Wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf unwirksam? 

Deine Vermieterin kündigt dir die Wohnung, weil sie diese für ihren Sohn benötigt. Eigenbedarf, so heißt es. Doch was, wenn du gerade erst renoviert hast oder ein Umzug eine große Belastung für dich wäre? Viele Mieter:innen stehen vor dieser Frage und wissen nicht, ob die Kündigung tatsächlich rechtmäßig ist. In Deutschland gibt es strenge Regeln, die festlegen, wann eine Eigenbedarfskündigung wirksam ist – und wann nicht.

Eigenbedarf ist einer der häufigsten Kündigungsgründe im Mietrecht, doch längst nicht jede Kündigung ist automatisch wirksam. In diesem Artikel erfährst du, wann eine Kündigung wegen Eigenbedarf unwirksam ist und welche Rechte du als Mieter:in hast.

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Das Wichtigste in Kürze

Eigenbedarf muss begründet werden: Vermieter:innen müssen im Kündigungsschreiben genau darlegen, wer die Wohnung benötigt und warum, sonst kann sie unwirksam sein.
Vorgetäuschter Eigenbedarf: Wenn Vermieter:innen Eigenbedarf nur vortäuschen, um die Wohnung anderweitig zu vermieten oder zu verkaufen, hast du als Mieter:in bestimmte Rechte (z. B. Anspruch auf Schadensersatz).
Härtefallregelung: Bei schwerer Krankheit, hohem Alter oder langen Mietverhältnissen kann die Kündigung unwirksam sein, wenn ein Härtefall nach § 574 BGB vorliegt. Das Gericht prüft dabei die Interessen beider Seiten.
Formelle Anforderungen: Eine Eigenbedarfskündigung muss schriftlich erfolgen und die gesetzliche Kündigungsfrist einhalten. Auch Formfehler können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
Rechtsmittel: Mieter:innen können gegen unwirksame Kündigungen rechtlich vorgehen. Am besten lässt du dich hierzu von einem Anwalt im Mietrecht beraten.

Was ist Eigenbedarf?

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs benötigen die Vermieter:innen die Wohnung für sich, ihre Familienangehörigen oder Angehörige ihres Haushalts. Der Gesetzgeber hat in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB klar geregelt, dass in diesen Fällen ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses besteht. 

Wichtig ist aber, dass der Eigenbedarf nicht beliebig geltend gemacht werden kann. Vermieter:innen müssen konkret begründen, warum sie die Wohnung benötigen und wer dort einziehen soll. Der Eigenbedarf kann zum Beispiel für folgende Personengruppen angemeldet werden:

  • der oder die Vermieter:in selbst,
  • Ehepartner:innen
  • Kinder und Enkelkinder
  • Personen, die zum Haushalt gehören (Lebenspartner:innen)
  • entfernte Verwandte, wie Nichten oder Neffen

Hierzu gibt es zahlreiche Urteile, in denen Gerichte den Umfang des Familienkreises genau definiert haben.

Besonders wichtig: Eine Eigenbedarfskündigung darf nur dann ausgesprochen werden, wenn Vermieter:innen die Wohnung tatsächlich benötigen. Der reine Wunsch, die Immobilie für sich oder Verwandte zu reservieren, reicht nicht aus. Vermieter:innen müssen konkret darlegen, dass die Wohnung für den Eigenbedarf erforderlich ist, zum Beispiel aufgrund einer Vergrößerung des Haushalts durch die Geburt eines Kindes, eines beruflichen Standortwechsels oder gesundheitlicher Gründe.

Kündigung eines Mieters wegen Eigenbedarf: Wann ist das zulässig?

Damit eine Eigenbedarfskündigung wirksam ist, muss sie bestimmten formellen Anforderungen entsprechen. Diese sind insbesondere in den §§ 568 und 573c BGB festgelegt und regeln die Voraussetzungen für eine wirksame Eigenbedarfskündigung.

Zunächst muss die Kündigung in Schriftform erfolgen. Eine mündliche Kündigung oder eine Kündigung per E-Mail oder SMS ist unwirksam. Vermieter:innen müssen ein schriftliches Kündigungsschreiben aufsetzen und dieses eigenhändig unterschreiben. Es reicht auch nicht, dass lediglich die Hausverwaltung oder eine andere bevollmächtigte Person die Kündigung unterschreibt, es sei denn, es liegt eine schriftliche Vollmacht vor.

Neben der Schriftform ist die Begründung entscheidend. Vermieter:innen haben im Kündigungsschreiben offen darzulegen, warum sie Eigenbedarf anmelden. Dabei müssen sie genau angeben, für wen die Wohnung benötigt wird und aus welchem Grund. Ein allgemeiner Hinweis auf „Eigenbedarf“ reicht nicht aus. Es muss klar erkennbar sein, dass der Eigenbedarf ernsthaft besteht. Fehlt diese konkrete Begründung oder ist sie ungenau, droht die Unwirksamkeit der Kündigung.

Kündigungsfrist bei Eigenbedarf 

Die Kündigungsfrist muss bei einer Eigenbedarfskündigung zwingend eingehalten werden. So ist die Kündigung spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, die reguläre Frist beträgt also 3 Monate

Allerdings ist die Kündigungsfrist auch abhängig von der Mietdauer und kann je nach Dauer des Mietverhältnisses zwischen 3 und 9 Monaten liegen:

  • Besteht das Mietverhältnis mehr als 5 Jahre, gilt eine Frist von 6 Monaten
  • Bei einer Mietdauer von mehr als 8 Jahren beträgt die Kündigungsfrist 9 Monate

Je länger das Mietverhältnis besteht, desto länger ist die Frist. Diese Fristen müssen Vermieter:innen zwingend eingehalten werden, ansonsten ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Wir merken uns

Fehler bei der Form, der Frist oder der Begründung können dazu führen, dass die Kündigung unwirksam ist. Deshalb sollten Mieter:innen immer genau prüfen, ob der Vermieter oder die Vermieterin alle formellen Anforderungen erfüllt hat.

Wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf unwirksam?

Es gibt zahlreiche Gründe, warum eine Eigenbedarfskündigung unwirksam sein kann. Für Mieter:innen ist es wichtig, diese zu kennen, um ihre Rechte zu wahren. 

Fehlende oder unzureichende Begründung

Ein häufiger Grund für die Unwirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung ist eine fehlende oder unzureichende Begründung. Wie bereits erwähnt, muss der Vermieter genau darlegen, wer die Wohnung benötigt und warum. Das steht auch klar im Gesetz:

“Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind” (§ 573 Abs. 3 BGB)

Vage Aussagen wie „Eigenbedarf“ ohne weitere Erklärung reichen nicht aus. Vermieter:innen müssen klar machen, für welche Person der Eigenbedarf besteht und aus welchem Grund diese die Wohnung benötigt. Fehlen diese Informationen oder sind sie ungenau, ist die Kündigung unwirksam.

Vorgetäuschter Eigenbedarf

Ein weiterer Grund für die Unwirksamkeit ist vorgetäuschter Eigenbedarf. Vermieter:innen dürfen Eigenbedarf nur anmelden, wenn sie die Wohnung tatsächlich benötigen. Täuschen sie Eigenbedarf vor, etwa um unliebsame Mieter:innen loszuwerden oder die Wohnung teurer neu zu vermieten, ist die Kündigung unwirksam. In solchen Fällen können Mieter:innen unter Umständen sogar Schadensersatzansprüche geltend machen. 

Darf der Vermieter nach Eigenbedarf wieder vermieten?

Wenn der Eigenbedarf nur vorgetäuscht wurde, um die Wohnung wieder vermieten zu können, ist die Kündigung aller Wahrscheinlichkeit nach unwirksam. In diesem Fall kannst du rechtlich dagegen vorgehen.

Alternativwohnraum

Eine Eigenbedarfskündigung kann auch unwirksam sein, wenn den Vermieter:innen eine andere vergleichbare Wohnung zur Verfügung steht. Vermieter:innen sind dazu verpflichtet zu überprüfen, ob es eine andere freie Wohnung in ihrem Besitz gibt, die den Eigenbedarf decken könnte. Ist dies der Fall, dürfen sie nicht einfach die Wohnung kündigen, in der noch Mieter:innen wohnen. Im Zweifel muss auch begründet werden, weshalb gerade diese konkrete Wohnung benötigt wird und warum andere Wohnungen nicht infrage kommen.

Verwirkung des Kündigungsrechts

Das Kündigungsrecht kann auch verwirkt werden, wenn Vermieter:innen den Eigenbedarf zu spät geltend machen. Dies ist der Fall, wenn sie über einen längeren Zeitraum den Eindruck erweckt haben, dass sie keinen Eigenbedarf anmelden werden – und die Mieter:innen darauf vertraut haben. Eine Kündigung, die nach vielen Jahren plötzlich ohne Anzeichen von Eigenbedarf erfolgt, kann unwirksam sein, wenn Mieter:innen dadurch unzumutbare Nachteile erleiden.

Sozialklausel: Härtefall nach § 574 BGB

Auch wenn der Eigenbedarf grundsätzlich berechtigt ist, kann die Kündigung unwirksam werden, wenn ein sogenannter Härtefall vorliegt. Nach § 574 BGB können Mieter:innen der Kündigung widersprechen, wenn diese eine unzumutbare Härte darstellt. 

Härtefälle können etwa bei hohem Alter, schwerer Krankheit oder langen Mietverhältnissen vorliegen. In solchen Fällen muss das Gericht eine Abwägung zwischen den Interessen des Vermieters und den Härtegründen des Mieters vornehmen.

Gut zu wissen

Als Mieter:in kannst du auf die Fortsetzung des Mietverhältnisses bestehen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für dich selbst, deine Familie oder einen anderen Angehörigen deines Haushalts eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Das gilt auch für den Fall, dass du keinen vergleichbaren Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen findest.

Allerdings kann dein:e Vermieter:in dagegenhalten, dass ein ausreichender Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung vorliegt – und somit trotzdem wirksam kündigen.

Eigenbedarf: Härtefall nach § 574 BGB – Widerspruch gegen die Kündigung

Selbst wenn eine Eigenbedarfskündigung formell korrekt ist und der Eigenbedarf tatsächlich besteht, können Mieter:innen unter bestimmten Umständen Widerspruch gegen die Kündigung einlegen. Dies ist meist der Fall, wenn ein Härtefall nach § 574 BGB vorliegt. Denn das Mietverhältnis kann nicht ohne weiteres gekündigt werden, wenn sie für den Mieter oder die Mieterin eine „unzumutbare Härte“ darstellt. Schauen wir uns das einmal genauer an.

Was gilt als Härtefall bei Eigenbedarfskündigung?

Die Gründe, die einen Härtefall darstellen können, sind vielfältig. Häufige Beispiele sind:

  • Hohes Alter: Ältere Mieter:innen, die schon lange in der Wohnung leben, können besonders betroffen sein. Ein Umzug stellt für sie eine enorme Belastung dar, da sie sich im Alter oft nicht mehr so leicht umorientieren oder an einen neuen Wohnort anpassen können.
  • Schwere Krankheit: Sind die Mieter:innen schwer erkrankt oder pflegebedürftig, kann ein Umzug gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. In solchen Fällen haben Gerichte häufig zugunsten der Mieter:innen entschieden.
  • Schwangerschaft: Auch eine Schwangerschaft kann einen Härtefall begründen, insbesondere wenn die Kündigung den Umzug in eine kritische Phase der Schwangerschaft legt.
  • Lange Mietdauer: Mieter:innen, die seit vielen Jahren in der Wohnung leben, können sich möglicherweise ebenfalls wehren. Zum Beispiel, wenn ein Umzug für sie nicht nur finanzielle, sondern auch soziale und psychologische Nachteile mit sich bringt.
  • Mieter findet keine Wohnung: Wenn es für die betroffenen Mieter:innen besonders schwierig ist, im gleichen Umfeld eine vergleichbare Ersatzwohnung zu finden, kann auch dies als Härtefall gewertet werden.

Wenn du Widerspruch gegen die Kündigung einlegst, muss das Gericht die Interessen von beiden Seiten gegeneinander abwägen. Vermieter:innen haben zwar das Recht, Eigenbedarf geltend zu machen, doch dieses Recht muss mit den Härtegründen von Mieter:innen abgewogen werden. Die Gerichte entscheiden dabei nach den Umständen des Einzelfalls.

Widerspruchsfrist

Du möchtest widersprechen? Dann solltest du deinen Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung rechtzeitig erklären. Nach § 574b BGB muss der Widerspruch spätestens 2 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses schriftlich gegenüber dem Vermieter oder der Vermieterin erhoben werden. 

Erfolgt der Widerspruch zu spät, kann das Gericht ihn als unzulässig zurückweisen. Allerdings kann das Gericht auch eine verspätete Erklärung des Widerspruchs ausnahmsweise berücksichtigen, wenn dies „nach Treu und Glauben“ geboten ist, beispielsweise bei besonders schweren Härtefällen.

Unwirksame Eigenbedarfskündigung: Das sind deine Rechte als Mieter

Wenn du als Mieter:in eine Eigenbedarfskündigung erhältst und Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit hast, ist schnelles Handeln wichtig. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du auf eine unwirksame Eigenbedarfskündigung reagieren kannst. 

Dabei ist es wichtig, deine Rechte zu kennen und dich durch spezialisierte Anwält:innen über die Rechtslage sowie deine Handlungsmöglichkeite beraten zu lassen. Unser Artikel bietet dir eine erste Orientierung, ersetzt jedoch keine Rechtsberatung durch Expert:innen.

Widerspruch einlegen

Der erste Schritt ist der Widerspruch gegen die Kündigung. Du kannst der Kündigung widersprechen, wenn du der Meinung bist, dass der Eigenbedarf nicht ausreichend begründet ist oder formelle Fehler vorliegen. 

Ein Widerspruch ist auch möglich, wenn du einen Härtefall geltend machst, zum Beispiel aufgrund deines Alters, einer Krankheit oder einer langen Mietdauer (§ 574 BGB). 

Wichtig ist, dass du den Widerspruch schriftlich und rechtzeitig, also spätestens 2 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses, einreichst (§ 574b BGB). Verpasse diese Frist nicht, sonst riskierst du, dass dein Widerspruch unwirksam wird.

Mieterhöhung ablehnen

In manchen Fällen bieten Vermieter:innen an, die Eigenbedarfskündigung zurückzunehmen, wenn Mieter:innen einer Mieterhöhung zustimmen. Es ist jedoch dein gutes Recht, dies abzulehnen, wenn du glaubst, dass die Kündigung unrechtmäßig ist. 

In solchen Situationen kannst du durch einen Anwalt oder eine Anwältin prüfen lassen, ob der Eigenbedarf tatsächlich vorliegt oder nur vorgeschoben wird, um höhere Mieten durchzusetzen. Andernfalls kannst du die Kündigung rechtlich angreifen.

Klage einreichen

Wenn Vermieter:innen auf den Widerspruch nicht reagieren oder weiterhin Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung bestehen, kannst du vor Gericht Klage erheben. In diesem Fall wird das zuständige Amtsgericht prüfen, ob die Eigenbedarfskündigung rechtmäßig ist oder nicht. 

Es ist ratsam, hierfür spezialisierte Anwält:innen zu Rate zu ziehen, die dich im Verfahren unterstützen. Oftmals gelingt es, die Kündigung durch gerichtliche Verfahren abzuwehren oder zumindest eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu erreichen.

Schadensersatz fordern

Sollte sich nach einiger Zeit herausstellen, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, hast du als Mieter:in möglicherweise Anspruch auf Schadensersatz. Dies betrifft vor allem die Kosten, die dir durch den Auszug entstanden sind (z. B. Umzugskosten, Maklergebühren für eine neue Wohnung oder auch die höheren Mieten in der neuen Wohnung).

Voraussetzung ist, dass du beweisen kannst, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war. Das ist meist ohne anwaltliche Hilfe schwierig, daher wende dich am besten an eine Kanzlei für Mietrecht, die sich deinem Fall annimmt.

Beratung einholen

Falls du dir unsicher bist, ob die Eigenbedarfskündigung rechtmäßig ist, kannst du dich rechtlich beraten lassen. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann dir helfen, die Situation zu bewerten und deine Chancen bei einem Widerspruch oder einer Klage einzuschätzen. Oftmals lassen sich Streitigkeiten auch durch eine außergerichtliche Einigung klären.

Fazit

Eine Eigenbedarfskündigung ist für viele Mieter:innen eine große Belastung. Doch nicht jede Kündigung ist automatisch wirksam. Es gibt klare gesetzliche Regelungen, die sicherstellen, dass Vermieter:innen den Eigenbedarf ausreichend begründen müssen. Formelle Fehler oder ein vorgetäuschter Eigenbedarf können dazu führen, dass die Kündigung unwirksam ist. 

Zudem bietet das Mietrecht durch die Härtefallregelung nach § 574 BGB einen wichtigen Schutz für Mieter:innen, die sich gegen eine Kündigung wehren wollen. Wenn du eine Eigenbedarfskündigung erhältst, ist es ratsam, die Kündigung anwaltlich prüfen zu lassen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten.

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