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Was hat es mit dem Ehegattensplitting auf sich?

Das Ehegattensplitting ist in aller Munde. SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil spricht sich  für die Abschaffung des Ehegattensplittings aus. Es führe dazu, dass Frauen in der Ehe benachteiligt werden. Aber was genau ist das Ehegattensplitting und führt es wirklich dazu, dass Frauen beruflich eher zurückstecken?

Das Wichtigste in Kürze

✅ Bei gemeinsamer Veranlagung im Rahmen der Einkommenssteuererklärung können sich erhebliche Steuervergünstigungen ergeben
✅ Gemeinsam veranlagen können sich  Ehepartner:innen und Menschen in eingetragenen Lebenspartnerschaften
✅ Ehegattensplitting geht von einem eher konservativen Familienbild aus
✅ Im Falle einer Scheidung fallen die negativen Folgen besonders auf

Ehegattensplitting bezieht sich auf Einkommensteuerberechnung

Das Ehegattensplitting bezieht sich auf die Berechnung der Einkommensteuer. Grundsätzlich haben alle, die in Deutschland Einkünfte erzielen, diese zu versteuern. Davon ausgenommen sind etwa Einkünfte, die unter einer bestimmten Grenze (z. B. dem Steuerfreibetrag) liegen.

Bei der Berechnung der Steuerlast können sich Ehepaare und Menschen in eingetragenen Lebenspartnerschaften für eine gemeinsame Veranlagung entscheiden. Tun sie dies, dann fallen sie unter ein besonderes Berechnungsmodell – das sogenannte Ehegattensplitting. Dabei werden nicht die jeweils einzelnen Einkünfte betrachtet und für sich besteuert, sondern als Einheit zusammengenommen. 

Einkünfte werden als Gesamtheit betrachtet

Konkret: Die Einkünfte eines Ehepaars werden erst zusammengerechnet und dann halbiert. Im Anschluss wird für den errechneten Betrag die Einkommensteuer festgelegt und verdoppelt. Im Endeffekt ist es also egal, wie viel die einzelne Person verdient. Dies kann sich für Ehen und Lebenspartnerschaften lohnen, in denen eine Person deutlich mehr verdient als die andere. 

Aber wie ergibt sich der steuerliche Vorteil? Im deutschen Einkommenssteuersystem gibt es verschiedene Steuersätze. Als Grundregel gilt: Je höher das Einkommen, desto höher der Steuersatz. Beim Ehegattensplitting wird der Steuersatz anhand des halbierten gemeinsamen Einkommens berechnet. Die Steuerersparnis ergibt sich also daraus, dass das halbierte Einkommen mit einem niedrigeren Steuersatz besteuert wird, als das einzelne höhere Einkommen. 

Dadurch zahlt die Person mit dem geringeren Einkommen mehr Einkommenssteuer als sie eigentlich müsste und die Person mit dem höheren Einkommen weniger. Das liegt insbesondere auch daran, dass sich die Steuerklassen der Ehegatten unterscheiden. So wählen einige Ehepartner:innen die Steuerklassenkombination III/V.

Die Folge: Die Person mit dem höheren Gehalt zahlt im Rahmen der Steuerklasse III geringere Steuern, während die andere Person (mit dem geringeren Gehalt) in der Steuerklasse V mehr Steuern zahlt. Je nachdem, wie die Einkommenssituation bei dem konkreten Ehepaar liegt, kann es sinnvoll sein, eine andere Steuerklassenkombination (z. B. IV/IV) zu wählen.

Ehegattensplitting

Das häufigste Beispiel ist, dass eine Person die häusliche Care-Arbeit – häufig unbezahlt – übernimmt, während die andere einer erwerbsmäßigen Beschäftigung nachgeht. 

Berufstätige Frauen mit wenig Einkommen zahlen hohe Steuern

Inwiefern würde aber die Abschaffung dieses Modells nun Frauen zu mehr Selbstbestimmung und Chancengleichheit helfen? Befürworter der Abschaffung begründen dies vor allen Dingen damit, dass aktuell verheiratete Frauen mit wenig Einkommen sehr hohe Steuern zahlen. Der Anreiz für Frauen, nach der Geburt von gemeinsamen Kindern mit z. B. weniger Stunden wieder in den Beruf einzusteigen, sei stark reduziert, da sie mit einer erheblichen Steuerlast zu kämpfen hätten. 

Care-Arbeit

Da die Care-Arbeit immer noch zumeist bei den Frauen hängen bleibt, sind diese im Moment von der negativen Seite des Ehegattensplittings am meisten betroffen. Dass sich die Steuerersparnis am Ende auf die Ehepartner:innen als Gesamtheit niederschlägt, stimmt zwar, schafft aber keine Abhilfe für verpasste Karrieren oder den Aufbau eines eigenen Vermögens. 

Armutsbegrenzung

Auch sprechen die Befürworter von einer Armutsbegrenzung durch die Abschaffung des Ehegattensplittings. Grundsätzlich seien Frauen stärker von Armut betroffen, das liege insbesondere daran, dass sie während einer Ehe weniger einer erwerbsmäßigen Beschäftigung nachgehen als Männer. 

Da allerdings 40 % der Ehen heutzutage geschieden werden und dann von beiden Eheleuten verlangt wird, dass sie einer Beschäftigung nachgehen, sind Frauen grundsätzlich schlechter gestellt. Auch hier wieder das Stichwort: verpasste Karriere.

Scheidung

Besonders problematisch ist seit der Unterhaltsreform aus dem Jahr 2008 die Situation nach einer Scheidun . Dabei hatte man das Unterhaltsrecht mit der Idee reformiert, dass beide Partner:innen bereits in der Ehe finanziell selbstständig sein sollen. Dies widerspricht aber der Idee vom Ehegattensplitting. 

Klartext

Wer sich in der Ehe von der anderen Person finanziell abhängig macht, spart Steuern. Die Folge: Die Person mit weniger Einkommen sieht sich nach der Ehe den Unterhaltsnachteilen ausgesetzt.

Im Gegenzug dazu: Wer in der Ehe finanziell selbstständig ist, verpasst erhebliche Steuererleichterungen.

Woher kommt das Ehegattensplitting?

Das Ehegattensplitting wurde 1958 eingeführt. Die damalige politische Zielsetzung soll gewesen sein, den männlichen Kriegsheimkehrern Arbeitsplätze auf dem deutschen Arbeitsmarkt anbieten zu können. Dazu sollten sich die Frauen, die in Kriegszeiten oft recht selbstständig geworden waren, aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen. 

Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich in einer Entscheidung im Jahr 1957 für das Ehegattensplitting ausgesprochen und seine Ansicht geteilt. Sollte der Staat die Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft verstehen, dann müsse auch die gegenseitige Unterstützung steuerlich anrechenbar sein. 

Kritik an diesem Modell gibt es aber auch schon lange:

  • Bereits Helmut Kohl hatte im Jahr 1982 die Abschaffung gefordert. 
  • Während sich die FDP heute vehement gegen die Abschaffung wehrt, sind auch bei SPD und Grünen ablehnende Stimmen zu erkennen. 
  • Gerade erst hat Kanzler Scholz angedeutet, dass es zu keiner Abschaffung kommen wird. 
  • Niedersachsens Ministerpräsident Weil (SPD) hat hingegen vorgeschlagen, das Ehegattensplitting für alle zukünftigen Ehen aufzuheben.

Fazit

Das Ehegattensplitting ist offensichtlich ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Der Ehegatte mit dem geringeren Einkommen zahlt überdurchschnittlich hohe Steuern, während der Ehegatte mit einem höheren Einkommen von einem unterdurchschnittlichen Steuersatz profitiert. Betrachtet man die Ehe als Gesamtheit, kann dies durchaus sinnvoll sein. Andererseits hält es einen Ehegatten in der geringeren Beschäftigung, was diesem Falle einer Scheidung nachteilig angerechnet wird. 

Die zentrale Frage ist daher: Wie nehmen wir die Ehe wahr? Ist die Ehe eine Vereinigung von Vermögensmassen, wie es gerne von Befürwortern des Splittings dargestellt wird? Dies entspricht zwar der Grundidee der Ehe, ist aber zumindest dann nicht anzunehmen, wenn die Eheleute die Gütertrennung vereinbaren. 

Auch praktisch wird die Macht des Gehaltszettels gerne etwas relativiert. Befürworter des Splittings bringen oft an, dass es in einer Ehe nicht darauf ankäme, wer was verdiene, sondern finanzielle Entscheidungen von beiden Partner:innen gleichberechtigt getroffen würden. Das stimmt allerdings nicht mit der Realität überein. Empirische Studien belegen, dass auch in einer Ehe Geld nicht selten Macht bedeutet. 

Der Ehegatte mit dem geringeren Gehalt steht immer unter dem Eindruck, weniger zu leisten und daher auch weniger Entscheidungsmacht zu haben. Ob es sinnvoll ist, das Ehegattensplitting abzuschaffen, mag auch an dem Angebot von Alternativen liegen. Die Diskussion ist auch weiterhin in vollem Gange, wir bleiben für euch dran.

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