Glücksspielwerbung nur, wenn die Kinder schlafen?

Immer wieder werben Influencer:innen für Glücksspiele. Gerade vor Weihnachten waren die Werbedeals für z.B. Weihnachtslotterien oder andere Glücksspiele hoch im Kurs. Wer also in die sozialen Medien eintaucht, wird unter Umständen von Influencer:innen begrüßt, welche die ganz besonderen Gewinnchancen in einer beliebigen Lotterie vorstellt. Aber ist das überhaupt rechtmäßig und warum können Veranstalter:innen von Glücksspiel in anderen Branchen werben? 

Das Wichtigste in Kürze

✅ Geworben werden darf nur für Veranstalter:innen mit einer gültigen Glückspiellizenz
✅ Influencer:innen dürfen keinen Gestaltungsspielraum bei der Werbung haben
✅ Die Werbung darf nur zwischen 21 Uhr und 6 Uhr ausgestrahlt werden
✅ Kann dies nicht gewährleistet werden, so ist ein Verbot der Werbung zulässig

Glücksspielwerbung sorgt für Diskussionen

Wer Werbung für Glücksspiele macht, der fällt auf. Auch im Internet. Zahlreiche Nutzer:innen äußern sich meist empört über solche Werbeformate – und ihnen wird zugehört. So gibt es auf YouTube diverse Videos, in denen andere Influencer:innen das Thema Glücksspielwerbung aufnehmen und meist verurteilen. 

Auch die Justiz hat sich bereits mit diesem Thema auseinandergesetzt. Zuletzt hat ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt für Aufsehen gesorgt. In diesem hat das OVG bestätigt, dass die Glücksspielwerbung auch im Influencer-Marketing auf die Zeitspanne zwischen 21 – 6 Uhr begrenzt ist. 

Einen seriösen Eindruck macht Glücksspielwerbung durch Influencer:innen also nicht. Aber wie ist die Faktenlage dazu? Ist die Werbung wirklich verboten? Darüber haben wir mit unserer Expertin Rechtsanwältin Helena Golla gesprochen.

Frau Golla, dürfen Influencer:innen Werbung für Glücksspiele machen? 

„Grundsätzlich gilt, dass Anbieter:innen von Glücksspielen in Deutschland werben bzw. werben lassen dürfen, sofern sie eine gültige Glücksspiellizenz besitzen. Dies gilt jedoch nur unter Einschränkungen. So darf etwa online oder im Fernsehen nur in der Zeit zwischen 21 Uhr abends und 6 Uhr morgens Werbung für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele betrieben werden (§ 5 Abs. 3 GlüStV 2021). 

Was ändert der Beschluss des OVG Sachsen-Anhalt daran? Das OVG Sachsen-Anhalt hatte in einem Eilverfahren zu dem Verbot von Influencer-Marketing zu entscheiden. Dem Anbieter von erlaubten Glücksspielen (virtuelle Automatenspiele) wurde in einer Nebenbestimmung bei der Erlaubniserteilung das Influencer-Marketing verboten. 

Das OVG ist zunächst der Auffassung, dass es Erlaubnisinhaber:innen (d.h. Anbieter:innen von erlaubten Glücksspielen) nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 schon nicht erlaubt ist, die Gestaltung der Werbung Dritten, z.B. Influencer:innen zu überlassen. Die Werbung müsse Erlaubnisinhaber:innen vollumfänglich inhaltlich zurechenbar sein (so auch bereits VG Hamburg, Beschluss vom 20.12.2022).“

Kein eigener Gestaltungsspielraum

„Zudem müsse beachtet werden, dass Werbung u.a. im Internet in der Zeit zwischen 6 Uhr und 21 Uhr verboten ist. Eine solche zeitliche Beschränkung sei jedoch in der Praxis bei Nutzung der unterschiedlichen Social-Media-Plattformen in der Regel nicht realisierbar, so das Gericht. Etwas anderes könne nur für Werbung auf dem eigenen Kanal gelten. Hier könnten Influencer:innen Einfluss auf die Zeit der Ausstrahlung bzw. Abrufmöglichkeit nehmen.

Das Gericht sah damit grundsätzlich ein Verbot von Influencer-Marketing als zulässig an, sofern eine zeitliche Begrenzung auf die Zeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr praktisch nicht durchführbar ist. 

Danach ist es Influencer:innen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (z.B. zeitliche Beschränkungen) grundsätzlich erlaubt, Werbung für Glücksspiel zu machen. Den Influencer:innen darf jedoch kein eigener Gestaltungsspielraum bei der Werbung überlassen bleiben. Die Werbung muss also von den Glücksspielanbieter:innen „geskriptet“ und von ihnen vollständig kontrolliert werden. 

Zudem muss sichergestellt sein, dass die Werbung im Internet nur in der Zeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr erfolgt. Dies könne allenfalls auf dem eigenen Kanal, nicht jedoch auf anderen Social-Media-Plattformen realisiert werden. 

Ein umfassendes Verbot von Influencer-Werbung dürfte damit regelmäßig unzulässig sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine zeitliche Begrenzung der Werbung auf die Zeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr praktisch durchführbar ist.“

Was passiert, wenn Influencer:innen für Anbieter:innen ohne eine deutsche Glücksspiellizenz werben? 

„Eine Werbung ist nur für solche Anbieter:innen von Glücksspielen erlaubt, welche über eine gültige Lizenz verfügen. Sofern für Anbieter:innen geworben wird, welche keine solche Lizenz besitzen, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, welche mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro geahndet werden kann (§ 28a Abs. 1, Abs. 2 GlüStV 2021). Zudem könnten Abmahnungen ausgesprochen werden.“

Aber warum dürfen z.B. Fußballvereine Logos von Glücksspielanbietern auf ihre Trikots drucken? Wo ist da der Unterschied zur Werbung von Influencer:innen?

„Entscheidend ist hier die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. GlüStV 2021. Danach ist in Sportstätten Werbung für Glücksspiele in Form der Dachmarkenwerbung auf Trikots und Banden sowie ähnlichen Werbemitteln grundsätzlich erlaubt.

Es darf also zum Beispiel der Name von Glücksspielveranstalter:innen auf Trikots oder Banden genannt werden. Eine darüber hinausgehende Werbung ist jedoch auch im Fußball unzulässig

So haben etwa Anbieter:innen von Sportwetten auf den Banden am Spielfeldrand nicht nur den Namen, sondern Werbeslogans angezeigt und wurde daraufhin vom Fachverband Glücksspielsucht abgemahnt.“

Fazit

Die Werbung für Glücksspiel ist im Bereich des Influencer-Marketings eingeschränkt. Die Veranstalter:innen müssen eine gültige deutsche Glücksspiellizenz haben. Influencer:innen dürfen bei der Werbegestaltung keinen Spielraum haben, die Werbung muss also genau „gescriptet“ sein und die Werbung darf nur im Zeitraum zwischen 21 Uhr abends bis  6 Uhr morgens stattfinden. 

Das OVG sagt also, dass wenn eine zeitliche Begrenzung der Werbung auf Social Media möglich ist, ein Werbeverbot unverhältnismäßig ist. Der Beschluss des OVG ist im Rahmen einer Eilsache ergangen. Das bedeutet, dass das Hauptverfahren noch aussteht, im Rahmen dieser kann sich die Überzeugung der Richter:innen auch noch einmal ändern.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Rechtsanwältin Helena Golla für ihre fachkundige Einschätzung!

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