Eine Scheidung ist nie einfach. Doch ohne Ehevertrag kann sie schnell zur Zerreißprobe werden. Wie wird das Vermögen aufgeteilt? Wer behält das gemeinsame Haus? Und was passiert mit den Schulden? Solche Fragen stellen sich viele Paare, die sich trennen. Die Antworten darauf können überraschend und oft auch enttäuschend sein. Wir klären in diesem Artikel darüber auf, wer bei einer Scheidung ohne Ehevertrag was bekommt.
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Das Wichtigste in Kürze
✅ Ein Ehevertrag ist ein individuell gestaltbarer Vertrag, der Vermögensverhältnisse, Unterhalt und Altersvorsorge regelt und Streitigkeiten im Falle einer Scheidung vorbeugt.
✅ Ein nachträglicher Ehevertrag erlaubt Anpassungen an veränderte Lebensumstände, erfordert aber die Zustimmung beider Personen und kann zusätzliche Kosten mit sich bringen.
✅ Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag gilt die gesetzliche Zugewinngemeinschaft, bei der das während der Ehe erworbene Vermögen hälftig geteilt wird, inklusive Unterhaltsansprüche und Versorgungsausgleich.
✅ Ohne Ehevertrag kann die Aufteilung von Vermögen und Schulden kompliziert sein, häufig entscheidet dann das Familiengericht über die Details.
Ehevertrag: Was ist der Inhalt?
Ein Ehevertrag ist ein Vertrag zwischen Ehepartner:innen, der Regelungen über das Vermögen während der Ehe und im Falle einer Scheidung festlegt. Er kann individuell gestaltet werden und beinhaltet oft Bestimmungen zur Gütertrennung, zum Unterhalt und zur Altersvorsorge. Der Zweck eines Ehevertrags ist es also in erster Linie, Klarheit zu schaffen. Das kann dabei helfen, Streitigkeiten bei einer Scheidung zu vermeiden.
Ehevertrag und Gütertrennung: Das solltest du wissen
Die Gütertrennung ist eine Form des ehelichen Güterstands, bei der das Vermögen der Ehepartner:innen getrennt bleibt. Das bedeutet, dass jede Person ihr eigenes Vermögen behält und grundsätzlich keine gemeinsamen Vermögenswerte entstehen. Im Falle einer Scheidung wird somit nur das Vermögen der jeweiligen Person berücksichtigt.
Eine solche Gütertrennung kann durch einen Ehevertrag festgelegt werden. Zu den Vorteilen gehört, dass die Vermögensverhältnisse klar geregelt sind und im Falle einer Scheidung grundsätzlich keine komplizierten Aufteilungen erfolgen müssen. Ein Nachteil kann jedoch sein, dass im Falle einer Trennung die finanziell schwächere Person unzureichend abgesichert ist.
Was kostet ein Ehevertrag mit und ohne Notar?
Die Kosten eines Ehevertrags können variieren. Ein notariell beurkundeter Ehevertrag kostet in der Regel zwischen 500 und 3.000 Euro, abhängig vom Vermögen und den individuellen Regelungen.
Ohne Notar:in ist ein Ehevertrag günstiger, aber rechtlich möglicherweise weniger sicher, da er unter Umständen nicht vor Gericht standhält. Zudem sind sich die Ehepartner:innen möglicherweise nicht darüber bewusst, welche Rechte und Pflichten auf sie zukommen, sprich ob die Regelungen im Ehevertrag tatsächlich für beide vorteilhaft sind.
Informiere dich über die Kosten 💸
Die Notarkosten richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Zusätzliche Kosten können durch Rechtsberatung oder Anpassungen im Laufe der Zeit entstehen.
Wann ist es sinnvoll, einen Ehevertrag zu schließen?
Grundsätzlich bietet ein Ehevertrag zu jedem Zeitpunkt und in jeder Ehe viele Vorteile, da sich das Paar gemeinsam Gedanken über individuelle Vereinbarungen machen kann. Der Ehevertrag lässt sich also ideal auf die eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Umstände anpassen und ist deshalb eigentlich immer eine sinnvolle Investition.
Wann sinnvoll?
Besonders sinnvoll kann der Ehevertrag aber in Situationen sein, in denen die finanziellen und persönlichen Verhältnisse der Ehepartner:innen stark voneinander abweichen oder besondere Regelungen getroffen werden sollen.
Hier sind einige beispielhafte Gründe, in denen ein Ehevertrag vorteilhaft sein kann:
Unterschiedliche Vermögensverhältnisse
Wenn eine der beiden Personen erheblich mehr Vermögen besitzt als die andere, kann ein Ehevertrag sicherstellen, dass im Falle einer Scheidung keine unfaire Vermögensaufteilung erfolgt. Du kannst im Ehevertrag festlegen, welches Vermögen in die Ehe eingebracht und wie es im Falle einer Scheidung behandelt wird.
Selbstständigkeit und Unternehmensanteile
Für Unternehmer:innen ist ein Ehevertrag nahezu unerlässlich. Ohne Vertrag könnte das Unternehmen im Falle einer Scheidung in Mitleidenschaft gezogen werden, was die Existenz des Unternehmens gefährden könnte. Ein Ehevertrag kann das Unternehmen aus dem Zugewinnausgleich herausnehmen und somit dessen Fortbestand sichern.
Patchwork-Familien
In Ehen mit Kindern aus früheren Beziehungen kann ein Ehevertrag helfen, die finanziellen Interessen aller Beteiligten zu wahren. Er kann Regelungen zur Absicherung der Kinder und zur Verteilung des Vermögens festlegen, sodass Konflikte und Ungerechtigkeiten vermieden werden.
Verschuldung
Wenn ein:e Ehepartner:in erhebliche Schulden hat, kann ein Ehevertrag verhindern, dass die andere Person im Falle einer Scheidung für diese Schulden haftet. Er kann klar regeln, dass jede Person für ihre eigenen Schulden verantwortlich ist.
Internationale Ehen
Bei Ehen, in denen die Personen unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben oder in verschiedenen Ländern leben, kann ein Ehevertrag helfen, die Rechtslage zu klären und festzulegen, welches Recht im Falle einer Scheidung Anwendung findet.
Berufliche Karriere und Altersvorsorge
Ein Ehevertrag kann auch Regelungen zur Altersvorsorge und zum Unterhalt enthalten, insbesondere wenn eine Person ihre berufliche Karriere zugunsten der Familie zurückstellt. Dies betrifft häufig Frauen. Über die möglichen Nachteile, die durch einen Ehevertrag insbesondere für Frauen entstehen könnten, haben wir in unserem allgemeinen Beitrag zum Ehevertrag gesprochen.
Kurz: Durch Vorsorge- und Unterhaltsregelungen wird sichergestellt, dass die Person, die sich beispielsweise um die Kinder kümmert, im Falle einer Scheidung nicht benachteiligt wird.
Erfahre mehr in unserer Podcast-Folge zum Ehevertrag
Nachträglicher Ehevertrag: Das sind die Vor- und Nachteile
Ein nachträglicher Ehevertrag wird nach der Eheschließung geschlossen und kann bestehende finanzielle und rechtliche Vereinbarungen anpassen. Hier sind die wichtigsten Vor- und Nachteile:
Vorteile
- Anpassung an veränderte Lebensumstände: Lebensumstände ändern sich. Ein nachträglicher Ehevertrag ermöglicht es den Ehepartner:innen, ihre Vereinbarungen den aktuellen Gegebenheiten anzupassen (Beispiel: Partner:in gründet ein Unternehmen oder nimmt erhebliche Schulden auf).
- Klarheit und Sicherheit: Ein nachträglicher Ehevertrag schafft Klarheit und Sicherheit über die finanziellen und rechtlichen Verhältnisse. Dies kann dazu beitragen, Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden, sowohl während der Ehe als auch im Falle einer Scheidung.
- Schutz des Vermögens: Durch einen nachträglichen Ehevertrag kann das Vermögen einer Person gezielt geschützt werden. Dies ist besonders wichtig, wenn erhebliche Vermögenswerte, wie Immobilien oder Unternehmensanteile, im Spiel sind.
Nachteile
- Einwilligung: Ein nachträglicher Ehevertrag erfordert die Zustimmung beider Ehepartner:innen. Wenn ein:e Partner:in nicht einverstanden ist, kann der Vertrag nicht geschlossen werden. Dies kann zu Spannungen und Konflikten führen.
- Kosten: Ein nachträglicher Ehevertrag ist mit Kosten verbunden, insbesondere wenn er notariell beurkundet wird. Die Notarkosten richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und können je nach Vermögen und Komplexität des Vertrags unterschiedlich ausfallen.
- Rechtliche Hürden: Ein nachträglicher Ehevertrag muss bestimmten rechtlichen Anforderungen genügen, um wirksam zu sein. Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind, etwa weil man nicht anwaltlich oder notariell unterstützt wurde, kann der Vertrag angefochten und für unwirksam erklärt werden. Ein solcher Rechtsstreit kann langwierig und kostspielig sein.
Ihr benötigt Unterstützung beim Aufsetzen eures Ehevertrags? In unserer Kanzleisuche findet ihr die passenden Ansprechpersonen.
Scheidung ohne Ehevertrag: Wer bekommt was?
Wenn ein Paar sich ohne Ehevertrag scheiden lässt, greifen die gesetzlichen Regelungen, insbesondere die Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 bis 1390 BGB). Hier sind die wesentlichen Aspekte, die bei einer Scheidung ohne Ehevertrag zu berücksichtigen sind:
Zugewinngemeinschaft
In Deutschland leben Ehepaare automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sofern sie nichts anderes vereinbaren. Das bedeutet, dass das während der Ehe erworbene Vermögen im Falle einer Scheidung hälftig geteilt wird. Dies gilt sowohl für positive Zugewinne (z. B. Ersparnisse, Immobilien) als auch für Schulden, die während der Ehe entstanden sind.
Vermögensaufteilung
Die Aufteilung des Vermögens kann komplex sein. Immobilien, Sparguthaben, Wertpapiere und andere Vermögenswerte müssen bewertet und aufgeteilt werden. Hierbei wird häufig ein externes Gutachten hinzugezogen. Bei Streitigkeiten entscheidet das Familiengericht über die Aufteilung.
Unterhaltsansprüche
Grundsätzlich gilt: Jede Person muss nach der Scheidung selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die weniger verdienende Person kann aber Anspruch auf Unterhalt haben, um den bisherigen Lebensstandard zu sichern (§ 1569 Satz 2 BGB). Dieser Anspruch kann sich auf Trennungsunterhalt (für die Zeit bis zur Scheidung) und nachehelichen Unterhalt (für die Zeit nach der Scheidung) erstrecken.
Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehepartner:innen.
Versorgungsausgleich
Im Rahmen des Versorgungsausgleichs werden die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften beider Personen ausgeglichen. Das bedeutet, dass die Rentenansprüche, die während der Ehezeit entstanden sind, hälftig zwischen den Personen aufgeteilt werden. Dies soll sicherstellen, dass beide Partner im Alter ausreichend abgesichert sind.
Schulden
Schulden, die während der Ehe gemeinsam aufgenommen wurden, werden ebenfalls aufgeteilt. Jede Person haftet für 50 % der gemeinsamen Schulden. Individuelle Schulden, die eine Person allein aufgenommen hat, bleiben unter Umständen dessen eigene Verantwortung.
Kinder und Sorgerecht
Neben den finanziellen Regelungen spielt auch das Sorgerecht für gemeinsame Kinder eine wichtige Rolle. Die Regelungen zu der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern findet sich in den §§ 1601 ff. BGB.
Ohne Ehevertrag entscheidet das Familiengericht, in wessen Obhut die Kinder kommen und wie das Umgangsrecht geregelt wird. Die finanzielle Unterhaltspflicht für die Kinder bleibt davon unberührt und wird ebenfalls gerichtlich festgelegt.
Fazit
Ein Ehevertrag kann viel Streit und Unklarheiten vermeiden. Er schafft klare Regelungen über das Vermögen und den Unterhalt und bietet somit rechtliche und finanzielle Sicherheit. Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag gelten die gesetzlichen Regelungen, die nicht immer fair sind und oft zu Streitigkeiten führen. Ein nachträglicher Ehevertrag bietet die Möglichkeit, bestehende Vereinbarungen anzupassen. Die Kosten für einen Ehevertrag variieren und hängen von der Komplexität der Regelungen ab.