Die Stimme – das Karrieretool für Jurist:innen

Jurist:innen arbeiten täglich mit ihrer Stimme. Gerade Anwält:innen verkaufen eine Dienstleistung, die wie kaum eine zweite darauf basiert, dass Menschen Vertrauen zu ihnen aufbauen können. Traue ich es meinem Gegenüber zu, meine Interessen engagiert und überzeugend durchzusetzen? Zur Not vor Gericht oder in anderen Verhandlungen? Ob wir einem Menschen etwas zutrauen, hängt maßgeblich von seiner Stimme ab. Deshalb – und aus vielen anderen Gründen – ist sie ein unverzichtbares Karrieretool, dessen Potenzial du nutzen solltest.

Unsere Expertin Ute Bolz-Fischer M.A., Stimmbildnerin und Stimmcoach bei Law & Voice, erzählt uns in diesem Beitrag mehr darüber, warum die Stimme so wichtig ist und liefert praktische Tipps für Übungen.

Das unterschätzte Soft-Skill „Stimme“

Im Jurastudium geht es um Paragraphen, harte Fakten und vor allem um das juristische Know-how, das man braucht, um später den Beruf auf eine solide fachliche Grundlage stellen zu können. Im Zusammenhang mit den angebotenen Schlüsselqualifikationen wie z. B. Verhandlungsmanagement, Rhetorik, Gesprächsführung, Vernehmungslehre, Streitschlichtung etc. wird das Thema „Ausbildung der Stimme“ an den juristischen Fakultäten nicht behandelt. 

Dementsprechend ist das Soft-Skill „Stimme“ bei vielen Jurist:innen noch nicht angekommen. Aber warum ist die Stimme überhaupt ein so entscheidender Faktor im juristischen Alltag?

Warum ist die Stimme wichtig für Jurist:innen?

Die Stimme gehört zu den meinungsbildenden Faktoren, die sofort anspringen, wenn wir jemanden kennenlernen. Der erste Eindruck bildet sich innerhalb von Sekunden, dafür gibt es keine zweite Chance. Man stelle sich eine kleine zierliche Frau vor, die mit tiefer dunkler Stimme ihren Namen nennt. Oder einen großen stattlichen Herrn, der sich mit zitternder, fragiler Stimme vorstellt. Das Zusammenspiel von Erscheinungsbild und Stimme sorgt in beiden Fällen für ein Irritationsmoment, das den ersten Eindruck (zer)stört.

Aber die Bedeutung der Stimme für den Arbeitsalltag von Jurist:innen greift noch viel weiter. In Meetings, in Verhandlungen, vor Gericht, beim Pitch, im Gespräch mit (potenziellen) Mandant:innen: Jurist:innen – vor allem Anwält:innen – reden viel, das Sprechen bestimmt ihren Arbeitsalltag. Die Stimme ist also nicht nur Soft Skill, sondern auch das Arbeitswerkzeug Nummer 1 im Job. Wenn die Stimme ermüdet oder unter Beanspruchung heiser wird, fällt der Rest des Arbeitstages schwer.

Was ist Stimmbildung?

Viele Menschen haben Probleme mit ihrer Stimme: Sie sprechen zu laut, zu leise, haben keine Ausdauer, lispeln, stottern, sind oft heiser, haben eine Fistelstimme, eine zu raue Stimme, eine zu hohe Stimme, die schrill wirkt, schaffen es nicht, ihren monotonen Tonfall loszuwerden … Die Liste ist hier noch lange nicht zu Ende. 

Stimmliche Probleme gibt es zuhauf. Auch Alltagserscheinungen wie Ermüdung der Stimme nach einem langen Tag oder der berühmte „Frosch im Hals“ gehören dazu. Die gute Nachricht ist: Sie alle lassen sich mithilfe einer guten Stimmtechnik im Rahmen von Stimmbildung beheben. Jede Stimme lässt sich verbessern.

Gut zu wissen

Die Stimme ist wie ein Muskel, der mit der richtigen Ansprache trainiert und geformt werden kann. Wie beim Gang ins Fitnessstudio gilt: Je früher man damit anfängt, desto wirksamer ist es und wer mit dem Training aufhört, verliert an Fitness.

Aber das schlagkräftigste Argument für die Stimmbildung für Jurist:innen ist das Arbeiten an einem positiven Wiedererkennungseffekt der Stimme. Dieses Ziel wird erreicht, wenn am Klang und an der Tonlage der Stimme gearbeitet wird. Monotone Redner:innen oder solche, die nicht über stimmliche Durchsetzungskraft verfügen, wirken nicht überzeugend. Mit Stimmbildung kann man zu einer Technik gelangen, die der Stimme Kraft und Ausdruck verleiht, damit sie überzeugend und interessant wird.

Damit zahlt die Stimme auf das Personal Branding ein. Denn wird eine Stimme gut und richtig genutzt, hat sie einen großen Wiedererkennungswert. Dann verfügt man im Personal-Branding-Portfolio über eine akustische Visitenkarte, die unter Tausenden herauszuhören ist. Beispielsweise erkennen wir unsere Gesprächspartner am Telefon wieder. Promis und Politiker muss man nicht sehen, um zu erkennen, wer da im Radio oder im TV spricht.

Stimmcoaching mit Law & Voice

Law & Voice ist auf Stimmbildung für Jurist:innen spezialisiert. Ich möchte dieser Berufsgruppe – deren Herausforderungen und Bedürfnisse ich aus meinem familiären Umfeld bestens kenne – vermitteln, wie man mit der Stimme umgeht, um als Juristin oder Jurist Erfolg zu haben.

Junge Jurist:innen, die zu mir kommen, haben entweder ein stimmliches Problem, das sie bearbeiten wollen, oder sie möchten ihre Stimme optimal auf den Arbeitsalltag vorbereiten, der vom Umgang mit der Stimme geprägt ist. Viele möchten ihre Stimme schon für die mündlichen Prüfungen in den Examina und für Bewerbungsgespräche ausbilden lassen.

Die Grundlage für eine starke und klangvolle Stimme ist die richtige Atmung. Viele Menschen atmen nur sehr flach in ihren Brustkorb ein – keine guten Voraussetzungen für eine klangvolle Stimme. In den nächsten Schritten geht es dann anhand von Stimmübungen an einen guten und kraftvollen Stimmklang und zu einer sauberen Artikulation. Anhand verschiedener Übungen kann man sehr detailliert auf individuelle Probleme eingehen oder ganz einfach Stärken hervorheben und Schwächen reduzieren.

Julias Geschichte 📣

Stellvertretend für viele Klient:innen berichte ich über Julias Geschichte:

Julia kam am Anfang ihrer Karriere als Anwältin zu mir. Sie hatte Probleme damit, lang und ausdauernd zu sprechen, ihre Stimme war relativ hoch und entglitt ihr, wenn sie aufgeregt war – was leider relativ häufig vorkam, als sie ihre erste Stelle in einer Kanzlei antrat. Sie war überrascht, als ich die ersten Töne mit ihr singen wollte: „Was? Ich soll singen? Aber ich will doch nur gutes Sprechen lernen.“

Ihre anfängliche Scheu vor dem Thema Gesang hat sie schnell abgelegt, als ich ihr erklärt habe, dass der Gesang einfach das beste Tool ist, um Mechanismen der Stimme zu verinnerlichen und spürbar zu machen. Der Gesang ist lediglich das Transportmittel, das die Veränderung in die Stimme bringt und auch die Tiefatmung einfacher macht. Anhand von Stimmübungen konnte Julia sich eine angenehmere Tonlage antrainieren, mithilfe von Übungen zur Tiefatmung hat sie ihre Nervosität und auch die Ausdauer ihrer Stimme gut in den Griff bekommen.

Über den guten Einfluss des Singens auf das Immunsystem und die Resilienz sind sich die Wissenschaftler einig. Singen regt die Produktion von Oxytocin an und baut das Stresshormon Cortisol ab. Hierdurch wird das Stresslevel gesenkt und es stellt sich Harmonie, Ausgeglichenheit und Entspannung ein, was die Gesundheit nachhaltig fördert.

Wer seine Karriere voranbringen will, ist gut beraten, seine Stimme ausbilden zu lassen, und somit zu mehr Selbstsicherheit und überzeugender Performance zu gelangen.

Tipps und Tricks für dein Stimmtraining

Wie sehr man mithilfe des richtigen Trainings an seiner eigenen Stimme arbeiten kann, könnt ihr anhand ein paar einfacher Übungen für euch selbst spürbar machen:

  • Stell dir vor, du isst dein Lieblingsgericht. Es schmeckt einfach fantastisch. Du äußerst Dein Wohlgefühl mit „Mmh“, so als wolltest du alle hören lassen, wie lecker es ist. Klingt albern? Vielleicht. Aber mit diesem kleinen Trick pendelt sich die Stimme in der Tonlage ein, die für dich und deine Stimme am angenehmsten ist. In ihr sprichst du am ausdauerndsten, sie ist deine individuelle Tonlage, die sogenannte Indifferenzlage.
  • Atme ein und beobachte, wohin die Luft in deinem Körper strömt. Verbleibt sie im Bereich des Brustkorbs? Reicht sie bis weit in deinen Bauchraum hinein oder vielleicht sogar noch weiter? Versuche, mit deiner Atmung deinen gesamten Körper auszufüllen. Eine gute Tiefatmung sorgt für mehr Kraft in der Stimme, einen volleren Stimmklang und vor allem für mehr Kontrolle über Lautstärke und Stimmmelodie.
  • Trainiere Deine Kiefermuskulatur, indem Du den Kiefer weit öffnest, so dass der Gähnreflex ausgelöst wird. Dies hilft Dir dabei, Deinen Kiefer auch beim Sprechen zu öffnen, damit Deine Stimme besser klingt und Du eine prägnante Artikulation bekommst.

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