Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein wichtiger Bestandteil des deutschen Arbeitsrechts. Das Gesetz besteht aus 33 Paragraphen und hat das Ziel, Diskriminierung in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens zu verhindern (§ 1 AGG).
Ein gewisses Risiko, auf der Arbeitsstelle Benachteiligungen zu erfahren, trifft leider alle. Und dafür kann es manchmal reichen, für einen Job „zu jung“ oder „zu alt“ zu sein, einer bestimmten Nationalität anzugehören, schwanger zu werden oder eine chronische Krankheit zu bekommen. Das AGG schafft eine Möglichkeit, sich gegen genau solche Diskriminierungen zu wehren. Es gilt nicht nur im Arbeitsrecht, sondern spielt auch in allen Bereichen des Lebens eine entscheidende Rolle.
Aber was genau ist eine Benachteiligung? Und was kann man tun, wenn man das Gefühl hat, diskriminiert zu werden? Wir haben das AGG einfach erklärt und schauen uns das in diesem Beitrag einmal genauer an.
Das Wichtigste in Kürze
✅ Das AGG ist seit 2006 in Kraft und zielt darauf ab, Diskriminierung aufgrund von rassistischen Beweggründen, Geschlecht, Religion, Krankheit oder Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung zu verhindern.
✅ Die Anwendungsbereiche sind insbesondere der Arbeitsplatz, die Bildungsstätte und beim Erwerb von Waren und Dienstleistungen.
✅ Arbeitgeber:innen haben die Pflicht, diskriminierungsfreie Arbeitsumgebungen zu schaffen.
✅ Betroffene können sich bei Verstößen gegen das AGG wehren, indem sie zum Beispiel Beschwerde einlegen oder Schadensersatz fordern.
Warum ist das AGG so wichtig?
Das AGG basiert auf einem wichtigen Grundsatz: Der Gleichbehandlung aller Menschen. Eine Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung sowie aufgrund von rassistischen oder ethnischen Beweggründen ist verboten. Das Gesetz gilt aber nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in anderen Lebensbereichen wie zum Beispiel der Bildung und dem Gesundheitswesen. Der Grund: Diskriminierung kann überall auftreten und ganz unterschiedlich aussehen.
Beispiele für Diskriminierung
Sarah ist 26 Jahre alt und wird schon seit 3 Jahren nicht befördert. Der Grund dafür: Ihr Chef hat die Vermutung, dass sie sowieso bald schwanger wird.
Tobias sitzt im Rollstuhl und möchte mit dem Bus fahren. Die Busfahrerin sieht das auch, macht aber schnell die Türen zu und fährt los, weil sie nicht extra aussteigen möchte, um die Rampe auszulegen.
Rania findet keine Wohnung, weil die Vermieter:innen, bei denen sie bisher angefragt hat, “nur an Deutsche” vermieten wollen.
Das alles sind Diskriminierungen. Und sie haben eine Sache gemeinsam: Sie sind grundsätzlich verboten. Aber: Nicht jede Benachteiligung ist nach dem AGG automatisch als Diskriminierung anzusehen.
Deshalb ist es wichtig, zwei Begriffe voneinander zu unterscheiden: Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn es keine Rechtfertigungsgründe für eine Ungleichbehandlung gibt. Benachteiligungen können zum Beispiel zum Schutz der Sicherheit gerechtfertigt sein.
Gerechtfertigte Ungleichbehandlung?
Durch Frauenparkplätze, die sich meist nah am Ein- bzw. Ausgang befinden, werden Männer aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt.
Diese Parkplätze sind gut einsehbar (von Kamera oder Aufsichtspersonal), müssen einen Alarmmelder in der Nähe haben und sollen dadurch einen höheren Schutz vor Gewalt und sexuellen Übergriffen für Frauen bieten, als beispielsweise Stellplätze, die in einer hinteren und dunkleren Ecke eines Parkhauses liegen.
Zudem können Frauen, die häufig auch mit der Betreuung von Kindern assoziiert werden, schneller zum Ein- und Ausgang gelangen. Durch diese besonderen Umstände kann die Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen gerechtfertigt sein.
Du siehst also: Rechtfertigungsgründe können besondere Umstände oder Gründe sein, die eine bestimmte Maßnahme ausnahmsweise zulässig machen. Ob eine solche Ausnahme vorliegt, ist aber immer im Einzelfall zu prüfen und von verschiedenen Faktoren abhängig.
Was tun bei Diskriminierung? Rechte und Pflichten nach dem AGG
Wer eine Diskriminierung erfährt, kann sich Hilfe holen. Eine wichtige Rolle kommt im AGG dabei Arbeitgeber:innen zu. Sie sind dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um Diskriminierung am Arbeitsplatz zu vermeiden. Dazu gehören die Implementierung von Richtlinien, die Durchführung von Schulungen und die Schaffung von Beschwerdemechanismen.
Beschäftigte haben das Recht, in einer diskriminierungsfreien Umgebung zu arbeiten. Bei Verstößen gegen das AGG können sie gemäß § 13 Abs. 1 AGG Beschwerde einlegen. Diese richtet sich meist direkt gegen die Person, von der die Diskriminierung ausgeht und kann bei dieser selbst, oder zum Beispiel bei Vorgesetzten oder dem Betriebsrat eingereicht werden. Arbeitgeber:innen dürfen solche Beschwerden nicht ignorieren und müssen dem Anliegen nachgehen. Im Wege einer Beschwerde kann beispielsweise die Unterlassung einer Belästigung, eine Versetzung der belästigenden Person oder die Durchführung einer Schulung gefordert werden. Für Betroffene dürfen dadurch aber keine Nachteile entstehen.
Du kannst ein Musterschreiben für eine Beschwerde auch aus vertrauenswürdigen Quellen im Internet kostenlos abrufen und nutzen.
Aber auch in Alltagssituationen kommt es oft zu Diskriminierungen. Benachteiligte haben auch hier das Recht, sich dagegen zu wehren. So kann zum Beispiel auf Entschädigung oder Schadensersatz geklagt werden. Ein Schaden kann dabei in materieller und immaterieller Form vorliegen. Materielle Schäden (Vermögensschäden) sind zum Beispiel Bewerbungskosten, entgangener Arbeitslohn, Arztkosten oder Fahrtkosten zu Beratungsstellen. Auch immaterielle Schäden können entschädigt werden und liegen bei (schweren) Verletzungen der Persönlichkeitsrechte vor.
Dabei solltest du die geltenden Fristen allerdings im Blick behalten:
- Ein Anspruch auf Schadensersatz oder auf Geldentschädigung wegen einer nach dem AGG verbotenen Diskriminierung gemäß § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG muss innerhalb einer Frist von 2 Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, aus einem Tarifvertrag ergibt sich etwas anderes.
- Bei anderen Ansprüchen wie z. B. Beseitigungs-/Unterlassungsansprüche oder Ansprüche auf Gleichstellung gilt eine Frist von 3 Jahren (§ 195 BGB).
Unter diesem Link findest du ein Musterschreiben für die Abhilfe und außergerichtliche Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen gegenüber Arbeitgeber:innen.
Wie lässt sich Diskriminierung verhindern?
Im Optimalfall kommt es erst gar nicht dazu, dass ein Mensch aus den genannten Gründen diskriminiert wird. Ein wesentlicher Aspekt im AGG ist es, dass Arbeitgeber:innen präventiv gegen Diskriminierung vorgehen. Deshalb sind Arbeitgeber:innen angehalten, regelmäßige Schulungen durchzuführen, um das Bewusstsein für die Thematik zu schärfen und diskriminierendes Verhalten zu vermeiden.
Was aber alle tun können, ist eine gewisse Sensibilität für Diskriminierungen zu entwickeln, indem man sich selbst fragt, inwiefern man von verschiedenen diskriminierenden Strukturen profitiert oder positiv betroffen ist. Ein ehrlicher und selbstkritischer Umgang mit diskriminierenden Strukturen kann dazu führen, Maßnahmen zu entwickeln, die eventuell noch kommenden, aber auch schon bestehenden ungerechtfertigten Benachteiligungen entgegenwirken und deren negative Effekte ausgleichen.
Wenn man allerdings schon mitbekommt, dass jemand im Umfeld diskriminiert wird, sollte man dieser Person beistehen und sie unterstützen – auch wenn man selbst nicht negativ betroffen ist. Dadurch wird signalisiert: „Nicht du bist das Problem, sondern die Diskriminierung bzw. unsere Gesellschaft ist es.”
Fazit
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist ein wesentliches Instrument zur Förderung von Gleichheit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Es schützt jede Person vor Diskriminierung und verpflichtet Arbeitgeber:innen, aktiv Maßnahmen zur Vermeidung von ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen zu ergreifen.
Damit ein Gesetz wirken kann, muss man es kennen und verstehen. Deshalb ist es wichtig, dass das AGG einfach erklärt wird und alle seine Rechte kennt und versteht. Wir alle sollten uns für ein diskriminierungsfreies Miteinander einsetzen, auch wenn wir selbst nicht von Benachteiligungen betroffen sind. So tragen wir zu einer Gesellschaft bei, in der sich alle wohlfühlen können.
Wichtige Anlaufstellen
Wer sich diskriminiert fühlt, kann sich stets an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden. Die Antidiskriminierungsstelle bietet eine kostenlose juristische Erstberatung an und kann sich je nach Fall als Vermittlungsstelle einschalten oder an eine andere kompetente Stelle verweisen. Eine Beratung ist online, telefonisch und persönlich möglich.
🌐 Website: www.antidiskriminierungsstelle.de
📞 Telefon: 030 18555 1855
📧 E-Mail: beratung@ads.bund.de
Du brauchst jemanden zum Reden?
💬 yana – Chatbot gegen Diskriminierung