Du erbst das Haus deiner Großeltern, in dem du deine Kindheit verbracht hast. Ein emotionaler Moment, aber auch eine finanzielle Herausforderung. Immer mehr Menschen in Deutschland erben – und dabei geht es oft um erhebliche Vermögenswerte, vor allem Immobilien.
Doch viele unterschätzen, wie hoch die Erbschaftssteuer in solchen Fällen ausfallen kann. Besonders durch die steigenden Immobilienpreise geraten viele Erb:innen unerwartet in die Steuerpflicht. Wer betroffen ist, sollte also wissen, wie er die Erbschaftssteuer berechnen kann, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
In diesem Artikel erfährst du Schritt für Schritt, wie die Erbschaftssteuer berechnet wird und auch, welche Vermögenswerte betroffen sind.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Steuerklassen und Freibeträge: Die Höhe der Erbschaftssteuer hängt maßgeblich von deiner Steuerklasse ab. Ehepartner:innen und Kinder (Steuerklasse I) profitieren von hohen Freibeträgen (500.000 Euro bzw. 400.000 Euro). Für entferntere Verwandte und nicht-verwandte Personen (Steuerklasse II und III) sind die Freibeträge niedriger.
✅ Vermögenswerte, die der Steuer unterliegen: Immobilien, Geldvermögen, Wertpapiere und Sachwerte wie Schmuck sind steuerpflichtig. Betriebsvermögen und selbstgenutztes Wohneigentum können unter bestimmten Bedingungen steuerfrei bleiben.
✅ Berechnung der Steuer: Nach Abzug des Freibetrags wird der steuerpflichtige Anteil des Erbes mit dem entsprechenden Steuersatz berechnet. Die Steuersätze reichen je nach Steuerklasse von 7 % bis 50 %.
✅ Meldepflicht und Steuererklärung: Die Erbschaft muss innerhalb von 3 Monaten nach dem Erbfall dem Finanzamt gemeldet werden. Die Erbschaftssteuererklärung ist in der Regel innerhalb von 6 Monaten abzugeben. Bei verspäteter Abgabe oder falschen Angaben drohen hohe Strafen.
✅ Professionelle Unterstützung: Gerade bei komplexen Erbschaften oder hohen Vermögenswerten empfiehlt es sich, frühzeitig Steuerberater:innen oder Anwält:innen hinzuzuziehen, um Steuererleichterungen zu nutzen und alle Fristen und Pflichten einzuhalten.
Wer muss Erbschaftssteuer zahlen?
Grundsätzlich gilt: Alle, die eine Erbschaft erhalten, können zur Zahlung der Erbschaftssteuer verpflichtet sein. Dabei ist entscheidend, in welcher Erbschaftssteuerklasse die erbende Person eingestuft wird.
Das Gesetz unterscheidet 3 Steuerklassen, die den Verwandtschaftsgrad zwischen der erblassenden Person und der erbenden Person widerspiegeln. Die Faustregel lautet: Je enger die Verwandtschaft, desto höher sind die Freibeträge und desto niedriger fällt die Steuer aus.
Steuerklassen bei der Erbschaftssteuer
- Steuerklasse I gilt für enge Familienangehörige wie Ehepartner:innen, Kinder, Enkelkinder und Eltern (im Erbfall). Hier sind die Freibeträge besonders hoch – für Ehegatten liegt er bei 500.000 Euro, für Kinder bei 400.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
- Steuerklasse II betrifft entferntere Verwandte wie Geschwister, Nichten, Neffen und Schwiegereltern. Hier sind die Freibeträge niedriger, beispielsweise 20.000 Euro für Geschwister.
- Steuerklasse III umfasst alle übrigen Personen, wie Freunde oder nicht verwandte Erb:innen. Für sie liegt der Freibetrag nur bei 20.000 Euro und die Steuersätze sind am höchsten.
Die Höhe der Erbschaftssteuer hängt also nicht nur von der Summe des geerbten Vermögens ab, sondern auch vom Verwandtschaftsverhältnis zur erblassenden Person. Ehepartner:innen und Kinder profitieren von deutlich höheren Freibeträgen als entfernte Verwandte oder nicht verwandte Erb:innen.
Ein Beispiel: Erbt ein Kind 500.000 Euro, sind 400.000 Euro steuerfrei. Nur die verbleibenden 100.000 Euro werden nach den für Steuerklasse I geltenden Sätzen versteuert (§ 19 Abs. 1 ErbStG).
Damit du die Erbschaftssteuer korrekt berechnen kannst, ist es wichtig, genau zu wissen, in welche Steuerklasse du fällst und welche Freibeträge für dich gelten. Wenn du unsicher bist, wende dich frühzeitig an Expert:innen (z. B. Steuerberater:innen oder Anwält:innen im Steuerrecht oder Erbrecht).
Welche Vermögenswerte unterliegen der Erbschaftssteuer?
Nicht jeder geerbte Vermögenswert unterliegt automatisch der Erbschaftssteuer, aber die meisten Vermögensgegenstände werden erfasst. Besonders wichtig ist es zu wissen, welche Arten von Vermögen steuerpflichtig sind, da dies oft falsch eingeschätzt wird.
Grundsätzlich werden fast alle Arten von Vermögenswerten versteuert, die Erb:innen erhalten, darunter zum Beispiel:
Immobilien
Häuser, Wohnungen oder Grundstücke zählen zu den bedeutendsten Vermögenswerten bei Erbschaften. Die Bewertung von Immobilien erfolgt nach dem sogenannten gemeinen Wert, der dem Verkehrswert entspricht (§ 12 ErbStG).
Dies bedeutet, dass der aktuelle Marktwert des Hauses oder der Wohnung für die Steuerberechnung herangezogen wird, was bei steigenden Immobilienpreisen zu hohen Steuerbelastungen führen kann.
Bargeld und Bankguthaben
Erb:innen von Kontoguthaben oder Bargeld müssen diesen Betrag vollständig in die Erbschaftssteuer einbeziehen. Hier wird der Nennwert des Geldbetrags ohne Abzüge als Basis für die Steuer verwendet.
Wertpapiere und Aktien
Auch Aktien, Anleihen oder Investmentfonds unterliegen der Erbschaftssteuer. Der Wert dieser Wertpapiere wird zum Zeitpunkt des Todes der erblassenden Person ermittelt, was bei schwankenden Aktienkursen zu unterschiedlichen Bewertungen führen kann.
Sachwerte wie Schmuck oder Kunstgegenstände
Auch teurer Schmuck, Kunstsammlungen oder Oldtimer fallen unter die Erbschaftssteuerpflicht. Ihre Bewertung erfolgt meist durch ein Gutachten, das den Marktwert der Gegenstände zum Todeszeitpunkt bestimmt.
Betriebsvermögen
Wer ein Unternehmen oder einen Anteil daran erbt, muss ebenfalls Erbschaftssteuer zahlen. Allerdings gibt es hier bestimmte Steuervergünstigungen, um zu verhindern, dass Unternehmen aus steuerlichen Gründen verkauft werden müssen. Nach § 13a ErbStG kann unter bestimmten Bedingungen ein Teil des Betriebsvermögens steuerfrei bleiben.
Ausnahmen
Bestimmte Vermögenswerte sind jedoch von der Erbschaftssteuer ausgenommen oder werden begünstigt behandelt. So bleibt beispielsweise selbstgenutztes Wohneigentum für Ehepartner:innen und Kinder unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei (§ 13c ErbStG).
Voraussetzung ist, dass der oder die Ehepartner:in oder das Kind die Immobilie nach dem Tod der erblassenden Person weiterhin bewohnt und die Wohnfläche bei Kindern 200 qm nicht überschreitet.
Erbschaftssteuer berechnen: Schritt für Schritt
Die Berechnung der Erbschaftssteuer ist ein komplexer Vorgang, bei dem mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Um die Steuer korrekt zu ermitteln, muss man sowohl die Höhe des Erbes als auch den persönlichen Freibetrag und den Steuersatz beachten.
Der Prozess lässt sich in 3 zentrale Schritte unterteilen: Ermittlung des Vermögens, Abzug des Freibetrags und Anwendung des passenden Steuersatzes. Eine genaue und ordnungsgemäße Berechnung verhindert nicht nur unerwartete Steuerlasten, sondern beschützt dich auch vor rechtlichen Konsequenzen bei Falschangaben.
Bestimmung des steuerpflichtigen Erbes
Zunächst muss der Gesamtwert des geerbten Vermögens ermittelt werden. Dazu gehören Immobilien, Geldvermögen, Wertpapiere, Sachwerte und Betriebsvermögen. Von diesem Betrag werden die persönlichen Freibeträge abgezogen, die von der Steuerklasse abhängen.
Für nahe Verwandte wie Ehepartner:innen (500.000 Euro) und Kinder (400.000 Euro) sind die Freibeträge besonders hoch (§ 16 ErbStG). Erbt beispielsweise ein Kind 600.000 Euro, sind nur 200.000 Euro steuerpflichtig, da 400.000 Euro durch den Freibetrag abgedeckt sind.
Anwendung der Steuerklasse und der Steuersätze
Nachdem der steuerpflichtige Teil des Erbes festgelegt wurde, kommt der entsprechende Steuersatz zur Anwendung. Dieser richtet sich nach der Erbschaftssteuerklasse der erbenden Person.
Die 3 Steuerklassen
Die Steuersätze steigen progressiv mit dem Wert des geerbten Vermögens (§ 19 ErbStG):
Steuerklasse I (Ehepartner, Kinder, Eltern): Steuersätze zwischen 7 % und 30 %
Steuerklasse II (Geschwister, Nichten, Neffen): Steuersätze zwischen 15 % und 43 %
Steuerklasse III (Nicht verwandte Personen): Steuersätze zwischen 30 % und 50 %
Ein Beispiel: Erbt ein Kind 200.000 Euro (nach Abzug des Freibetrags), beträgt der Steuersatz 11 %. Die Erbschaftssteuer beläuft sich in diesem Fall auf 22.000 Euro.
Berücksichtigung besonderer Regelungen
Für bestimmte Vermögenswerte gelten Sonderregelungen. So kann – wie bereits erwähnt – selbstgenutztes Wohneigentum für Ehepartner:innen und Kinder steuerfrei bleiben, wenn es weiterhin bewohnt wird (§ 13c ErbStG).
Auch für Betriebsvermögen gibt es Erleichterungen: Unter bestimmten Voraussetzungen bleibt ein Teil des Unternehmens steuerfrei, um die Fortführung des Betriebs nicht zu gefährden (§ 13a ErbStG).
Wichtig ist auch, dass für Erb:innen, die kleinere Beträge erhalten, häufig gar keine Steuer anfällt, da die Freibeträge hoch genug sind, um das geerbte Vermögen abzudecken.
Pflichten und Fristen bei der Erbschaftssteuer
Wenn du das Erbe antrittst, musst du dich an die gesetzlichen Vorgaben halten, insbesondere bei der Meldung der Erbschaft und der Abgabe der Steuererklärung. Wer diese Pflichten vernachlässigt, riskiert nicht nur Sanktionen, sondern möglicherweise auch hohe Nachzahlungen.
Hier die wichtigsten Fristen und Pflichten im Überblick:
Meldepflicht beim Finanzamt
Du hast das Erbe angetreten? Dann musst du das Finanzamt darüber informieren. Diese Meldung sollte in der Regel innerhalb von 3 Monaten nach Bekanntwerden der Erbschaft erfolgen (§ 30 ErbStG).
Dabei reicht es nicht, die Erbschaft dem Nachlassgericht oder dem Standesamt zu melden – du musst das Finanzamt separat benachrichtigen. Es ist wichtig, alle relevanten Angaben zu machen, wie den Umfang des Erbes, den Verwandtschaftsgrad und alle geerbten Vermögenswerte.
Abgabe der Erbschaftssteuererklärung
Nach der Meldung prüft das Finanzamt, ob eine Erbschaftssteuererklärung erforderlich ist. Dies hängt von der Höhe des Erbes und deiner Steuerklasse ab. In der Regel fordert das Finanzamt die Abgabe einer Steuererklärung, wenn der Wert des Erbes den persönlichen Freibetrag übersteigt.
Für die Erbschaftssteuererklärung gilt eine Frist von 6 Monaten nach Aufforderung durch das Finanzamt (§ 31 Abs. 1 ErbStG).
Fristverlängerung bei Auslandsfällen
Hast du oder die verstorbene Person einen Wohnsitz im Ausland, verlängert sich die Frist für die Steuererklärung auf 9 Monate (§ 31 Abs. 2 ErbStG). Dies gilt auch, wenn geerbtes Vermögen im Ausland liegt, was oft zusätzliche rechtliche und steuerliche Fragen aufwirft. Hierzu wendest du dich am besten an spezialisierte Expert:innen.
Zahlung der Erbschaftssteuer
Sobald das Finanzamt den Steuerbescheid ausgestellt hat, ist die Erbschaftssteuer innerhalb eines Monats zu zahlen. Wer diese Frist nicht einhält, muss mit Säumniszuschlägen rechnen. Es ist daher ratsam, rechtzeitig Rücklagen zu bilden, insbesondere bei größeren Erbschaften, um die Steuerlast bewältigen zu können.
Gut zu wissen: In manchen Fällen kannst du auch eine Ratenzahlung vereinbaren, wenn die Steuerlast besonders hoch ist und das Vermögen nur schwer liquidierbar ist (z. B. bei Immobilien).
Sanktionen bei verspäteter oder falscher Angabe
Wer die Erbschaft nicht fristgerecht meldet oder unvollständige bzw. falsche Angaben macht, riskiert hohe Nachzahlungen und Strafen. Bei verspäteter Abgabe der Erbschaftssteuererklärung kann das Finanzamt einen Verspätungszuschlag erheben (§ 152 AO). In besonders schweren Fällen drohen sogar Strafen wegen Steuerhinterziehung, die hohe Bußgelder oder Freiheitsstrafen nach sich ziehen können (§ 370 AO).
Es ist daher ratsam, sich rechtzeitig über die Fristen und Pflichten zu informieren, um unnötige Sanktionen zu vermeiden. Wer die Komplexität der Steuererklärung scheut, sollte sich frühzeitig an Steuerberater:innen oder Anwält:innen im Steuerrecht wenden, die dabei helfen, die Erbschaft korrekt anzugeben und mögliche Vergünstigungen zu nutzen.