wichtig das Arzneimittelrecht ist. Es sorgt dafür, dass Medikamente sicher, wirksam und von hoher Qualität sind. Aber was regelt das Arzneimittelrecht genau? Und welche Rechte hast du als Verbraucher:in? Wir klären auf.

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Das Wichtigste in Kürze

Das Arzneimittelgesetz regelt alle Schritte von der Herstellung bis zum Verkauf von Arzneimitteln. Nur zugelassene Medikamente, die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit gewährleisten, dürfen in Deutschland verkauft werden.
Herstellung und Vertrieb unterliegen strengen Vorschriften. Medikamente dürfen nur von zugelassenen Hersteller:innen und Apotheken verkauft werden. Versand- und Online-Apotheken brauchen eine behördliche Genehmigung.
Patient:innen haben viele Rechte. Du hast Anspruch auf sichere Medikamente und umfassende Informationen. Du kannst bei fehlerhaften Produkten sogar Schadensersatz fordern. Auch Rückgaben sind bei Produktionsfehlern möglich.
Die Zulassung von Arzneimitteln ist aufwändig. Studien und Prüfungen garantieren, dass neue Medikamente sicher und wirksam sind. Nach der Zulassung werden sie weiterhin überwacht.
Hohe Strafen gibt es bei Verstößen. Illegaler Handel, Fälschung oder der Verkauf nicht zugelassener Medikamente können mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren geahndet werden.

Was regelt das Arzneimittelgesetz (AMG)?

Das Arzneimittelgesetz (AMG) bildet die Grundlage des Arzneimittelrechts in Deutschland. Es stellt sicher, dass nur sichere und wirksame Arzneimittel auf den Markt kommen und gibt vor, wie diese hergestellt, geprüft und vertrieben werden dürfen.

Was sind Arzneimittel?

Arzneimittel sind Produkte, die dazu bestimmt sind, Krankheiten zu heilen, zu lindern oder ihnen vorzubeugen. Was genau unter den Arzneimittelbegriff fällt und was nicht, ist in § 2 AMG ausführlich geregelt. Dazu gehören Tabletten, Salben, Impfstoffe oder auch homöopathische Mittel. 

Wichtig ist: Nicht alles, was „medizinisch“ klingt, zählt rechtlich auch als Arzneimittel – etwa Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika, diese fallen unter andere Regelungen.

Zulassungspflicht bei Arzneimitteln

Damit ein Medikament auf den Markt darf, braucht es in Deutschland eine Zulassung (§ 21 AMG). Die Hersteller:innen müssen in umfangreichen Studien nachweisen, dass ihr Produkt sicher und wirksam ist. Zuständig für die Prüfung ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Ohne diese Genehmigung dürfen Arzneimittel nicht verkauft werden – ein Verstoß kann hohe Strafen nach sich ziehen (§ 95 AMG).

Alle Medikamente müssen zudem den höchsten Qualitätsstandards entsprechen (§§ 8-11 AMG). Die Hersteller:innen müssen garantieren, dass ihre Produkte unter kontrollierten Bedingungen hergestellt werden und frei von Verunreinigungen sind. Zudem sind regelmäßige Kontrollen Pflicht.

Auch nach der Zulassung hört die Kontrolle nicht auf. Alle Arzneimittel unterliegen einer laufenden Überwachung (sogenannte Pharmakovigilanz). Treten neue Nebenwirkungen auf, können Medikamente zurückgerufen oder ihre Anwendung eingeschränkt werden (u.a. in § 63 AMG ist festgelegt, wie das nach dem Stufenplan auszusehen hat).

Verschreibungspflichtig oder frei verkäuflich?

Das Arzneimittelrecht unterscheidet zwischen verschreibungspflichtigen Medikamenten und solchen, die frei in Apotheken erhältlich sind. Ob ein Medikament ein Rezept benötigt, hängt von seiner Wirkung und seinen möglichen Nebenwirkungen ab. Die Liste der verschreibungspflichtigen Medikamente wird regelmäßig aktualisiert (§ 48 AMG).

Arzneimittelrecht: Wer darf Arzneimittel herstellen und verkaufen?

Damit Medikamente sicher sind, gibt es strenge Vorschriften, wer sie herstellen und verkaufen darf. Das Arzneimittelrecht regelt klar, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um die Gesundheit der Verbraucher:innen zu schützen.

Herstellungserlaubnis

Die Herstellung von Arzneimitteln ist streng reglementiert. Nur wer eine behördliche Erlaubnis nach § 13 AMG besitzt, darf Medikamente produzieren. 

Voraussetzung dafür sind unter anderem:

  • Fachliche Qualifikation der verantwortlichen Person (z. B. Apotheker:in oder Chemiker:in)
  • Geeignete Produktionsanlage(n)
  • Ein Qualitätsmanagementsystem, das sicherstellt, dass die Arzneimittel den gesetzlichen Anforderungen entsprechen

Ein Verstoß gegen diese Vorschrift, etwa die illegale Produktion von Medikamenten, kann mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden (§ 96 AMG). Einige Arzneimittel, wie etwa Betäubungsmittel, unterliegen zusätzlichen Vorschriften. Sie dürfen nur unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen hergestellt und verkauft werden (§ 3 BtMG).

Apothekenpflicht

Viele Arzneimittel dürfen nur in Apotheken verkauft werden (§ 43 AMG). Das gilt besonders für verschreibungspflichtige Medikamente, aber auch für viele frei verkäufliche Produkte wie Schmerzmittel. Der Verkauf außerhalb einer Apotheke ist streng verboten – damit sollen unsachgemäße Beratung und der Zugang zu unsicheren Produkten verhindert werden.

Online-Apotheken

Der Verkauf von Arzneimitteln im Internet ist in Deutschland erlaubt, aber an strenge Regeln gebunden. Versand- und Online-Apotheken müssen eine Betriebserlaubnis haben und auf einer offiziellen Liste des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) stehen. Das bekannte EU-Sicherheitslogo auf der Webseite garantiert, dass es sich um eine zugelassene Apotheke handelt.

Wer Arzneimittel ohne die nötige Erlaubnis herstellt oder verkauft, begeht eine Straftat. Auch der Vertrieb gefälschter Medikamente wird hart bestraft. In Deutschland gibt es außerdem Programme, um gefälschte Arzneimittel frühzeitig zu erkennen und vom Markt zu nehmen.

Deine Rechte als Patient oder Verbraucher im Arzneimittelrecht

Als Patient:in oder Verbraucher:in hast du im Umgang mit Arzneimitteln klare Rechte. Das Arzneimittelgesetz und andere Vorschriften stellen sicher, dass du auf sichere und wirksame Medikamente vertrauen kannst. Doch welche Rechte kannst du konkret einfordern?

Anspruch auf sichere und wirksame Medikamente

Jedes Medikament, das in Deutschland verkauft wird, muss zugelassen sein und strengen Qualitätskontrollen entsprechen (§§ 21-25 AMG). Wenn ein Medikament unerwartete oder gefährliche Nebenwirkungen hat, kannst du dies dem BfArM melden. Auch Ärzt:innen oder Apotheker:innen sind verpflichtet, solche Fälle zu dokumentieren und weiterzugeben.

Informationsrecht

Du hast ein Recht darauf, umfassend über ein Medikament informiert zu werden. Jede Packung muss eine Beipackzettel enthalten, der über die Wirkstoffe, Dosierung, mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen informiert (§ 11 AMG). Zudem können Ärzt:innen und Apotheker:innen dir jederzeit weitere Details erklären.

Rückgabe und Umtausch

Normalerweise sind Medikamente vom Umtausch ausgeschlossen, da sie unter besonders strengen Lagerbedingungen aufbewahrt werden müssen. Trotzdem kannst du ein Medikament in der Apotheke reklamieren, wenn

  • es einen Produktionsfehler aufweist.
  • ein falsches Medikament ausgehändigt wurde.

In solchen Fällen hast du Anspruch auf Ersatz oder Rückerstattung.

Haftung bei fehlerhaften Medikamenten

Führt ein Medikament zu Schäden, haften Hersteller:innen nach dem Produkthaftungsgesetz (§ 1 ProdHaftG). 

Du kannst unter Umständen Schadensersatz verlangen, wenn

  • das Medikament mangelhaft war.
  • du einen Nachweis über den Zusammenhang zwischen dem Mangel und dem Schaden erbringen kannst.

Solche Fälle müssen meist gerichtlich geklärt werden, daher ist die Beratung durch eine Anwältin oder einen Anwalt für Medizinrecht sinnvoll. Zum Thema Arzt verklagen haben wir übrigens einen ganzen Artikel mit wertvollen Informationen zur Rechtslage geschrieben.

Recht auf Aufklärung

Vor allem bei verschreibungspflichtigen Medikamenten hast du das Recht, von deiner Ärztin oder deinem Arzt ausführlich aufgeklärt zu werden. Das betrifft nicht nur die Wirkung des Medikaments, sondern auch mögliche Risiken und alternative Behandlungsmethoden (§ 630e BGB). 

Weitere interessante Artikel zum um das Thema:

  • Was du bei einem Behandlungsfehler oder einem Ärztepfusch tun kannst, erfährst du in einem anderen Beitrag von uns.
  • Du warst mit deinem Arztbesuch unzufrieden oder hast durch die Behandlung einen Schaden erlitten? Hier erfährst du, was eine Beschwerde bei der Ärztekammer bringt.

Wie läuft die Zulassung eines Medikaments ab?

Bevor ein Medikament in Deutschland verkauft werden darf, muss es ein aufwändiges Zulassungsverfahren durchlaufen. Dieser Prozess dient dazu, die Sicherheit und Wirksamkeit für die Patient:innen zu gewährleisten. Das Arzneimittelgesetz regelt die einzelnen Schritte genau.

Wer ist für die Zulassung zuständig?

In Deutschland wird die Zulassung von Arzneimitteln vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilt. Für bestimmte Produkte, wie Biologika oder seltene Erkrankungen, kann auch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) zuständig sein.

Schritte im Zulassungsverfahren

Das Zulassungsverfahren umfasst mehrere Phasen:

  • Präklinische Studien: Tests im Labor und an Tieren, um die grundsätzliche Sicherheit zu überprüfen.
  • Klinische Studien: Tests an freiwilligen Probanden in 3 Phasen, um Wirkung, Dosierung und Nebenwirkungen zu untersuchen.
  • Einreichung der Unterlagen: Die Hersteller:innen reichen umfangreiche Daten zu Studien, Herstellung und Qualität ein.
  • Prüfung durch die Behörde: Expert:innen analysieren die Daten und entscheiden, ob das Medikament zugelassen wird.

Anforderungen an die Zulassung

Damit ein Medikament zugelassen wird, müssen die folgenden Kriterien erfüllt sein (§ 25 AMG):

  • Qualität: Das Produkt muss frei von Verunreinigungen sein und unter sicheren Bedingungen hergestellt werden.
  • Wirksamkeit: Es muss wissenschaftlich belegt sein, dass das Medikament die gewünschte Wirkung erzielt.
  • Unbedenklichkeit: Die Vorteile des Medikaments müssen die Risiken überwiegen.

Unterschied zwischen nationaler und EU-weiter Zulassung

  • Nationale Zulassung: Für Arzneimittel, die nur in Deutschland vertrieben werden sollen.
  • Zentrale Zulassung: Für Medikamente, die in der gesamten EU erhältlich sein sollen. Diese wird durch die EMA in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission erteilt.

Doch die Zulassung ist nicht das “Ende vom Lied”. Das Medikament wird weiterhin auf Nebenwirkungen und Risiken geprüft (Pharmakovigilanz, § 63 AMG). Bei neuen Risiken kann die Zulassung zurückgenommen oder eingeschränkt werden (§ 30 AMG).

Verstoß gegen das Arzneimittelrecht: Welche Strafe droht?

Das Arzneimittelrecht sieht strenge Strafen für Verstöße vor, um Patient:innen vor unsicheren oder gefälschten Arzneimitteln zu schützen. Ob es um die illegale Herstellung, den Verkauf von nicht zugelassenen Produkten oder den Handel mit gefälschten Medikamenten geht – die Konsequenzen sind oft schwerwiegend.

Straf- und Bußgeldvorschriften im AMG

Das AMG unterscheidet zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten:

  • Ordnungswidrigkeiten: Wer z. B. Arzneimittel ohne die vorgeschriebenen Angaben vertreibt (§ 97 AMG), riskiert Bußgelder von bis zu 25.000 Euro.
  • Straftaten: Wer ohne Zulassung Medikamente in den Verkehr bringt oder sie fälscht (§ 95 AMG), kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bestraft werden.

Weitere Straf- und Bußgeldvorschriften findest du im 17. Abschnitt des AMG. Da Arzneimittelkriminalität oft länderübergreifend ist, arbeiten nationale und internationale Behörden zusammen. 

Strafe bei schwerwiegenden Verstößen

Besonders schwere Fälle, etwa wenn Menschen durch fehlerhafte oder gefälschte Arzneimittel geschädigt werden, ziehen höhere Strafen nach sich. 

Nach § 95 Abs. 3 AMG drohen:

  • Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren, wenn die Person vorsätzlich handelt und die Gesundheit anderer gefährdet.
  • In minder schweren Fällen Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren.

Beispiele für einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz

  • Fälschung von Medikamenten: Der illegale Handel mit gefälschten Medikamenten, etwa über Online-Plattformen, ist ein wachsendes Problem. Solche Präparate können wirkungslos oder gefährlich sein. Wer gefälschte Medikamente vertreibt, macht sich unter Umständen strafbar.
  • Illegaler Online-Verkauf: Der Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten ohne Rezept über unsichere Webseiten wird ebenfalls streng geahndet.

Du willst einen Verstoß melden?

Wenn du unsichere oder gefälschte Medikamente vermutest, kannst du dich an die zuständigen Behörden wenden, zum Beispiel:

👉🏼 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
👉🏼 Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Fazit

Das Arzneimittelrecht sorgt dafür, dass du auf sichere und wirksame Medikamente vertrauen kannst. Vom Herstellungsverfahren bis zum Verkauf sind alle Schritte streng geregelt, um die Gesundheit der Verbraucher:innen zu schützen. Du hast das Recht, umfassend informiert zu werden, und kannst dich bei Problemen an Behörden wenden. 

Gleichzeitig zeigt das Gesetz klare Grenzen auf, um illegale Praktiken wie die Herstellung oder den Handel mit gefälschten Arzneimitteln zu verhindern. Es lohnt sich, die eigenen Rechte als Patient:in zu kennen. Nur so kannst du sicherstellen, dass du in der Apotheke oder online die Medikamente bekommst, die dir wirklich helfen!

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