Eine Insolvenz bedeutet nicht immer das Ende eines Unternehmens. Mit dem Verfahren der Eigenverwaltung kannst du als Unternehmer:in selbst die Kontrolle über deinen Betrieb behalten und ihn durch eine Sanierung retten. Aber was steckt hinter diesem Verfahren, und wann ist es sinnvoll? Hier findest du alles, was du über die Insolvenz in Eigenverantwortung wissen musst.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Definition: Bei der Eigenverwaltung bleiben die Schuldner:innen handlungsfähig, während Sachwalter:innen die Prozesse “nur” überwachen.
✅ Voraussetzungen: Das Gericht genehmigt die Eigenverwaltung nur, wenn ein tragfähiger Sanierungsplan vorliegt und die Gläubiger:innen zustimmen.
✅ Vorteile: Schnelle Entscheidungen, geringere Kosten und die Möglichkeit zur Sanierung des Unternehmens.
✅ Risiken: Ohne professionelle Vorbereitung und aktive Mitarbeit kann das Verfahren scheitern.
✅ Ziel: Rettung des Unternehmens statt Liquidation.
Erfahre in einem anderen Beitrag mehr zum Thema: Was passiert bei einer Insolvenz?
Was ist die Eigenverwaltung?
Die sogenannte Insolvenz in Eigenverwaltung ist eine besondere Form des Insolvenzverfahrens, die es Schuldner:innen ermöglicht, ihre Finanzen selbst zu verwalten. Dieses Verfahren ist vor allem für Unternehmen gedacht, die in der Krise stecken, aber noch eine realistische Chance auf eine Sanierung sehen. Der rechtliche Rahmen dafür ist in §§ 270 bis 285 InsO geregelt.
Im Gegensatz zum klassischen Insolvenzverfahren übernehmen die Schuldner:innen selbst die Verantwortung für die Verwaltung ihrer Insolvenzmasse.
Beispiel: Statt eines Insolvenzverwalters wird ein Sachwalter eingesetzt, der die Entscheidungen der Schuldner:innen überwacht und sicherstellt, dass die Interessen der Gläubiger:innen gewahrt bleiben.
So bleiben die Schuldner:innen handlungsfähig und können wichtige Schritte zur Sanierung ihrer Unternehmen selbst einleiten. Hier sind die wichtigsten Vorteile der Eigenverwaltung:
- Kontrolle behalten: Der Schuldner oder die Schuldnerin kann das Unternehmen weiterhin leiten und behält Einfluss auf operative Entscheidungen.
- Zeit und Kosten sparen: Ohne eine klassische Insolvenzverwaltung fallen weniger Kosten an und Entscheidungen können schneller getroffen werden.
- Sanierung statt Zerschlagung: Ziel ist es, das Unternehmen zu “retten”, anstatt es zu liquidieren.
Wann ist die Eigenverwaltung sinnvoll?
Eigenverwaltung ist besonders geeignet, wenn das Unternehmen noch tragfähig ist und eine Sanierung realistisch erscheint. Beispiele für geeignete Situationen:
- Das Unternehmen ist zwar überschuldet oder zahlungsunfähig, aber operativ noch rentabel.
- Es gibt konkrete Investor:innen, Gläubiger:innen oder Geschäftspartner:innen, die das Sanierungskonzept unterstützen.
- Das Management des Unternehmens ist bereit und in der Lage, aktiv an der Sanierung mitzuwirken.
- Schuldner:innen erhalten professionelle Unterstützung durch Sanierungsberater:innen oder Rechtsanwält:innen, die bei der Erstellung des Sanierungsplans helfen.
Wende dich für eine verbindliche Auskunft in deinem individuellen Fall bitte direkt an Expert:innen.
Beispiele für Eigenverwaltung aus dem Alltag
Die Eigenverwaltung wird in Deutschland bereits erfolgreich von vielen Unternehmen genutzt. Stell dir etwa ein mittelständisches Einzelhandelsunternehmen vor, das durch Eigenverwaltung und die Unterstützung eines erfahrenen Sanierungsberaters seine Schulden reduzieren und seinen Geschäftsbetrieb modernisieren kann.
Auch in der Gastronomie oder im Dienstleistungssektor wird die Eigenverwaltung oft eingesetzt, um Betriebe vor der Schließung zu retten und neue Investoren zu gewinnen. Diese Praxis zeigt: Eigenverwaltung kann gerade für Betriebe mit einer klaren Perspektive eine echte Rettungsoption sein.
Voraussetzungen für die Eigenverwaltung
Damit das Gericht die Eigenverwaltung genehmigt, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:
- Es darf keine Hinweise auf eine Verzögerung des Verfahrens oder Nachteile für die Gläubiger:innen geben.
- Die Schuldner:innen müssen einen konkreten Sanierungsplan vorlegen.
- Der Antrag auf Eigenverwaltung muss entweder durch die Schuldner:innen oder mit Zustimmung der Gläubiger:innen gestellt werden.
Die Eigenverwaltung wird vor allem in Fällen bewilligt, in denen die finanzielle Krise noch beherrschbar erscheint und das Unternehmen eine tragfähige Perspektive hat.
Eigenverwaltung: Darauf solltest du achten
Die Eigenverwaltung ist rechtlich anspruchsvoll und nicht ohne Risiken. Gläubiger:innen können gegen die Eigenverwaltung Einspruch erheben, wenn sie Zweifel an der Eignung der Schuldner:innen haben (§ 270b Abs. 3 InsO).
Zudem müssen strenge Fristen eingehalten werden, etwa für die Vorlage eines detaillierten Sanierungsplans, der vom Insolvenzgericht geprüft wird. Fehler oder Versäumnisse in diesem Prozess können dazu führen, dass die Eigenverwaltung abgelehnt wird. Deshalb ist eine gründliche Vorbereitung wichtig, du kannst dir hierzu auch Unterstützung einholen.
Nachteile und Risiken einer Eigenverwaltung
Die Eigenverwaltung ist nicht für alle Menschen geeignet. Sie erfordert viel Eigeninitiative und eine professionelle Vorbereitung. Wenn Schuldner:innen nicht in der Lage sind, einen realistischen Sanierungsplan zu erstellen oder das Vertrauen der Gläubiger:innen zu gewinnen, kann das Gericht die Eigenverwaltung ablehnen. Zudem bleiben die Schuldner:innen in der Verantwortung – Fehler oder Verzögerungen können schwerwiegende Folgen haben.
Vergleich: Klassische Insolvenzverwaltung vs. Eigenverwaltung
Klassische Insolvenzverwaltung | Eigenverwaltung |
Insolvenzverwalter:innen übernehmen Kontrolle über das Vermögen und die Geschäfte der Schuldner:innen. | Die Schuldner:innen bleiben handlungsfähig und dürfen das Unternehmen weiterführen. |
Entscheidungen über Vermögenswerte oder den Fortgang des Unternehmens liegen bei den Insolvenzverwalter:innen. | Entscheidungen bleiben bei den Schuldner:innen, unter der Aufsicht von Sachwalter:innen. |
Höhere Verfahrenskosten durch die Arbeit der Insolvenzverwaltung. | Geringere Kosten, da ein:e Sachwalter:in “nur” überwacht. |
Langwierige Entscheidungsprozesse | Schnellere Entscheidungen, da die Schuldner:innen direkten Einfluss haben. |
Alternativen zur Eigenverwaltung
Neben der Eigenverwaltung bietet das Insolvenzrecht weitere Sanierungsinstrumente, wie das Insolvenzplanverfahren (§§ 217 ff. InsO). Dabei erstellen die Schuldner:innen in Abstimmung mit den Gläubiger:innen einen Plan, der den Umgang mit den Schulden regelt.
Der Plan ermöglicht z. B. Schuldenschnitte oder Ratenzahlungen, um das Unternehmen langfristig zu retten. Dieses Verfahren kann auch parallel zur Eigenverwaltung genutzt werden, um die Sanierungschancen zu erhöhen.
Fazit
Die Eigenverwaltung bietet Unternehmen eine flexible Möglichkeit, ihre Insolvenz zu bewältigen und trotzdem handlungsfähig zu bleiben. Sie ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn klare Sanierungspläne und eine enge Zusammenarbeit mit Sachwalter:innen gegeben sind. Für Unternehmen mit einer Perspektive kann dieses Verfahren den Weg aus der Krise ebnen.