Verhaltensbedingte Kündigung: Alles, was du wissen musst

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann für Arbeitnehmende eine herausfordernde und belastende Situation darstellen. Damit du im Ernstfall optimal vorbereitet bist und sofort angemessen reagieren kannst, helfen dir die nachfolgenden Informationen von Daniel Mantel, Fachanwalt im Arbeitsrecht. Viel Spaß beim Lesen!

Das Wichtigste in Kürze

✅ Einen Grund zur Kündigung brauchen Arbeitgebende nur, wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Ein Fehlverhalten kann ein Grund zur Kündigung sein.
✅ Eine verhaltensbedingte Kündigung kann als ordentliche, fristgemäße Kündigung oder als fristlose Kündigung ausgesprochen werden. 
✅ In der Regel ist es erforderlich, vor einer Kündigung zunächst eine Abmahnung zu erteilen. Davon gibt es aber auch Ausnahmen.
✅ Wenn du dich gegen eine Kündigung wehren willst, musst du innerhalb von 3 Wochen nach deren Erhalt Kündigungsschutzklage einreichen; sonst wird sie unangreifbar.
✅ Und zu guter Letzt: Unterschreibe nichts, ohne vorher einen Anwalt oder eine Anwältin gesprochen zu haben! 

Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?

 Der Begriff der verhaltensbedingten Kündigung stammt aus dem Kündigungsschutzgesetz. Dort ist geregelt, dass eine Kündigung unwirksam ist, „wenn sie nicht durch Gründe, die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist“ (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Eine verhaltensbedingte Kündigung liegt also allgemein gesagt vor, wenn dir gekündigt und die Kündigung mit einem Fehlverhalten begründet wird. 

Wann braucht es einen Kündigungsgrund?

 Wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, braucht es auch für eine fristgemäße Kündigung einen Kündigungsgrund. Andernfalls ist eine Kündigung auch grundlos möglich

Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn in deinem Betrieb in der Regel mehr als 10 Beschäftigte tätig sind und dein Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht (§§ 1, 23 KSchG). Ein Fehlverhalten kann – je nach Einzelfall – ein tauglicher, verhaltensbedingter Kündigungsgrund sein. 

Muss der Kündigungsgrund in der Kündigung genannt werden? 

Nein, dies ist ein weit verbreiteter Irrtum. Der Kündigungsgrund muss in der Kündigung nicht genannt werden. Nennen Arbeitgebende den Grund in der Kündigung, riskieren sie, auf diesen Kündigungsgrund beschränkt zu werden. Nennen sie keinen Kündigungsgrund, können sie zur Kündigung sämtlichen ggf. auch andere als die ursprünglich anlässlichen Gründe anführen. 

Verhaltensbedingte Kündigung: Das sind die Voraussetzungen

Damit eine verhaltensbedingte Kündigung rechtlich wirksam ist, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.

1. Pflichtverletzung

Arbeitnehmende müssen eine erhebliche Pflichtverletzung (Fehlverhalten) begangen haben. Dies kann sowohl eine einmalige schwerwiegende Verfehlung als auch ein wiederholtes Fehlverhalten sein. 

Voraussetzung ist weiter, dass das Fehlverhalten auch vorwerfbar ist, also auf einem steuerbaren Verhalten beruht. Ist eine Person z. B. erkrankt und leidet an Narkolepsie (Schlafkrankheit, bei der man spontan einschläft), kann ihr nicht deswegen gekündigt werden, weil sie auf der Arbeit eingeschlagen ist. Dieses Verhalten wäre ihr nicht vorwerfbar. 

Die Frage nach einem steuerbaren Verhalten stellt sich zudem bei sämtlichen Suchtkrankheiten (Fehlverhalten unter Alkohol, Drogen etc.). Dort ist gilt es dann abzugrenzen, ob die Person z. B. aufgrund ihrer Alkoholkrankheit betrunken zur Arbeit erschienen ist oder einfach „nur“ die Nacht durchgefeiert und getrunken hat. Im Einzelfall kann die Abgrenzung durchaus schwierig sein.

2. Abmahnung

In der Regel ist eine vorherige Abmahnung erforderlich. Die Abmahnung dient als Warnung und gibt Arbeitnehmenden die Möglichkeit, ihr Verhalten zu ändern. Sie muss klar formuliert sein, d.h. das Fehlverhalten, das vertragsgemäße Verhalten sowie die Konsequenzen bei Wiederholung aufzeigen.

Wann ist eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung zulässig?

Eine Abmahnung ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn  das Fehlverhalten so schwerwiegend war, dass jedem klar sein musste, dass ein solches Verhalten nicht toleriert wird oder Arbeitnehmende so uneinsichtig sind, dass eine Abmahnung auch für die Zukunft keine Verhaltensänderung bewirken würde. 

3. Verhältnismäßigkeit

 Die Kündigung muss das letzte Mittel sein (Ultima Ratio). Arbeitgebende müssen prüfen, ob mildere Mittel, wie eine Versetzung oder eine Änderungskündigung in Betracht kommen. Vor einer Kündigung müssen also alle sonstigen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

4. Interessenabwägung

 Schließlich muss eine sorgfältige Abwägung der gegenseitigen Interessen erfolgen. Hierbei werden beispielsweise folgende Aspekte berücksichtigt: 

  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit,
  • das Alter von Arbeitnehmenden,
  • Unterhaltspflichten (Kinder, Ehepartner:innen, etc.),
  • ob es bereits vorherige Vorfälle im Arbeitsverhältnis gab,
  • die Schwere des Fehlverhaltens und der damit verbundene Vertrauensverlust,
  • die Folgen des Fehlverhaltens (hoher Schaden, Reputationsverlust),
  • Wiederholungsgefahr,
  • die Chancen auf dem Arbeitsmarkt einen neuen Job zu finden.

Muss ich meine Kündigung unterschreiben? 

Nein, du musst eine Kündigung oder sonstige Dokumente, die dir in diesem Zusammenhang vorgelegt werden, niemals unterschreiben. Das bloße Bestätigen des Empfangs wäre zwar unschädlich, bietet aber auch Gefahren. Wenn du aufgeregt bist und den Text nicht richtig liest, riskierst du, dass du mit deiner Unterschrift die Kündigung akzeptierst. Deswegen: unterschreibe nichts, hierzu bist du nicht verpflichtet, egal was man dir sagt! 

Fristlose verhaltensbedingte Kündigung: Wann ist das erlaubt?

 Liegt ein gravierendes Fehlverhalten vor, kann auch eine außerordentliche fristlose Kündigung in Betracht kommen (§ 626 Abs. 1 BGB). Die Voraussetzungen sind im Wesentlichen die gleichen wie bei einer ordentlichen fristgemäßen Kündigung. Die Pflichtverletzung muss jedoch besonders schwer sein. Zusätzlich muss geprüft werden, ob es für Arbeitgebende im konkreten Einzelfall unzumutbar ist, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten.

Wichtig ist zudem, dass Arbeitgebende die außerordentliche fristlose Kündigung innerhalb einer Frist von 2 Wochen aussprechen müssen, nachdem sie von dem Fehlverhalten erfahren haben (§ 626 Abs. 2 BGB). Wird diese Frist versäumt, ist die außerordentliche fristlose Kündigung alleine deswegen unwirksam.

Verhaltensbedingte Kündigung: Beispiele und Gründe

Warum es zu einer verhaltensbedingten Kündigung kommt, kann verschiedene Gründe haben. Einige der häufigsten Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung sind:

  • Unpünktlichkeit: Regelmäßiges erhebliches Zuspätkommen trotz Abmahnung
  • Arbeitsverweigerung: beharrliche Weigerung, legitime Arbeitsanweisungen zu befolgen.
  • Diebstahl oder Arbeitszeitbetrug: Unterschlagung von Eigentum des Unternehmens oder Manipulation von Arbeitszeiten.
  • Beleidigung: Unangemessenes oder beleidigendes Verhalten gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten.
  • Verletzung von Sicherheitsvorschriften: Missachtung von Sicherheitsregeln, die zu Gefährdungen führen können.
  • Falsche Spesenabrechnungen oder sonstige Straftaten. 
  • Arbeit bei der Konkurrenz oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen.

Steht mir eine Abfindung zu?

Nein, im Falle einer (verhaltensbedingten) Kündigung steht dir nicht automatisch eine Abfindung zu. Ob du eine Abfindung erhalten kannst, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

💡 Eine Abfindung ist bei verhaltensbedingten Kündigungen grundsätzlich Verhandlungssache.

💡 Gute Chancen auf eine Abfindung bestehen vor allem dann, wenn die Kündigung rechtlich angreifbar ist.

💡 Dabei gilt: Je schwerer die Kündigung für Arbeitgebende zu begründen ist, desto besser sind die Aussichten auf eine Abfindung.

Verhaltensbedingte Kündigung vermeiden

Viele Betroffene sind schockiert, wenn sie das erste Mal eine Kündigung erhalten. Daher gilt es, einen solchen Fall zu vermeiden. Im Folgenden sind einige Tipps zur ersten Orientierung.

Kommunikation

Probleme sollten frühzeitig angesprochen werden, solltest du gerne langfristig bei deinem Unternehmen weiterarbeiten wollen. Ein offenes Gespräch mit Vorgesetzten kann Missverständnisse klären und Lösungen aufzeigen. 

Dokumentation

Alle relevanten Vorfälle und Gespräche solltest du dokumentieren. Dies kann im Falle eines Rechtsstreits zu Beweiszwecken erforderlich sein. Ggf. kannst du auch den Betriebsrat bitten, dich zu einem heiklen Gespräch zu begleiten. Diese kann später als Zeuge herangezogen werden, falls erforderlich.

Rechtsberatung

Bei Unsicherheiten ist es ratsam, sich frühzeitig an den Betriebsrat oder eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder zu wenden, um rechtliche Unterstützung zu erhalten und für zukünftige Streitigkeiten ggf. eine optimale Ausgangslage zu schaffen. 

Es ist von Vorteil, wenn du schon präventiv alles Wichtige besprochen und geklärt hast. Mit der richtigen Unterstützung und Vorbereitung stehst du stärker da. Du kannst deine Rechte besser verteidigen und hast bessere Chancen, deinen Job zu behalten bzw. deine Vorstellungen von einer Abfindung zu verwirklichen. Es ist besser, früh zu handeln, als zu warten, bis es vielleicht zu spät ist. 

Ich unterstütze dich als Experte für Arbeitsrecht gerne dabei!

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