Für viele Betroffene ist das zunächst einmal ein Schock: Plötzlich klingelt es in den frühen Morgenstunden, die Polizei steht vor der Tür und hält einen Durchsuchungsbeschluss in der Hand. Für die meisten Menschen ist es das erste Mal, dass so etwas passiert.
Die Hausdurchsuchung ist ein starker Eingriff in die eigene Privatsphäre und berührt sogar unsere Grundrechte. Deshalb gibt es strenge Regeln, in welchen Grenzen eine Hausdurchsuchung stattfinden darf. In diesem Beitrag zeigen wir dir, was du aus rechtlicher Sicht darüber wissen musst.
Das Wichtigste in Kürze
✅ Eine Hausdurchsuchung kann in vielen Fällen angeordnet werden, z. B. wenn die Behörden sich erhoffen, dadurch Beweismittel für eine Straftat zu sichern.
✅ Für eine Hausdurchsuchung muss ein Durchsuchungsbeschluss vorliegen, der von den zuständigen Richter:innen ausgestellt worden und 6 Monate gültig ist.
✅ Wenn du von einer Hausdurchsuchung betroffen bist, kannst du dich jederzeit an eine:n Strafverteidiger:in wenden. Passende Kanzleien findest du in unserer Kanzleisuche.
Was passiert bei einer Hausdurchsuchung?
Eine Hausdurchsuchung (§ 102 StPO) dient dem Sichern von Beweismitteln einer Straftat. Sie ist also eine Maßnahme, die die Strafverfolgungsbehörden (häufig die Polizei) durchführen, um ihre Ermittlungen voranzutreiben und einen Tatverdacht gegen Beschuldigte zu erhärten. Aber auch bei Dritten kann eine Hausdurchsuchung angeordnet werden (§ 103 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Bei der Hausdurchsuchung wird dabei nach allem gesucht, was relevant für die Straftat sein kann. Das können zum Beispiel Drogen (bei Drogendelikten), Waffen, Dokumente oder auch Datenträger sein.
Gut zu wissen
Eine Hausdurchsuchung muss nicht unbedingt in der eigenen Wohnung stattfinden, sondern kann auch am Arbeitsplatz, in Lagerräumen, im Auto oder sogar auf einer Yacht durchgeführt werden. Wichtig ist aber, dass der Durchsuchungsbeschluss diese Räume abdeckt.
Zu welcher Uhrzeit ist eine Hausdurchsuchung erlaubt?
Auch bei einer Hausdurchsuchung müssen die entsprechenden Ruhezeiten eingehalten werden. Die Ermittlungsbehörden dürfen deshalb nicht zu jeder Tages- oder Nachtzeit eine Durchsuchung durchführen. Folgende Zeiten sind in der Regel einzuhalten (§ 104 Abs. 3 StPO):
- Sommer: 1. April bis 30. September – zwischen 4 Uhr bis 21 Uhr
- Winter: 1. Oktober bis 31. März – zwischen 6 Uhr und 21 Uhr
Ausnahmen gelten bei einer Verfolgung auf frischer Tat, Gefahr im Verzug oder wenn entflohene Gefangene wieder ergriffen werden sollen. Bei allgemein zugänglichen Räumen greift die Regel ebenfalls nicht. Keine Ausnahme gilt hingegen am Wochenende.
Dazwischen können die Ermittlungsbehörden jederzeit eine Hausdurchsuchung durchführen. Es kommt nicht selten vor, dass Hausdurchsuchungen im Morgengrauen stattfinden, um den “Überraschungseffekt” zu nutzen.
Wie viele Beamte kommen zu einer Hausdurchsuchung?
Wie viele Beamt:innen zu einer Durchsuchung kommen, ist von vielen verschiedenen Voraussetzungen abhängig. Sicher hast du schon einmal von sogenannten Razzien gelesen, bei denen ganze Mannschaftswagen vorfahren und dutzende Polizist:innen das Haus oder die Wohnung stürmen. Mit so einem Großaufgebot kommt die Polizei jedoch normalerweise nicht. In der Regel sind mindestens 2 Beamt:innen vor Ort, oft sind auch Drogenspürhunde dabei.
Wie schnell ist eine Hausdurchsuchung vorbei?
Wie lange eine Durchsuchung dauert, ist ganz unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählt neben der Anzahl der Beamt:innen auch die Größe der Wohnung und wonach genau gesucht wird. Geht es beispielsweise primär um Datenträger, die beschlagnahmt werden sollen, ist eine Hausdurchsuchung schneller vorbei, als bei der Suche nach (mutmaßlich) gut versteckten Drogen oder anderen Gütern.
Gründe für eine Hausdurchsuchung
Die Gründe für eine Hausdurchsuchung sind in der Regel die Suche nach Beweismitteln. Das setzt voraus, dass ein Verdacht gegen die Beschuldigten vorliegt. Nur dann wird überhaupt der nötige Durchsuchungsbeschluss richterlich ausgestellt. Ohne diesen ist eine Hausdurchsuchung grundsätzlich nicht erlaubt.
Bei der Hausdurchsuchung ist zwischen der Durchsuchung bei Beschuldigten und bei anderen Personen zu unterscheiden. Für eine Hausdurchsuchung ist grundsätzlich kein besonderer Tatverdacht erforderlich, es reicht ein sogenannter einfacher Tatverdacht.
Welcher Tatverdacht?
Bei einem einfachen Tatverdacht („Anfangsverdacht“) besteht ein grundsätzlicher Verdacht, dass die zu durchsuchende Person die Tat begangen haben könnte.
Ein hinreichender Tatverdacht liegt dann vor, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die beschuldigte Person die Tat begangen hat.
Bei einem dringenden Tatverdacht ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die beschuldigte Person die Tat begangen hat. Dieser Tatverdacht ist z. B. erforderlich für eine U-Haft.
Für eine Durchsuchung bei Beschuldigten reicht in der Regel der einfache Tatverdacht, um einen Durchsuchungsbeschluss zu erreichen. Die Hoffnung der Ermittlungsbehörden ist, Beweismittel zu finden und diese sicherzustellen, um sie bei einer Festnahme und einem Strafprozess gegen die Beschuldigten zu verwenden.
Strenger sind die Voraussetzungen bei einer Durchsuchung von anderen Personen. Hier muss konkret benannt werden, welche Spuren oder Beweise die Polizei zu finden erhofft, etwa weil es Anhaltspunkte gibt, dass die dritte Person Beweise versteckt hält. Der einfache Verdacht reicht hier nicht aus, es braucht einen hinreichenden oder dringenden Tatverdacht.
Für eine Hausdurchsuchung kann auch schon eine Zeugenaussage ausreichen, die die beschuldigte Person belastet. Allerdings muss der Verdacht so konkret sein, dass es eine:n Richter:in davon überzeugt hat, eine Hausdurchsuchung sei angemessen. Schließlich greift eine Durchsuchung in Grundrechte ein. Andernfalls kann auch nachträglich noch die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung festgestellt werden.
Beispiel: Hausdurchsuchung wegen Drogen
Bei Drogendelikten sind Durchsuchungen besonders verbreitet. Ziel der Ermittlungsbehörden ist es hierbei nicht nur, Betäubungsmittel an sich zu finden und sicherzustellen, sondern auch Geräte und Equipment, die zum Konsum, zur Herstellung oder Verpackung der Drogen gebraucht werden.
Im Extremfall können auf diese Art Beschuldigte auf frischer Tat, zum Beispiel beim Herstellungsprozess oder Ähnlichem, erwischt werden. Meistens müssen die Beamt:innen jedoch aktiv nach Beweisen suchen. Bei Hausdurchsuchungen wegen Drogendelikten sind deshalb häufig auch Drogenspürhunde im Einsatz, die kleinste Mengen erschnüffeln können.
Kann eine Hausdurchsuchung aufgrund einer Aussage erfolgen?
Nicht rechtmäßig sind Hausdurchsuchungen in der Regel wegen Bagatellstraftaten, so auch der Beleidigung (§ 185 StGB). Das gilt beispielsweise auch bei einer Hausdurchsuchung wegen Beleidigung einer Staatsanwältin. Findet die Beleidigung im Rahmen eines Strafverfahrens statt, muss zusätzlich noch der sogenannte “Kampf ums Recht” beachtet werden. Damit wird rechtlich gewürdigt, dass im Rahmen eines Prozesses schon einmal die Emotionen überkochen können.
Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist nach dem Grundgesetz besonders geschützt (Art. 13 GG). Dass die Wohnung ein ungestörter Bereich bleibt, überwiegt meist bei kleinen Delikten. Auch hier kommt es aber auf den Einzelfall und eine genaue Abwägung an, welche Art von Beleidigung im Raum steht und wie hoch der Eingriff in Grundrechte ist.
So urteilte auch das Landgericht Hamburg 2022, dass die Aussage “Du bist so 1 Pimmel” gegenüber dem Innensenator nicht ausreichte, um eine rechtmäßige Hausdurchsuchung beim Verfasser durchzuführen (Pimmel-Gate, LG Hamburg, 26.07.2022, AZ.: 631 Qs 17/22).
Hausdurchsuchung, wenn man nicht Zuhause ist – erlaubt?
Nicht immer sind Beschuldigte bei einer geplanten Durchsuchung zu Hause oder verweigern es, den Beamt:innen die Tür zu öffnen. Darf die Polizei dann trotzdem die Wohnräume betreten?
Die Antwort lautet: Ja, das darf sie. Ist die in der Wohnung lebende Person nicht anzutreffen, darf die Polizei sich auch gewaltsam Zutritt verschaffen und die Durchsuchung allein durchführen. In einem solchen Fall wird seitens der Behörden darauf geachtet, dass es neutrale Zeug:innen gibt, etwa eine:n Nachbar:in oder die Kommunalverwaltung. Diese dürfen dann unter Umständen an der Durchsuchung teilnehmen.
Was passiert nach einer Hausdurchsuchung?
Läuft die Hausdurchsuchung so, wie von den Behörden beabsichtigt, werden mögliche Beweismittel, Spuren und auch Dokumente oder Datenträger beschlagnahmt und mitgenommen. Diese werden dann ausgewertet und treiben im Idealfall die Ermittlungen voran.
Die Auswertung der Beweismittel kann in Deutschland mehrere Monate bis Jahre in Anspruch nehmen. Aufgrund der Ermittlungen kann es im Ergebnis dann auch zu einer Festnahme und/oder zu einer Anklage der beschuldigten Person kommen.
Werden bei der Hausdurchsuchung Beweise gefunden, die auf den ersten Blick eine Straftat bedeuten (zum Beispiel den Besitz von Betäubungsmitteln), kann die beschuldigte Person auch noch an Ort und Stelle festgenommen werden.
Was genau während oder nach der Durchsuchung passiert, hängt aber immer vom Einzelfall ab. Erst wenn die Durchsuchung als abgeschlossen erklärt wird, dürfen sich Betroffene wieder normal in den Räumlichkeiten aufhalten.
Hausdurchsuchung und nichts gefunden: Wann gibt’s Schadensersatz?
Wenn keine Beweise gefunden werden, ist das in der Regel kein ausreichender Grund für einen Schadensersatzanspruch. Damit Schadensersatz geltend gemacht werden kann, müssen die Beamt:innen erhebliche Fehler gemacht haben.
Solche können zum Beispiel vorliegen, wenn ohne Beschluss gehandelt wurde oder mutwillig Gegenstände beschädigt wurden. Auch wenn beim Öffnen durch den Schlüsseldienst Schäden entstehen, kann das einen Schadensersatz für die entstandenen Schäden rechtfertigen.
Allerdings muss der entstandene Schaden erheblich genug sein, um Schadensersatz geltend machen zu können. Das ist er in der Regel ab einem Wert von 25 Euro. Das Zertrümmern einer Vase oder Kratzer am Türschloss reichen also nicht aus.
Fazit
Eine Hausdurchsuchung ist eine besondere Erfahrung und greift in die eigene Privatsphäre ein. Betroffene sollten sich trotzdem ruhig verhalten und die Beamt:innen gewähren lassen, um die eigene Situation nicht schlimmer zu machen. Wer beschuldigt ist, hat jederzeit das Recht, eine Anwältin oder einen Anwalt zu sprechen.
Im Fall der Fälle solltest du dir immer den Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen. Auch solltest du darauf bestehen, dass alle beschlagnahmten Gegenstände protokolliert werden. So kannst du hinterher leichter beweisen, wenn Fehler im Beschluss sind oder der Eingriff zu weit gegangen ist.